Gespräch des Tages

Immobilien - WCM ist wieder da

Acht Jahre nachdem die schillernde Beteiligungsholding WCM in die Insolvenz schlitterte, meldet sich das einstige MDax-Unternehmen nun wieder zurück. Das Comeback soll ausgerechnet im Markt für Gewerbeimmobilien an deutschen Top-Standorten gelingen. In einem ersten Schritt gab die WCM Ende September eine Vorvereinbarung zum Erwerb von vier Objekten in Berlin, Bonn, Düsseldorf und Frankfurt am Main bekannt. Diese sollen durch sogenannte Sharedeals erworben werden. Die vermietbaren Flächen der fünf Immobilien belaufen sich auf insgesamt etwa 93 500 Quadratmeter, die Nettokaltmiete beträgt aktuell 7,5 Millionen Euro im Jahr und der Vermietungsstand liegt bei stolzen fast 98 Prozent. Die Restmietlaufzeit beträgt 5,7 Jahre. Der Gesamtkaufpreis beträgt rund 107 Millionen Euro, Angaben zum Verkäufer wurden nicht gemacht. Die Finanzierung soll neben Bankdarlehen durch Erlöse aus einer geplanten Bezugsrechtskapitalerhöhung von etwa 19 Millionen Euro erfolgen. Eine weitere Industrieimmobilie in Bremerhaven soll im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung in die Gesellschaft eingebracht werden. Bis auf Bonn soll die Transaktion bis Ende 2014 geclosed werden, Bonn soll im 1. Quartal 2015 folgen.

Neue Strategie der WCM, so heißt es seitens der Verantwortlichen, sei der Erwerb, die Wertschöpfung durch aktives Asset Management sowie der Handel von Core Plus und Value-Add-Immobilien in A- und attraktiven B-Städten. Langfristig ist geplant, einen signifikanten Bestand aufzubauen sowie Opportunitäten zu nutzen, um auch Immobilien nach erzielter Wertschöpfung mit Gewinn weiter zu verkaufen. Investoren wird der Einstieg bei WCM gleich zweimal schmackhaft gemacht. Zum einen profitieren sie von Verlustvorträgen der Altgesellschaft in Höhe von insgesamt 521 Millionen Euro, davon 272 Millionen Euro aus der Körperschaftssteuer und 250 Millionen Euro aus der Gewerbesteuer. Zum anderen verfügt die WCM noch über ein steuerliches Einlagenkonto im Volumen von einer Milliarde Euro, aus dem Ausschüttungen an die Aktionäre ohne Abzug der Kapitalertragssteuer erfolgen. Durch das höhere Potenzial bei Gewerbeimmobilien im Vergleich zum früheren Investment in Wohnimmobilien will die Gesellschaft bereits im kommenden Jahr schwarze Zahlen schreiben.

Nur zur Erinnerung: Seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war WCM eine Tochter der I.G. Farben, die ihren Produktionsbetrieb 1966 einstellte. In den folgenden Jahrzehnten beschäftigte sich das Unternehmen mit der Verwaltung des eigenen Grundbesitzes, bis 1991 die Umwandlung in die WCM Beteiligungs- und Grundbesitz-Aktiengesellschaft unter der Regie des Hamburger Spekulanten Karl Ehlerding erfolgte. Es folgten Beteiligungen an Konzernen wie Württembergische Versicherung AG, Spar Handelsgesellschaft, RSE Grundbesitz und Beteiligungs-AG und Klöckner-Werke. Auch baute das Unternehmen nach und nach einen großen Bestand an Wohnimmobilien auf.

Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten der WCM meldeten die Liquidatoren der I.G. Farben am 10. November 2003 Insolvenz an. WCM übernahm Anfang der neunziger Jahre die Mehrheit an der Mutter, und ein Großteil des Vermögens der I.G. Farben wurde als Dividende an die Aktionäre ausgeschüttet. Der gescheiterte Versuch der Übernahme der Commerzbank verschärfte den finanziellen Engpass weiter. Eine drohende Insolvenz sollte 2006 durch eine Verschmelzung der WCM auf die gesunde Tochter Klöckner-Werke abgewendet werden, die jedoch an offenen Fragen um die Bewertung scheiterte. Nachdem die HSH Nordbank die Kreditlinien fällig stellte, folgte am 8. November 2006 der Insolvenzantrag der WCM. Dieser wurde 2010 aufgehoben, es folgten die Vorbereitungen zur Wiederaufnahme der operativen Geschäftstätigkeit, unter anderem der Aufbau von 144 Millionen Euro genehmigten Kapitals und der Kapitalschnitt im Verhältnis 1: 20 vor gut einem Jahr. Seit Ende September ist die WCM nun wieder auf der Bildfläche. Wohin der Weg wohl dieses Mal führt? Die Börse freut sich jedenfalls, allein die Ankündigung führte zu einem satten Kursplus.

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