Finanzstabilitätsberichte 2014

Wie aus dem Ende November 2014 veröffentlichten Finanzstabilitätsbericht der Europäischen Zentralbank hervorgeht, hat sich der systemische Stress für Banken und Staaten im Euro-Währungsgebiet weiter auf ein Niveau verringert, das zuletzt vor Beginn der globalen Finanzkrise im Jahr 2007 verzeichnet wurde. Die allgemein überschwengliche Stimmung an den Finanzmärkten steht aus Sicht der Notenbank aber im Gegensatz zu einer schwachen, fragilen und uneinheitlichen Konjunkturerholung, wenngleich bei den Banken und Staaten Fortschritte beim Abbau von Schwachstellen registriert wurden. Insbesondere die Kreditvergabe der Banken ist trotz außerordentlicher Unterstützung durch die EZB noch immer schwach. Grund hierfür ist ein Zusammenspiel aus einer verhaltenen Nachfrage und der Tatsache, dass in einigen Bereichen der Wirtschaft restriktive Kreditbedingungen vorherrschen, die sich ungünstig auf die Kreditaufnahme und Investitionen auswirken könnten. Zugleich werden weiterhin Bilanzsanierungen im Euroraum vorgenommen. Die Banken haben ihre Bilanzen verbessert, was zumindest teilweise auf die umfassende Bewertung durch die EZB zurückzuführen ist. Allerdings ist die Wiederherstellung solider Staatsfinanzen dem Bericht zufolge nach wie vor uneinheitlich und noch nicht abgeschlossen.

Aus diesen Altlasten, die eine Bilanzsanierung erfordern, und den aus der anhaltenden weltweiten Suche nach Rendite entstehenden Risiken ergeben sich für die Finanzstabilität aus Sicht der EZB in den kommenden 18 Monaten drei zentrale Risiken, die sich - sollten sie zum Tragen kommen - gegenseitig verstärken könnten:

- Plötzliche Umkehr der weltweiten Suche nach Rendite, verstärkt durch vereinzelte Liquiditätsengpässe, mit Anzeichen zunehmender Nutzung von Fremdkapital im Nichtbankenfinanzsektor. Dies erfordert laut dem Bericht weitere Anstrengungen zur Verbesserung der Überwachung und der Instrumente zur Beseitigung der sich aus Schattenbankenaktivitäten ergebenden Risiken.

- Anhaltend schwache Ertragslage der Banken bei einer schwachen, fragilen und uneinheitlichen Erholung der Gesamtwirtschaft.

- Rückkehr von Bedenken über die Tragfähigkeit der Verschuldung angesichts eines geringen Nominalwachstums und mangelnder politischer Entschlossenheit im Hinblick auf Haushalts- und Strukturreformen.

Neben einer eingehenden Betrachtung der für die Finanzstabilität im Euroraum wichtigsten Entwicklungen enthält diese Ausgabe des Finanzstabilitätsberichts drei Sonderbeiträge. Darin werden die von Notverkäufen im Finanzsystem des Eurogebiets ausgehenden Ansteckungseffekte untersucht sowie die Arbeiten zur Charakterisierung des Finanzzyklus in den Ländern des Euro-Währungsgebiets und zur strukturellen Liquiditätsquote im Rahmen eines neuen makroprudenziellen Instrumentariums dargestellt. Der Bericht ist auf der Website der EZB unter www.ecb.europa.eu abrufbar.

Zwei Tage vor der EZB hat auch die Bundesbank ihren Finanzstabilitätsbericht 2014 veröffentlicht. Niedrige Zinsen und eine geringe Volatilität, so die Kernaussagen, verstärken die Risikoneigung der Marktteilnehmer. Dies birgt die Gefahr von Übertreibungen. Die deutschen Banken konnten ihre Verschuldung zwar verringern, leiden allerdings unter schwachen Erträgen. Die Bankenunion schafft bessere Voraussetzungen, um Banken in Schieflage zu sanieren oder abzuwickeln. Der Immobilienmarkt bleibt unter Beobachtung, die Entwicklung der Immobilienkredite ist gegenwärtig jedoch eher moderat. Und steigende Preise für Wohnimmobilien in Deutschland bergen dem Bericht zufolge keine übermäßigen Risiken für die Finanzstabilität. Indizien für ein übertriebenes Verlangen nach Renditen werden vor allem auf den Märkten für Unternehmensanleihen und bei syndizierten Krediten gesehen.

Grundsätzlich hat sich die Kapitalausstattung der deutschen Banken im vergangenen Jahr durch die Aufnahme von neuem Kapital und durch einbehaltene Gewinne erhöht. Das Comprehensive Assessment der Europäischen Zentralbank und Makrostresstests der Bundesbank zeigen, dass die deutschen Kreditinstitute größeren Belastungen standhalten könnten. Ein isoliert auftretender Zinsschock wäre aus Sicht der Notenbank für die deutschen Banken zu verkraften, ein starker und abrupter Anstieg der kurzfristigen Zinsen würde aber erhebliche Spuren in den Gewinn- und Verlustrechnungen der Banken hinterlassen. Darüber hinaus könnte ein gemeinsames Auftreten mehrerer Schocks den deutschen Finanzsektor vor Probleme stellen. Daher hält die Bundesbank eine Verbesserung der Ertragslage der Banken für erforderlich: Banken sollten ihre Geschäftsmodelle überprüfen, um Potenziale für Kostensenkung und Synergien bei den Erträgen auszuloten.

Als wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem besseren Umgang mit Risiken wird die Bankenunion gewertet. Die europäische Bankenaufsicht kann strenge einheitliche Aufsichtsstandards und -praktiken durchsetzen und länderübergreifende Quervergleiche durchführen. Mit dem einheitlichen Abwicklungsmechanismus verbessert die Bankenunion die Voraussetzungen dafür, Banken in Schieflage zu sanieren oder abzuwickeln. Künftig sollen grundsätzlich Eigentümer und Gläubiger an den Kosten einer Bankenrestrukturierung beteiligt werden. Es gelte nun die neuen Regeln konsequent anzuwenden. Insbesondere solle vom Bail-in nur in absoluten Ausnahmefällen abgewichen werden können.

Allerdings könne auch die Bankenunion die enge Verknüpfung der Risiken von Bankensystem und Staat nicht vollständig lösen. Denn Forderungen gegenüber dem Staat seien nach wie vor in der Regulierung privilegiert. Um das Ansteckungsrisiko zwischen Banken und Staaten dauerhaft zu verringern, sollten Staatspapiere aus Sicht der Bundesbank in den Regelwerken nicht mehr bevorzugt und Forderungen gegenüber staatlichen Schuldnern angemessen mit Eigenkapital unterlegt werden.

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