Aufsätze

Gesamtbanksteuerung - Wie weit sind die Banken und Sparkassen?

Nach wie vor ist die Ertragslage der Banken und Sparkassen
unbefriedigend, und die schon vor Jahren formulierten
EK-Rentabilitätsziele von 15 Prozent vor Steuern (Sparkassen und
Genossenschaftsbanken) und 15 Prozent nach Steuern (Großbanken) werden
von der großen Mehrheit der Institute auch heute noch weit verfehlt.
Dies wirft nicht zuletzt vor dem Hintergrund der verschärften
aufsichtsrechtlichen Anforderungen und Veränderungen in der
Rechnungslegung die Frage auf, wie es um die Gesamtbanksteuerung der
Banken und Sparkassen bestellt ist.
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Integrierte ertrags- und risikoorientierte Geschäftspolitik
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Gesamtbanksteuerung ist zum Ersten der Inbegriff für eine integrierte
ertrags- und risikoorientierte Geschäftspolitik von Kreditinstituten.
Zum Zweiten steht sie für ein umfassendes und auf die jeweiligen
Aufgaben in den verschiedenen Geschäftsbereichen zugeschnittenes
Steuerungsinstrumentarium und Management-Informationssystem,
eingebettet in eine funktionsfähige Steuerungsorganisation. Ihre
zentralen Elemente sind daher erstens eine im Sinne der Dualen
Steuerungsphilosophie (Separation von zentraler
Struktur-/Portfolio-Steuerung und dezentraler Geschäftssteuerung)
durchgängige und an den Gesamtbankzielen orientierte Steuerungslogik,
zweitens eine auf verschiedene Dimensionen ausgerichtete und in ein
adressatengerechtes Reporting mündende Erfolgs- und Risikomessung
sowie drittens klare Verantwortungsstrukturen (Zuständigkeiten und
Kompetenzen) und damit synchrone Genehmigungs- und Kontrollprozesse.
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Im Folgenden soll der Umsetzungsstand in der Praxis anhand der
einzelnen Module im "Haus der Gesamtbanksteuerung" diskutiert werden.
Die Ergebnisse basieren auf Beratungserfahrungen in mehreren 100
Kreditinstituten aus den verschiedenen Bankengruppen. Dabei weicht der
Umsetzungsgrad in einzelnen Instituten im positiven wie negativen
Sinne teilweise durchaus signifikant von den für die Bankengruppen
getroffenen Tendenzaussagen ab. Unter die Großbanken werden im
Folgenden auch die Zentral- und Landesbanken im Sparkassen- und
Genossenschaftssektor subsumiert, da der Umsetzungsgrad der
Gesamtbanksteuerung bei diesen eher dem der Großbanken nach engerer
Definition entspricht.
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Steuerungsmethodik
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Die Steuerungsmethodik der Banken und Sparkassen orientiert sich
überwiegend am handelsrechtlichen Ergebnis und ist demzufolge
mehrheitlich periodisch ausgerichtet. Eine Ausnahme bildet der
Genossenschaftssektor, der im Rahmen von VR-Control auf das
Barwertkonzept als primären und durchgängigen Steuerungsansatz
abstellt und die GuV-Perspektive als strenge Nebenbedingung verankert.
Dort erstreckt sich die barwertige Steuerung somit nicht nur auf die
Marktpreisrisiken, wie dies bei den anderen Banken und Sparkassen
ebenfalls durchgängig der Fall ist, sondern wird mit Ausnahmen auch im
Rahmen der Vertriebssteuerung angewendet. Insofern verfolgen die
Genossenschaftsbanken jenseits periodischer Abgrenzungen den wohl
weitestgehenden Ansatz zur Abbildung der Erfolgsbeiträge aus neu
abgeschlossenen Geschäften.
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Das Kernstück der Gesamtbanksteuerung ist die zentrale Ergebnis-,
Eigenkapital- und Risikosteuerung. Sie erfordert eine systematische
Herleitung der Gesamtbankziele aus der Gesamtbankstrategie sowie eine
durchgängige Zielsystematik von der Gesamtbank über die
Geschäftsbereichsbis auf die Geschäfts-/Beraterebene. Letztere soll
sicherstellen, dass zwischen der auf Geschäftsbereichs- und
Beraterebene definierten Steuerungsgröße und der gesamtbankbezogenen
Zielgröße eine unmittelbare Wirkungsbeziehung besteht. Während die
gesamtbankbezogenen Zielgrößen in allen Bankengruppen weitestgehend
aus der Gesamtbankstrategie abgeleitet werden (mit allerdings
unterschiedlicher Qualität in den strategischen Planungsprozessen
selbst), ergibt sich bei der Synchronisation der Zielgrößen ein
differenzierteres Bild.
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Keine durchgängige Verknüpfung
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Bei den Großbanken, aber auch vielen Instituten aus der Privat- und
Regionalbankengruppe werden die Gesamtbankziele durchgängig auf
Geschäftsbereiche heruntergebrochen und letztere anhand dieser
Steuerungsgrößen auch regelmäßig gemessen. Dagegen unterscheiden sich
im Sparkassen- und Genossenschaftssektor die Geschäftsbereichsziele
von den Gesamtbankzielen häufig dadurch, dass erstere zumeist
Ertrags-(DB II beziehungsweise deren Barwert) und Volumensgrößen
darstellen und sich in ihnen die auf Gesamtbankebene formulierten
Ergebnisgrößen, wie etwa die Cost Income Ratio und die
Kapitalrentabilität, nicht niederschlagen.
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Den nächsten Schritt, nämlich die durchgängige und an den
Gesamtbankzielen orientierte Verknüpfung von Bereichs- und
Markt-/Beraterzielen, vollziehen dann auch die Groß- und
Privat-/Regionalbanken im Großen und Ganzen nicht mehr vollständig. So
fehlt das Übersetzen von Ertragszielen in die in der Regel im Vertrieb
üblichen (Produkt-)Volumens- und Stückziele sowie die hierfür
notwendigen Aktivitäten in Bezug auf das mit den zugeordneten Kunden
zu generierende Neugeschäft fast immer.
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Eigenkapitalallokation
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Mit der Durchgängigkeit des Zielsystems eng zusammen hängt die
Eigenkapitalallokation. Die Anforderung, Geschäfts- und
Ergebnisbereiche in ein Ertrags-/Risikodiagramm einzuordnen und das
Eigenkapital in die unter Risk-/Return-Aspekten optimale
Verwendungsrichtung zu lenken, erfüllen - wenn auch mit
unterschiedlichen und nicht immer auf die ökonomische
Betrachtungsweise abstellenden Kapitalansätzen - praktisch nur die
Großbanken sowie in ersten Ansätzen die Großsparkassen und einige
Privat-/Regionalbanken. Bei den mittelgroßen und kleinen Sparkassen
sowie Genossenschaftsbanken erfolgt in der Regel keine
Kapitalallokation und Formulierung eines kapitalbezogenen Renditeziels
auf Geschäftsbereichsebene.
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Eine häufig zu beobachtende Schwäche besteht bei Verwendung eines
bilanziellen und aufsichtsrechtlichen Kapitalansatzes in der fehlenden
Synchronisation zwischen der Zurechnung von Kapital beziehungsweise
der damit verbundenen Ertragserwartung einerseits und veränderten
Risikostrukturen andererseits. Zum Zweiten - und dies gilt auch für
diejenigen Banken, die ökonomisches Kapital (Risikopotenziale)
allozieren - wird die angesichts der Korrelationen im Gesamtportfolio
bei Planabweichungen in den Risikostrukturen bestehende
Allokationsproblematik noch nicht befriedigend gelöst.
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Das dritte Element der zentralen Steuerung bildet eine integrierte
Limitsystematik, die die Verknüpfung der verschiedenen
Risikokategorien über alle Geschäftsbereiche mit der
Risikotragfähigkeit auf Gesamtbankebene im barwertigen, periodischen
und aufsichtsrechtlichen Steuerungskreislauf sicherstellt. Konzepte
für ein gesamtbankbezogenes Limitsystem liegen mittlerweile in allen
Bankengruppen vor, die praktische Umsetzung ist jedoch angesichts
fehlender Instrumente mit Ausnahme der Großbanken undsparkassen sowie
der Privat-/Regionalbanken noch nicht weit fortgeschritten.
Insbesondere erfolgt die Limitierung der Einzelrisiken häufig ohne
Blick auf die Gesamtbankrisikotragfähigkeit.
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Wertorientierte Geschäftsbereichsrechnungen
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Eine durchgängige ertrags- und risikoorientierte Steuerung einer Bank
muss sich im Kundengeschäft fortsetzen und erfordert die Abbildung der
Wertbeiträge der Geschäftsbereiche beziehungsweise des Wertbeitrags je
Einzelgeschäft nach Eigenkapitalkosten. Erträge, Kosten, Risiken und
Eigenkapital sind den Geschäftsbereichen beziehungsweise
Einzelgeschäften dabei verursachungsgerecht zuzuordnen.
Wertorientierte Geschäftsbereichsrechnungen und daran gekoppelte
Anreizsysteme liegen im Genossenschaftssektor und im Sparkassensektor
mit Ausnahme der Großsparkassen in der Regel noch nicht vor. Die
betriebswirtschaftliche Grundkonzeption für eine
Geschäftsbereichsrechnung unter Berücksichtigung von Risiko- und
Betriebskosten wurde etwa mit VR-Control bereits entwickelt
(korrespondierend mit den Aussagen zur zentralen
Eigenkapitalallokation werden Eigenkapitalkosten nicht
berücksichtigt), ihre praktische Umsetzung dagegen ist aufgrund der
mangelnden verursachungsgerechten Zuordnung der Ergebnisgrößen jedoch
noch nicht weit fortgeschritten.
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Bei den Groß- und Privat-/Regionalbanken sind zwar überwiegend
Geschäftsbereichsrechnungen unter Berücksichtigung aller oben
genannten Wertkomponenten in die Steuerungssystematik implementiert
und mit den Segmentrechnungen werden die Wertbeiträge der
Geschäftsbereiche nach Eigenkapitalkosten transparent gemacht, häufig
findet man allerdings angesichts einer unzureichenden Datenstruktur
eine eher "pragmatische" Zuordnung der Ergebniskomponenten vor. Dies
gilt weniger für die Großbanken, denen zumeist eine klare Zuordnung
und methodisch fundierte Herleitung bis hin zu den Eigenkapitalkosten
bescheinigt werden kann.
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Aktivitätensteuerung
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Ähnliche Aussagen wie für die Geschäftsbereichsebene sind für die
Einzelgeschäftsebene zu machen. Angesichts des für
Einzelgeschäftskalkulationen notwendigen höheren Detaillierungsgrades
wird dann allerdings auch bei den Großbanken zum Teil eine gröbere
Herleitung und Zuordnung der einzelnen Wertgrößen vorgenommen. Zwar
nicht unmittelbar ein Bestandteil der Gesamtbanksteuerung im engeren
Sinne bildet die Aktivitätensteuerung in Verbindung mit den zuvor
beleuchteten Controllinginstrumenten jedoch ein unverzichtbares
Element eines ganzheitlichen Vertriebsansatzes.
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Hier befinden sich zwar mittlerweile in allen Bankengruppen derartige
Systeme der Zerlegung in vertriebliche Teilschritte und zur Steuerung
der Vertriebsmitarbeiter anhand von Aktivitätenvorgaben im Aufbau,
verbesserungswürdig ist jedoch die integrierte Analyse von Aktivitäten
und realisierten Ergebnissen, das heißt konsequente Messung der auf
Beraterebene erwirtschafteten Deckungsbeiträge.
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So kann zum Beispiel die Anzahl der Kundenkontakte künstlich durch
Ansprache persönlich bekannter Kunden etwa im Familien- oder
Bekanntenkreis in die Höhe getrieben werden, ohne dass dahinter
wirklich zusätzliches Potenzial stehen würde (das Kontaktquoten-Ziel
wäre aber erfüllt). Während einige Großbanken Vertriebsdefizite im
Privat- und Firmenkundenbereich derzeit mit Nachdruck aufarbeiten,
verläuft dieser Prozess bei vielen anderen Banken und Sparkassen noch
ziemlich schleppend.
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Produktivitätssteuerung
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Wie schon die Aussagen zur Geschäftsbereichsrechnung und
Einzelgeschäftskalkulation vermuten lassen, besteht auch im Rahmen der
Produktivitätssteuerung noch Handlungsbedarf. Zwar sind in allen
Sektoren Kostenrechnungssysteme implementiert, eine
verursachungsgerechte Kostenallokation auf Geschäftsbereiche und
Produkte in Form bankeigener Standardstückkosten sowie der Ausweis von
Produktivitätsergebnissen zur Messung der innerbetrieblichen Effizienz
und als Grundlage für Kapazitätsentscheidungen existiert häufig nicht.
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Dagegen werden vor allem im Genossenschafts- und Sparkassensektor mit
Ausnahme der größeren Institute zumeist Kostengrößen und
Benchmarkziffern aus Verbundanalysen verwendet. In der Folge ist auch
ein langfristiges und regelmäßiges Kostenmanagement häufig nicht im
Steuerungsprozess verankert und Effizienzsteigerungen sowie die Hebung
langfristiger Einsparpotenziale zum Beispiel durch
Outsourcing-Maßnahmen werden dadurch vielfach verzögert.
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Systeme zur Risikomessung und -steuerung
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Grundlage einer integrierten Ertrags-/Risikosteuerung sind die Systeme
zur Risikomessung undsteuerung. Für die Marktpreisrisikosteuerung
orientiert man sich in allen Sektoren am Barwert. Aufsichtsrechtlich
anerkannte interne Modelle zur Risikomessung haben bisher jedoch nur
die Groß- und zum Teil die Privat-/Regionalbanken implementiert. Was
das auch für mittlere und kleinere Institute bedeutsame Zinsbuch und
dort insbesondere das Fristentransformationsergebnis angeht, so sind
zwar Szenario-Analysen mit Bandbreiten möglicher
Zinsstrukturentwicklungen zur periodischen Risikomessung im Einsatz,
mit Ausnahme der Großbanken undsparkassen wird das
Fristentransformationsergebnis jedoch meistens lediglich residual im
Rahmen einer GuV-Überleitung auf Gesamtbankebene bestimmt.
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Die vollständige Transformationsperformance (Zinsergebnis +
Barwertsteigerung) wird in den Regionalbanken, Sparkassen und
Genossenschaftsbanken bis auf wenige Ausnahmen nicht ermittelt. Dies
liegt zum einen an fehlenden Messverfahren und zum anderen an einem
nicht durchgängigen Planungsprozess. Das heißt, es werden keine
periodischen und barwertigen Ergebniserwartungen in Form von
Absolutergebnissen oder Überrenditen für das Treasury formuliert.
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Situationsbezogene Anlageentscheidungen
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Dort, wo auch eine originäre Ermittlung des Fristenergebnisses
vorgenommen wird, wie etwa bei den Großbanken, ergeben sich zum Teil
recht deutliche Differenzen zwischen den residualen und originären
Ergebnissen. Der Prozess einer gesamtheitlichen
rendite-risikooptimalen "Asset Allocation" ist, abgesehen von den
Großbanken, die Anlageentscheidungen auf der Basis
prognoseorientierter Anlagestrategien und definierter Budgets treffen,
bislang erst vereinzelt implementiert.
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Besonders im Genossenschafts- und Sparkassensektor werden
Anlageentscheidungen für die verschiedenen Assetklassen (Renten,
Aktien, Währungen) zumeist situationsbezogen getroffen. Im Zinsbuch
verfolgen die Banken und Sparkassen überwiegend Benchmark-Strategien.
Ratingverfahren bilden die Grundlage der Adressrisikosteuerung und
sind in allen Sektoren weitestgehend implementiert.
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Damit verbunden findet größtenteils auch eine risikoorientierte
Bepreisung zur Abdeckung der erwarteten Verluste statt. Allerdings
scheint diese in jüngerer Zeit angesichts des wieder intensiver
gewordenen Wettbewerbs im Kreditgeschäft im Vertrieb häufiger nicht
mehr durchgeholt zu werden. Auch Kreditportfolio-Modelle zur Messung
der unerwarteten Risiken sind in allen Sektoren vorhanden. Allerdings
ist der Anwendungsgrad insbesondere bei mittleren und kleinen Häusern
aufgrund fehlender Erfahrungen meist sehr niedrig.
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Messung des Adressrisikoergebnisses
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Die Messung des Adressrisikoergebnisses ist mit Ausnahme der
Großbanken ebenfalls noch nicht weit fortgeschritten. Zwar ist diese
konzeptionell und systemtechnisch auch in den Verbundgruppen
erarbeitet, wird aber bislang eher selten umgesetzt. Dies gilt auch
für die aktive Steuerung von Portfoliorisiken durch
Risikotransferalternativen. Abgesehen von den Großbanken, die ihre
Portfolios aktiv steuern und regelmäßig Verbriefungsinstrumente nutzen
und einigen Privat-/Regionalinstituten, bei denen dies aufgrund ihres
Geschäftsmodells eine dominante Rolle spielt, befindet sich die aktive
Steuerung des Adressrisiko-Portfolios zumeist noch in den
Kinderschuhen. Im Genossenschaftssektor, der daneben im
Sicherungsverbund schon seit geraumer Zeit auch eine
Bankenklassifizierung vornimmt, wurden erste Maßnahmen zum Transfer
von Kreditrisiken im Verbund ergriffen (VR-Circle), während im
Sparkassensektor hiermit, abgesehen von vereinzelten Transaktionen,
noch kaum Erfahrungen mit dem verbundinternen Risikotransfer gesammelt
wurden und eine aktive Portfoliosteuerung noch nicht etabliert ist.
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Operationelle Risiken
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Hinsichtlich der operationellen und sonstigen Risiken (Beteiligungs-,
Liquiditäts-/Refinanzierungs- und Geschäftsfeldrisiken) liegen -
wiederum abgesehen von den Großbanken - keine ausgebildeten
Quantifizierungsansätze vor, und beim operationellen Risiko
beschränken sich Genos-senschafts-, Privat-/Regionalbanken und
Sparkassen auf den aufsichtsrechtlichen Basisindikator-Ansatz. In den
Großsparkassen wird teilweise der Advanced-Measure-ment-Approach
angewendet und die Messung sonstiger Risiken diskutiert.
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Während die Großbanken zumeist das gesamte Instrumenten-Set zur
Reduzierung der operationellen Risiken wie Schadensausfalldatenbanken,
Self-Assessment, Frühwarnsysteme nutzen, überwiegen bei den anderen
Banken und Sparkassen klassische ablauforganisatorische Regelungen und
die Erfüllung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen (MaRisk).
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Mit Blick auf die erste Säule von Basel II läuft die Bemessung der
Eigenkapitalunterlegung bei den allermeisten Banken und Sparkassen auf
den Standardansatz hinaus. Auch hier sind es wiederum nur die größeren
Banken, die IRB-Ansätze verwenden. Während die Großbanken ebenso wie
einige Privat-/Regionalbanken die Einführung des IRB-Advanced-Ansatzes
planen, befindet sich der IRB-Basisansatz bei zwei
Pilot-Großsparkassen in der Einführung.
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Herausforderungen und Umsetzungshürden
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Abgesehen von den dargestellten grundsätzlichen Unterschieden im
Umsetzungsgrad der Gesamtbanksteuerung lässt sich angesichts ihrer
Komplexität erahnen, dass im Einzelnen und im Detail aufgrund der
individuellen Ausgangssituationen in Bezug auf die Organisation, die
Prozesse, das IT-Umfeld und nicht zuletzt das bestehende Know-how
einer Bank eine Reihe von Unterschieden bestehen - selbst zwischen den
Banken, die im Grundsatz alle wesentlichen Elemente der
Gesamtbanksteuerung implementiert haben. Daher seien aus den
Erfahrungen bei der Umsetzungsbegleitung abschließend die größten
Herausforderungen und Umsetzungshürden beim Aufbau und der Umsetzung
eines funktionsfähigen Gesamtbanksteuerungssystems herausgestellt.
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Zum Ersten sind dies methodisch-konzeptionelle Fragen. Das Ziel einer
Risikoquantifizierung als Ausgangspunkt einer Formulierung konkreter
Steuerungsmaßnahmen besteht im Idealfall darin, sämtliche Risikoarten
einer Bank unter Berücksichtigung der Korrelationseffekte zu einem
Ge-samtbank-Value-at-Risk zu verdichten und die Ergebnisse in einem
umfassenden Risikostatus der Gesamtbank abzubilden. Um eine
Aggregation der Risikokategorien zu erreichen, bedarf es der Erfüllung
verschiedener Anforderungen. Zu den Bedeutendsten zählen die
Verwendung eines einheitlichen Risikobegriffs, die Einführung eines
einheitlichen Risikomessverfahrens, die Verwendung eines einheitlichen
Zeithorizonts bei der Risikomessung sowie die Ermittlung der
Korrelationen von Risikoparameteränderungen.
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Eine gesamtbankweite, alle Risikoarten umfassende Darstellung ist in
der Praxis nur unter Inkaufnahme inhaltlicher Kompromisse zu
realisieren. Ein hohes Maß an Komplexität erhält man insbesondere
durch die Einbeziehung von Kredit- und operationellen Risiken. Auch
die Allokation und Budgetierung von Risikokapital und die Verbindung
mit jahresabschlussorientierten respektive bankaufsichtlichen
Kapitalgrößen sowie ihre Berücksichtigung im strategischen
Planungsprozess ist in Teilbereichen methodisch komplex und wird
häufig noch nicht zufrieden stellend gelöst. Dies setzt sich in der
Systematik der Eigenkapitalkostenkalkulation mit der Frage nach der
Einbeziehung und jeweiligen Relevanz der unterschiedlichen
Kapitalbegriffe fort. Nicht zuletzt ist dann schließlich die Frage
nach der Harmonisierung beziehungsweise adäquaten Verknüpfung von
interner und externer Erfolgsmessung im Rahmen von
Profitcenter-Rechnung und Segmentberichterstattung zu lösen.
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Zum Zweiten sind besondere prozessuale Herausforderungen zu meistern.
So ist im Rahmen der Realisierung des Steuerungsprozesses selbst
besonders darauf zu achten, dass bereichsbezogene Steuerungsgrößen
klar, widerspruchsfrei und zielgrößenkompatibel definiert und mit den
Anreizsystemen verknüpft werden. Darüber hinaus sind eine Reihe
anderer Fragestellungen wie die unterjährige Korrektur von Budgets,
die Reallokation von Risikokapital über einen Eigenkapitalmarkt zu
lösen.
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DV-Umsetzung
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Drittens ist die DV-Umsetzung einer der wesentlichen erfolgskritischen
Faktoren der Gesamtbanksteuerung. Zunächst ist ein leistungsfähiges
Controlling-Datawarehouse aufzubauen, in dem die relevanten
Informationen abgelegt, Berechnungen durchgeführt und Voraggregationen
vorgenommen werden können. Wesentlich ist dabei die Vollständigkeit
der Daten, aber auch der performante Systemaufbau verbunden mit der
Möglichkeit des kurzfristigen Datenzugriffs. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass bestimmte Informationen online zur Verfügung
stehen müssen, wie beispielsweise die Möglichkeit der Vorkalkulation
im Kundengeschäft. Andere Informationen bedürfen einer
"Realtime"-Aktualisierung wie beispielsweise Risikoausweise im
Händlerportfolio.
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Gerade für das Risikomanagement gelten einige besonders kritische
Faktoren für die Systemkonfiguration. Dazu gehören die Aktualität der
zur Bewertung heranzuziehenden Daten und in dem Zusammenhang die
Risikoabbildung über verschiedene Zeitzonen und die
Berechnungsmethodik für die Limitauslastungen sowie die ständige
Verfügbarkeit aller Marktparameter, die eine sehr hohe Stabilität der
Systeme erfordert. Bei der Kalkulation des Kreditportfolios etwa sind
streng genommen vor jeder Kreditentscheidung alle Kreditengagements
neu zu bewerten, um den Beitrag des potenziellen Geschäftes zum
Gesamtportefeuille messen zu können.
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Neben den geschilderten Herausforderungen muss schließlich viertens
auf den Faktor Personal als eine der bedeutsamsten Komponenten bei der
Einführung eines Gesamtbanksteuerungssystems hingewiesen werden. Nur
wenn es gelingt, auch jenseits der Fachbereiche
Controlling/Risikomanagement/Gesamtbanksteuerung das Verständnis für
die Methoden, Instrumente und Prozesse zu wecken, ist eine Einführung
Erfolg versprechend. Jeder einzelne Mitarbeiter sollte den Vorteil
eines derartigen Systems für sein Tagesgeschäft verspüren und daher
mit diesem System leben. Aus diesem Grund wird der mit einer
Einführung verbundene Schulungs- und Coachingbedarf einen nicht
unerheblichen Umfang haben.
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Der damit verbundene Aufwand wird sich aber über die Veränderung von
Verhalten und die damit einhergehende klare Ausrichtung der
Geschäftsaktivitäten rechnen: Aktivitäten im Kundengeschäft werden
stärker unter Ertragsgesichtspunkten gefällt, Risiken werden unter
Berücksichtigung der damit verbundenen Ertragschancen eingegangen und
die Risikohöhe wird in einem ausgewogenen Verhältnis zur
Risikotragfähigkeit stehen. Gleichzeitig ist damit eine
Effizienzerhöhung durch klare Entscheidungsmechanismen undwege zu
erreichen.

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