1840 - 2015

175 Jahre Naspa

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"Innovation ist keine Garantie gegen das Scheitern, aber ohne Innovation ist das Scheitern garantiert." (Stefan R. Munz). Als die Landes-Credit-Cassen-Anstalt für das Herzogtum Nassau 1840 gegründet wurde, war das keine spontane Idee, sondern das dringend notwendige Ergebnis eines langen Entstehungsprozesses. Die Gründung des Herzogtums Nassau 1806 fiel in eine der dramatischsten Epochen der Weltgeschichte. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation zerbrach zu Beginn des 19. Jahrhunderts nach mehr als 900 Jahren, neue politische Ordnungen traten an seine Stelle, die Landkarte Europas wurde grundlegend verändert.

Diese tief greifenden Umwälzungen wurden von Napoleon veranlasst. Er war der "Weltgeist zu Pferde", wie Hegel es ausdrückte.

Auch auf wirtschaftlichem Gebiet fanden gravierende Veränderungen statt, die, ausgehend von Großbritannien, in anderen westeuropäischen Ländern, den USA und Japan verstärkt um die Jahrhundertmitte einsetzten. Überall vollzog sich der entscheidende Übergang von der Agrar- in die Industriegesellschaft. Erfindungen und technische Entwicklungen veränderten die Produktionsbedingungen in den Fabriken und begünstigten die Massenfertigung. Die Eisenbahn als (Massen-)Transportmittel beschleunigte das Reisen, verkürzte die Distanzen und wurde zur Wachstums-"Lokomotive" für die Regionen, die sie verband. Wo vorher Arbeitslosigkeit herrschte, gab es nun in den neuen Industrien Arbeitsplätze. Das wirtschaftliche Wachstum stieg in diesen Jahren stärker als die Bevölkerungszahlen, was zur Folge hatte, dass das Einkommen pro Kopf zunahm und die Nachfrage und die Produktion gefördert wurden. Die Massenarmut, ein drückendes Problem in Europa, ging zurück.

Das Herzogtum Nassau

Auch im Geschäftsgebiet der heutigen Naspa gab es damals tief greifende Umbrüche: Entscheidend war der Beitritt der Fürsten Friedrich August von Nassau-Usingen und Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg zum Rheinbund am 17. Juli 1806, der dem Senior des Hauses, Fürst Friedrich August, die Herzogswürde brachte. Zugleich trafen die beiden Fürsten die Entscheidung, beide Länder zu einem einzigen Herzogtum zu vereinen. Dies geschah am 30. August 1806. Es gab keinen Wahlakt, keine Krönung oder gar eine Befragung der Untertanen. Die Gründung des Herzogtums Nassau beruhte allein auf dem Willen Kaiser Napoleons und der Entscheidung der beiden Fürsten. Das neu gebildete Herzogtum setzte sich aus mehr als 20 einst selbstständigen Teilen und Territorien zusammen. Es galt nun, diese Teile zu einem einheitlichen Staatswesen zusammenzuführen. Unter den zahlreichen neuen Gesetzen ragen die Aufhebung der Leibeigenschaft (1806), die Einführung der Reise- und Niederlassungsfreiheit (1810) sowie die grundlegende Steuerreform (1812) hervor.

Eines wurde im Zusammenhang mit dem umfassenden Aufbau der einheitlichen Verwaltung des neuen Staatswesens aber vergessen: Es gab im Gründungsjahr 1806 in dem zirka 5 600 Quadratkilometer großen Gebiet mit rund 300 000 Einwohnern keine einzige Bank und weder Staatsminister Ernst Freiherr Marschall zu Bieberstein noch Regierungspräsident Karl von Ibell zogen eine eigene nassauische Staats- und Landesbank in den kommenden Jahre in Betracht. Wer Kredit brauchte, musste entweder "außer Landes" gehen, zu den in Frankfurt ansässigen Bankiersfamilien, oder zum "Wucherer". Das galt auch für den Landesherrn: Herzoglicher Hofbankier war zunächst das Frankfurter Bankhaus Gebrüder Bethmann, das im Jahre 1817 von M. A. Rothschild & Söhne abgelöst wurde.

Allerdings gab es natürlich bankähnliche Strukturen, die während des Aufbaus des Herzogtums Nassau entstanden. Zuallererst ist hier die 1818 ins Leben gerufene Schuldentilgungs-Commission zu nennen, deren Hauptaufgabe darin bestand, die zahlreichen Verpflichtungen abzuwickeln, die sich aus den territorialen Veränderungen ergeben hatten. Dieser Commission unterstand die bereits 1807 gegründete Generaldepositien-Casse. Diese fungierte als Hinterlegungsstelle für alle auf Gerichtsbeschluss zu hinterlegenden Gelder wie Mündelgelder oder Kautionen, nahm aber auch freiwillige Einlagen an, die verzinst wurden. Auch die sogenannten Armencassen können in gewisser Weise als Sparkassen betrachtet werden, boten sie doch breiten Bevölkerungsschichten wie Dienstboten, Handwerksgesellen oder Tagelöhnern die Gelegenheit, Ersparnisse sicher anzulegen.

Andere Herzogtümer oder Städte waren hier deutlich weiter als die Nassauer: Als erste Vorläuferin der modernen Sparkassen entstand 1778 die "Ersparungsclasse" der "Hamburgischen Allgemeinen Versorgungsanstalt". Ihre Gründer waren wohlhabende Kaufleute, Geistliche und Gelehrte, die vom Gedankengut der Aufklärung durchdrungen waren und nach neuen Wegen zur Bekämpfung und Prävention von Armut suchten. Gründungsidee und -ziel war es auch hier, Personen mit wenig Einkommen und Vermögen zu ermöglichen, geringe Geldbeträge sicher und verzinslich anzulegen, damit sie Rücklagen für Notzeiten bilden oder einen Kapitalstock für die Existenzgründung sammeln konnten.

1801 wurde schließlich die kommunale Sparkasse geboren, denn für die Verbindlichkeiten des Instituts in Göttingen übernahm die Stadtgemeinde die Garantie. Nach 1815 setzte dann eine Welle von Sparkassengründungen ein. Im Jahr 1836, vier Jahre vor dem Geburtstag der Naspa, gab es 281 Institute, bis 1900 wuchs die Zahl auf 2700.

Die Landes-Credit-Casse

Den entscheidenden Anstoß zur Gründung der Landes-Credit-Casse im Herzogtum Nassau gab schließlich die Zehntablösung. Dem Zeitgeist folgend versprach die nassauische Regierung in einem Edikt die "Ablösung der Zehnten, Grundbelastungen und Servituten" bereits 1817. Im Königreich Westfalen wurde der Zehnt, eine noch aus dem Mittelalter stammende, jährlich zu entrichtende Geld- und Naturalabgabe, per Gesetz 1809 durch Zahlung einer einmaligen Geldsumme, dem 25-fachen des Jahresertrags, abgeschafft. Daran orientierten sich zahlreiche andere Herzogtümer und Königreiche. In Nassau hingegen blieb es zunächst einmal bei dem Versprechen. Erst der Tod Herzog Wilhelms I. 1839 und der Amtsantritt seines Sohnes, Herzog Adolph, änderte die Situation. Als einer der letzten deutschen Staaten regelte Nassau im Edikt vom 29. Januar 1840 die Ablösung des Zehnten.

Allerdings fehlte es den Menschen an Kapital, sich "freizukaufen". Die Nachfrage nach Krediten durch die Bürger nahm sprunghaft zu. Auch der Kreditbedarf der Wirtschaft stieg von Jahr zu Jahr, vor allem um im Rahmen der fortschreitenden Industrialisierung neue Maschinen zu erwerben und die Produktionsstätten auszubauen.

Bereits 1836 wurde daher vom damaligen regierenden Staatsminister Carl Wilderich von Walderdorff eine Kommission beauftragt, die notwendigen Vorbereitungen zur Gründung einer eigenen nassauischen Bank zu treffen. Die beiden Kammern der Landstände billigten den von der Regierung vorgelegten Gesetzesentwurf ohne jeden Widerstand, da das Gesetz "ohnstreitig das wichtigste und folgenreichste sei, welches seit dem Bestehen der landständischen Verfassung im Herzogthum erschienen ist". Am 22. Januar 1840 unterzeichnete Herzog Adolph endlich das "Landesherrliche Edikt" über die Errichtung der "Herzoglich-Nassauischen Landes-Credit-Casse". Die Nassauische Sparkasse war geboren.

Mit nur fünf hauptamtlichen Mitarbeitern einschließlich des Direktors nahm das Institut am 1. April 1840 seine Arbeit auf. Zu den Aufgaben der Landes-Credit-Casse gehörte laut Satzung die Ausgabe von Banknoten, die zunächst auf eine halbe Millionen Gulden begrenzt war, die Annahme von Depositengeldern, die Annahme von Spargeldern, die Verwaltung von Staatsgeldern, die Finanzierung und Abwicklung der Zehntablösung sowie die Gewährung von Hypotheken und Krediten im Rahmen der vorhandenen Mittel. Darüber hinaus war das Institut befugt, Banknoten (sogenannte Landes-Credit-Casse-Scheine) auszugeben, wodurch auch im Herzogtum Nassau erstmals Papiergeld neben die gebräuchlichen Silbermünzen trat.

Im Jahr 1841 verschrieben die fünf Mitarbeiter insgesamt 675 Federkiele: Der Schreiber 200 sowie der Buchhalter, der Assessor und der Rat jeweils 150, während der Bedarf des Direktors immerhin 25 Kiele betrug. Zum Verschließen der Briefe wurden 25 Stangen Siegellack benötigt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich die Landes-Credit-Casse der herzoglichen Steuereintreiber in den Amtsrecepturen bediente, um den Einwohnern auf dem Land, im Taunus und Westerwald den Weg nach Wiesbaden zu ersparen und ihnen trotzdem die Möglichkeit zu geben, ihre Bankgeschäfte abzuwickeln. Die Beamten der 28 Recepturen wurden zu Agenten der Casse, nach heutigen Maßstäben sicherlich eine äußerst merkwürdige und befremdliche Vorstellung, beim Finanzamt zugleich auch seine Bankgeschäfte zu erledigen.

Damals störte das offensichtlich niemanden. Bereits drei Jahre nach der Gründung überschritten die Geschäfte der Casse die Millionengrenze, 1848 betrug die Bilanzsumme 9,5 Millionen Gulden. Auf der Passivseite waren unter anderem 4,2 Millionen Gulden Anleihen gegen Schuldschein auf Namen, 2,8 Millionen Gulden Anleihe gegen Schuldschein auf den Inhaber und 1,7 Millionen kurzfristige Anleihen ausgewiesen.

Revolution und die Gründung der Landesbank

Allerdings brachte das Jahr 1848 auch gewaltige Veränderungen mit sich: In unmittelbarer Folge der Februarrevolution in Frankreich setzten auch in Deutschland revolutionäre Erhebungen ein. Das Volk begehrte nicht zuletzt wegen der wachsenden Not der Bauern und Arbeiter auf, zweifelte die Herrschaft der Standesherren an und verlangte mehr Mitspracherechte. Den Auftakt hierzu bildeten auch die Ereignisse im Herzogtum Nassau: Am 1. März 1848 wurden unter Federführung des liberalen Politikers August Hergenhahn die neun "Forderungen der Nassauer" formuliert, die schon am folgenden Tag von Wiesbaden aus durch Flugblätter und Mundpropaganda im ganzen Land bekannt gemacht wurden. Am 4. März musste Herzog Adolph die Forderungen vor etwa 30 000 Menschen, die eigens nach Wiesbaden geeilt waren, akzeptieren. Hierdurch wurden unter anderem Volksbewaffnung, Pressefreiheit, Einberufung eines Parlaments sowie Vereinigungs- und Religionsfreiheit zugesichert. Die Revolution von 1848 markiert für die Deutschen nicht nur den Schritt von Untertanen zu Staatsbürgern, sondern sie bildet auch eine entscheidende Station auf dem Weg zu einem Europa der Menschen- und Bürgerrechte, der individuellen Selbstbestimmung und der sozialen Gerechtigkeit.

Für die 1840 gegründete Landes-Credit-Casse brachte das Jahr 1848 ebenfalls Veränderungen. Das "Gesetz, die Errichtung einer Landesbank betreffend" sollte die Möglichkeiten schaffen, die gestiegenen Bedürfnisse des Landes und den wachsenden Kreditbedarf von Handel, Handwerk und Gewerbe befriedigen zu können. Das konnte die ehemalige Landes-Credit-Casse mit ihrer finanziellen Ausstattung und den Beschränkungen ihrer Geschäftstätigkeit nicht leisten. Die Begrenzung der Ausgabe der Schuldverschreibungen auf drei Millionen Gulden entfiel ebenso, wie das Recht zur Ausgabe von Banknoten auf eine Millionen Gulden erhöht wurde. Weitere Einlagen wurden durch eine Erhöhung des Sparzinssatzes auf fünf Prozent generiert.

Die neue "Herzoglich Nassauische Landesbank" übernahm alle Aktiva und Passiva der ehemaligen Landes-Credit-Casse und führte deren sämtliche Aufgaben fort. Das neue Institut war also ein besser kapitalisiertes und beweglicheres Gebilde als der Vorgänger. Zwar hatte die Darlehensgewährung zur Zehntablösung nach wie vor Vorrang, doch wurde die Kreditvergabe an Gewerbetreibende und die Diskontierung von Wechseln erheblich ausgeweitet. Das Direktorium unterstand ebenfalls wie früher dem Staatsministerium, allerdings wurden ihm drei Beiräte zur Seite gestellt, die jährlich vom Landtag neu gewählt wurden. Auch die neue Nassauische Landesbank war also eine Staatsbank, weswegen die Regierung Nassaus zahlreiche Versuche von Privatbankiers blockierte, im Herzogtum Fuß zu fassen. Konkurrenz entstand lediglich durch die genossenschaftlichen Vorschuss- und Sparvereine nach den Ideen Raiffeisens und Schulze-Delitzschs.

Die Folgejahre waren von einer stetigen Steigerung der wirtschaftlichen Bedeutung der Landesbank gekennzeichnet, die noch größer hätte sein können, wenn mehr Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Doch erst mit dem Gesetz von 1863 erhielt die Nassauische Landesbank das Recht, Schuld- und Pfandbriefe auszugeben, um die große Nachfrage nach Hypotheken und Darlehen refinanzieren und befriedigen zu können. Bedeutendstes Projekt, das mithilfe der Landesbank fertiggestellt wurde, war sicherlich die Lahnbahn mit neun Brücken und 118 Tunneln.

Unter Preußens Herrschaft

Im Deutschen Krieg, in dem Preußen und Österreich um die Vormachtstellung im Deutschen Bund kämpften, standen die Nassauer unter Herzog Adolph auf der Seite der Österreicher. Nach der Niederlage gegen die Preußen zogen am 18. Juli 1866 preußische Truppen kampflos in Wiesbaden ein. Damit war nach nur 60 Jahren das Ende des Herzogtums Nassau als eigenständiges Staatswesen gekommen. Nassau wurde nach der entscheidenden Schlacht bei Königgrätz am 3. Juli 1866 zusammen mit dem Königreich Hannover, dem Kurfürstentum Hessen und der Freien Reichsstadt Frankfurt am Main annektiert und in der Folgezeit in den preußischen Staat eingegliedert. Gemeinsam mit Frankfurt, der Landgrafschaft Hessen-Homburg und dem Kreis Biedenkopf bildeten die Nassauer den neu errichteten Regierungsbezirk Wiesbaden. Herzog Adolph, der das Land immerhin 27 Jahre regiert hatte, ging nach Luxemburg ins Exil.

Um die Landesbank begann mit dem politischen Machtwechsel ein zähes Ringen. Selbstständig oder nicht war die entscheidende Frage, denn Artikel 10 der preußischen Verfassung schloss eine unbegrenzte Garantie des Staates für die Verbindlichkeiten eines Kreditinstitutes definitiv aus. Die preußische Regierung neigte dazu, die Landesbank zu zerschlagen und das Realkreditgeschäft auf ein Pfandbriefinstitut nach preußischem Muster zu übertragen, da sie in ihr eine klassische Staatsbank des früheren Herzogtums sah. Die Direktion und die Stände betonten dagegen die Verdienste des Instituts für die Wirtschaft und breite Bevölkerungsschichten und warnten vor einem massiven Verfall der Gebäude preise in Wiesbaden bei einer Auflösung der Landesbank, die in der Vergangenheit mit ihren Krediten für zahlreiche Neubauten und Sanierungen gesorgt hatte. Auch ein Vertrauensverlust bei den Bürgern drohte, denn inzwischen hatten 11 621 Sparer fast 515 000 Gulden eingezahlt. Erst im Jahre 1869 herrschte Klarheit über die Zukunft: Die ehemalige Herzogliche Nassauische Landesbank wurde per Gesetz mit Wirkung zum 1. Januar 1870 in zwei rechtlich selbstständige Institute aufgespalten: eine Landesbank und eben die Sparkasse.

Die Aufgaben der Landesbank änderten sich gegenüber dem Vorgängerinstitut kaum, sie war weiterhin in erster Linie für die Vergabe von Hypothekendarlehen und Kommunalkreditenzuständig und refinanzierte sich über die Ausgabe von Wertpapieren. Das gesamte Spargeschäft übernahm die Nassauische Sparkasse - hier tauchte der noch heute benutzte Name zum ersten Mal auf. Anstelle der bislang üblichen Hinterlegungsscheine für die eingezahlten Gelder traten die auch heute noch gebräuchlichen Sparkassenbücher.

Allerdings war die Trennung keineswegs strikt, denn beide Häuser wurden gemeinsam von der Direktion der Landesbank geführt. Neuer Gewährträger wurde der neu gegründete Kommunalverband des Regierungsbezirks Wiesbaden, ein Selbstverwaltungsorgan, das von den kommunalen Körperschaften getragen wurde und für den Wegebau, die Brandversicherung sowie die Verwaltung sozialer Einrichtungen und Stiftungen zuständig war. Erst 1953 wurde der Kommunalverband als Gewährträger vom Land Hessen abgelöst.

Das Gesetz aus dem Jahr 1870 und damit auch die Geschäftsaufteilung und die Aufstellung der beiden Banken blieben über Jahrzehnte hindurch fast unverändert. Das Geschäft reüssierte in dieser Zeit prächtig: Der Geschäftsbericht 1894 berichtet von Spareinlagen, die in einem früher nie gesehenen Maße zuflossen, von immer weiter steigenden Preisen der Schuldverschreibungen der Landesbank auf 102,5 Prozent und einem sehr lebhaften Hypothekengeschäft. Das hatte allerdings Konsequenzen, die auch heutzutage nicht unbekannt sind. 1896 wird berichtet, dass "es schwieriger war, die so reichlich eingehenden Gelder verzinslich anzulegen". Die allgemeine Geldflüssigkeit verursachte eine große Konkurrenz im Hypothekengeschäft und dies hatte ein Sinken des Zinsfußes zur Folge. Vor ganz ähnlichen Problemen stehen Banken und Sparkassen auch heute, mehr als einhundert Jahre später durch die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank.

Konkurrenz in diesen Jahrzehnten Ende des 19. Jahrhunderts entstand den Sparkassen und Landesbanken zum einen durch die bereits erwähnten genossenschaftlich organisierten Institute. Daneben entwickelten sich einige der ebenfalls Mitte des 19. Jahrhunderts gegründeten privaten Aktienbanken durch Fusionen und Kooperationen mit regionalen Kreditinstituten zu Großbanken mit reichsweiten Filialnetzen. Um Schritt halten zu können, mussten auch die Sparkassen moderner werden. Entscheidend hierfür war die Aufnahme des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Im Reichsscheckgesetz von 1908 wurde den Sparkassen die passive Scheckfähigkeit zuerkannt. So konnten sie den Scheck- und Giroverkehr für Sicht- und Termineinlagen sowie Kontokorrentguthaben aufnehmen.

Dr. Johann Christian Eberle, der Bürgermeister von Nossen, einer Kleinstadt in der Nähe von Dresden, organisierte auf dieser Basis 1909 in Sachsen das erste Überweisungsnetz der Sparkassen. Mit dem Giroverkehr konnten die Institute allen ihren Kunden eine neue, zeitgemäße Dienstleistung bieten. Die Sichteinlagen auf den Girokonten ermöglichten es ihnen zudem, vermehrt kurzfristige Kredite an kleine und mittlere Unternehmen zu vergeben. In der Folge etablierte sich ein Überweisungsnetz zwischen allen deutschen Sparkassen. Überall im Deutschen Reich entstanden Giroverbände mit Girozentralen als "Clearingstellen". Schon 1916 konnte der Deutsche Zentral-Giroverband als Dachverband der regionalen Giroorganisationen gegründet werden. Seit 1918 sorgte die Deutsche Girozentrale für die Abwicklung des reichsweiten Überweisungsverkehrs. Die Einrichtung des Giroverkehrs bildete die Grundlage für die "bankmäßige" Entwicklung der Sparkassen. Zugleich markierte sie den Beginn des Verbundes zwischen den Sparkassen. Per Vertrag mit dem zuständigen Sparkassenverband übernahm die Nassauische Landesbank 1911 die Funktion einer Girozentrale für den Regierungsbezirk Wiesbaden.

Ende des Jahres 1913, kurz vor Beginn des Ersten Weltkriegs, hatte die Nassauische Sparkasse Schuldverschreibungen im Volumen von 170 Millionen Mark im Umlauf und verwaltete einen Einlagenbestand von 159 Millionen Mark, der sich auf 277 000 Sparkassenbücher verteilte. Die Nassauische Sparkasse war zum zweitgrößten öffentlichrechtlichen Sparinstitut im Deutschen Reich geworden. Der gewerblichen Wirtschaft und privaten Kreditnehmern wurden Ende 1913 insgesamt 5 100 Darlehen mit einer Kreditsumme von 14,4 Millionen Mark zur Verfügung gestellt. Im Kontokorrentgeschäft, also der Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen Gläubiger und Schuldner, wies das Institut Ende 1914 auf 3 500 Kontokorrentkonten Guthaben von 11,5 Millionen Mark aus und bewilligte Kredite im Volumen von 15 Millionen Mark. Das Filialnetz umfasste inzwischen 28 Landesbankstellen sowie 175 nebenamtlich verwaltete Sammelstellen in den kleineren Landgemeinden.

Erster Weltkrieg, Hyperinflation und Weltwirtschaftskrise

Mit dem Krieg und der anschließenden Wirtschaftskrise sah sich die Nassauische Sparkasse neuen Herausforderungen gegenüber. Das Deutsche Reich hatte einen Krieg verloren, den es sich nicht leisten konnte. Die Regierung stand nicht nur bei den Siegern in Form von Reparationszahlungen, sondern auch bei der eigenen Bevölkerung tief in der Kreide, hatte diese doch durch sogenannte Kriegsanleihen dem Staat die Kriegskosten vorgestreckt. Die Kriegsverschuldung, die Kosten der Demobilisierung sowie die hohen Reparationszahlungen an die Alliierten wurden mithilfe der Notenpresse vonseiten des Deutschen Reiches finanziert. Auch die zugunsten des sozialen Friedens betriebene Subventionspolitik der Regierung und das Bestreben nach Vollbeschäftigung trieben die Währung.

Der Mord an Außenminister Walther Rathenau am 24. Juni 1922 erschütterte das Vertrauen in die noch junge Weimarer Republik tief und sorgte für ein jähes Umschlagen der Erwartungen im Ausland unter denen, die bis dahin auf einen Wiederanstieg des Mark-Wechselkurses spekuliert und so mit Geldanlagen in Deutschland die inflationären Wirkungen der großen Reichshaushaltsdefizite tendenziell gedämpft hatten. Als schließlich französische und belgische Truppen Anfang 1923 wegen ausstehender Reparationszahlungen das Ruhrgebiet besetzten, eskalierte die Situation vollends: Kostete ein Roggenbrot im Oktober 1922 noch 23 Mark, musste man im Juli darauf bereits 2 000 Mark und im Herbst sogar 260 Millionen Mark dafür bezahlen. Betrug der Preis für eine Berliner Straßenbahnfahrt Anfang 1923 noch 50 Mark, so waren dies im Juli schon 1 000 Mark und Mitte November 150 Milliarden Mark. Auf dem Höhepunkt der Hyperinflation im Herbst 1923 waren rund 30 000 Menschen mit der Herstellung der Geldscheine beschäftigt; rund um die Uhr arbeiteten bis zu 133 Fremdfirmen mit knapp 1 800 Druckmaschinen für die Reichsdruckerei. 30 Papierfabriken produzierten das hierzu notwendige Banknotenpapier.

Die Hyperinflation stellte das deutsche Wirtschaftssystem und die daran Beteiligten auf den Kopf. Während Unternehmen und Privatpersonen, die Gläubiger am Geld- und Kapitalmarkt waren, binnen kurzer Zeit alles verloren, profitierten diejenigen, die hohe Schulden hatten. Für die breite Bevölkerung war die Inflation ein Schock. Durch den raschen Wertverlust der Ersparnisse und besonders der Einkommen der höheren Beamten und Angestellten sowie der Vermögen mussten persönliche Wertgegenstände zur Deckung des täglichen Bedarfs eingetauscht werden. Auch die Arbeiterschaft erlitt Reallohnsenkungen. Am 15. November 1923 nahm die Deutsche Rentenbank, die als zweite Währungsbank neben der Deutschen Reichsbank etabliert wurde, ihre Tätigkeit auf. Die Rentenmark, eine von 1923 bis 1948 gültige grundschuldgestützte Übergangswährung neben der Reichsmark, war geboren.

Zu diesem Zeitpunkt konnte die Nassauische Sparkasse einen Einlagenbestand von gerade einmal 80 500 Reichsmark vorweisen. Es galt, der Bevölkerung das Vertrauen in die beiden Währungen zurückzugeben und den Sparwillen neu zu beleben. Ein groß angelegter Werbefeldzug begann, der schon bald Wirkung zeigte: Bereits im Juli 1924 überschritten die Spareinlagen wieder die Millionengrenze, Ende des Jahres betrugen sie 6,27 Millionen Reichsmark und verdreifachten sich binnen Jahresfrist nahezu auf 17,42 Millionen Mark. 924 Sparkassenbüchern vom April 1924 standen Ende 1925 stolze 38 825 Sparkassenbücher gegenüber. Und das, obwohl die gesetzlichen Regelungen zur Aufwertung der von der Inflation geminderten Guthaben bis 1926 auf sich warten ließen. Die Nassauische Sparkasse zeigte sich allerdings schon zuvor hilfsbereit: Sparern, die das 65. Lebensjahr vollendet oder ein Einkommen von weniger als 1 000 Reichsmark jährlich hatten, wurden die Aufwertungsguthaben vorzeitig ausgezahlt.

Doch die Erholung war von kurzer Dauer. Am 25. Oktober 1929 erreichte die Nachricht von einem großen Börsencrash an der US-amerikanischen Wall Street Europa. Im New Yorker Finanzdistrikt war am Tag zuvor der Aktienindex Dow Jones rapide abgestürzt. Im Winter 1929/30 geriet auch Deutschland in den Strudel der beginnenden Weltwirtschaftskrise. Der Kapitalstrom nach Deutschland versiegte, was umso schwerer wog, weil der Kapitalbedarf von Unternehmen und Kommunen nur mithilfe ausländischer Kredite gedeckt werden konnte. In den USA und in Europa setzte sich zunehmend nationaler Protektionismus durch, das Welthandelsvolumen fiel von 1929 bis zum Tiefpunkt der Rezession 1932 um 25 Prozent. Der deutsche Warenexport sank in demselben Zeitraum von 13,5 auf 5,7 Milliarden Reichsmark, da der Außenhandel noch stärker zurückging als die Industrieproduktion des Deutschen Reichs, die um etwa 40 Prozent fiel. Firmenzusammenbrüche und Bankenschließungen waren die Folge. Zwischen September 1929 und Anfang 1933 stieg die Zahl der Erwerbslosen in Deutschland von 1,3 auf über 6 Millionen, das Realeinkommen sank um ein Drittel.

Im Geschäftsbericht 1931 der Nassauischen Sparkasse heißt es: "Das Jahr kann wohl als das schwerste bezeichnet werden, das die deutsche Wirtschaft seit Errichtung des Deutschen Reiches durchgemacht hat. Rein zahlenmäßig ist dies daraus erkennbar, dass die Zahl der Konkurse und Vergleichsverfahren am Ende des Jahres mit über 24 000 eine noch nie dagewesene Höhe erreicht und die Anzahl der unterstützten Arbeitslosen die Fünf-Millionen-Grenze überstieg. Die Schließung der Schalter der Danatbank am 13. Juli löste eine bisher noch nie dagewesene Panik aus. Mehr als 50 Millionen Reichsmark wurden 1931 zurückgezahlt." Allerdings zeigte sich auch damals schon das Geschäftsmodell der Sparkassen als besonders krisenfest, denn es heißt weiter: "Die Widerstandsfähigkeit in der Krise war in der Hauptsache auf eine glückliche Mischung aus Hypothekenbank, Sparkasse und Kreditinstitut und nicht in letzter Linie auf die starke Verbundenheit mit vorwiegend ländlichen Bevölkerungskreisen zurückzuführen." In den Folgejahren wurden fast 40 000 Kredite und Darlehen auch durch politisch motivierte und angeordnete Kreditaktionen gewährt.

1933 schließlich folgte erneut der Aufschwung. Die Arbeitslosenzahlen sanken massiv aufgrund der Arbeitsbeschaffungsprogramme, die vom Staat allein im Jahr 1933 mit 31 Milliarden Reichsmark subventioniert wurden. Bis Ende 1934 hatte sich die Arbeitslosigkeit im Deutschen Reich halbiert. Wesentlich für die Staatsfinanzierung im nationalsozialistischen Deutschland war die Kontrolle der Kreditinstitute durch das Regime. Der Wirtschaftsminister Walther Funk wurde im Februar 1938 Reichsbankpräsident. Neben der Kontrolle der in Deutschland traditionell starken öffentlichen Banken sicherte sich die NSDAP im Rahmen der "Arisierung" den Zugriff auf Führungsfunktionen bei einer Reihe von Privatbanken. Die Großbanken versuchten, Teile ihrer Unabhängigkeit zu bewahren, mussten sich aber ab 1942/1943 mit dem Bormann-Ausschuss arrangieren. Bei Kriegsende bestanden die Aktiva der Banken als Ergebnis dieser Politik zum überwiegenden Teil aus (nun wertlosen) Reichsanleihen und Forderungen an das Reich.

Währungsreform: Die D-Mark kommt

Die Nachkriegsjahre ähnelten fatal der Situation nach dem Ersten Weltkrieg. Reichsmark waren durch die ungeheure Geldschöpfung der Nationalsozialisten zwar im Überfluss vorhanden, aber nichts mehr wert. Ein reger Tauschhandel etablierte sich, Zigaretten wurden zur neuen "Hauptwährung". Das Wirtschaftsleben brach zusammen. Gleichzeitig mussten Kriegsund Demontageschäden behoben und Flüchtlinge eingegliedert werden. Eine neue Währungsreform musste her.

Diese trat am 20. Juni 1948 in den drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands in Kraft, ab 21. Juni war die Deutsche Mark alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel. Wie schon nach der großen Inflation der zwanziger Jahre traf der Währungsschnitt von 1948 insbesondere die Kontensparer sehr hart. Am Ende eines langwierigen Prozesses wurden die Sparkonten im Verhältnis 100 zu 6,5 umgestellt. Dem Kontoinhaber blieben von ersparten 100 Reichsmark gerade einmal 6,50 DM.

Auch bei der Nassauischen Sparkasse glichen sich die Bilder. Am Tag der Währungsreform war die Bilanzsumme auf 91 Millionen DM zusammengeschmolzen, der Spareinlagenbestand betrug noch 48 Millionen DM und verteilte sich auf 425 900 Sparkonten. Sicht- und befristete Einlagen summierten sich auf 33 Millionen DM. Das Kreditgeschäft war nahezu bedeutungslos, denn die gesamten Ausleihungen beliefen sich auf gerade einmal sechs Millionen DM. Es dauerte trotz intensiver Werbeanstrengungen ("Mit dem Sparkassenbuch fängt der Wohlstand an") sechs Jahre, bis die Spareinlagen wieder die 100-Millionen-DM-Grenze überschritten.

Wirtschaftswunder und Wiederaufbau

Banken und Sparkassen kam in den Jahren des Wiederaufbaus eine enorme Bedeutung zu, denn der Finanzierungsbedarf von Unternehmen und Privatleuten war außerordentlich groß. Während der Anteil der Landwirtschaft an der Beschäftigung sank, wuchs der Anteil des Industrie- und Dienstleistungssektors. Die dominierende Rolle der Industrie wird beim Vergleich der Produktionsentwicklung deutlich: Sie wächst zwischen 1950 und 1963 um 185 Prozent, Handel und Verkehr steigern sich um 126 Prozent, während der landwirtschaftliche Sektor lediglich 43 Prozent hinzugewinnt. Insbesondere die verarbeitenden Sparten wie die Automobilindustrie avancieren nach Bedeutung und Wachstumstempo zum Motor der westdeutschen Wirtschaft - nicht umsonst wird der VW-Käfer zum Symbol des "Wirtschaftswunders", das eng mit dem Namen des ersten Wirtschaftsministers der Bundesrepublik Deutschland, Ludwig Erhard, verknüpft ist.

In den siebzehn Jahren nach der Währungsreform wurden von der Nassauischen Sparkasse insgesamt rund 33 000 Wohnungen finanziert. Die Ausleihungen an die öffentliche Hand zur Wiederherstellung der Infrastruktur, der Erschließung von Neubaugebieten und dem Wiederaufbau von Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern erreichten fast 262 Millionen DM. Um auch den wachsenden Kreditbedarf der Privatkunden befriedigen zu können, wurde von den Sparkassen in Deutschland 1952 der "Kaufkredit" eingeführt, ein Teilzahlungsdarlehen ähnlich den heutigen Konsumenten- beziehungsweise Ratenkrediten mit festen Rückzahlungsraten. Die Kreditsumme orientierte sich an den Gehaltseingängen der Kunden. Kredite wurden, damit man die Bonität der Kreditnehmer kontrollieren konnte, zentral gemeldet. Auch das Rückzahlungsverhalten der Kreditnehmer sowie weitere Kreditaufnahmen bei anderen Bankhäusern wurden bereits von Beginn an gespeichert und gemeldet, sodass schon früh eine Informationsvernetzung entstand.

Zu einer einschneidenden Veränderung kam es schließlich 1953. Es erfolgte die vollständige rechtliche Trennung von Nassauischer Landesbank und Nassauischer Sparkasse. Der Bezirkskommunalverband Wiesbaden, seit 1870 Gewährträger der beiden Häuser, wurde per Gesetz vom 7. Mai 1953 nach 83 Jahren aufgelöst. Die Landesbank ging gemeinsam mit der Hessischen Landesbank Darmstadt Girozentrale und der Landeskreditkasse zu Kassel in der neu gegründeten Hessischen Landesbank auf, der heutigen Helaba Landesbank Hessen-Thüringen. Die Nassauische Sparkasse wurde in die Selbstständigkeit entlassen, das Land Hessen übernahm die Gewährträgerschaft. Durch die Gebietsreform nach dem Zweiten Weltkrieg war die Nassauische Sparkasse das erste öffentlichrechtliche Institut, das Geschäftsgebiete in zwei Bundesländern hatte, in Hessen und Rheinland-Pfalz.

Um der ständigen Ausdehnung des Geschäftsumfangs und den wachsenden Kundenanforderungen gerecht zu werden, traten 1960 neben die bisher üblichen haupt- und nebenamtlich geführten Niederlassungen fahrbare Zweigstellen. Im gesamten Geschäftsgebiet gab es etwa 400 Haltestellen, die von den "Naspa-Bussen" nach einem festen Fahrplan angefahren wurden. So konnte selbst in den kleinsten Gemeinden Kundennähe demonstriert werden. Gleichzeitig musste die Nassauische Sparkasse aber durch den Vertrag vom 2. November 1960 zwischen dem Land Hessen und dem Hessischen Sparkassen- und Giroverband ihre Niederlassungen in den Kreisen Biedenkopf, Dill, Wetzlar und Gießen den dort ansässigen örtlichen Kreis- und Bezirkssparkassen überlassen.

Für eine sprunghafte Entwicklung der Sparkassen in den Folgejahren sorgten auch regulatorische Erleichterungen. Bis 1958 konnten Kreditinstitute neue Zweigstellen nur eröffnen, wenn die Aufsichtsbehörden zuvor geprüft hatten, ob am vorgesehenen Standort ein Bedarf für eine weitere Bankstelle bestand. Nach dem Wegfall dieser Regelung bauten vor allem die Sparkassen ihr Zweigstellennetz zielgerichtet aus, um ihrem öffentlichen Auftrag gerecht zu werden, alle Bevölkerungsgruppen überall im Land mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen zu versorgen. Existierten 1958 etwa 9 900 Sparkassenstellen, so belief sich die Zahl 1960 schon auf fast 12 000. Weitere zehn Jahre später konnten Sparkassenkunden ihre Geldgeschäfte an mehr als 16 000 Standorten abwickeln. 1967 schließlich wurde dann auch die staatliche Zinsverordnung aufgehoben, die Soll- und Habenzinssätze reglementiert hatte und so einen Konditionenwettbewerb innerhalb der Branche praktisch verhinderte.

Auch die Nassauische Sparkasse baute ihr Niederlassungsnetz in den späten Sechzigern aus, von 50 auf 138 Zweigstellen. Das verursachte ebenso wie der stetig wachsende organisatorische Aufwand hohe Kosten, die nicht von einem entsprechenden Wachstum der Erträge gedeckt wurden. Deshalb entschied der Vorstand der Naspa, in den Interbanken-Geldhandel einzusteigen. Das allerdings blähte die Bilanz auf über 5 Milliarden DM auf. Damit reichte das vorhandene Eigenkapital nicht mehr aus, um die aufsichtsrechtlichen Vorschriften zu erfüllen. Eine Kapitalerhöhung musste her, das Land Hessen half der Nassauischen Sparkasse mit insgesamt 21 Millionen DM frischem Eigenkapital aus. Das allerdings sorgte für erheblichen Erklärungsbedarf bei den Kunden, die vermeintlich drohende Verluste "ihrer" Sparkasse befürchteten. Die Sorge war unbegründet, denn sowohl 1971 als auch 1972 wurden Gewinne erwirtschaftet.

Wiedervereinigung und Rekommunalisierung

1991 folgte eine weitere Umgestaltung. Die Nassauische Sparkasse wurde rekommunalisiert. Die Trägerschaft für die Sparkasse ging vom Land Hessen auf den 1989 gegründeten Sparkassenzweckverband Nassau über, der sich aus sechs Landkreisen und zwei Städten zusammensetzt. Das sind in Hessen der Hochtaunuskreis, der Main-Taunus-Kreis, der Rheingau-Taunus-Kreis, der Landkreis Limburg-Weilburg sowie die beiden Städte Frankfurt am Main und Wiesbaden. Aus Rheinland-Pfalz gehören der Rhein-Lahn-Kreis und der Westerwaldkreis zu den Trägern. Über all diese Gebietskörperschaften mit Ausnahme des Weilburger Teils des Landkreises Limburg-Weilburg erstreckt sich das Geschäftsgebiet der ehemaligen Landes-Credit-Casse des Herzogtums Nassau.

In den neunziger Jahren weiteten sich die Geschäftsvolumina deutscher Banken und Sparkassen sprunghaft aus, was zum Teil auf die Wiedervereinigung und die Miteinrechnung der ostdeutschen Banken zurückzuführen ist. Allein zwischen Ende 1990 und Ende 1997 steht eine Zunahme um rund 75 Prozent auf 9,1 Billionen DM zu Buche. Dies entspricht einer jährlichen Wachstumsrate von etwa 9,3 Prozent. Gleichzeitig setzte aber auch eine Konsolidierungswelle vor allem innerhalb der beiden großen Bankenverbünde Deutschlands ein. Zählte die deutsche Bundesbank 1992 noch 717 Sparkassen und 2 915 Kreditgenossenschaften sank diese Zahl bis 2000 auf 562 Sparkassen und 1798 genossenschaftliche Institute. Hiervon blieb die Naspa allerdings unberührt.

Anfang des neuen Jahrtausends hatten die Klagen des privaten Bankgewerbes gegen die vermeintlichen Wettbewerbsvorteile der öffentlichrechtlichen Banken, da diese über ihre Träger quasi über eine staatliche Garantie verfügten, Erfolg. Die EU-Kommission einigte sich mit der deutschen Bundesregierung und den Bundesländern am 17. Juli 2001 (Brüsseler Verständigung) auf ein stufenweises Ende von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung. Die Anstaltslast wurde ab dem 19. Juli 2005 durch eine dem EU-Beihilferecht entsprechende normale marktwirtschaftliche Eigentümerbeziehung zwischen den Trägern und der Bank ersetzt. Damit gehörten die seit Jahrzehnten bestehenden staatlichen Haftungsverpflichtungen zugunsten von Sparkassen und Landesbanken endgültig der Vergangenheit an.

2007 kam die amerikanische Subprime-Krise in Deutschland an, die Düsseldorfer IKB hatte sich mit den amerikanischen Hypothekenpapieren heftig verspekuliert und musste in einer Gemeinschaftsaktion von allen deutschen Banken und Sparkassen gerettet werden. Der Herbst 2008 gilt mit der Pleite der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers als Beginn der weltweiten Finanzkrise, deren Auswirkungen bis heute zu spüren sind.

Zahlreiche Banken mussten seitdem staatlich gestützt werden, einige wie die Dresdner Bank oder die WestLB verschwanden durch Übernahmen oder Abwicklung sogar ganz vom Markt. Nicht so die Naspa, die diese Phase bislang relativ unbeschadet überstanden hat. In den Geschäftszahlen ist kein größerer Einbruch festzustellen, lediglich das Interbankengeschäft wurde zugunsten des Kundengeschäfts zurückgefahren.

Im Zuge der strategischen Neuausrichtung trennt sich die Naspa von ihrer irischen Tochter Naspa Dublin plc. Das war ein Meilenstein auf dem Weg zur konsequenten Ausrichtung als Kundenbank. Die Naspa konzentriert sich seitdem ausschließlich auf ihr Kerngeschäft: Die Beratung von Privatkunden, mittelständischen Firmenkunden, Gewerbetreibenden und Kommunalkunden.

Heute, 175 Jahre nach ihrer Gründung, zählt die Naspa zu den zehn größten Sparkassen Deutschlands. Ihr Geschäftsgebiet hat eine Gesamtfläche von rund 4 200 Quadratkilometern und ist damit eines der größten einer öffentlichrechtlichen Primärbank. Hier leben annähernd zwei Millionen Menschen, die in 144 Finanz-, Serviceund SB-Centern, 17 Private Banking-Centern und 3 Firmenkunden-Centern betreut werden. Das Institut beschäftigt rund 1 900 Mitarbeiter; mit rund 150 Auszubildenden, Studenten und Trainees ist es einer der größten Ausbilder der Region. Die Jahre 2012 und 2013 konnten mit Ergebnissen auf historisch hohem Niveau abgeschlossen werden.

Niedrigzinsen, Digitalisierung und Regulierung

In den kommenden Jahren steht die Naspa vor drei großen Aufgaben: Niedrigzinsen, Digitalisierung und Regulierung. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, die den Schuldnerländern im Süden Europas zugutekommt, stellt die Naspa sowie alle anderen Geldinstitute vor große Herausforderungen. Zum einen sinken die Erträge, für alle deutschen Sparkassen wird mit rund 500 Millionen Euro jährlich gerechnet. Zum anderen werden damit auch die vielen Sparer geschädigt. Eine gute Beratung, welche alternativen Anlageformen zum Sparbuch oder Tagesgeld noch sinnvoll sind, wird daher immer wichtiger. Die Präsenz in der Fläche und der direkte Kontakt zum Kunden bieten dafür beste Voraussetzungen.

Gleichzeitig verändern sich die Kundenwünsche. Menschen werden mobiler und digitaler, wollen ihre Bankgeschäfte von überall und zu jeder Zeit tätigen. Das erfordert vonseiten der Banken erhebliche Investitionen in den Ausbau moderner digitaler Services und deren intelligente Verknüpfung mit bestehenden Vertriebswegen. Darüber hinaus drängen Internetkonzerne wie Apple, Google oder Amazon in die Bankenwelt und wollen Teile des Zahlungsverkehrs oder des Konsumentenkreditgeschäfts übernehmen. Auch das gilt es aufseiten der Kreditwirtschaft sehr genau zu beobachten, sind hier doch ebenfalls Erträge gefährdet.

Und drittens schließlich, eine Folge der Finanzmarktkrise, werden Banken stärker reguliert. Viel mehr Daten als früher müssen erfasst und gemeldet werden, mehr Eigenkapital muss als Risikopuffer vorgehalten werden, Geschäfte werden teilweise sogar ganz verboten. Das verursacht für die Institute erhebliche Kosten, die nicht immer gerecht verteilt werden. Es wäre wünschenswert, wenn die Maßnahmen sich stärker am Risiko der Banken für das Gesamtsystem orientieren würden. Kleinere regionale Institute sollten weniger stark reguliert und kontrolliert werden als große, globale Häuser. Auch sollte die Vielzahl der inzwischen eingeführten Regeln auf ihre Konsequenzen und auf ihr Zusammenwirken überprüft werden. Jede einzelne Vorschrift mag sinnvoll sein, in der Summe können die Dinge auch kontraproduktiv wirken.

Im Jahr 1840 mag für die Gründer der Landes-Credit-Casse manches einfacher und überschaubarer gewirkt haben. Geändert haben sich die Rahmenbedingungen, geblieben ist der Gründungsauftrag, das Ersparte "für die hart arbeitende Bevölkerung" zu sichern. 175 ereignisreiche Jahre lang hat die Naspa ihre Anpassungs- und Innovationsfähigkeit unter Beweis gestellt. Kundennähe und enge Kundenbeziehungen, persönliche Beratung sowie genaue Marktkenntnisse sind Vorteile, die sie dem Wettbewerb voraushat. Für die Zukunft beste Aussichten!

1806 Gründung des Herzogtums Nassau1814 Nassauische Verfassung tritt in Kraft1816 Amtsantritt Wilhelm I. von Nassau1817 Ernennung der Rothschilds zu Herzoglichen Hofbankiers1817 Edikt zur "Ablösung der Zehnten, Grundbelastungen und Servituten"1818 Errichtung der Schuldentilgungs-Commission1836 Errichtung der Kommission zur Gründung eines eigenen nassauischen Kreditinstitutes1839 Tod Herzog Wilhelms I. und Amtsantritt Herzog Adolphs22. Januar 1840 Veröffentlichung des Landesherrlichen Edikts über die Errichtung der "Herzoglich-Nassauischen Landes-Credit-Casse"29. Januar 1840 Edikt zur Ablösung des Zehnten1. März 1848 Veröffentlichung der "Neun Forderungen der Nassauer"1848 Neues Zehntgesetz, das die Ablösezahlungen deutlich macht16. Februar 1849 Gründung der Nassauischen Landesbank durch Übernahme der Vermögensgegenstände, Aufgaben und Privilegien der Landes-Credit-Casse1863 Die Nassauische Landesbank erhält das Schuld- und Pfandbriefprivileg1863 Einweihung der Lahnbahn3. Juli 1866 Schlacht bei Königgrätz mit Sieg für Preußen1866 Ende des Herzogtums Nassau, der preußische Regierungsbezirk Wiesbaden entsteht25. Dezember 1869 Gesetz zur Neuordnung der Nassauischen Landesbank, Aufteilung in eine Landesbank und die Nassauische Sparkasse mit Wirkung zum 1. Januar 18701886 Geschäftsbereich der Nassauischen Sparkasse wird per preußischem Gesetz auf den Regierungsbezirk Wiesbaden festgelegt1890 Herzog Adolph I. wird als Adolphe I. Großherzog von Luxemburg1894 Eröffnung der ersten Schulsparkasse16. April 1902 Per Gesetz werden die Geschäftsmöglichkeiten der Nassauischen Landesbank und der Nassauischen Sparkasse erweitert1908 Mit dem Reichsscheckgesetz erhalten die Sparkassen das Recht für den Scheckund Giroverkehr1918 Gesetz zur Abänderung der Nassauischen Landesbank in Nassauische Sparkasse1922 Gründung der Wohnungs- und Entwicklungsgesellschaft "Nassauische Heimstätte/ Wohnstadt"1923 Hyperinflation in Deutschland; im November entsprach der Kurs von 1 US-Dollar 4,2 Billionen Mark1926 Übernahme einiger lokaler Sparkassen (unter anderem Stadtsparkasse Biebrich, Kreissparkasse Wiesbaden-Land und Kreissparkasse Westerburg)1928 Durch die Eingemeindung von Höchst durch Frankfurt gehört die Großstadt nun auch zum Geschäftsgebiet der Nassauischen Sparkasse1929 Gründung der "Öffentlichen Bausparkasse für den Regierungsbezirk Wiesbaden" als Sonderabteilung der LandesbankNovember 1935 Der Einlagenbestand der Nassauischen Sparkasse hat wieder das Niveau von 1914 erreicht22. Januar 1940 100-jähriges Jubiläum der Nassauischen Sparkasse1945 Gründung der Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz, die Nassauische Sparkasse ist die erste deutsche Sparkasse, deren Geschäftsgebiet sich über zwei Länder erstreckt1953 Die Nassauische Landesbank fusioniert mit der Hessischen Landesbank und der Landeskreditkasse Kassel zur Hessischen Landesbank Girozentrale (Helaba)1953 Hessen wird Gewährträger der Nassauischen Sparkasse, der Landeskommunalverband aufgelöst1960 Einführung der fahrbaren Zweigstellen1972 Das Land Hessen erhöht das Kapital der Naspa um 21 Millionen DM1989 Gründung der Naspa-Stiftung22. Januar 1990 150-jähriges Jubiläum der Nassauischen Sparkasse1990 Deutsche Wiedervereinigung1991 Übertragung der Gewährträgerschaft an den "Sparkassenzweckverband Nassau" mit acht Trägern1995 Naspa führt als erstes Kreditinstitut das Telefonbanking ein1996 Die Geldkarte wird eingeführt1997 Mit dem Tod von Erwein Graf Matuschka-Greiffenclau gehen Schloss Vollrads mitsamt dem zugehörigen Weingut in den Besitz der Nassauischen Sparkasse über18. Juli 2005 Wegfall der Gewährträgerhaftung2007 Zusammenbruch der IKB2008 Ausbruch Finanzkrise2008 Die Naspa trennt sich von ihrer irischen Tochter Naspa Dublin plc22. Januar 2015 175-jähriges Jubiläum der Nassauischen Sparkasse
Die Nassauer Es hieß damals: Der Charakter des nassauischen Volkes im Allgemeinen ist gerade und offen, bieder, herzigteutsch. Es hat viel religiösen und mit Ausnahme einiger Städte auch kirchlichen Sinn, der sich nur hier und da in Pietismus und Sektiererei verirrt. Man findet überall noch Fleiß und Arbeitsamkeit, mit Häuslichkeit gepaart. Die Gebirgsbewohner zeichnen sich durch einen höheren Grad von Gutmüthigkeit vor den flacheren Fruchtgegenden und die Anwohner des Rheines durch ihren leichteren Sinn aus.
25 Jahre Naspa-Stiftung: Ideen werden Wirklichkeit Viele Menschen im Geschäftsgebiet der Naspa engagieren sich. Sie haben Ideen, zeigen Initiative und leisten in Vereinen und Institutionen Beachtliches für die Region. Dieses Engagement hat die Naspa schon immer unterstützt und ein weiteres Zeichen gesetzt, indem sie anlässlich ihres 150-jährigen Jubiläums ihre Stiftung gründete. So wird 2015 neben den 175 Jahren Naspa ein weiteres Jubiläum gefeiert: 25 Jahre Naspa-Stiftung. Das Gründungskapital von umgerechnet 2,6 Millionen Euro ist mittlerweile auf gut 21 Millionen Euro angewachsen. Im Jubiläumsjahr stockt die Naspa es um weitere 4 Millionen Euro auf. Fast 9 700 Projekte mit 14,7 Millionen Euro hat die Naspa-Stiftung seit ihrer Gründung gefördert. Das sind durchschnittlich rund 610 000 Euro jährlich oder 1 600 Euro täglich, die den Menschen in der Region zugutekommen! Vielfältige gemeinnützige Vorhaben wie Kunst- und Kulturprojekte, Jugendförderung, Gesundheitspflege, Leistungs- und Breitensport, die Heimat- und Brauchtumspflege und der Umweltschutz werden unterstützt. Dabei steht das "Anschubsen" und nicht die Vollfinanzierung im Vordergrund.Ideen werden Wirklichkeit - unter diesem Motto fördert die Naspa-Stiftung "Initiative und Leistung" das wertvolle bürgerschaftliche Engagement - für ein besseres Leben und Zusammenleben in der Region der Naspa.
Die Direktoren 1840 - 1863 Direktor Geheimrat Reuter1864 - 1866 Direktor Staatsminister a. D. Hergenhahn1867 - 1868 Direktionsrat von Langen1869 - 1893 Obersteuerrat Olfenius1894 - 1902 Direktor Reusch1902 - 1911 Direktor Kessler1911 - 1924 Geheimer Regierungsrat Klau1924 - 1933 Generaldirektor Dr. Lammers1933 - 1938 Generaldirektor Avieny1939 - 1945 Generaldirektor Dr. jur. Schäfer1945 - 1948 Professor Veit1948 - 1951 Direktor Hartmann1951 - 1962 Geschäftsführer Breitkopf1962 - 1970 Geschäftsführer Kröner1970 - 1971 Geschäftsführer Kahlke1972 - 1982 Vorstandsvorsitzender Dr. Mölders1982 - 1987 Vorstandsvorsitzender Herms1987 - 1992 Vorstandsvorsitzender Dr. Kauermann1992 - 2002 Vorstandsvorsitzender Mauerer2002 - 2006 Vorstandsvorsitzender Fischer2006 bis heute Vorstandsvorsitzender Ziegler

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