The Fintech Book - ein ambitioniertes Unterfangen oder Crowdsourcing mal anders

The Fintech Book - The Financial Technology Handbook for Investors, Entrepreneurs and Visionaries, herausgegeben von Susanne Chishti und Janos Barberis (Englisch), John Wiley & Sons, Chichester, UK, April 2016, kartoniert, 312 Seiten, 30,95 Euro, ISBN: 978-1-119-21887-6

Gemessen an der wachsenden Bedeutung der Fintech-Branche ist das einschlägige Buchangebot hierzu noch überschaubar. Das im April 2016 bei Wiley auf Englisch erschienene "The Fintech Book" erhebt den Anspruch, Interessierte umfassend zu diesem Thema zu informieren. Sowohl die vieldiskutierten Technologien (zum Beispiel Blockchain als Grundlage von Kryptowährungen) als auch betroffene Geschäftsmodelle (unter anderem B2B und B2C) sollen tiefgründig abgedeckt werden. Da ein einziger Autor dies kaum hätte bewerkstelligen können, bedienten sich die beiden Initiatoren Susanne Chishti und Janos Barberis der geballten Expertise des gesamten Metiers.

Getreu dem Fintech-Prinzip vertrauten sie auf "Crowdsourcing", um Beiträge aus der Fintech-Community für ihr ambitioniertes Projekt zu gewinnen. Mithilfe dieser kreativen Methode standen am Ende beachtliche 85 Autoren aus 20 Ländern rund um den Globus zur Verfügung. Darunter befinden sich viele Gründer erfolgreicher Fintech-Start-ups, aber auch Mitarbeiter großer Organisationen und KMUs, die mit der Materie intensiv vertraut sind, kommen zu Wort.

Überraschenderweise klingen an vielen Stellen versöhnliche Töne gegenüber der vermeintlichen Konkurrenz der Banken und Versicherungen an. Anstelle des Wettbewerbs sehen viele Fintech-Gründer Kooperationen als vorteilhaft. Vor allem die historisch gewachsenen Kundenkontakte und damit verbundene Informationsvorsprünge der Etablierten werden als wertvoll erachtet. Bei aller Demut kommt die Beschreibung der Vorzüge der Fintechs dabei natürlich nicht zu kurz: unkompliziert, kreativ und kundenorientiert sind die Neuen, und ihre Maxime ist es, finanzielle Dienstleistungen effizienter zu gestalten.

Aufgeteilt in zehn große Abschnitte spannt das Buch den Bogen von den Anfängen und Motiven über die bislang entwickelten Technologien hin zu den Zukunftsaussichten der Branche. Zu den wichtigsten Errungenschaften zählt mit Sicherheit die unablässige Fortentwicklung der digitalen Bezahlsysteme. Angespornt von der Erfolgsgeschichte Paypals versuchen Anbieter wie Apple mit ausgeklügelten Bezahlsystemen (Apple Pay) das Leben ihrer Kunden weiter zu erleichtern. Die zukünftigen Betätigungsfelder sind natürlich nur schwer prognostizierbar. Wer mag angesichts der Unberechenbarkeit der Branche auch vorhersehen, in welchem Bereich die nächste disruptive Innovation liegen wird?

Konkreter werden die für Entwicklungsländer verborgenen Chancen der Fintech-Technologien thematisiert. In Afrika ist ein ordinäres Bankkonto für die meisten Menschen nach wie vor eine Utopie. Das Smartphone soll in Verbindung mit den von Fintechs entwickelten "mobile monetary services" (MMS) Abhilfe schaffen. Im Idealfall könnten die Bildung eigener Ersparnisse sowie der Zugang zu digitalen Kleinkrediten den Grundstein für ein besseres Leben von Millionen Menschen legen.

Ein weiteres Kapitel ist den sogenannten Fintech-Hubs gewidmet. Hierbei handelt es sich um die Zentren der Fintech-Bewegung. Bislang gilt London - nicht zuletzt dank günstiger Rahmenbedingungen - eindeutig als Vorreiterstadt. Andere Städte lassen sich davon jedoch nicht entmutigen und versuchen, Fintechs anzulocken. So auch Frankfurt, wo die Deutsche Börse AG jüngst den ersten Fintech-Hub eröffnet hat. Es soll nur der Anfang sein, denn die Ambitionen, Frankfurt als Drehscheibe der Branche zu etablieren, sind groß.

Trotz der Komplexität mancher Themen ist das Buch leicht zugänglich und liest sich lebendig. Grundsätzlich dürften sowohl Fintech-Neulinge als auch Pioniere und erfahrene Experten Nützliches finden. Eine Übersetzung ins Deutsche ist bislang übrigens nicht angekündigt. Angesichts der vielen, ohnehin unübersetzbaren englischen Begrifflichkeiten wäre der Aufwand zwar eigentlich überschaubar, aber vielleicht gerade deshalb auch nicht nötig.

Philipp Hafner, Redaktionsvolontär ZfgK

Philipp Hafner , Leitender Redakteur, Immobilien & Finanzierung , Helmut Richardi Verlag
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