Aufsätze

"Totgesagte leben länger" - Zukunft des Elektronischen Lastschriftverfahrens

Das Thema Elektronisches Lastschriftverfahren (ELV) ist an sich etwas sehr Deutschsprachiges. Diese Verfahren gibt es in Österreich und Deutschland. Das Thema dieser Tagung ist aber Sepa, die Single Euro Payments Area. Warum ist es überhaupt so weit gekommen, dass ELV im Rahmen von Sepa sogar in Brüssel Beachtung fand und wir es heute auf der Agenda haben? Man hätte doch auch sagen können, dass es in Europa genügend Bezahlsysteme gibt wie Card Bancaire, Girocard, Maestro oder V-Pay. Damit ist eigentlich alles da und es bräuchte nicht noch ein regional begrenztes System wie das ELV in einem europäischen Zahlungsraum. Warum haben sich die Europäische Kommission und die anderen europäischen Gremien trotzdem sehr stark für das Thema ELV interessiert?

Anforderungen des Handels an Bezahlsysteme

Zur Beantwortung dieser Fragen wird im Folgenden zuerst ein Blick auf die Anforderungen des Handels an Bezahlsysteme geworfen und dann wird bewertet, wie sich das Elektronische Lastschriftverfahren schlägt und warum wir es überhaupt brauchen:

1. Eine schnelle und einfache Abwicklung ist gerade im Lebensmittelhandel sehr wichtig, um die Kassendurchlaufzeiten möglichst gering zu halten.

2. Die unbaren Zahlungsverkehrsmittel weisen in den letzten Jahren ein stetiges Wachstum auf - 1994 wurden gerade mal 21 Prozent unbar gezahlt und es gab noch eine große Dominanz von Bargeld. Im Jahre 2012 liegen wir laut Zahlen des Eurohandelsinstituts (EHI) bereits bei 44 Prozent unbarer Zahlungen. Daher benötigt man ausfallsichere und manipulationssichere Systeme, denn das Vertrauen in die elektronischen Zahlungsmittel ist natürlich enorm wichtig.

3. Bei den geringen Margen des Handels ist eine weitere sehr wichtige Anforderung der Preis. Wir wollen es preiswert, aber wir wollen es nicht umsonst. Wir wissen, dass gute Leistung auch etwas kostet.

4. Der fortschreitenden Globalisierung hinkt die Standardisierung im Kundenzahlungsverkehr leider hinterher. Wir haben in einigen Ländern zwar inzwischen dasselbe Zahlungsterminal stehen, die Hardware wohlgemerkt, die Software ist aber überall noch unterschiedlich. Hier wünscht sich der Handel eine rasche Entwicklung einheitlicher Standards.

5. Des Weiteren haben wir intensiven Wettbewerb im Handel, vor allem in Deutschland. Deswegen sollte ein Zahlungsmittel im Idealfall auch noch die Kunden binden und den Umsatz steigern.

Anforderungen an Bezahlsysteme

Die Anforderungen sind also: schnell, sicher und preiswert sollte es sein, international standardisiert, Umsatz steigernd und Kunden bindend. Auf diese Anforderungen hin ist das elektronische Lastschriftverfahren zu überprüfen:

- Schnell: ja, es geht inzwischen relativ flott, mit der Unterschrift zu bezahlen und mit Sign-Pads und entsprechender Archivierung ist auch die Abwicklung im Backoffice einfach.

- Sicher: ja, es ist sehr sicher - ELV weist weniger Betrugsfälle auf als ec-cash, was natürlich auch am engeren Einsatzbereich liegt, mittels ELV bekommt der Verbraucher an keinem Geldautomaten Geld. Eine weitere Stärke des ELV ist die sehr hohe Ausfallsicherheit.

- Preiswert ist es außerdem, wenn auch nicht kostenlos. Zwar ist die Hereinnahme per se nicht mit einer Interchange versehen, aber es fallen Kosten für das Risikomanagement an, egal ob die Unternehmen sich eine Zahlungsgarantie kaufen oder das Ausfallrisiko selber managen. Aber im Vergleich zu den zahlungsgarantierten Systemen ist ELV immer noch das preiswerteste Bezahlsystem.

- International standardisiert ist das ELV nicht, es gibt es wie erwähnt derzeit nur in Deutschland und in Österreich. Aber was nicht ist, kann ja vielleicht noch werden.

- Hinsichtlich der Punkte "Umsatz steigernd" und "Kunden bindend" ist ELV neutral.

Sicher und preiswert, das sind somit die beiden Schlüssenfaktoren für den Handel. Die Forderung nach Ausfallsicherheit gibt es seit vielen Jahren - der Handel braucht ein Back-up-System, wenn Girocard, Debit- oder Kreditkarten nicht funktionieren. Wenn eine Autorisierungszentrale nicht verfügbar ist, besteht für Kredit- und Debitkarten nur das ELV als Back-up. Damit gab es noch nie Probleme, auch wenn das ELV heutzutage im Grunde genommen ebenfalls ein Online-System ist. In der Regel handelt es sich um ein sogenanntes "OLV" (Online-Lastschriftverfahren), eine Variante des ELV, welches mit einer Online-Autorisierung arbeitet. Sollte es hier zu Ausfällen kommen, steht aber das ELV offline zur Verfügung. Auf eine Offline-Variante bei Debit- und Kreditkarten wartet der Handel bis heute.

Fehlender Wettbewerb

Ganz wichtig für ein preiswertes Angebot ist auch im bargeldlosen Zahlungsverkehr ein funktionierender Wettbewerb. Im Bereich der Zahlkarten gibt es aber leider keinen wirklichen Wettbewerb. Zwar gibt es V-Pay und Maestro ebenso wie Girocard und andere vormals nationale Systeme wie Card Bancaire, die Sepa-fähig werden. Selbst Belgien behält das nationale System auch unter Sepa bei. Allerdings findet der Wettbewerb nur auf der Karten ausgebenden Seite statt, wo versucht wird, durch möglichst hohe Einnahmemöglichkeiten (Interchange), Karten mit der eigenen Marke in den Markt zu bringen.

Aufgrund des mangelnden Wettbewerbs in Richtung der Akzeptanzseite kosten Maestro, V-Pay, Girocard grob gesagt das Gleiche. Das liegt daran, dass die Anbieter, unsere Verhandlungs partner, im Grunde genommen die Karten herausgebenden Banken sind, denn durch die Interchange-Strukturen sind sie für den überwiegenden Teil der Kosten, die beim Händler anfallen, verantwortlich. Und das ist auch der Grund, warum nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich, Polen und anderen Ländern die nationalen Wettbewerbsbehörden in den Markt eingegriffen haben oder dabei sind einzugreifen.

Bedeutung des ELV

Das ELV bildet hier eine rühmliche Ausnahme in Europa, weil hier nicht die Karten ausgebenden Banken der Verhandlungspartner sind, sondern die Netzbetreiber. Hier hat der Handel andere Marktteilnehmer, die somit für Wettbewerb sorgen. Das war sicher eines der Hauptgründe für die europäischen Institutionen, dem ELV Aufmerksamkeit zu schenken.

Nun zum Status des ELV und zu einem Ausblick auf die Zukunft: 13 Prozent aller Zahlungen im deutschen Handel wurden in 2012 per ELV abgewickelt. Im Jahr 2010 und 2011 ging die Zahl der ELV-Transaktionen zurück, während ec-cash ein stetiges Wachstum vorzuweisen hatte. Das lag mit Sicherheit daran, dass niemand wusste, ob es ELV am 1. Februar 2014 noch geben wird. Das ist seit einigen Monaten klar. Es wurde nach vielen Diskussionen in Brüssel eine Übergangsphase bis 2016 geschaffen, für Deutschland und für Österreich. Das wurde auch in die nationalen Übergangsgesetze integriert. Herzlichen Dank an dieser Stelle an die Gesetzgeber, dass dies ermöglicht wird.

Soweit der Status: ELV bleibt weiter möglich! Ob es auch über 2016 hinaus möglich sein wird, ist allerdings noch offen. Dies hängt im Wesentlichen von der juristischen Grundlage und der Technik für die Abwicklung ab. Wir als Handel hoffen auf eine Zukunft des aus oben genannten Gründen so wichtigen ELV.

Die juristische Grundlage wurde schon geschaffen. Das ELV kann künftig auf Basis des SDD (Sepa Direct Debit) abgebildet werden. Möglich war das, da in den Sepa-Rulebooks der Name und die Adresse nicht mehr Pflichtfelder, sondern nur optional sind und das Namensfeld mit Kartendaten gefüllt werden kann. Hinsichtlich der technischen Seite sind die ersten Netzbetreiber dabei, Verfahren zu entwickeln, dass der Chip, dem die Zukunft gehört, ausgelesen wird. Allerdings ist noch nicht zu 100 Prozent sicher, dass die Kartendaten, die der Netzbetreiber braucht, auch auf dem Chip zur Verfügung stehen werden.

An die Banken geht hier der Appell, den Wettbewerb nicht zu scheuen und ELV weiter zuzulassen, und an das Kartellamt, weiter ein wachsames Auge darauf zu haben. Denn inzwischen gibt es Verhandlungsmöglichkeiten für die Debitkartenzahlungen "ec-cash". Dies ist sehr gut, macht aber nur mit einem starken ELV Sinn.

Ein europäisches ELV?

Auf europäischer Ebene wird das ELV mit großem Interesse verfolgt. Es wird vom Handel ein "Basic Payment" gefordert, das auf jeder Sepa-fähigen Karte eine Art ELV ermöglichen soll, immer auch vor dem Hintergrund, Wettbewerb und Back-up. Denn aufgrund des fehlenden Wettbewerbs haben in vielen Ländern die Kartellbehörden das Thema Kartenzahlung aufgegriffen und auch die EU-Kommission wird gegebenenfalls den Kartenmarkt regulieren. Ein europäisches ELV könnte eine sinnvolle Ergänzung sein!

Der Beitrag basiert auf einer Rede des Autors anlässlich des "Zahlungsverkehrssymposiums 2013" der Deutschen Bundesbank. Die Zwischenüberschriften sind teilweise von der Redaktion eingefügt.

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