Gespräch des Tages

Großbanken - Wachstumsimpulse gesucht

Mit der Kostenseite des Bankgeschäftes wollte sich Theodor Weimer in einer Gesprächsrunde beim Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten zumindest nicht offensiv beschäftigen. Für sein Eingangsstatement hatte er sich lieber das in die Zukunft gerichtete Thema Wachstum ausgesucht. Konkret kreisten seine Überlegungen und Gedankenanstöße um die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für den Ausbau der Infrastruktur sowie des Freihandels, also um Anliegen, die im Zweifel der gesamten Kreditwirtschaft und damit auch der Hypovereinsbank neue Ertragsmöglichkeiten eröffnen.

Speziell bei der Bestandsaufnahme zur Verfassung der lange Zeit hoch gelobten deutschen Infrastruktur weiß sich der HVB-Chef in seiner Mängelanalyse mit der (europäischen) Politik einig. Auf stattliche 120 Milliarden Euro für die kommenden zehn Jahre veranschlagt die EU-Kommission den Investitionsbedarf allein für Verkehrs-, Kommunikations- und Energienetze. Die jährliche Finanzierungslücke wird auf 7,2 Milliarden Euro geschätzt. Als maßgeblicher Grund gelten die Einschränkung der Investitionsspielräume durch Schuldenbremsen für die öffentlichen Haushalte auf allen Ebenen sowie die nach wie vor bestehenden Vorbehalte für die Einbindung des privaten Finanzsektors in solche Projekte. Insbesondere bei überfälligen Investitionen der Kommunen registriert Weimer bislang unüberwindliche Finanzierungshindernisse und präsentiert ein Drei-Punkte-Programm zur Mobilisierung des ausreichend vorhandenen privaten Kapitals, von dem natürlich auch sein eigenes Haus profitieren könnte.

Wichtigster Punkt ist die Einrichtung und Umsetzung einer Infrastruktur AG in der Hand der Bundesrepublik Deutschland, die die Planung, die Finanzierung, den Ausbau, die Erhaltung, den Betrieb und die Nutzungsentgelte der Verkehrsinfrastruktur verantworten sowie Rangfolgen für die Dringlichkeit vornehmen und Öffentlich-private-Partnerschaften begleiten könnte. Zum Zweiten regt der HVB-Chef einen massiven Ausbau der kapitalmarktorientierten Infrastrukturfinanzierung an, unter Ausnutzung von Instrumenten wie Projektfinanzierung, Projektanleihen und Verbriefungen. Und nicht zuletzt plädiert er für die Anpassung des regulatorischen Regelwerkes von Banken, Kapitalsammelstellen und Versicherungen, die allesamt gerne die langfristige Infrastrukturfinanzierung ausbauen würden. Ob man der Politik mit der Forderung nach einer weiteren öffentlichen Institution eine Brücke zur Forcierung der Infrastrukturfinanzierung bauen kann, ist fraglich. Mit der Anregung zur Koordinierung der Aktivitäten von Bund, Ländern und Kommunen ist aber zumindest ein Grundproblem zutreffend adressiert. Auf internationaler Ebene könnte zudem die Infrastrukturinitiative unter der australischen G20-Präsidentschaft noch einen zusätzlichen Anschub liefern.

Viel weniger aufgeregt als das die öffentliche Diskussion zeigt, gibt sich der HVB-Chef mit Blick auf das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP), dem er einen jährlichen Wachstumsimpuls von bis zu 0,5 Prozentpunkten zuschreibt. Mit dem inzwischen erfolgten Beschluss des Rats der EU, das Verhandlungsmandat zur Transatlantischen Handelsund Investitionspartnerschaft zu veröffentlichen, ist das besonders hierzulande vieldiskutierte Transparenzproblem zumindest entschärft.

Dass sich die Kostenseite nicht ganz umgehen lässt, musste Theodor Weimer spätestens in der Diskussionsrunde spüren. Denn natürlich hat der in den vergangenen Monaten bundesweit diskutierte grundlegende Umbau des Filialnetzes der Hypovereinsbank auch eine spürbare Senkung der Sachkosten im Blick. Mit dem radikalen Schnitt zur Schließung weniger rentabler Standorte bei gleichzeitiger Investition in den Ausbau der als rentabel erachteten Filialen und einem flankierenden Ausbau eines höchst effizienten Online-Vertriebs positioniert er sein Haus bewusst anders als beispielsweise die Verbundgruppen. Seine Gesamtbeurteilung der Wettbewerbssituation klingt indes für die gesamte deutsche Kreditwirtschaft wenig tröstlich. Denn als weitaus gefährlicheren Wettbewerber für sein eigenes Haus stuft er die Non- and Nearbanks ein.

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