Handbuch Bank- und Kapitalmarktrecht

Assies/Beule/Heise/Strube (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Bank- und Kapitalmarktrecht, Carl Heymanns Verlag, Köln, 4. Auflage 2015, XLIV 1817 S., ISBN 978-3-452-28269-9; 199,00 Euro.

Ein Handbuch, das sich eng an der Fortbildung zum Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht orientiert, hat gleich zwei Anforderungen zu erfüllen: Es muss Fortbildungskompendium sein und zugleich der praktischen anwaltlichen Tätigkeit in Beratung und Prozessvertretung dienen. Diesen Anforderungen wird das Werk gerecht: Die umfassende Darstellung des Bankwesens und des Wertpapierrechts ermöglicht dem Nutzer nicht nur den nahezu vollständigen Überblick, sondern auch die tragfähige Beantwortung von Zweifelsfragen dieser Rechtsgebiete. Zugleich gibt der Band Handlungsanleitungen für die anwaltliche Praxis. Die Schwerpunkte sind wohl gesetzt; die detaillierte Gesamtübersicht und die Kapitelgliederungen geben rasche Orientierung. Dazu hilfreich: Scherer/Sauer/Wittemann "Organisation und Rechtsrahmen" (Kapitel 1) mit grundlegenden Erläuterungen des Bankgeschäfts und seiner Voraussetzungen.

Im "Darlehens- und Kreditrecht" (Kapitel 4, Veith) finden sich neben den grundlegenden Ausführungen Darlegungen etwa zu den vorvertraglichen Informationspflichten des § 491a BGB, dem Deutlichkeitsgebot des Art. 246b § 1 Abs. 1 S. 1 EGBG, ebenso wie hilfreiche Ausführungen zur geduldeten Überziehung gemäß § 505 BGB und Regelungen des Fernabsatzgesetzes.

Das weitere Kernstück des Bandes, Kapitel 5 " Kreditsicherungsrecht" erfasst alle wesentlichen Fallgestaltungen. Wichtig: Die Abhandlung des Themas "Sicherungsübereignung" unter Einbeziehung von Zweifelsfragen, etwa der Sittenwidrigkeit mit oder ohne krasse finanzielle Überforderung (Michel Rn. 315 ff.) oder des Verstoßes gegen die Transparenzvorschriften (Clemente zu § 305 c Abs. 1 BGB, ders. Rn. 1128 ff.; § 307 Abs. 1 S. 2 BGB Rn. 1148 ff.). Der Compliance-Problematik haben Leisch/ Sauer im Rahmen von Kapitel 1 zutreffende Aufmerksamkeit gewidmet. Seit der Finanzkrise nimmt die Regelungsdichte auch in Deutschland stetig zu, um Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und andere strafbare Handlungen zu verhindern. Den Verfassern gelingt es, auf konzentriertem Raum die zwischenzeitlich normierten Anforderungen des KWG, auch des WpHG an eine zweckmäßige, vorausschauende und risikobewusste Unternehmensorganisation darzustellen, bis hin zu § 130 OWiG.

Erwähnt sei in diesem Zusammenhang der Treuebruchstatbestand des § 266 StGB. Bei Geldinstituten haben (Aufsichtsrat, Verwaltungsrat und Kreditausschuss) Prüfpflichten. Dabei ist es ein Gewinn für das Werk, dass sich die Verfasser des 1. Kapitels in den Rn. 457 - 646 ff. (Waßmer) intensiv sowohl mit den Straf- und Bußgeldvorschriften des KWG (§§ 54 - 56); des §§ 49 f. BörsG und der §§ 38 ff. WpHG sowie den Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten gemäß §§ 369 ff. AO befasst haben. In den letzten Jahren haben "Umsatzsteuerkarusselle" und das "Dividendenstripping" Bedeutung erlangt. Der Staat hat skrupellosem Treiben zu lange zugesehen.

Breiter Raum ist dem Kapitalanlagerecht, Kapitel 6 bis 8, gewidmet. Die Sparanlagen (Kapitel 6, Barleon) werfen an und für sich wenig Schwierigkeiten auf, mit Ausnahme des ewigen Streitthemas "Mietkaution". Der Verfasser hat zum Beispiel knapp, aber zutreffend ausgeführt, dass § 566 a BGB allein den Mieterschutz bezweckt.

Der Umfang von Kapitel 7 ist der Bedeutung angemessen und widmet sich erfreulicherweise der Kapitalmarktaufsicht im weitesten Sinne, wobei auch Hinweise auf das "Investmentrecht" (Balzer/Böhm, Rn. 734 ff.) und auf die Regelungen des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) nicht fehlen. Für den anwaltlichen Nutzer sind die Hinweise zur "Insiderüberwachung" (Balzer, Rn. 11 ff.) ebenso hilfreich wie die Ausführungen zu Inhalt und Ziele der Aufklärung des Anlegers (Rn. 166 ff.), so etwa die gesteigerten Anforderungen des BGH an die Aufklärungspflichten (Rn. 178). Wesentlich und zutreffend ist dabei nach Beule, dass sich die Aufklärungspflichten des WpHG-Unternehmens auch nach dem Verhalten des Anlegers richten (siehe z. B. Rn. 170ff.). Erhellend: die Darlegungen zu Ausnahmen von der Prospektpflicht (Rn. 419 ff). Angenehme Überraschung: Anwendbare Ausführungen zu "H. Besonderheiten der Vermögensverwaltung", mit Definition und Konsequenzen einer fehlerhaften Vermögensverwaltung (Rn. 726ff., Beule).

Einer eigenständigen Besprechung wert wären die Ausführungen von Reiter/Methner/Nittel/Ebermann zum "Grauen Kapitalmarkt" (Kapitel 8). Hilfreich hier zum Beispiel die Hinweise zur "rechtzeitigen" Übergabe des Prospekts (Rn. 66 f.) und zu Kick-backs (Rn. 74 ff.). Neben den Aufklärungsgesichtspunkten dürften die deliktischen Ansprüche (Teil D.: Reiter/Methner/ Nittel, Rn. 212 ff.), insbesondere vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (Rn. 231ff.), für den anwaltlichen Leser von Interesse sein. Dass die Durchsetzung von Ansprüchen gegen den Prospektherausgeber im Streitfall wenig erfolgreich ist (Rn. 193), mag zwar von Fall zu Fall zutreffend sein, wird aber durch die Abhandlung in Kapitel 9 durchaus relativiert. Denn: Die "Prozessführung im Bank- und Kapitalmarktrecht" ist ja keineswegs von vornherein aussichtslos: Assies/Lang geben auf 36 Seiten effektiven Rat zur Wahrnehmung des Mandats und "Taktik der Prozessführung", sei es bei der Vertretung der Bank oder des Anlegers.

Das Handbuch des Fachanwalts Bank- und Kapitalmarktrecht ist ein unverzichtbares Kompendium für Fortbildung und Beruf, Mandantenberatung und Prozessvertretung. Auch für leitende Behördenmitarbeiter und Hochschullehrer ist der Band ein Gewinn. Herausgeber und Autoren und der Carl Heymanns-Verlag haben ein Werk vorgelegt, das in der bank- und kapitalmarktrechtlichen Literatur seinesgleichen sucht: umfassend, kompetent, praxis- und lösungsorientiert.

Heinz Bauer, wissenschaftlicher Mitarbeiter, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin

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