Kapitalmarktstrafrecht

Tido Park (Hrsg.), Kapitalmarktstrafrecht. Straftaten - Ordnungswidrigkeiten - Finanzaufsicht - Compliance; Handkommentar. Nomos-Verlag, 4. Auflage 2017, 1 478 Seiten gebunden, 178,00 Euro; ISBN 978-3-8487-3699-7

Dieser Kommentar entspricht in jeder Hinsicht dem Bedürfnis der Praxis. Der Band erläutert in einzelnen Kapiteln die Delikte - unterteilt in Straftaten nach StGB, WpHG, KWG, BörsG, HGB. Seit dem 3. Juli 2016 gilt in allen EU-Mitgliedsstaaten die Marktmissbrauchsverordnung vom 16. April 2014, die ergänzt wird durch die Marktmissbrauchsrichtlinie (CRIM-MAD). Dem Hauptteil des Werkes ist ein Kapitel zur "Europäischen und nationalen Aufsichtsstruktur" vorangestellt, in dem Aufgaben und Auswirkungen auf das einzelne Kreditinstitut erläutert werden. Die "Informationsansprüche gegenüber der Bundesanstalt" sind in Kapitel 1 aufgenommen worden, mit wertvollen Hinweisen zur Durchsetzung von Auskunftsrechten nach dem IFG.

Compliance

Das Kapitel 2 "Compliance" mit den Abschnitten "Criminal-Compliance" und "Compliance-Organisation im Wertpapiergeschäft" schließt sich unmittelbar an. Damit wird das Kompendium der Bedeutung verantwortlichen Handelns gerecht, im Unternehmen und auf dem Markt, nach den Maßstäben hoher Sorgfalt und auch Anstandspflicht derjenigen, die für Vermögen Dritter Verantwortung tragen. Deshalb sind die Ausführungen zu § 25a KWG ebenso von hoher Relevanz wie die Beantwortung von Fragen zur strafrechtlichen Verantwortung der Geschäftsleitung (Kapitel 2.1), "Sicherungspflichten", "Geschäftsherrenhaftung". Wichtig: Die Anforderungen an eine gesetzeskonforme Compliance-Organisation gemäß § 33 WpHG; die Erörterung der strafrechtlichen Verantwortung des Compliance-Verantwortlichen rundet das Kapitel ab.

In Kapitel 6 werden auf 230 Seiten sämtliche "Börsendelikte" erläutert. Die Verfasser kommen damit einem erheblichen Informationsbedürfnis nach und systematisieren die Erscheinungsformen der Kursmanipulationen. Nach wie vor brisant sind die "Leerverkäufe", siehe Kapitel 18.16. Leser, die sich mit den zahlreich auftretenden Versuchen von Kursbeeinflussung noch nicht befasst haben, erhalten einen aktuellen Überblick über Risiken und Tatbestände: Wann wandelt sich legitimes Gewinnstreben in soziopathisches Verhalten?

Die Detailarbeit der Kommentatoren zeigt der kleine "Ausflug" in den Bereich der "Gerüchte", die eine konkrete Information i.S.v. § 13 I WpHG aF (aufgehoben zum 2. Juli 2016, jetzt so in: Art 7 I MAR) sein können.

Falsche Angaben

Die ganze Palette der gesellschaftsrechtlichen Normen zu "Falschen Angaben" wird in den Kapiteln 8.1 bis 8.8. erörtert, außerdem die Anzeigepflichten des Verwahrers gemäß § 4 II, III WpHG. Dass Kapitel 9 "Unrichtige Darstellungen" 90 Seiten umfasst, hat einen guten Grund: Auslassungen und Schönfärbereien werden noch immer als Kavaliersdelikte betrachtet, obwohl dadurch erhebliche Vermögensschäden verursacht werden.

Für die zahlreichen Genossenschaftsbanken ist § 147 II Nr. 1, Nr. 2, 2. und 3. Alt. GenG einschlägig: Der Rezensent weiß als Bankberater und Gutachter aus eigener Erfahrung, dass Vorstände und Aufsichtsräte es mit der korrekten Darstellung der Bankverhältnisse gegenüber den Anteilseignern nicht allzu genau nehmen. Verschwiegen werden hauptsächlich: tatsächliche wirtschaftliche Verhältnisse, bankaufsichtliche Maßnahmen, einschließlich informeller Verwarnungen; Resultate der Internen Revision und des Compliancebeauftragten. Von hoher Relevanz sind die Überlegungen zu § 56 KWG: Tathandlungen und Rechtsfolgen.

Dass kritische Anmerkungen der jeweiligen Autoren zu Straf- und Bußgeldtatbeständen, so etwa bei § 56 IV f. Nr. 6 KWG "Vorhalten von Instrumenten zur Überwachung von Risiken" wegen der "Vorverlagerung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit in das Vorfeld", nicht fehlen, muss ausdrücklich hervorgehoben werden. Interessant ist die Erörterung des Auftretens "(nur) potenzieller und abstrakter Interessenkonflikte" gemäß §§ 56 IV f Nr. 8 KWG. Dass auch dieses vermeintliche Detail nicht übersehen worden ist, zeigt die extensive Befassung mit der Materie. Dieser Kommentar ist eine hervorragende Abhandlung des gesamten Kapitalmarktstrafrechts, hervorragend aufbereitet, auf höchstem Niveau und aus der Feder hochkarätiger Autoren. Prädikat: ein unverzichtbares Werk für Banker und Finanzdienstleister.

Hartmut Glenk, Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin, langjähriger Lehrbeauftragter für Unternehmensrecht, Unternehmensrechtsschutz und Wirtschaftsstrafrecht

Hartmut Glenk , Direktor, Institut für Genossenschaftswesen und Bankwirtschaft (IGB), Siegen/Berlin
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