Aufsätze

Verbriefungen in Deutschland - Anmerkungen zum Rechtsrahmen

Verbriefung wird international und hierzulande mehr denn je kritisch betrachtet. Schuld daran ist die aus den USA auf den europäischen Markt übergeschwappte Finanzmarktkrise. Irreführend ist jedoch die Annahme, deutsche Banken hätten in gleicher Weise wie einige amerikanische oder englische Banken ihre Kreditvergabepraxis erheblich gelockert. Die Vergabepraxis deutscher Kreditinstitute unterscheidet regelmäßig nicht zwischen verbrieften und nicht-verbrieften Krediten. Kredite, die später Gegenstand einer Verbriefung werden, unterliegen insoweit regelmäßig den einheitlichen Vergabestandards des Kreditinstituts.1) Dies forderten die Aufsichtsbehörden bereits 1997. Nach dem BAKred Rundschreiben (4/97)2) muss das Forderungsportfolio durch zufällige Forderungsauswahl zusammengesetzt werden. Das viel kritisierte "originate-to-sell-Modell", nach dem Banken Darlehen originieren, um sie alsbald zu verbriefen, hat sich in Deutschland damit nicht durchgesetzt.

Investments als Auslöser

Auslöser der Finanzmarktkrise in Deutschland waren deshalb nicht die Verbriefungstransaktionen deutscher Banken, sondern deren Investments in US-Subprime-Produkte und CDOs.3) Aufgrund der Finanzmarktkrise sind Anzahl und Volumen der Transaktionen stark rückläufig und ABS-Papiere können zurzeit nur zu ungünstigen Konditionen am Kapitalmarkt platziert werden. Das mangelnde Interesse der Investoren wird teilweise durch die EZB ausgeglichen, die ABS-Papiere im Rahmen von Repo-Geschäften erwirbt.

Die Finanzmarktkrise hat zudem zu intensiven Diskussionen auf Regulatoren-, aber auch auf Industrieseite darüber geführt, wie ähnliche Situationen zukünftig vermieden werden können. Wichtige Orientierungspunkte sind gesetzt worden durch den "Report of the Financial Stability Forum" vom 7. April 2008, das Konsultationspapier der EU-Kommission vom 17. April 2008 zu möglichen Änderungen der CRD sowie den "Interim Report of the Institute of International Finance-Committee on Market Best Practices" ebenfalls vom April 2008. Die EU-Kommission hat mittlerweile unter dem 30. Juni 2008 die Ergebnisse des Umfrageprozesses sowie ihre weiterentwickelten Gestaltungsvorschläge veröffentlicht.

Es entspricht allgemeiner Ansicht, dass in einer vollentwickelten Basel II-Welt die Krise weniger dramatisch ausgefallen wäre. Diese Analyse zielt darauf, dass Basel I Fehlanreize gesetzt hat, die durch Basel II beseitigt werden. Aus Sicht der Finanzindustrie sollte deswegen das Basel II-Instrumentarium erst einmal erprobt werden. Die Regulatoren und hier insbesondere die EU-Kommission werden sich damit aber voraussichtlich nicht begnügen (siehe unten).

Entwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen

Risikobegrenzungsgesetz: Durch das Risikobegrenzungsgesetz4) will der Gesetzgeber Handlungsspielräume von Finanzinvestoren einschränken. Erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens sind Ergänzungen bezüglich des "Kredithandels" in das Gesetz aufgenommen worden.

Das Risikobegrenzungsgesetz sieht vor, dass Darlehensnehmer bei Verbraucherdarlehensverträgen5) über die Veräußerung des Darlehens und den neuen Gläubiger unterrichtet werden müssen. Dies gilt jedoch nicht für den Fall der "stillen Zession", der bei Verbriefungstransaktionen vorherrscht (§ 496 II S. 2 BGB n. F.). Hier muss die Benachrichtigung erst erfolgen, wenn der Originator "still zedierte" Forderungen nicht mehr verwaltet. Faktisch musste bei Auswechslung des Servicers bereits nach alter Rechtslage eine Benachrichtigung erfolgen, da der Schuldner einen neuen Ansprechpartner erhält und Zahlungen auf ein neues Konto vorgenommen werden.

Gleiches gilt für die neuen Informationspflichten des Darlehensgebers nach § 492a BGB n. F. Der Darlehensgeber muss einen Verbraucher als Darlehensnehmer jetzt vor Beendigung der Zinsbindungsperiode über den neuen Zinssatz (§ 492a I BGB n. F.) und zusätzlich über die Fortführungsabsicht hinsichtlich des Vertragsverhältnisses informieren (§ 492a II BGB n. F.). Diese Informationspflichten können zwar grundsätzlich auch den Zessionar treffen, aber auch hier gilt eine Ausnahme für "stille Zessionen" (§ 492a III BGB n. F.). Negative Auswirkungen auf Verbriefungstransaktionen, sind durch diese Neuregelungen deshalb nicht zu erwarten.

Vertragsübernahme nur mit Zustimmung des Darlehensnehmers

Ähnlich verhält es sich mit den Änderungen zu § 354a HGB. Bisher konnten Forderungen unter Kaufleuten trotz Abtretungsverbot wirksam übertragen werden. Das Risikobegrenzungsgesetz sieht nun eine Ausnahme für die Abtretung von Darlehensforderungen durch Kreditinstitute vor. Eine Abtretung von Darlehensforderungen durch ein Kreditinstitut ist künftig unwirksam, wenn ein Abtretungsverbot vereinbart wurde, auch wenn der Schuldner ein Kaufmann ist. Allerdings sah § 354a S. 2 HGB bereits bisher vor, dass auch im Falle der wirksamen Abtretung der Schuldner weiterhin befreiend an den Zedenten leisten darf. Da dies in der Insolvenz des Originators problematisch ist, waren bereits bisher Forderungen, die einem Abtretungsverbot unterliegen, nicht Gegenstand von Verbriefungen.

Die beschlossene Erweiterung des § 309 Nr. 10 BGB auf Darlehensverträge betrifft die bei Syndizierungen häufig verwendete Vertragsübernahme. Soweit ein Darlehensvertrag als allgemeine Geschäftsbedingungen angesehen wird, ist die Vertragsübernahme künftig grundsätzlich nur mit Zustimmung des Darlehensnehmers möglich. Die Zustimmung muss im Zeitpunkt der Vertragsübernahme und nicht bereits bei Abschluss des Darlehensvertrags erfolgen. Bei vorsichtiger Auslegung kam man zu diesem Ergebnis bereits bei geltender Rechtslage. Bei Verbriefungen hingegen erfolgt die Übertragung der Darlehensforderungen zumeist durch Abtretung. Diese ist von der Änderung nicht betroffen.

Mögliche Auswirkungen auf Verbriefungstransaktionen könnten sich allerdings aus der Änderung des § 1193 BGB ergeben: Nach § 1193 I BGB ist das Kapital einer Grundschuld erst nach Kündigung "fällig", wobei eine Kündigungsfrist von sechs Monaten gilt. Vor Fälligkeit kann wegen des Kapitals der Grundschuld die Zwangsvollstreckung nicht betrieben werden. Nach § 1193 II BGB konnte bisher das Erfordernis der Kündigung bei Bestellung der Grundschuld abbedungen werden. Von dieser Möglichkeit haben Banken in der Vergangenheit regelmäßig Gebrauch gemacht. Vollstreckungsmaßnahmen (Zwangsvollstreckung und -verwaltung) konnten daher nach Fälligstellung des Darlehens und nach Ablauf einer in der Sicherungszweckerklärung festgelegten Frist, eingeleitet werden.

Vor allem die rasche Einleitung der Zwangsverwaltung ist von großer Bedeutung. Die dabei erlangten Mieteinnahmen konnte die Zweckgesellschaft zur Bedienung der Zinsansprüche der Investoren verwenden. Durch das Risikobegrenzungsgesetz wird nun das Erfordernis der Kündigung und die sechsmonatige Kündigungsfrist zwingendes Recht. Nach dem Wortlaut des § 1193 I BGB betrifft die Neuregelung allerdings nicht die Vollstreckung der Grundschuldzinsen. Die Zwangsverwaltung wegen der Grundschuldzinsen bleibt daher weiterhin möglich, ohne dass es dazu einer Kündigung der Grundschuld bedarf.

Kündigungsmöglichkeiten bei Zahlungsrückstand

Bei Verbraucherdarlehen ist zusätzlich die Neuregelung des § 498 III BGB zu beachten. Dieser regelt die Kündigungsmöglichkeiten von amortisierenden Verbraucherdarlehen bei Zahlungsrückstand. Bisher waren Immobiliendarlehensverträge davon ausgenommen (§ 498 III BGB a. F.). Durch das Risikobegrenzungsgesetz fallen nun auch solche Darlehen unter § 498 III BGB n. F., allerdings mit der Maßgabe, dass zur Kündigung nicht der Zahlungsrückstand von zehn Prozent des Nennbetrags des Darlehens notwendig, sondern 2,5 Prozent ausreichend ist. Darüber hinaus muss der Darlehensschuldner zugleich mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Zahlungen im Rückstand sein.

Ausdrücklich zu begrüßen ist, dass ursprünglich vorgesehene, die Verbriefungspraxis erheblich einschränkende Regelungen keinen Eingang in das Gesetz gefunden haben. So wurde ein Sonderkündigungsrecht des Darlehensnehmers bei Übertragung des Darlehens beziehungsweise Abtretung der Darlehensforderung und die Erlaubnispflicht nach KWG für den Ankäufer von durch Grundvermögen gesicherten Forderungen diskutiert, richtigerweise aber wieder fallen gelassen. Letztere hätte die Verwendung deutscher Zweckgesellschaften bei RMBS und CMBS Transaktionen faktisch ausgeschlossen und auch die Verbriefung unter Verwendung ausländischer Zweckgesellschaften erschwert.

KWG und Pfandbriefnovelle - Regelungen zum Refinanzierungsregister: Das Refinanzierungsregister ist bislang seltener als erwartet eingesetzt worden. Dies hat wirtschaftliche und rechtliche Ursachen. So werden gewerbliche Immobilienkredite oft schon bei der Vergabe auf eine Weiterreichung an den Kapitalmarkt hin strukturiert und deswegen mit fungiblen Briefstatt mit Buchgrundschulden besichert. Das gerade für die großen Verbünde im Prinzip sehr interessante Pfandbriefpooling stieß bislang auf wenig Resonanz.

Neubewertung als Hindernis

Die Liquiditätslage von Sparkassen und Genossenschaftsbanken scheint so auskömmlich, dass die Neigung zu neuen Refinanzierungsformen aktuell gering ist. Hindernisse für das Pfandbriefpooling ergeben sich auch daraus, dass die ausgereichten Immobiliendarlehen nicht selten nach den für die Indeckungnahme geltenden Standards der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) neu bewertet werden müssten. Mitverantwortlich für die seltene Verwendung des Refinanzierungsregisters waren aber auch die nachfolgend beschriebenen rechtlichen Gründe:

- Die Nutzung des Refinanzierungsregisters durch Pfandbriefbanken in Konsortialsituationen scheiterte bislang daran, dass nach Auffassung der BaFin eine Eintragung der Grundschuld im Deckungsregister des Konsortialführers (wegen § 14 II PfandBG) die anteilige Indeckungnahme derselben Grundschuld bei den Konsorten blockiert. Dies gelte auch dann, wenn die Position des Konsorten durch eine Eintragung in ein Refinanzierungsregister unterlegt sei. Durch den Entwurf wird dieses Hindernis beseitigt (§ 5 Ia PfandBG-neu).

- Außerhalb von Konsortialsituationen wird die Nutzung des Refinanzierungsregisters durch Pfandbriefbanken dadurch erschwert, dass darlehensnehmerbezogene Daten im Deckungsregister offengelegt werden (müssen). Der Entwurf stellt nunmehr klar, dass hierin kein Verstoß gegen das Bankgeheimnis oder datenschutzrechtliche Vorschriften zu sehen ist (§ 5 I Pfand-BG-neu).

- Hinderlich ist auch, dass das Refinanzierungsregister nur für Transaktionen genutzt werden kann, die der Refinanzierung des Originators dienen. Dies machte es zweifelhaft, ob ein Kreditinstitut einer Pfandbriefbank für deren Deckungsstock Immobilienkredite gegen eine Gebühr auf der Basis eines Refinanzierungsregisters "leihen" kann. Diese Zweifel werden durch den Entwurf beseitigt. Nach § 1 XXIV PfandBG-neu reicht es aus, wenn Transaktionen unter dem Refinanzierungsregister der Refinanzierung des Übertragungsberechtigten (in Poolingmodellen also der Pfandbriefbank) dienen. Nach der Begründung des Entwurfs sollen so Stundungsund/oder Leihemodelle ermöglicht werden.

- Insbesondere Ratingagenturen war es nur schwer zu vermitteln, dass der Übertragungsberechtigte den Zugriff Dritter auf "seine" Grundschuld beim Originator nicht verhindern kann.6) Der Entwurf sieht nun vor, dass der Übertragungsberechtigte wie jeder andere Aussonderungsberechtigte auch - Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO erheben kann (§ 22j I KWG-neu).

- Allerdings adressiert der Entwurf (noch) nicht alle offenen Fragen. Wünschenswert wäre es zum Beispiel nach wie vor, wenn auf Erwerberseite nicht nur Pfandbriefbanken, sondern alle Kreditinstitute das Refinanzierungsregister zur Portfoliosteuerung nutzen könnten.

Steuergesetze (GewSt, KStG, UStG und Zinsschranke): Auch im Steuerrecht wurden wichtige Hürden genommen:

- Im Jahre 2003 wurde das sogenannte gewerbesteuerliche Bankenprivileg für Verbriefungen auf deutsche Zweckgesellschaften erstreckt. Bis dahin war die Nutzung einheimischer Infrastrukturen bereits aufgrund der prohibitiven Gewerbesteuerbelastung ausgeschlossen.

- Im Jahre 2004 hat das BMF bestehende umsatzsteuerliche Unsicherheiten beseitigt. So wurde mit BMF-Schreiben vom 24. Mai klargestellt, dass § 13c UStG ("Haftung eines Forderungskäufers für Umsatzsteuerschulden des Veräußerers") nur stark eingeschränkt auf Verbriefungstransaktionen Anwendung findet. Durch ein weiteres BMF-Schreiben vom 3. Juni 2004 wurde überdies geregelt, dass die Verwaltung verkaufter Kreditforderungen durch die veräußernde Bank (das sogenannte "Servicing") nicht der Umsatzsteuer unterliegt.

- Die durch die Unternehmenssteuerreform 2008 eingeführte und für deutsche Zweckgesellschaften potenziell außerordentlich gefährliche Zinsschranke wurde durch eine klarstellende Passage in der Gesetzesbegründung und durch das BMF-Schreiben zur Zinsschranke vom 4. Juli 20087) für Verbriefungszweckgesellschaften neutralisiert.

Jenseits von Bankkrediten wird jedoch die Verwendung deutscher Zweckgesellschaften durch eine ganze Reihe steuerlicher Nachteile erschwert.

Steuerliche Nachteile

Alle anderen Transaktionstypen, wie zum Beispiel die Verbriefung von Handels- und Leasingforderungen, Mezzaninem Kapital, Forderungen aus PPP, Versicherungsrisiken und so weiter müssen aus steuerlichen Gründen über ausländische Strukturen abgewickelt werden.

Rechtsdienstleistungsgesetz: Das seit 1. Juli 2008 gültige Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) löst das bis dahin geltende Rechtsberatungsgesetz ab. Durch das RDG wird das ins Rechtsberatungsgesetz nachträglich eingefügte Verbriefungsprivileg bestätigt. Die Einziehung ursprünglich eigene, aber im Wege einer Verbriefung abgetretener Forderungen wird nicht als Rechtsdienstleistung qualifiziert.8) Über die bisher geltende Rechtslage hinausgehend, umfasst diese Privilegierung auch die Einziehung von Forderungen innerhalb verbundener Unternehmen.

Ein sogenannter Master-Servicer, der im Auftrag mehrerer konzerneigener Originatoren Forderungen zentral einzieht, erbringt keine Rechtsdienstleistung im Sinne des RDG. Falls eine Rechtsdienstleistung vorliegt, wird der bisherige Erlaubniszwang durch eine bloße Registrierungspflicht abgelöst. Das Verfahren wird dadurch in zeitlicher und formaler Hinsicht erleichtert. Klargestellt wird überdies, dass sich auch ausländische Unternehmen registrieren lassen können. Dies war nach bisheriger Rechtslage unsicher. Insgesamt beschert das RDG der Verbriefungspraxis Erleichterungen und ist schon deshalb sehr zu begrüßen.

Schuldverschreibungsgesetz: Referentenentwurf vom 9. Mai 2008: Große Hoffnung hat man auch in den Referentenentwurf zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Anleihen gesetzt. Dieser bleibt jedoch hinter zentralen Forderungen der Verbriefungspraxis zurück. Zu nennen ist hier insbesondere die fehlende Regelung zur AGB-Qualität der Anleihebedingungen und die Regelung zur zwingenden Anwendbarkeit der gesetzlichen Vorschriften.

Im Einzelnen: Der BGH hat in seinem Urteil vom 28. Juni 2005 bereits klargestellt, dass Anleihebedingungen nicht der Einbeziehungskontrolle nach § 305 II BGB (beziehungsweise der Vorgängerregelung des § 2 I AGBG) unterliegen. Die Frage einer Inhaltskontrolle hat er hingegen offen gelassen.

Inhaltskontrolle offen

Auch der Referentenentwurf möchte hierzu keine verbindliche Aussage treffen, vielmehr abwarten und prüfen, inwieweit eine solche Inhaltskontrolle nach der Richtlinie 93/13/EWG geboten ist. Eine Klarstellung, dass Anleihebedingungen keiner Inhaltskontrolle unterliegen, ist mithin möglich und wünschenswert. Denn: Emittent und Investor brauchen Rechtssicherheit. Wertpapiere müssen ihre durch die Emissionsbedingungen geprägten Eigenschaften unverändert behalten; anderenfalls sind sie nicht kapitalmarktgängig. Die ursprünglichen Eigenschaften sind in die Bepreisung des Wertpapiers eingegangen. Die nachträgliche Veränderung dieser Bedingungen führt (zum Beispiel bei tranchierten Emissionen) zu "windfall-"Gewinnen einer Seite.

Verbriefungsgesetz? Die beschriebene Entwicklung zeigt, dass die zu lösenden Fragen in den unterschiedlichsten Rechtsgebieten angesiedelt sind. Angesprochen sind allgemein zivil-, gesellschafts-, insol-venz-, kapitalmarkt-, aufsichts- und steuerrechtliche Fragen. Der deutsche Gesetzgeber hat bislang den Weg beschritten, offene Fragen im Rahmen isolierter Gesetzgebungsprojekte anzugehen.

Man muss sich fragen, ob dieser Ansatz vor dem Hintergrund zunehmender Komplexität und einer arbeitsteilig organisierten Ministerialverwaltung beibehalten werden sollte. Ausländische Jurisdiktionen gehen hier - mit durchaus beachtlichem Erfolg anders vor.9)

Im Übrigen hat auch der Gesetzgeber bei der Etablierung von Immobilienaktiengesellschaften einen holistischen Ansatz gewählt und im REIT-G die rechtlichen, steuerlichen und bilanziellen Fragen durch ein einheitliches Gesetz verklammert. Ein vergleichbar strukturiertes deutsches Verbriefungsgesetz könnte neue Impulse für die notwendige Weiterentwicklung des Rechtsrahmens setzen. Die Etablierung von Im-mobilien-Aktiengesellschaften sowie die jüngsten Entwicklungen in europäischen Konkurrenzjurisdiktionen haben es vorgemacht.

Pläne der EU-Kommission

Verbriefungsrelevant könnten insbesondere folgende Vorhaben werden: - Nach Ansicht der Kommission sollen Kreditinstitute nur in solche Risikotransferinstrumente (zum Beispiel ABS, CDS) investieren dürfen, bei denen der Originator zehn Prozent des Risikos dauerhaft zurückbehält. Der neue Art. 122a (der Rl. 2006/48) soll zwar nur für Investoren gelten. Will sich eine verbriefende Bank nicht per se den Zugang zu Bankeninvestoren verbauen, wird sie durch diese Vorschrift aber gezwungen, über alle vermarkteten Tranchen hinweg Risikopositionen einzubehalten. Diese würde die Attraktivität von Verbriefungstransaktionen deutlich begrenzen.

Der EU-Kommission schwebt ferner vor, die Definition der Kreditnehmereinheit in § 19 II KWG zu ändern. Um zukünftig zu verhindern, dass Banken APCP-Programmen mehr als 25 Prozent des haftenden EK als Liquiditätslinien zur Verfügung stellen, schlägt sie vor, im Rahmen eines Programms alle Zweckgesellschaften durch die Risikokategorie "wichtige gemeinsame Refinanzierungsquelle" zu einer Kreditnehmereinheit zu verklammern.

Optimierungspotenzial heben

Die Bedingungen, die der deutsche Rechtsrahmen für Verbriefungstransaktionen liefert, sind und bleiben weiterhin vorteilhaft. Das Optimierungspotenzial sollte jedoch zeitnah gehoben werden. Ob aus Kreisen der EU mit Einschränkungen zu rechnen ist, bleibt abzuwarten.

Fußnoten

1) Bechtold, ZfgK, 2008, Seite 384.

2) Rundschreiben 4/97 des BAKred vom 19. März 1997 betreffend die "Veräußerung von Kundenforderungen im Rahmen von Asset Backed Securities Transaktionen".

3) Bechtold, ZfgK, 2008, Seite 384.

4) Vom Bundestag verabschiedet am 27. Juni 2008, BR-Beschluss vom 4. Juli 2008 BR-Drucksache 449/08 (B).

5) Der Gesetzgeber betrachtet die Regelungen zum Kredithandel ausdrücklich als Maßnahme zur Verbesserung des Verbraucherschutzes, BT-Drucksache 16/7438 Seite 9. Einige der darin enthaltenen Regelungen treffen allerdings nicht nur Verbraucher.

6) Allerdings haben die Agenturen diese offene Flanke zu Recht nicht überbewertet; vergleiche S&P-Schreiben vom 10. Oktober "German Refinancing Register Could Help Source Assets For Pfandbriefe"

7) Gz. IV. C7-S2742-a/07/10001.

8) Ausführlich dazu Henssler/Deckenbrock, DB, 2008, Seiten 41, 42.

9) Hier kann auf das Luxemburger Verbriefungsgesetz vom 22. März 2004 verwiesen werden, in dem alle gesellschafts-, steuer- und aufsichtsrechtlichen Fragestellungen in einem einheitlichen Regelwerk adressiert werden.

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