Aufsätze

Bankaufsichtsrechtliche Anforderungen an die Anwendung der Fair-Value-Option nach IFRS

Im Juni 2006 hat das Basel Committee on Banking Supervision (Baseler
Auschuss) seine Stellungnahme "Supervisory guidance on the use of the
Fair Value option for financial instruments by banks" veröffentlicht.
Die überarbeitete Fair-Value-Option aus "IAS 39 Finanzinstrumente:
Ansatz und Bewertung" kann seit dem EU-Endorsement im November 2005 in
ihrer aktuellen Fassung von Bilanzierenden und damit auch Banken
(rückwirkend) seit dem 1. Januar 2005 angewendet werden. Einige Banken
haben in ihren Konzernabschlüssen nach den International Financial
Reporting Standards (IFRS) zum 31. Dezember 2005 bereits davon
Gebrauch gemacht.
\
Reformen der Rechnungslegung, insbesondere solche, die Auswirkungen
auf Bewertungsmethoden nach sich ziehen, haben oftmals einen
erheblichen Einfluss auf die Finanzbranche und die Finanzstabilität.
Der Baseler Ausschuss hat daher in Erfüllung seiner Hauptaufgabe, die
Wirksamkeit der Bankenaufsicht zur Sicherung der Stabilität der
Finanzmärkte weltweit zu verbessern, in der jüngeren Vergangenheit
Stellung zur Fair-Value-Option bezogen. Nicht zuletzt die Einwendungen
des Baseler Ausschusses und der EZB haben dazu beigetragen, dass die
Ende 2003 veröffentlichte Version der uneingeschränkten
Fair-Value-Option vom IASB nochmals überarbeitet werden musste.1)
\
Grundsätze für den Risikomanagement- und Risikokontrollprozess
\
In seiner Stellungnahme hat der Baseler Ausschuss Grundsätze für den
Risikomanagement- und Risikokontrollprozess von Banken, die die
Fair-Value-Option nutzen, aufgestellt. Diese dienen als Empfehlung für
die jeweils zuständigen Bankaufsichtsbehörden, wie sie bei der
Einschätzung der Angemessenheit des Risikomanagements und des
regulatorischen Kapitals die Auswirkungen der Anwendung der
Fair-Value-Option beachten sollten. Ferner wird in der Stellungnahme
des Baseler Ausschusses klar herausgestellt, dass die Empfehlungen
nicht nur auf die IAS 39-Vorgaben Anwendung finden sollen, sondern
auch für alle ähnlichen Fair-Value-Ansätze in anderen
Rechnungslegungssystemen Relevanz haben.
\
Mit den Empfehlungen sollen keine zusätzlichen Anforderungen an die
Rechnungslegung verbunden sein. Vielmehr betreffen die Vorgaben
ausschließlich das Risikomanagement in den Banken sowie die
Einschätzung der angemessenen Kapitalausstattung.
\
Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, ausgehend von der Darstellung
der Rechnungslegungsanforderungen zur Anwendung der Fair-Value-Option
und insbesondere der damit verbundenen Offenlegungsvorschriften die
Anforderungen des Baseler Ausschusses an die der Bankenaufsicht
unterliegenden IFRS-Bilanzierer zu systematisieren sowie darzustellen,
wie die Anforderungen der Bankenaufsicht erfüllt werden können und
welche zusätzlichen Belastungen gegebenenfalls auf die Banken
zukommen.
\
Anforderungen der Rechnungslegung
\
Die Fair-Value-Option ist in IAS 39 geregelt. Für Bewertungszwecke
unterscheidet IAS 39 vier Kategorien für finanzielle Vermögenswerte
und zwei Kategorien für finanzielle Verbindlichkeiten.2) In
Abhängigkeit von der Zuordnung des betreffenden Finanzinstruments
erfolgt dessen Folgebewertung
\
- zu fortgeführten Anschaffungskosten (amortised cost),
\
- GuV-wirksam zum Fair Value,
\
- GuV-neutral zum Fair Value.
\
Somit verwendet IAS 39 ein "mixed model", wonach für einzelne
Kategorien unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe gelten. Unter den
Begriff Fair-Value-Option wird das dem Bilanzierenden im
Zugangszeitpunkt zustehende, einmalige und unwiderrufliche Wahlrecht
subsumiert, Finanzinstrumente, die sonst zu fortgeführten
Anschaffungskosten oder GuV-neutral zum Fair Value bewertet würden,
während der gesamten Laufzeit GuV-wirksam zum Fair Value zu
bilanzieren (Kategorie Assets beziehungsweise Liabilities "at fair
value through profit or loss", AFV beziehungsweise LFV). Diese
Möglichkeit steht dem Bilanzierenden allerdings nicht uneingeschränkt
zur Verfügung, sondern ist an folgende Voraussetzungen geknüpft3):
\
1. Der IFRS-Abschluss vermittelt durch die Anwendung der
Fair-Value-Option relevantere Informationen:4)
\
- Beseitigung oder erhebliche Verringerung eines "accounting
mismatch",5)
\
- steuerung und Performance-Messung eines Portfolios von
Finanzinstrumenten auf der Basis von Fair Values.6)
\
2 Aufgrund der Bewertung zum Fair Value verringert sich die
Komplexität oder vergrößert sich die Verlässlichkeit der Bewertung
strukturierter Produkte: Kategorisierung von trennungspflichtigen,
eingebetteten Derivaten, die die Zahlungsströme des Basisvertrags
erheblich verändern, so genannte strukturierte Produkte.7)
\
Eine Bewertung zum Fair Value setzt des Weiteren dessen verlässliche
Ermittelbarkeit voraus. Bei einer Notierung des zu bewertenden
Finanzinstruments auf einem aktiven Markt ist dies als erfüllt
anzusehen. Viele Produkte in den Beständen von Banken sind jedoch
nicht auf einem aktiven Markt notiert, so dass Bewertungsmodelle zum
Einsatz kommen. Für nicht auf einem aktiven Markt notierte
Eigenkapitalinstrumente, deren Fair Value nicht verlässlich bestimmt
werden kann, besteht allerdings ein Designationsverbot.8)
\
Zinsänderungsrisiken als klassischer Anwendungsfall
\
Klassischer Anwendungsfall für ein "accounting mismatch" einer Bank
ist die Absicherung festverzinslicher Aktiva gegen
Zinsänderungsrisiken. Festverzinsliche Forderungen werden zu
fortgeführten Anschaffungskosten bewertet, so dass das
Zinsänderungsrisiko bei der Bewertung keine Berücksichtigung findet.
Bewertungsrelevant sind allein Bonitätsrisiken. Festverzinsliche
Wertpapiere der Kategorie afs hingegen werden zwar zum Fair Value
bewertet, allerdings GuV-neutral, indem Wertänderungen in einer
Neubewertungsrücklage direkt im Eigenkapital erfasst werden.
\
Für den Fall, dass die vorgenannten Forderungen beziehungsweise
Wertpapiere mit einem Zinsswap gegen Zinsänderungsrisiken abgesichert
werden, tritt jeweils ein "accounting mismatch" auf, weil der Zinsswap
als Derivat abweichend von der Bewertung der Forderungen
beziehungsweise des Wertpapiers GuV-wirksam zum Fair Value bewertet
werden muss.9) Der "accounting mismatch" besteht im vorgenannten
Beispiel im Bewertungsmaßstab (fortgeführte Anschaffungskosten versus
Fair Value) beziehungsweise in der Art der Ergebnisvereinnahmung
(GuV-wirksam versus GuV-neutral).
\
Durch die Designation der betreffenden Forderungen und Wertpapiere in
die Kategorie AFV wird der "accounting mismatch" beseitigt, da dann
alle Produkte der Transaktion GuV-wirksam zum Fair Value bewertet
werden. Die gleiche Logik gilt zum Beispiel auch für begebene
festverzinsliche Emissionen, die gegen Zinsänderungsrisiken
abgesichert werden. Anstelle der Bewertung zu fortgeführten
Anschaffungskosten tritt bei Anwendung der Fair-Value-Option
(Designation in LFV) die GuV-wirksame Bewertung der emittierten
Wertpapiere zum Fair Value auf und damit der gleiche Bewertungsmaßstab
sowie die gleiche Art der Ergebnisvereinnahmung wie für den Zinsswap.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Bewertung zum Fair Value
eine Bewertung zum Full Fair Value ist, das heißt, alle Risiken müssen
berücksichtigt werden. Für Forderungen bedeutet das zum Beispiel, dass
neben dem Bonitätsrisiko zusätzlich das Zinsänderungsrisiko Eingang in
die Bewertung findet.
\
Ein vergleichbares Ergebnis könnte auch durch die Anwendung der
Regelungen zum Hedge Accounting erreicht werden. Allerdings ist die
Anwendung des Hedge Accounting an eine Reihe von Voraussetzungen
geknüpft, die Banken trotz der Sicherungswirkung der Transaktion
gegebenenfalls nicht in jedem Einzelfall erfüllen können.
Hervorzuheben ist jedoch, dass beim Hedge Accounting eine
Fair-Value-Bewertung nur bezüglich des abgesicherten Risikos erfolgt
(Hedged Fair Value), bei Forderungen üblicherweise das
Zinsänderungsrisiko.10)
\
Steuerung und Performance-Messung
\
Anwendungsfälle für das Kriterium Steuerung und Performance-Messung
auf Fair-Value-Basis können zum Beispiel die Portfolien von
Venture-Capital-Gesellschaften oder die Wertpapierportfolios
konsolidierter Spezialfonds sein. Entscheidend für die Anwendbarkeit
der Fair-Value-Option sind neben der bereits erwähnten Verlässlichkeit
der Ermittlung des Fair Value die
\
- Steuerung und Beurteilung der Wertentwicklung für eine Gruppe von
Finanzinstrumenten auf (Full) Fair-Value-Basis,
\
- Übereinstimmung mit einer dokumentierten Risikomanagement- oder
Anlagenstrategie und interne Berichterstattung auf Fair-Value-Basis an
Personen in Schlüsselpositionen ("key management personnel").1)
\
Darüber hinaus kann die Fair-Value-Option auf (strukturierte)
Finanzinstrumente mit trennungspflichtigen, eingebetteten Derivaten
angewendet werden.12) Dazu ist erforderlich, dass die Derivate sonst
nach den Vorschriften des IAS 39.11 getrennt vom Basisvertrag
bilanziert werden müssen. Eine Anwendung der Fair-Value-Option ist
danach in den folgenden Fällen ausgeschlossen:
\
- Das Derivat verursacht als integraler Bestandteil des strukturierten
Finanzinstruments lediglich unwesentliche Änderungen der
Zahlungsströme dieses Finanzinstruments.
\
- Ohne beziehungsweise mit geringer Analyse ist erkennbar, dass eine
getrennte Bilanzierung offensichtlich unzulässig ist.
\
Anforderungen der Bankenaufsicht und Auswirkungen auf die Bankenpraxis
\
In der Literatur werden zum Beispiel Convertible Bonds, Reverse
Convertible Bonds, Credit Linked Notes und Indexzertifikate als
Beispiele für strukturierte Finanzinstrumente mit eingebetteten
trennungspflichtigen Derivaten genannt. Praktische Anwendungsfälle
sind insbesondere strukturierte Refinanzierungsprodukte.13) Die
getrennte Bilanzierung des Basisvertrags zu fortgeführten
Anschaffungskosten und des eingebetteten Derivats GuV-wirksam zum Fair
Value kann relativ aufwendig sein.14) Durch die Anwendung der
Fair-Value-Option kann diese Zerlegung für Bilanzierungszwecke
vermieden werden. Auf der Aktivseite stellt sich die Frage der
getrennten Bilanzierung des Derivats vom Basisvertrag nicht, sofern
strukturierte Produkte Handelszwecken dienen und daher ohnehin
GuV-wirksam zum Fair Value bewertet werden.
\
Der Baseler Ausschuss hat in seiner Stellungnahme mit den von ihm
veröffentlichten Grundsätzen seine Anforderungen und Bedenken
konkretisiert, die er bei Anwendung der Fair-Value-Option in Bezug auf
die angemessene Kapitalausstattung von Banken vermutet.
\
1. Einhaltung des IAS 39: Der Baseler Ausschuss fordert, dass die
formellen und materiellen Anforderungen gemäß IAS 39 erfüllt werden.
Damit gehen zusätzliche Anforderungen an die Veröffentlichungen von
Informationen und an das Risikomanagement der Banken einher. Die
endgültige Designation von Finanzinstrumenten kann zu Einschränkungen
bei geplanten Hedging-Aktivitäten führen.
\
Nach IAS 39 bedeutet die Anwendung der Fair-Value-Option für Banken
eine unwiderrufliche Entscheidung bei Zugang des betroffenen
Finanzinstruments. Hedge Accounting kann nicht mehr angewendet werden,
sofern für abzusichernde Grundgeschäfte die Fair-Value-Option in
Anspruch genommen wird (etwa Forderungen oder Wertpapiere). Gleichwohl
wird die risikomindernde Wirkung bei Anwendung der Fair-Value-Option
durch die GuV-wirksame Fair-Value-Bewertung von Grundgeschäft und
Sicherungsderivat abgebildet.
\
2. Angemessene Risikomanagementverfahren: Der Baseler Ausschuss weist
darauf hin, dass die Anwendung der Fair-Value-Option eine
Beeinflussung der bereits bestehenden Hedging-Strategien und anderer
Risikomanagementaktivitäten zur Folge haben kann, so dass das
verbleibende Risiko nicht mehr adäquat durch die bisher etablierten
Systeme dargestellt werden kann. Um dem vorzubeugen, haben Banken
deshalb ihre Risikomanagementsysteme, -prozesse undkontrollen für
einzelne Finanzinstrumente oder auf Portfoliobasis anzupassen. Wie im
Folgenden näher erläutert, können fehlende adäquate Systeme zu
Einschränkungen der angemessenen Kapitalausstattung führen.
\
Die Steuerung eines Portfolios von Finanzinstrumenten auf
Fair-Value-Basis ist eine von drei alternativen Voraussetzungen für
die Anwendung der Fair-Value-Option.15) In diesem Fall muss in den
Notes dargestellt werden, wie die Anwendung der Fair-Value-Option mit
der dokumentierten Risikomanagementstrategie im Einklang steht.16) Der
IFRS 7 schreibt darüber hinaus die Offenlegung von Risiken aus
Finanzinstrumenten sowie deren Steuerung und Überwachung in den Notes
eines IFRS-Abschlusses vor.17) Aus den Notes sind daher für den
Adressaten des Abschlusses und damit auch für die Bankenaufsicht die
Risikomanagementstrategie im Allgemeinen und die Nutzung der
Fair-Value-Option (in diesem Zusammenhang) im Speziellen
nachvollziehbar.
\
Zusätzliche Informationsquellen
\
Die Bankenaufsicht ist jedoch nicht der einzige Abschlussadressat:
Daher kann der veröffentlichte Abschluss die Informationsbedürfnisse
der Bankenaufsicht unter Umständen nicht vollumfänglich erfüllen. Aber
gerade dazu stehen der Bankenaufsicht zusätzlich
Informationserhebungsmöglichkeiten undquellen zur Verfügung (Säule II
und III von Basel II).
\
Des Weiteren stellt der Baseler Ausschuss dar, dass insbesondere bei
der Bonitätsprüfung im Kreditgeschäft zu beachten ist, dass nicht nur
bei Banken, sondern auch bei deren Kunden die Anwendung der
Fair-Value-Option Einfluss auf die Einschätzung der wirtschaftlichen
Lage haben kann. Bisher bekannte Ergebnis- und Eigenkapitalgrößen und
-Relationen können sich durch Anwendung der Fair-Value-Option ändern.
\
Dies ist - wie überhaupt die Anwendung der IFRS - bei der
Bonitätsanalyse und der sich daran anschließenden Kreditentscheidung
sachgerecht zu würdigen.18)
\
3. Verlässliche Ermittlung des Fair Value:
\
Der Baseler Ausschuss erwartet, dass die Fair-Value-Option nicht
angewendet wird, wenn der Fair Value nicht verlässlich ermittelt
werden kann. Nach IAS 39 kann zur Ermittlung des Fair Value eines
Finanzinstruments zum einen auf Marktpreise eines aktiven Marktes19)
und zum anderen auf adäquate Bewertungsverfahren zurückgegriffen
werden.
\
Allerdings sind sowohl die zu Vergleichszwecken herangezogenen Märkte
als auch die angewandten Bewertungsmethoden hinsichtlich ihrer
Verlässlichkeit und Richtigkeit zu prüfen. Ist eine verlässliche
Ermittlung nicht möglich, wird sowohl vom IASB als auch von der
Bankenaufsicht die Anwendung der Fair-Value-Option abgelehnt. Aufgrund
der verschiedenen Modelle und der Verwendung unterschiedlicher Werte
der in die Modelle einfließenden Parameter werden sich bei
unterschiedlichen Bilanzierenden regelmäßig verschiedene Schätzungen
des Fair Value ergeben.20)
\
Backtesting gefordert
\
Im Zusammenhang mit der Ermittlung des Fair Value schreibt IFRS 7.27
unter anderem folgende Angaben vor, um den Jahresabschlusslesern eine
Einschätzung der Fair Values zu ermöglichen:
\
- Bewertungsmethoden undannahmen,
\
- Quelle der Fair Values (Aktiver Markt oder Bewertungsmodelle),
\
- Einsatz von Bewertungsmodellen, die sich auf Annahmen stützen, die
weder auf Preisen von beobachtbaren aktuellen Markttransaktionen noch
auf beobachtbare Marktdaten gestützt sind.
\
Der Baseler Ausschuss fordert ferner ein Backtesting für die Verfahren
und Parameter und formuliert zusätzliche Anforderungen (etwa
Funktionstrennung, Neuer Produktprozess), die mindestens bei
denjenigen Banken erfüllt sein sollten, die für die Ermittlung der
Kredit- und Marktpreisrisiken eigene Verfahren (interne Ratings,
interne Modelle) anwenden.
\
4. Vorhaltung zusätzlicher Informationen über die Auswirkungen der
Anwendung der Fair-Value-Option: In der Stellungnahme wird
dargestellt, dass sich die Bankenaufsicht bei der Beurteilung der
angemessenen Ausgestaltung der Fair-Value-Option auf öffentlich
zugängliche Informationen stützen kann, die insbesondere aus IFRS 7
resultieren. Betroffen sind zum Beispiel Angaben zu den Auswirkungen
auf das Kreditrisiko sowie aus der Nutzung von Kreditderivaten, aber
auch Auswirkungen auf Ergebniskomponenten und Risikokennzahlen oder
auf die Nettozinsmarge (Tabelle). Sind diese Informationen nicht
ausreichend, um die Auswirkungen der Anwendung der Fair-Value-Option
vollständig zu verstehen, kann die Bankenaufsicht weitere
Informationen von den Banken fordern.
\
5. Beurteilung der Angemessenheit des bankinternen Risikomanagements:
Um
\
die Einhaltung der Anforderungen der Fair-Value-Option zu
gewährleisten, sollen Banken den Anforderungen aus der Stellungnahme
folgend der Aufsicht regelmäßig Informationen über die Anwendung der
Fair-Value-Option sowie die angewandten Risikomanagementsysteme und
Bewertungsverfahren bereitstellen. Sowohl im Rahmen der Vorgaben der
Säule II (Aufsichtsrechtlicher Überwachungsprozess) als auch in den
Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) stellen die
Bankaufseher klar, dass ein solides Risikomanagementverfahren die
Grundlage für die effektive Beurteilung der Angemessenheit der
Kapitalsituation einer Bank bildet.21) Da dies heute bereits Best
Practice ist, sollte aus dieser Anforderung kein zusätzlicher Aufwand
entstehen.
\
6. Berücksichtigung angemessener Risikomanagementverfahren zur
Abschätzung der Kapitalausstattung: Bei einer
\
umfassenden Anwendung der Fair-Value-Option und fehlenden oder noch
nicht ausreichenden Risikomanagement- und Kontrollaktivitäten kann
nach Ansicht des Baseler Ausschusses eine falsche Einschätzung der
angemessenen Kapitalausstattung entstehen. Beispielhaft wird von den
Bankaufsehern in der Stellungnahme unter anderem empfohlen, die aus
der Anwendung der Fair-Value-Option resultierenden unrealisierten
Gewinne ins Verhältnis zum gezeichneten Kapital beziehungsweise zum
regulatorischen Kapital zu setzen und daraus eine Einschätzung der
Angemessenheit der Kapitalausstattung abzuleiten. Gegebenenfalls
sollte die angemessene Kapitalausstattung um nicht verlässlich
ermittelbare Positionen angepasst werden.
\
Handels- und Anlagebuch
\
Des Weiteren sollte nach den Grundsätzen des Baseler Ausschusses eine
angemessene risikobasierte Unterscheidung der designierten
Finanzinstrumente in das regulatorische Handels- und Anlagebuch
gewährleistet werden. Das Handelsbuch soll danach für regulatorische
Gesichtspunkte nur die Finanzinstrumente enthalten, die zu
Handelszwecken oder zur Absicherung anderer Handelsinstrumente
gehalten werden. Der Baseler Ausschuss betont in diesem Zusammenhang,
dass die Einstufung eines Finanzinstruments in die Kategorie AFV für
sich genommen noch keine Zuordnung ins Handelsbuch nach sich zieht.
\
7. Empfehlung zur Bereinigung des regulatorischen Kapitals um Effekte,
die aus der Anwendung der Fair-Value-Option auf eigene
Verbindlichkeiten entstehen: Die Anwendung der Fair-Value-Option auf
finanzielle Verbindlichkeiten kann nach den Ausführungen in der
Stellungnahme Gewinne und Verluste alleine aus der Änderung des
eigenen Bonitätsrisikos des Bilanzierenden zur Folge haben. Wendet
eine Bank die Fair-Value-Option auf eigene Verbindlichkeiten an,
vermindert sich bei einer Verschlechterung der eigenen Bonität, der
Fair Value der Verpflichtung, was wiederum zu einem Ertrag und ceteris
paribus zu einem höheren Eigenkapital führt.
\
Um die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die
Eigenkapitalausstattung und die Performance-Kennzahlen zu
neutralisieren, wird den jeweiligen Bankaufsehern empfohlen, das
regulatorische Kapital um diese Gewinne und Verluste zu mindern. Wenn
eine Bank die Fair-Value-Option auf finanzielle Verbindlichkeiten
anwendet, muss sie den Betrag der Fair-Value-Änderung in Folge der
Änderung der eigenen Bonität in den Notes offen legen.
\
Ziel der Bankenaufsicht ist, die Solidität und Stabilität des
Finanzsystems zu stärken. Die Rechnungslegung nach IFRS ist dagegen
darauf ausgerichtet, den Marktteilnehmern entscheidungsrelevante
Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage von
Unternehmen zur Verfügung zu stellen. 22)
\
Die Anwendung der Fair-Value-Option ist an Voraussetzungen geknüpft
und bezüglich des betreffenden Finanzinstruments unwiderruflich.
Dadurch kann die Fair-Value-Option nicht willkürlich und zur bewussten
Ergebnisteuerung eingesetzt werden. Aufgrund der Bewertung zum Fair
Value werden unrealisierte Ergebnisse über die Gewinn- und
Verlustrechnung vereinnahmt. Dies führt unter Umständen zu einer
Erhöhung des (regulatorischen) Kapitals, dem aufsichtsrechtlich die
Funktion als Verlustdeckungspotenzial zukommt.23) Demgegenüber werden
jedoch nach IFRS aufgrund der GuV-wirksamen Bewertung aller Derivate -
einschließlich der des Anlagebuchs auch unrealisierte Verluste
erfasst.
\
Bessere Informations-Vermittlung
\
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass die Fair-Value-Option nach
dem Willen des IASB eine Verbesserung der Infor-mations-Vermittlung
bewirkt. Insbesondere bei Anwendung der Fair-Value-Option zur
Beseitigung eines "accounting mismatch" wird die Bilanzierung
"einheitlicher", weil die betroffenen Transaktionen dadurch umfassend
nach den gleichen Bilanzierungs- und Bewertungsmaßstäben abgebildet
werden. Bei dem Kriterium "Steuerung und Performance-Messung eines
Portfolios von Finanzinstrumenten auf der Grundlage von Fair Values"
folgt die Bilanzierung sogar definitionsgemäß der unternehmensinternen
Steuerung beziehungsweise dem Risikomanagement, das eine zentrale
Position in der Stellungnahme des Baseler Ausschusses einnimmt.
\
Die aus den Grundsätzen der Stellungnahme des Baseler Ausschusses
erwachsenden Anforderungen an die Anwendung der Fair-Value-Option sind
überwiegend durch die IAS 39- und IFRS 7-Vorschriften abgedeckt. Unter
zusätzlicher Berücksichtigung der Anforderungen aus den MaRisk an die
Organisation des Bankgeschäfts enthält die Stellungnahme keine
Neuerungen. Die größere Herausforderung für die Banken ist vielmehr,
im "Disclosure Jungle" aus externer, interner und regulatorischer
Berichterstattung den Überblick zu bewahren.
\
Sollte die Bankenaufsicht im Einzelfall zusätzliche
Informationsbedürfnisse haben, so kann sie diese unter Verwendung des
bankaufsichtsrechtlichen Instrumentariums jederzeit einfordern. Wie
auch bereits in der Säule II verankert, verlangen die Bankaufseher bei
Nichteinhaltung der dargestellten Grundsätze die Korrektur des
regulatorischen Kapitals.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X