Digitalisierung

m-Bank: Innovationslabor der Commerzbank

Blickt man aus deutscher Perspektive auf die Einstellung der polnischen Bevölkerung gegenüber innovativen Kommunikationskanälen und neuen mobilen Anwendungen im Bankgeschäft, so könnte man den Eindruck gewinnen, das Land läge auf einem anderen Planeten. Zahlreiche Systeme werden bei unseren Nachbarn bereits eingesetzt, die hierzulande als Zukunftsmusik erscheinen: Zahlungen per SMS sind möglich, Banken stellen Mobilfunkanbietern White-Label-Varianten ihrer mobilen Plattformen zur Verfügung und an Geldautomaten kommen gerade bei den genossenschaftlichen Banken bereits in zahlreichen Fällen biometrische Verfahren zum Einsatz (siehe auch Beitrag Grzegorczyk in bank und markt 1/2015).

Bei einer Pressereise nach Warschau und Lodz präsentierte die Commerzbank deutschen Journalisten die in diesem innovativen Umfeld tätige polnische m-Bank, an der sie zu 70 Prozent beteiligt ist.

Die m-Bank schreibt sich auf die Fahnen, im Jahr 2000 die erste Internetbank Polens gewesen zu sein. Ihr Ziel: in den kommenden Jahren die führende Retail-Bank des Landes zu werden. Bei ihrem Start 1986 als Bank Rozwoju Eksportu (BRE) zu Zeiten der Planwirtschaft lag ihr alleiniger Fokus auf Firmenkunden. Doch nach der Öffnung des Landes in den Jahren 1989/1990 waren die Märkte im Umbruch, neue Geschäftsmodelle wurden getestet und zahlreiche europäische Banken engagierten sich in der polnischen Kreditwirtschaft. Auch heute sind rund 60 Prozent des Bankensektors (gemessen an den Assets) in der Hand ausländischer Eigner. Marktführer ist zwar die zu 30 Prozent im polnischen Staatsbesitz befindliche PKO BP, doch auf den Plätzen zwei bis fünf folgen die italienische Unicredit (Pekao), die spanische Santander (BZWBK), die deutsche Commerzbank (m-Bank) und die niederländische ING (ING Bank Sloski).

Im Jahr 2000 haben sich die Verantwortlichen der BRE-Bank beim Einstieg in das Retail-Geschäft, das heute der dominierende Geschäftsbereich der Bank ist, auf den Onlinekanal fokussiert. Das Kreditinstitut hat infolgedessen von den bekannten technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen profitiert. Die Zahl der Nutzer des Internetbanking belief sich zur Jahrtausend wende in ganz Polen gerade einmal auf rund 60 000, 2013 lag deren Zahl bei 21,1 Millionen. Heute dürften es mehr sein. 3,85 Millionen Menschen sind Retail-Kunden der m-Bank. Im Jahr 2003 hat die m-Bank, damals noch als Marke der BRE-Bank mit dem Aufbau eines Filialnetzes für Retail-Kunden begonnen. Aus ihrer Geschichte heraus verfügte die Bank zu diesem Zeitpunkt bereits über einige auf Firmenkunden und Vermögende ausgerichtete Standorte. Heute - nachdem die komplette Bank seit 2013 unter dem Namen des früheren Retail-Arms fungiert - sind es 133 Bankstellen für private, 110 für Firmenkunden.

Diese Zahlen sollen in den kommenden Jahren etwa gleichbleiben, doch an der Ausdifferenzierung der Standorte wird gearbeitet. Während ein Teil der Präsenzen klein gehalten wird und nur für Standardtransaktionen der Kunden zur Verfügung steht, soll es an anderen Stellen weiterhin Beratungszentren geben. Zudem testet das Institut gerade das Konzept der "Lightbranches". Diese sind in Lagen mit hohem Kundenaufkommen etwa in Einkaufscentern und in hochwertiger Umgebung angesiedelt. Im Inneren können sich Kunden mittels großer Touchscreens auf spielerische Art mit den Angeboten der Bank vertraut machen. Und neben der modernen Präsen tation der Waren setzt die Bank in diesen Pilotfilialen auch auf Rabatte. Beim Abschluss eines Girokontos beispielsweise kann der Kunde in einem der anderen Geschäfte des Centers einen Nachlass auf seinen Einkauf erhalten.

Genauso wie das inzwischen bei der in Deutschland erfolgreich am Markt tätigen ING-Diba der Fall ist, wird das Girokonto der Bank dabei als Ankerprodukt verstanden. Kontoführung und Debitkarte sind bei der m-Bank für den Kunden gebührenfrei, solange er jeden Monat Transaktionen in Höhe von mindestens 300 Zloty (rund 80 Euro) durchführt. Nutzen die Kunden nur aktiv die Plattform der Bank, so werden sie automatisch im Laufe der Zeit auch weitere Produkte in Anspruch nehmen (und dafür zahlen), so lautet die Einschätzung in den Chefetagen der m-Bank. Vorstandsvorsitzender Cezary Stypulkowski betrachtet dabei die bequeme Handhabung von Bank- und Versicherungsgeschäften als den Haupttreiber für Kundenbeziehungen. Dabei spielt inzwischen nicht mehr nur der Kontaktkanal Internet eine große Rolle, sondern auch das Mobile Banking. 800 000 m-Bank-Kunden nutzen diesen Zugangsweg, dem das Kreditinstitut inzwischen höchste Priorität einräumt. Alle Funktionen sollen dem Kunden auf seinem Smartphone zur Verfügung stehen, so das Ziel.

Die Weiterentwicklung des Onlineauftritts und der mobilen Anwendungen kostete die Bank im abgelaufenen Jahr 130 Millionen Zloty (33 Millionen Euro). So viel hat sie im Jahresverlauf in ihre IT investiert, Tendenz steigend. Die Cost Income Ratio des Instituts belief sich währenddessen auf 44,9 Prozent. Ein Wert, von dem viele deutsche Banken, auch die Commerzbank, derzeit meilenweit entfernt sind. Im Jahr 2013 rangierte die m-Bank im Hinblick auf ihr Ergebnis vor Steuern in Höhe von rund 240 Millionen Euro auf Platz drei unter den polnischen Instituten. 64 Prozent dieses Ergebnisses erwirtschaftete sie im Bereich Retail. Mit ihrem Marktantritt zieht die m-Bank vor allem jüngere Menschen an. 78 Prozent ihrer Kunden sind unter 45 Jahren, an der polnischen Gesamtbevölkerung hat diese Gruppe einen Anteil von 51 Prozent. In einer schrumpfenden Gesellschaft, die derzeit rund 37,5 Millionen Einwohner zählt, ist das keine schlechte Voraussetzung.

Ob die m-Bank unter diesen positiven Vorzeichen als Nukleus für Direktbank-Anwendungen der Commerzbank-Gruppe gesehen werden kann? Dass ihre Strategie und das Design nicht eins zu eins in Deutschland übernommen werden können, ist nicht nur auf die Zurückhaltung der deutschen Bankkunden gegenüber neuen Verfahren zurückzuführen. Die Mutter Commerzbank hat komplett andere Voraussetzungen, ein großes Filialnetz und viele Bestandskunden, auf deren Vorlieben Rücksicht genommen wird. Dass sich die Rahmenbedingungen in Deutschland schnell und umfangreich ändern werden, daran muss man nicht glauben. In einer Welt aber, in der Digitalisierung als Megatrend gilt, kann es nur von Vorteil sein, entsprechende Ideen auszutesten und über eingespielte und daher stabile Prozesse für neue technische Anwendungen zu verfügen.

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