NEW GENERATION - Die 111 besten deutschen Jungwinzer präsentiert von STUART PIGOTT WEINGUT GYSLER

Weingut Gysler

Auch wenn der großzügige Hof mit dem pittoresken Gutshaus aus dem Jahr 1750 einen Hang zur Tradition verheißt: Beim Weingut Gysler ist alles ganz anders; es gehört eindeutig in unser Jahrhundert. Nach dem Tod seines Vaters wurde Alexander Gysler (Jahrgang 1972) vor 17 Jahren ins kalte Wasser geworfen, schwamm sich aber schnell frei und begann, das Gut in die heutige Richtung zu steuern. Wie weit er damit kommen würde, war ihm noch nicht klar, als sich die Jungwinzergruppe "Message in a Bottle" im Frühling 2002 am Tisch seines Verkostungsraums gründete. Aus den Trauben seiner Weinberge mit ihren steinigen Rotliegend-Böden schuf er schlanke, betont herbe Weißweine - vor allem Rieslinge, aber auch Grau- und Weißburgunder sowie Silvaner, die wegen ihrer feinkörnigen Beschaffenheit einmalig im Gebiet sind. Durch die Umstellung auf ökologischen, später auf biodynamischen Weinbau wurden die Weine immer eigenständiger. Ihr Potenzial wird in der Weinszene häufig noch verkannt. Doch wenn sie blind und vorurteilsfrei verkostet werden - wie neulich von Egon Müller, dem Superstar von der Saar -, dann gibt es großes Lob für die Ergebnisse dieser stillen Revolution.

Die Lehre im Pfälzer Weingut Bergdolt war abgeschlossen, das Studium in Geisenheim gerade beendet, das Auslandspraktikum geplant, da nahm der frühe Tod des Vaters Alexander Gysler in die Pflicht. Bald nach der Übernahme des Zwölfeinhalb-Hektar-Guts leitete er wesentliche Veränderungen ein. Mit Flausen im Kopf, recht unbedarft und unkonventionell sei er ans Werk gegangen, manches aus der Anfangszeit habe sich überlebt, sagt der Jungwinzer - doch einige Neuerungen hatten Bestand, wie etwa die Biodynamie.

"Lebendige Weine von lebendigen Böden" will Alexander Gysler machen; und in seinen Weinheimer Lagen Hölle, Kapellenberg, Kirchenstück, Hundskopf und Mandelberg schafft er das auch. Er steht für reintönige und fruchtintensive Weine, die er spontan mit natürlichen Hefen vergären und lange auf der Feinhefe reifen lässt. Sie werden ohne jegliche Schönungsmittel oder Zusätze hauptsächlich im Stahltank, kleinere Partien auch im großen Holzfass ausgebaut. 80 000 Flaschen Wein und Sekt werden Jahr für Jahr produziert.

Mit acht Prozent Alkoholgehalt ist der Lieblingswein von Alexander Gysler "nahezu alkoholfrei". Der 2012er Riesling Kabinett aus der Weinheimer Hölle mit ihrem rotliegenden Boden und dem sehr kühlen Kleinklima, das für höheren Säuregehalt und eine längere Reifephase sorgt, ist elegant, feinfruchtig und sehr süffig. Ein idealer Begleiter zu würzig-scharfen Speisen, asiatischer Küche und: "wann immer ein Durstlöscher gebraucht wird!"

Weintipp aus der Zeitschrift:

FINE Das Weinmagazin - Special No.2

Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag

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