Aufsätze

Traditionelles Banking, moderner Spirit und schlanke Online-Strukturen - "lessons learned"!

Der Zusammenbruch des Neuen Marktes im Jahr 2000 ist bis heute spürbar: Der IPO-Markt in Deutschland hat sich seither nicht erholt und ist praktisch nicht existent. Und auch die jüngste Finanzkrise, die ihren Anfang mit dem Niedergang von Lehman Brothers im Jahr 2008 begann, ist bis heute spürbar. Größere und kleinere Krisen haben die Finanzmärkte schon wiederholt durchlaufen. Doch dieses Mal gibt es hoffnungsvolle Anzeichen, dass es nun keine Rückkehr zu "business as usual" gibt, und die Akteure aus den Geschehnissen lernen beziehungsweise lernen müssen.

Krisen - zum Lernen da

Das chinesische Wort für Krise bringt es wunderbar auf den Punkt: "Krise" im Chinesischen setzt sich aus den Zeichen "Gefahr" und "Gelegenheit" zusammen. Die Gefahr wird zur Gelegenheit, die Ursachen herauszufinden, welche in die Krise geführt haben. Der nächste, konsequente Schritt ist, aus den Fehlern zu lernen und neue Wege zu beschreiten. Es wird der Finanzbranche auch nichts anderes übrig bleiben, denn die Auswirkungen der Krise sind auch heute noch schmerzlich spürbar - und es stellt sich ernsthaft die Frage, ob eine weitere Belastungsprobe überhaupt handelbar wäre.

Die Finanzkrise hat die Kreditwirtschaft nach wie vor fest im Griff. Bis heute stellt die Finanzkrise die etablierten Banken vor große Herausforderungen - zum einen werden die Institute stärker kontrolliert und reguliert, zum anderen leiden die Banken nach wie vor unter den finanziellen Auswirkungen der Krise.

Mehr Kontrollen - strengere Regulierung: Die Banken müssen sich Stresstests unterziehen, den EZB-Banken-TÜV absolvieren und Notfallpläne (sogenannte Testamente) vorlegen. Die strengere Regulierung manifestiert sich zudem in einer Reihe von neuen Richtlinien und Gesetzen. Etwa die MiFID-Richtlinie (Markets in Financial Instruments Directive; Richtlinie zur Vereinheitlichung des Schutzniveaus für Anleger auf den EU-Finanzmärkten), das US-Gesetz Facta (Foreign Account Tax Compliance Act zur Verhinderung von ausländischen Steueroasen für US-Bürger) oder auch die AIFM-Richtlinie (Neuordnung des Investmentwesens; Verwalter von alternativen Investmentfonds benötigen eine europaweit geltende Erlaubnis für das Fondsmanagement; zudem schreibt sie neue Informations- und Berichtspflichten unter anderem gegenüber Investoren und Aufsichtsbehörden vor).

Enorme finanzielle Einbußen: Die Banken müssen auf den unterschiedlichsten Ebenen finanzielle Einbußen kompensieren. Diverse Staaten holen sich jetzt die einst gezahlten Zuschüsse an die krisengeschüttelten Institute über Strafzahlungen zurück - etwa die USA: Bank of America (116 Milliarden US-Dollar), BNP (6,3 Milliarden Euro) oder auch der Deutsche Bank (1,9 Milliarden Euro). Binnen acht Jahren sollen einige Großbanken zudem einen 55 Milliarden Euro schweren EU-Abwicklungstopf befüllen. Hinzu kommt das derzeit niedrige Zinsniveau, das die Ertragskraft der Finanzinstitute erheblich beeinträchtigt. Durch diese Faktoren ist laut E&Y die Eigenkapital-Rendite der europäischen Banken von 15,8 Prozent vor der Krise auf 4 Prozent aktuell gesunken.

Schnellboote: eine Herausforderung für die Dampfer

Doch diese systemimmanenten Herausforderungen sind längst nicht alles, womit sich die Kreditwirtschaft im Nachgang der Finanzkrise auseinandersetzen muss. Neuerdings bekommt die etablierte Bankenbranche Gegenwind aus einer ganz anderen Richtung: Neue Akteure betreten die Bildfläche und machen den Finanzinstituten Konkurrenz. Kleine Unternehmen, die nicht unmittelbar und zwingend dem Finanzsystem angeschlossen sind, bieten einzelne Dienstleistungen und Produkte an, die bislang nahezu ausschließlich von traditionellen Banken offeriert wurden. Kleine Schnellboote, die rechts und links neben den Dampfern der Großbanken auftauchen und dank ihrer geringen Größe und Wendigkeit viel schneller und direkter die Schlüsse aus der Finanzkrise gezogen und ihr Angebot entsprechend angepasst haben.

Auch die Kunden haben aus der Krise gelernt - und sind gegenüber neuen Dienstleistern aufgeschlossen. Es ist kein Zufall, dass diese neuen Dienstleister jetzt auf den Plan treten - letztlich gab der Kunde den Ausschlag. Noch nie war der Ruf nach Veränderung so laut, das Misstrauen auf der Kundenseite so deutlich spürbar, wie im Nachklang der Finanzkrise. Aus Sicht der Kunden steht insbesondere das Bedürfnis nach mehr Transparenz und umfassender Information im Vordergrund. Schließlich befürchten sie, dass sie mittels undurchsichtiger Kosten- und Gebührenstrukturen letztlich die "Zeche" für die Krise zahlen sollen.

Die Menschen möchten aus diesem Grund die Kostenstruktur von Finanzdienstleistungen durchschauen können - sodass sie wissen, wofür sie wie viel bezahlen. Sie wollen nicht länger provisionsgesteuert beraten werden und ihre Geldgeschäfte weitgehend autark und zu jeder Zeit erledigen können. Und auch kleine und mittlere Unternehmen fühlen sich bei den etablierten Banken nicht mehr aufgehoben, da sie ihnen die professionellen Finanzprodukte, die sie erwarten, nicht mehr zur Verfügung stellen wollen oder können. Der Renditedruck der Banken ist derart groß, dass sie sich das Kreditgeschäft mit kleinen und mittleren Betrieben gar nicht mehr leisten können - es rechnet sich schlicht nicht mehr für sie. Die Gewinne stehen in keinem Verhältnis zu den Bearbeitungskosten.

Klassische vorbörsliche IPOs - übersetzt in schlanke Online-Strukturen

Wer sind die neuen Dienstleister? Und welche Antworten haben sie auf die veränderten Bedürfnisse der Kunden? Eine aktuelle Studie der Uni Bochum identifiziert vier Bereiche, in denen neue Dienstleister etablierten Banken Konkurrenz machen:

- Wagnisfinanzierer,

- Spezialisten für den Zahlungsverkehr,

- Kreditvermittler,

- Spezialisten für Vermittlung, Verwaltung und Beratung.

Bergfürst gehört der Gruppe der Wagnisfinanzierer an. Im folgenden Abschnitt wird das Geschäftsmodell beleuchtet und das Angebot an Privatanleger und Unternehmern dargestellt.

Bergfürst wurde 2012 mit der Maxime gegründet, die selbstbestimmte und realwirtschaftlich orientierte Anlegerkultur in Deutschland zu fördern. Die Idee: Dank direkter Beteiligungen kann jeder zum Unternehmer werden oder in einzelne Immobilien investieren. Ausgestattet mit einer Erlaubnis als Finanzdienstleister-Lizenz konnten von Anfang an Aktien-Emissionen für junge Unternehmen im Rahmen von öffentlichen Angeboten durchgeführt werden: Klassische vorbörsliche IPOs - übersetzt in schlanke Online-Strukturen. Dabei wurde nicht der bewährte, traditionelle Emissionsprozess verändert, er wurde jedoch ungleich transparenter, kostengünstiger und kommunikativer gemacht.

Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften

Das Unternehmen öffnete so zum ersten Mal die Assetklasse Wagniskapital auch für Privatanleger - und das im Rahmen von Eigenkapitalbeteiligungen. Das ist ein bislang einzigartiges Angebot in Deutschland, da alle anderen Investment-Plattformen aufgrund ihrer fehlenden Regulierung lediglich Fremdkapitalbeteiligungen anbieten können. Neu ist zudem, dass alle Dienstleistungen rund um eine Emission aus einer Hand angeboten werden. Das Unternehmen ist Emissionshaus, Discount Broker, Sekundärmarkt und auch Informationsplattform - ein vollständiges Ökosystem.

Jüngst hat das Unternehmen die Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften erhalten und können nun das Depotgeschäft und das Emissionsgeschäft selbstständig durchführen - die Voraussetzung für ein neues, kostengünstiges Angebot an Immobilien-Beteiligungen für Privatanleger. Mit Erhalt der Bank-Lizenz ist die Verschmelzung der Kernkompetenzen aus alter und neuer Finanzwelt komplett vollzogen. Es ist die konsequente Synthese aus den Lektionen der jüngsten Vergangenheit und dem Ursprung des Bankwesens. Eine neue chemische Verbindung ist entstanden: aus Alt und Neu wird Neo.

Neo Investing ist der Überbegriff für Investment-Plattformen, die die Vorteile von Banken und schlanken Online-Strukturen vereinen können. Auf diese Weise können hier disruptive Geschäftsmodelle gedeihen, die ihre Wurzeln im 21. Jahrhundert haben und sich nun in einem regulierten Umfeld weiter entwickeln.

Als Privatanleger wie ein VC handeln

Die Bergfürst-Plattform gibt Privatanlegern in einem regulierten Umfeld alle Instrumentarien an die Hand, damit sie wie institutionelle Investoren handeln können. Dazu gehört es, umfassend über das Investment zu informieren, damit die Privatanleger die Risikoprüfung selbst in die Hand nehmen können. Dazu wird ein Wertpapierprospekt und die Equity Story geboten, regelmäßig werden Geschäftsberichte und Ad-hoc-Meldungen veröffentlicht. Jede Emission startet mit einem Live-Web-Cast, in dem sich das Management-Team vorstellt und die Fragen der Investoren beantwortet.

Statt Anonymität - direkter Austausch zwischen Emittent und Investor: Über die sozialen Netzwerke und auch auf der Plattform (zum Beispiel durch Info-Foren und den Bereich Fragen & Antworten) wird den Emittenten und Investoren diverse Kanäle für den direkten und kontinuierlichen Austausch miteinander geboten. Zudem werden für alle Emittenten gemeinsam jährliche Hauptversammlungen ausgerichtet - die Anleger können so ihr Stimmrecht für alle ihre Investments an einem Ort und nur an einem jährlichen Termin bequem wahrnehmen.

Als Unternehmer an Wachstumskapital gelangen

Durch diese Maßnahmen wird eine große Nähe zwischen den Unternehmen und ihren Investoren erzeugt und so anonymisierte Geschäftsabläufe verhindert. Damit wird ein hohes Maß an Transparenz erreicht.

Ausgewogenes Chancen-Risiko-Verhältnis: Anleger erwerben Aktien und profitieren wie ein klassischer VC von einem ausgewogenen Chancen-Risiko-Verhältnis: Sie tragen das "Downside-Risiko" im Umfang ihrer Beteiligung und partizipieren gleichzeitig voll am "Upside-Potenzial". Die Aktionäre verfügen darüber hinaus über ein volles Stimmrecht und können dank Sekundärmarkt alle Beteiligungen im Rahmen von Angebot und Nachfrage handeln.

Einfache Kostenstruktur - fünf Euro pro Order: Privatkunden zahlen keine Kontooder Depotgebühren. Zeichnungen von Emissionen sind ebenfalls kostenfrei. Lediglich im Sekundärmarkt fallen Kosten an: Es wird eine Gebühr von fünf Euro pro ausgeführter Order erhoben - inklusive aller Teilausführungen.

Das Geschäftsmodell ist ausreichend schlank und effizient strukturiert, sodass Bergfürst IPOs auch mit relativ geringen Emissions-Volumen wirtschaftlich vernünftig durchführen kann. Eine Primärplatzierung im öffentlichen Angebot erzeugt für den Emittenten Gesamtkosten von etwa 250 000 Euro - und so rechnet sich ein IPO bereits ab einem Volumen von zwei Millionen Euro. Junge Unternehmen benötigen für die zweite und dritte Finanzierungsrunde zwischen zwei und zehn Millionen Euro. Diese Phase ist von großer Wichtigkeit - wachsen die Unternehmen jetzt nicht in ausreichendem Umfang, verlieren sie den Marktanschluss. Doch leider stoßen sie gerade jetzt bei vielen Geldgebern auf taube Ohren. Die Seed-Investoren streuen lieber früher, Banken ist das Geschäft zu klein oder sie scheuen das Risiko. Damit schließt die Bank mit ihrem Angebot die Finanzierungslücke und befördert die Markterschließung und Marktdurchdringung für kleine und mittlere Unternehmen.

Welche Lehren zieht die Bergfürst Bank AG aus den Vorgängen am Neuen Markt? Als Anbieter vorbörslicher IPOs war es besonders wichtig, dass das Geschäftsmodell die richtigen Folgerungen aus den Entwicklungen am Neuen Markt zieht. Aus diesem Grund werden bei den Emissionen strenge Good Practice- und Corporate-Governance-Regeln durchgesetzt, damit der schnelle Ausstieg von Management und Altgesellschaftern im Rahmen des IPO zwingend verhindert wird. Dazu wurden folgende Regeln eingeführt:

Harter Lock-up für das Management: Das Management-Team, kann erst Aktien verkaufen, wenn sie den im Rahmen des öffentlichen Angebots vorgelegten Business-Plan auch tatsächlich umgesetzt haben. Auf diese Weise muss der Emittent von vorneherein realistisch planen.

Gestaffelter Lock-up für Altgesellschafter und Aufsichtsrat: Ebenso gibt es gestaffelte Haltevereinbarungen für Altgesellschafter und Aufsichtsräte. Sie bewirken, dass die genannten Organe des Unternehmens ein hohes Interesse an der zweckgebundenen Mittelverwendung aus der Emission haben. Das ist von zentralem Interesse für die neu hinzugetretenen Anleger.

Keine Umplatzierung im Rahmen des IPO: Die oben aufgestellten Regeln greifen natürlich nur, wenn Management und Altgesellschafter nicht bereits beim IPO satt Kasse gemacht haben. Wohl und Wehe der restlichen Beteiligung steht naturgemäß nicht mehr im Fokus, wenn schon einmal das gesamte investierte Geld und ein großer Gewinn aus der Umplatzierung erzielt wurde. Vor diesem Hintergrund muss eine Umplatzierung im Rahmen des IPO ausgeschlossen sein.

Einhaltung der Lock-ups durchsetzen

Auch zu Zeiten des Neuen Marktes 1.0 wurden Lock-up-Vereinbarungen abgeschlossen. Allerdings erwiesen sich diese als zahnlose Tiger, da zu deren Durchsetzung ein starker Akteur, der alle Fäden in einer Hand hält, nötig gewesen wäre. Bergfürst kann dies leisten, da das Unternehmen alle Dienstleistungen rund um die Emission selbst anbietet. Auf diese Weise hat es Einblick in alle Prozessschritte und kann die Einhaltung der Lock-ups durchsetzen.

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