Alles klar? Herkunft und Berechtigung von Steuertransparenz

Thomas Ihering, Abteilungsdirektor im Bereich Recht und Steuern, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), Berlin

Quelle: VÖB

Thomas Ihering, Abteilungsdirektor im Bereich Recht und Steuern, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), Berlin - Den politisch Verantwortlichen geht die Steuertransparenz nicht weit genug. Entsprechend viele Gesetzesinitiativen sind auf den Weg gebracht worden. Der Autor bewertet im Folgenden den automatisierten Informationsaustausch über FATCA und den Common Reporting Standard, die Anforderungen an Konzerne durch das Country-by-Country-Reporting, die Mitteilungspflicht über Beziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Drittstaatengesellschaften und den Vorschlag für Transparenzvorschriften für Intermediäre in Bereich der Steuerplanung. Neu an den Gesetzgebungsvorhaben sei, dass nicht nur Informationen erhoben werden, die für die unmittelbare Besteuerung relevant sind, sondern darüber hinaus auch solche, die zur Einschätzung der Vermögenslage dienen. Die geschützte Offenbarungspflicht wandelt sich so zu einer Publizitätspflicht. Für die Banken sieht der Autor weniger den Wegfall des Bankgeheimnisses als vielmehr den Mehraufwand als Belastung. Da rüber hinaus seien Wettbewerbsverzerrungen zu befürchten, wenn die Vorschriften nicht in allen EU-Staaten gleichermaßen angewendet werden. (Red.)

Der Steuerpflichtige sieht sich neuen Anforderungen des europäischen wie nationalen Gesetzgebers ausgesetzt, umfangreiche Pflichten zur Erzielung von sogenannter Steuertransparenz zu erfüllen. Dies trifft insbesondere auf Kreditinstitute zu, die eine Fülle neuer Verpflichtungen zu bewältigen haben. Diese reichen vom automatisierten Informationsaustausch (FATCA und Common Reporting Standard), den neuen Anforderungen für ein umfassendes Konzernreporting - bekannt unter dem Namen Country-by-Country-Reporting (CbCR) -, der Abschaffung des steuerlichen Bankgeheimnisses, der Mit teilungspflicht über Beziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Drittstaatengesellschaften oder dem Vorschlag der EU-Kommission für Transparenzvorschriften für Intermediäre im Bereich der Steuerplanung. Die Gesetze und der Richtlinienvorschlag sind Teil der weltweiten Initiativen nach der Finanz- und Staatsschuldenkrise, missbräuchlicher Steuergestaltung und Steuerflucht entgegenzuwirken sowie den Staaten nachhaltige Steuereinnahmen zu gewährleisten. Dieser Artikel beleuchtet Herkunft und rechtliche Rahmenbedingungen der Steuertransparenz, um darauf aufbauend die entsprechende Gesetzgebung sowie Vorschläge der EU-Kommission zu bewerten.

Steuertransparenz und Steuergeheimnis

Der Gedanke der Transparenz gegenüber Steuerbehörden ist nichts Neues, sondern Grundprinzip der steuerlichen Veranlagung. Dem Steuerpflichtigen obliegt von jeher gegenüber Finanzbehörden eine umfassende Offenbarungs- und Mitwirkungspflicht. Die privaten wie beruflichen oder geschäftlichen Verhältnisse, die für die Besteuerung von Belang sind, sind den Steuerbehörden vollständig zu offenbaren. Der "gläserne" Steuerbürger besteht damit gegenüber dem Fiskus bereits. Das Steuergesetz geht dabei jedoch von der Selbstdeklaration durch den Steuerpflichtigen aus, verbunden mit einzelnen gesetzlichen Verifikationsmöglichkeiten durch den Fiskus. Gegenstück zu dieser Transparenz ist das gesetzlich verankerte Steuergeheimnis. Es schützt den Steuerpflichtigen davor, dass Amtsträger die steuerlichen Verhältnisse oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die im Rahmen des Steuerverfahrens bekannt wurden, unerlaubt offenbaren. Die Verletzung des Steuergeheimnisses stellt eine Straftat dar. Damit wird der verfassungsrechtlich gebotene Schutz des Steuerpflichtigen vor einer Zweckentfremdung der durch die Behörden erhobenen Daten gewährleistet und der verfassungsrechtliche Anspruch des Bürgers auf informationelle Selbstbestimmung gesichert.

Automatischer Informationsaustausch

Neu an den in aktuellen Gesetzgebungsvorhaben verfolgten Vorstellungen von Transparenz ist nun, dass nicht nur diejenigen Informationen offenbart werden sollen, die für die unmittelbare Besteuerung tatsächlich relevant sind. Vielmehr sollen auch solche Informationen erhoben und verarbeitet werden, deren Kenntnis allenfalls als dienlich für die Einschätzung der Vermögenslage bezeichnet werden können, für die laufende Besteuerung aber nicht notwendigerweise einen Beitrag leisten. So wird im sogenannten Common Reporting Standard, dem internationalen Informationsaustausch über Finanzkonten von Steuerausländern, verlangt, dass den Finanzbehörden der Kontostand des Jahresendes mitgeteilt wird. Dieses Datum bietet sich allenfalls für Zwecke einer weltweit äußerst seltenen Vermögenssteuer an, nicht aber für die Meldung von Zinserträgen.

Ein weiteres Beispiel hierfür ist das Country-by-Country-Reporting, das erstmals für das Wirtschaftsjahr 2016 bis zum Ende des Jahres 2017 anzuwenden ist und einer allgemeinen Risikoabschätzung für die Steuerverwaltung über die Verrechnungspreisgestaltung internationaler Unternehmen dient. Mit dem CbCR müssen Unternehmen für jedes Steuergebiet, in denen die Unternehmensgruppe tätig ist, aggregierte Informationen zur Einkünfteverteilung, zu Vorsteuergewinn, zu Ertragsteuern, zur Zahl der Beschäftigten, zum ausgewiesenen Kapital, zu einbehaltenen Gewinnen und zu materiellen Vermögenswerten ausweisen. Damit ermöglicht das CbCR den Steuerbehörden eine breite Einsicht, in welchen Ländern die Wertschöpfung stattfindet und in welchen Ländern Steuern geschuldet werden. Da aber das internationale Steuerrecht mitnichten von dem einfachen Grundsatz beherrscht wird, dass dort, wo Angestellte beschäftigt sind, oder "die Wertschöpfung stattfindet", Steuern zu entrichten wären, ist fraglich, ob damit tatsächlich einen Beitrag zur Lösung eines Besteuerungsfalles geleistet wird. Möglicherweise wird mit dem CbCR ein eigenes interpretationsbedürftiges Zahlenwerk geschaffen, dessen Aussagekraft begrenzt sein könnte beziehungsweise mehr Fragen aufwirft, als es beantwortet.

Streit über Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit

Neu an dieser Art der Transparenz ist zudem, dass so die Offenbarung des Steuerpflichtigen gegenüber den Behörden auf die Allgemeinheit ausgeweitet wird. Die durch das Steuergeheimnis geschützte Offenbarungspflicht wandelt sich so zu einer allgemeinen Publizitätspflicht. Es ist klar, dass dies die Bedeutung einer Informationspflicht grundlegend verändert und einer besonderen Rechtfertigung bedarf. Beispiel hierfür ist der Streit über die Adressaten des CbCR nach den Richtlinien der Europäischen Union.

Die EU-Kommission hat im April 2016 einen Vorschlag zur Änderung der Rechnungslegungsrichtlinie vorgestellt. Der Vorschlag sieht in Ergänzung zum Informationsaustausch zwischen den Finanzverwaltungen der Mitgliedsstaaten vor, dass das CbCR in Form einer öffentlichen Berichterstattung für bestimmte multinationale Unternehmen gilt. Mit den Informationen soll eine "fundierte Analyse" der Öffentlichkeit möglich sein und die Bürger in die Lage versetzt werden, das Steuerverhalten von Konzernen nachzuvollziehen. Damit versucht der Gesetzgeber, den öffentlichen Druck auf Unternehmen zu erhöhen, ihren Beitrag für das Gemeinwesen in Form eines "fairen" Anteils der Steuerzahlung zu leisten. Jedoch obliegt nicht der Öffentlichkeit die Aufgabe, die Steuererhebung zu kontrollieren, sondern den Steuerverwaltungen der Mitgliedsstaaten mit ihren hoheitlichen Befugnissen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat im Namen der Bundesregierung die Veröffentlichung der CbCR-Daten zusammen mit anderen Mitgliedsstaaten der EU bislang abgelehnt.

Bei den Kreditinstituten wurde dagegen bereits eine öffentliche Publizitätspflicht zum CbCR frühestens für Geschäftsjahre ab dem Jahr 2013 verwirklicht. Die sogenannten CRR-Institute müssen auf konsolidierter Basis in ihrem Jahresabschluss Angaben machen, die nach Mitgliedsstaaten der EU und nach Drittstaaten, in denen sie über Niederlassungen verfügen, aufgeschlüsselt sind. Diese Angaben umfassen die diversen Niederlassungen, den Umsatz, die Anzahl der Angestellten, den Gewinn oder Verlust vor Steuern, die Steuern auf Gewinn oder Verlust sowie erhaltene öffentliche Beihilfen. Fest steht, dass die Berichterstattung nach dem Kreditwesengesetz nicht deckungsgleich mit der Abgabenordnung ist; Kreditinstitute müssen damit für einen identischen Gesetzeszweck nach zwei unterschiedlichen Regelwerken, die sich im Detail unterscheiden, Meldungen erstatten: zum einen ausschließlich für die Finanzverwaltung nach der Abgabenordnung, zum anderen für den Jahresabschluss nach dem Kreditwesengesetz.

Wo Transparenz herrschen soll, sind Geheimnisse nicht förderlich. Mit dem Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz ist die Abschaffung des Bankkundengeheimnisses im Hinblick auf das Verhältnis von Bankkunden und Finanzamt nach § 30a Abgabenordnung (AO) durch den Bundesgesetzgeber beschlossen worden. Bisher begrenzte § 30a AO die Ermittlungsbefugnis der Finanzbehörden, indem die Befugnis der Außenprüfung bei dem Kreditinstitut eingeschränkt wurde. Die Vorschrift normierte allerdings niemals ein Bankgeheimnis in dem Sinne, dass Auskunftsersuchen der Finanzbehörde zurückgewiesen werden konnten und Mitarbeiter ein Auskunftsverweigerungsrecht zugestanden worden wäre. Nur Rasterfahndung und Ermittlungen "ins Blaue hinein" wurden unterbunden. Vielmehr besaß der Paragraf einen Appellcharakter, dass Finanzbehörden bei Ermittlungsmaßnahmen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Zumutbarkeit einzuhalten haben, indem auf das Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunden besonders Rücksicht genommen werden sollte.

Ende des steuerlichen Bankkundengeheimnisses

Mit der Abschaffung der Norm verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, Transparenz über Anlagen außerhalb der EU herzustellen. Jedoch betrifft die Abschaffung des § 30a AO Konten und Depots bei inländischen Banken, die bisher eigentlich nicht als Mittel zur Steuerumgehung mit Auslandsbezug bekannt waren. Zudem dürften sich die Auswirkungen für die Bankpraxis im Rahmen halten. Da bislang schon der Anfangsverdacht einer Steuerstraftat für das Schreiben von Kontrollmitteilungen bei einer Außenprüfung ausreichend war, stellte der Paragraf bislang kein Hindernis für wirksame Ermittlungen der Finanzbehörden dar. Gesetzeszweck der Aufhebung des § 30a AO ist es, bei hinreichendem Anlass Sammelauskunftsersuche an inländische Kreditinstitute richten zu können, um Informationen über deren Kunden und deren Geschäftsbeziehungen zu Dritten zu erlangen. § 30a AO ist ab dem 25. Juni 2017 auch auf Sachverhalte, die vor diesem Zeitpunkt verwirklicht worden sind, nicht mehr anzuwenden.

Durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz wurde zudem neu eingeführt, dass sogenannte mitteilungspflichtige Stellen eine Anzeigepflicht an das Finanzamt erfüllen müssen, wenn sie inländischen Steuerpflichtigen Beziehungen zu Drittstaaten-Gesellschaften hergestellt oder vermittelt haben. Als mitteilungspflichtige Stellen sind durch den Verweis auf das Geldwäschegesetz Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsunternehmen, Finanzunternehmen, aber auch inländische Zweigniederlassungen ausländischer Kreditinstitute anzusehen. Das Gesetz definiert eine Drittstaat-Gesellschaft als eine Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Sitz oder Geschäftsleitung in Staaten oder Territorien, die nicht Mitglieder der EU oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind. Es ist allerdings nicht jede vermittelte Beziehung zu melden, sondern nur dann, wenn unmittelbar oder mittelbar ein beherrschender oder bestimmender Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft ausgeübt werden kann oder der inländische Steuerpflichtige eine unmittelbare Beteiligung von insgesamt mindestens 30 Prozent am Kapital oder am Vermögen der Drittstaat-Gesellschaft erlangt; anderweitige Erwerbe hinsichtlich der gleichen Drittstaat-Gesellschaft sind miteinzubeziehen, soweit sie der mitteilungspflichtigen Stelle bekannt sind oder bekannt sein mussten.

Problematisch für den Rechtsanwender an diesem Gesetz ist, dass so gut wie alle entscheidenden Rechtsbegriffe von "Beziehung herstellen" über "vermitteln" bis zum "beherrschenden Einfluss" nicht gesetzlich definiert sind, sondern der Auslegung bedürftig sind. Die Finanzverwaltung wird hier mit einem baldigen Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen wohl Klarheit schaffen, dies allerdings mit dem rechtsstaatlichen Manko behaftet, wonach es eigentlich der Gesetzgeber ist, der die wesentlichen Entscheidungen des Regelungsbereichs zu treffen hätte. Dies gilt umso mehr, als einschneidende Sanktionen festgelegt wurden. Ein Verstoß kann mit einer Geldbuße von bis zu 50 000 Euro geahndet werden.

Die betroffenen Kreditinstitute können der Mitteilungspflicht entgehen, wenn sie schlicht die Vermittlung zu den Drittstaaten-Gesellschaften einstellen. Ob dieser Effekt tatsächlich einen Beitrag zur Bekämpfung von Steuerumgehung und -betrug darstellt, muss bezweifelt werden. Es ist zu vermuten, dass bei kriminellen Strukturen ein inländischer Anknüpfungspunkt wie das Führen eines deutschen Kontos gerade vermieden wird. Darüber hinaus ist der Generalverdacht problematisch, dem die ausländischen Gesellschaften außerhalb von EU und EFTA als Steuerumgehungsvehikel ausgesetzt werden. Eine Stigmatisierung dieser Gesellschaften angesichts wirtschaftlicher Internationalisierung als auch der vermehrten persönlichen Lebensbeziehungen von Steuerinländern ins Ausland erscheint nicht sachgerecht.

Mit dem Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz geht zudem eine Ausweitung der Identifizierungspflichten bei der Legitimationsprüfung von Konten einher. Die Identifizierung erstreckt sich nun nicht nur auf den Kontoinhaber und die Verfügungsberechtigten, sondern auch auf jeden wirtschaftlich Berechtigten, für den dann auch die Steuer-Identifikationsnummer erhoben werden soll. Auch für Bestandskunden sind sämtliche Steuer-Identifikationsnummern bis zum Ende des Jahres 2019 nach zu erheben. Die Kreditwirtschaft geht von einer Gesamtzahl von 400 Millionen betroffenen Konten aus. Dabei übersteigt das Gesetz die Anforderungen der zugrunde liegenden vierten Geldwäscherichtlinie, wonach die Erhebung der Steuer-ID und der Anschrift eines wirtschaftlich Berechtigten nicht erforderlich ist. Das Gesetz zieht erheblichen Umsetzungsaufwand auf sich. Durch den weiten Kontenbegriff sind grundsätzlich auch Kreditkonten von der Erweiterung der Legitimation erfasst, obwohl eine Steuerumgehung mit diesen Instrumenten nicht denkbar ist.

Vorschlag der EU-Kommission

Der Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zu Steuertransparenzvorschriften umfasst eine Meldepflicht von sogenannten Intermediären für von ihnen konzipierte oder vertriebene grenzüberschreitende Steuerplanungsmodelle. Der Vorschlag ist in Gestalt einer Änderung der Richtlinie über die Verwaltungszusammenarbeit im Juni 2017 vorgelegt worden. Die neue Meldepflicht soll ab dem 1. Januar 2019 in Kraft treten. Die EU-Mitgliedsstaaten wären ab dann verpflichtet, alle drei Monate Informationen auszutauschen. Zu den Intermediären zählen neben Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern auch Finanzberater und Kreditinstitute. Der Vorschlag bezieht sich auf alle Arten von direkten Steuern (zum Beispiel Einkommens-, Unternehmens-, Kapitalertrags-, und Erbschaftsteuern). Meldepflichtig sollen die grenzüberschreitenden Steuerplanungsmodelle dann sein, wenn sie eines der in der Richtlinie definierten Kennzeichen aufweisen. Sie werden in einem Anhang der Richtlinie eigens definiert. Danach sind nach Darstellung der EU-Kommission unter anderem Modelle inbegriffen, die

- eine grenzüberschreitende Zahlung an einen Empfänger in einem nicht besteuernden Drittland beinhalten;

- ein Steuergebiet mit unzureichenden oder unzureichend durchgesetzten Geldwäschevorschriften umfassen;

- konzipiert wurden, um zu vermeiden, dass Einkünfte gemäß den EU-Transparenzvorschriften gemeldet werden müssen;

- die EU-Informationsaustauschpflicht für Steuervorbescheide umgehen;

- einen direkten Zusammenhang zwischen dem vom Intermediär in Rechnung gestellten Entgelt und der mit der Steuervermeidung verbundenen Steuerersparnis des Steuerpflichtigen aufweisen;

- dafür sorgen, dass dieselben Vermögenswerte in mehr als einem Land abgeschrieben werden können;

- Steuerermäßigungen für dasselbe Einkommen in mehr als einem Steuergebiet ermöglichen;

- die internationale oder EU-Verrechnungspreisleitlinien nicht einhalten.

Die Meldung an die Steuerbehörden muss innerhalb von fünf Tagen nach der Weitergabe des Modells an die Kunden erfolgen. Meldepflichtig ist der Intermediär. Sofern er wegen eines besonderen nationalen Berufsgeheimnisses an der Meldung gehindert ist, geht die Meldepflicht auf den Kunden über. Der Intermediär muss den Kunden dann über diese neue Verpflichtung unterrichten. Die Mitgliedsstaaten sollen die erhaltenen Angaben über eine zentrale Datenbank austauschen. Sie sollen hierdurch vor Risiken im Bereich der Steuervermeidung gewarnt und frühzeitig in die Lage versetzt werden, Maßnahmen zur Unterbindung der Steuervermeidung zu ergreifen. Die zur Umsetzung berufenen Mitgliedsstaaten sollen selbstständig Sanktionen bei Verletzung der Meldepflicht erlassen, die effektiv, angemessen und abschreckend sind.

Der Vorschlag hat unmittelbare Bedeutung für die Tätigkeit der Beratung auch von Kreditinstituten an ihre Kunden. Er wird weitere Haftungsrisiken bei grenzüberschreitenden Beratungen eröffnen. Zudem erfordert die Kenntnis der genannten Kennzeichen von Steuerplanungsmodellen eine ständige Fortbildung über das internationale Steuerrecht, Abschreibungsregelungen, Geldwäschevorschriften et cetera. Es ist fraglich, inwieweit dies von Beratern tatsächlich geleistet werden kann und ob das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot in Bezug auf den sehr weiten Tatbestand der grenzüberschreitenden Gestaltungen eingehalten worden ist.

Die Anzeigepflicht von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen eröffnet der Finanzverwaltung einen zeitlichen Vorteil bei der Erfassung von unerwünschten Gestaltungen und kann ein frühzeitiges Gegensteuern des Gesetzgebers ermöglichen und so das Steuersubstrat schützen. Auch wenn die EU-Kommission die verpflichtende Offenlegung für "aggressive Steuerplanungsmodelle" intendiert, die für Steuermissbrauch genutzt werden, ist doch zu bemerken, dass die Anzeigepflicht sich aus rechtsstaatlichen Gründen nur auf solche Modelle beziehen kann, die als legale Steuervermeidung zu bewerten sind. Eine Anzeigepflicht von Haupttat, Anstiftung oder Beihilfe zur Steuerhinterziehung wäre nicht mit den Rechtsordnungen der EU-Mitgliedsstaaten vereinbar, die besagen, dass sich niemand selbst anzeigen muss. Der erzwingbare Anwendungsbereich der Meldepflicht ist daher auf rechtskonforme Steuervermeidungsstrategien beschränkt.

Tatsächlich besonders schädliche Steuermodelle sind aber regelmäßig rechtswidrig und bei entsprechendem Vorsatz als strafbare Steuerhinterziehung zu bewerten. Eine Geldbuße für den Steuerhinterzieher aufgrund der Verletzung der Anzeigepflicht dürfte nicht zusätzlich zur Strafe wegen Steuerhinterziehung verhängt werden.

Die sehr weit gefassten Merkmale, die grenzüberschreitende Zahlungen anzeigepflichtig machen, werden ein großes Haftungsrisiko für den Intermediär eröffnen. So muss er etwa Kenntnis über Steuergebiete mit "unzureichend durchgesetzten Geldwäschevorschriften" haben oder gar die Einhaltung von EU-Verrechnungspreisleitlinien als Maßstab der Anzeige einbeziehen. Diese komplexen Sachverhalte und auslegungsbedürftige Rechtsbegriffe eignen sich nicht als Kennzeichen.

Steuertransparenz als Grundrechtseingriff?

Zu fragen ist, ob die Herstellung von Steuertransparenz, die sich als Verpflichtung in den oben gezeigten diversen Anzeigeverpflichtungen ausprägt, verfassungsrechtlichen Beschränkungen unterliegt. Als betroffene Grundrechte sind die Berufsausübungsfreiheit und auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu nennen, wonach der Einzelne selbst über Offenbarung und Verwendung seiner persönlichen Daten zu entscheiden hat. Des Weiteren liegt eine Diskussion über die Grenzen der Indienstnahme von Privatpersonen durch den Staat nahe, weil hinterfragt werden muss, ob der Bürger als Gehilfe des Gesetzgebers herangezogen werden darf; ihm zumindest aber eine finanzielle Kompensation für den mit der Anzeige verbundenen Aufwand zustehen muss. Eine entsprechende Debatte wurde bereits 2007 bei dem damals gescheiterten Gesetzentwurf zur Anzeigepflicht von Steuergestaltungen geführt. Bei der Rechtfertigung der Grundrechtseingriffe ist zu prüfen, ob vernünftige Gründe des Allgemeinwohls für die Einführung der Anzeigepflicht bestehen und ob die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Isoliert für eine einzelne Informations- oder Anzeigepflicht lässt sich eine solche Rechtfertigung eines Grundrechtseingriffs jeweils überzeugend führen. Eine andere Bewertung könnte sich allerdings ergeben, wenn man die Gesamtschau der Verpflichtungen betrachtet. Durch die Kumulation der einzelnen Pflichten muss die Frage nach der Verhältnismäßigkeit gestellt werden.

Unverkennbar ist, dass insbesondere Kreditinstitute stark belastet sind: Allein im Steuer- und Abgabenrecht sind hier neben den hier erläuterten Pflichten zu nennen: Administration der Abgeltungsteuer; Einbehalt der Kirchensteuer; Mitteilung der Freistellungsdaten; Administration der Kapitalertragsteuer bei Investmentfonds; Legitimationsprüfung der Kunden; Auskunftsersuchen von Finanzverwaltung und Steuerfahndung über Verhältnisse der Kunden, automatisierter Abruf von Konteninformationen; Meldepflicht nach Tod eines Kunden; Prüfungsrechte der Finanzbehörden für Anrechnung oder Vergütung von Körperschaftsteuer beziehungsweise Anrechnung oder Erstattung von Kapitalertragsteuer; Datenzugriff der Finanzverwaltung sowie Haftung für Umsatzsteuerschulden bei der Abtretung und Verpfändung von Forderungen.

Europarechtlich kann eine Anzeigepflicht insbesondere dann zweifelhaft sein, wenn diese insgesamt oder in einzelnen Fallgruppen gezielt auf grenzüberschreitende Gestaltungen zugeschnitten ist. Die Grundfreiheit des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs erlaubt den Transfer von Geld und Wertpapieren nicht nur zwischen den Mitgliedsstaaten, sondern auch zwischen Mitgliedsstaaten und Drittstaaten. Da allerdings der Fiskus erhöhte Informationsdefizite bei der Veranlagung von Auslandsfällen ins Feld führen kann, dürften isolierte Anzeigepflichten für Auslandssachverhalte zu rechtfertigen sein.

Kontrollmechanismen, Meldepflichten und Abfragemöglichkeiten vergrößern den Handlungsspielraum der Verwaltung und sind daher dort erwünscht. Angesichts zunehmender Personalknappheit verfolgt die Finanzverwaltung einerseits das Ziel der Automatisierung, andererseits soll mittels auswertbarer Datenbanken eine Vergleichbarkeit zwischen Steuerpflichtigen hergestellt werden und eine risikoadjustierte Prüfung zum Beispiel nach mathematisch-statischen Methoden vorgenommen werden können. Die Instrumente hierzu werden sukzessive, vor allem zuerst in der Betriebsprüfung Einzug halten. Die Zulässigkeit solcher Verfahren wird von der Beurteilung der Finanzgerichtsbarkeit abhängen. Noch stehen Urteile hierzu aus.

Vertraulichkeit und Sicherheit von Daten

Die Vertraulichkeit und Sicherheit von Daten im Steuerverfahren ist eine Thematik von zentraler Bedeutung, die im Zuge der zunehmenden Anzeigeverpflichtungen weiter wächst. Dies ergibt sich einerseits vor dem Hintergrund der Vielzahl der zur Meldung verpflichteten privaten Stellen wie der Kreditinstitute und dem damit verbundenen Missbrauchsrisiko, andererseits durch den weltweiten Datenaustausch zwischen den Staaten, die unterschiedliche Rechtsverständnisse und Schutzniveaus aufweisen. Die Thematik stellt sich etwa beim automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (Common Reporting Standard - CRS) oder über grenzüberschreitende Steuervorbescheide zwischen den Mitgliedsstaaten der EU. Bei der Übermittlung der Daten an die zuständige Stelle eines anderen Staates muss sichergestellt sein, dass das notwendige Schutzniveau, wie es der CRS vorsieht, gewährleistet ist. Die sogenannte Mehrseitige Vereinbarung zum CRS enthält eine Datenschutzklausel, deren Einhaltung durch ein Gremium der OECD regelmäßig überprüft wird. Diese Mehrseitige Vereinbarung enthält auch Verwendungsbeschränkungen um sicherzustellen, dass die zuständige Behörde im anderen Vertragsstaat die übermittelten Informationen nicht für Zwecke verwendet, die gegen die deutsche öffentliche Ordnung verstoßen. So dürfen übermittelte Daten etwa nicht zur Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe führen.

Hinsichtlich des Austauschs über grenzüberschreitende Vorbescheide werden die Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Unternehmen zu schützen sein. Erfahrungen mit der tatsächlichen Einhaltung des Datenschutzes im internationalen Kontext liegen noch nicht vor. Zweifel an der Machbarkeit des effektiven Datenschutzes dürften angesichts der zahlreichen Daten-Leak-Affären der letzten Jahre, der technischen Möglichkeiten sowie der begrenzten Ressourcen der Finanzverwaltung angebracht sein.

Für die zur Weitergabe von Daten verpflichteten Kreditinstitute ist jede Weitergabe von Daten ein Eingriff in die Rechte der betroffenen Kunden, die nur durch die Anordnung einer innerstaatlichen Rechtsquelle oder Einwilligung des Kunden zulässig ist. Eine darüber hinausgehende Mehr-Meldung stellt einen Verstoß gegen das zivilrechtliche Bankgeheimnis mit der möglichen Rechtsfolge von Schadensersatz dar, eine Mindermeldung wiederum kann zu Sanktionsmaßnahmen der Finanzverwaltung führen.

Das Sammeln von Informationen über die Verhältnisse des Steuerpflichtigen beim Fiskus kann die bisherige Arbeitsteilung zwischen ihm und der Finanzverwaltung auf den Kopf stellen. Ist es bislang Aufgabe des Steuerpflichtigen, die Zahlen für die Feststellung der Steuerbemessungsgrundlage zu stellen, was das Finanzamt stichprobenartig kontrolliert, so könnte sich dies langfristig ändern. Weshalb sollte der Steuerpflichtige ein Zahlenwerk liefern, das doch künftig schon vollständig bei der Finanzverwaltung vorhanden sein könnte? Denkbar wäre dann, dass der Staat etwa eine vorausgefüllte Steuererklärung unterbreitet, die der Steuerpflichtige lediglich kontrolliert und Wahlrechte ausübt. Bislang fehlt es für ein solches Zukunftsszenario neben der umfassenden Datenbasis auch noch an der zielgerichteten Auswertbarkeit der Daten durch die Finanzbehörden.

Die Steuertransparenz stellt sich als erfolgreiche Forderung dar, die durch zahlreiche weltweite, europäische und nationale Gesetzgebungsinitiativen verwirklicht wird. Ihre Anziehungskraft verdankt sie dem Versprechen nach einem höheren Steueraufkommen durch die Verfolgung von Steuerhinterziehung und Steuergestaltung. Ihre Wirksamkeit muss mit den einzelnen Maßnahmen jedoch erst noch bewiesen werden. Fest steht, dass die Steuertransparenz deutsche Kreditinstitute durch den automatisierten Informationsaustausch in besonderer Weise belastet. Die Abschaffung des steuerlichen Bankkundengeheimnisses nach § 30a AO ist steuerpolitisch zu bedauern, dürfte aber nur geringe Auswirkung auf die Praxis der Kreditinstitute haben. Die Effekte des für Kreditinstitute gedoppelten CbCR nach Kreditwesengesetz und Abgabenordnung, mit im Detail unterschiedlichen Zahlenwerken, lassen eine Verwendbarkeit für Steuerzwecke zweifelhaft erscheinen. Die Anzeigepflicht der Kreditinstitute für Drittstaaten-Gesellschaften von Kunden ist nach dem Gesetzeswortlaut kaum umzusetzen und wegen des Generalverdachts gegenüber ausländischen Gesellschaften abzulehnen. Die Vorschläge der EU-Kommission für neue Steuertransparenzvorschriften für Intermediäre sind wegen des Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot dringend nachzubessern, sofern sie überhaupt praktikabel ausgestaltet werden können.

Immenser Aufwand bei Implementierung

Für die Kreditinstitute bedeuten die neuen Regularien zur Steuertransparenz einen immensen Aufwand bei Implementierung und laufender Einrichtung. Sie sind auch regelmäßig mit Haftungsrisiken bei Nichtumsetzung oder einzelnen Verstößen verbunden. Die Kumulation der verschiedenen Verpflichtungen mit kurzen Umsetzungsfristen stellt eine besondere Herausforderung dar.

Eine Begrenzung der Indienstnahmen der Kreditwirtschaft für Zwecke der Steuertransparenz durch die verfassungsrechtlichen Grundrechte scheint immer naheliegender zu werden: Die Rechtfertigung der Pflichten dürfte zwar in Bezug auf die jeweils einzelne Vorschrift gelingen. Unverkennbar aber ist, dass in der Gesamtschau der Normen für die Kreditinstitute eine Belastung erreicht wird, die als kritisch anzusehen ist und - insbesondere bei noch hinzukommenden neuen Anforderungen - in eine Unverhältnismäßigkeit umschlagen kann. Der Gesetzgeber sollte hier Besonnenheit walten lassen. Abzulehnen ist die Übererfüllung von europäischen Richtlinien zu Lasten der Wirtschaft, was zu Wettbewerbsverzerrungen und Friktionen in der Einheitlichkeit des Rechts in den Mitgliedsstaaten führen kann.

Im Streit, ob eine Steuertransparenz nur für den Fiskus oder auch für die Öffentlichkeit notwendig ist, ist dem ersten Konzept der Vorzug zu geben. Nur so lassen sich grundlegende rechtsstaatliche Errungenschaften aufrechterhalten. Der Verwirklichung von Datenschutz kommt bei der Steuertransparenz eine entscheidende Bedeutung für ihre Akzeptanz zu. Die Finanzverwaltung wird große Anstrengungen vollbringen müssen, um stets auf der Höhe der Technik zu sein, aber auch die Schnittstellen zu den verpflichteten Privaten und den involvierten Staaten zu sichern. Noch gänzlich ohne Praxistest ist die tatsächliche Auswertung der Daten durch die Verwaltung. Ein bloßes Sammeln von Daten ohne zielgerichtete Verwendung würde ihre Berechtigung unterminieren. Die effektive Nutzung der übermittelten Daten ist damit zentral.

Perspektivisch gesehen könnte eine ausgedehnte Steuertransparenz das System der jetzigen Veranlagung mit der Deklaration durch den Steuerpflichtigen und der Verifikation durch die Verwaltung umkehren: Den auf Grundlage der gesammelten Daten und durch den Fiskus erstellten Steuerbescheid würde der Bürger dann nur noch prüfen. Die Entscheidung, ob dies angesichts der weitreichenden Konsequenzen gewollt und machbar ist, wäre einer ausgiebigen politischen Diskussion vorbehalten.

Die erläuterten gesetzlichen Maßnahmen und der EU-Vorschlag sind Teil einer großen Menge an neuen Transparenzvorschriften für Steuerpflichtige. Die Mitgliedsstaaten der EU sehen sich als Vorreiter im Kampf gegen Steuervermeidung und Steuerhinterziehung. Nationale wie der europäische Gesetzgeber wären gut beraten, Steuertransparenz nur insoweit voranzutreiben, als ihr Ausmaß streng auf das Notwendige fokussiert, die Wechselwirkungen erprobt und die rechtsstaatlichen Grenzen beachtet werden.

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