Die gestiegene Bedeutung des Förderbankengeschäftes für die regionale Entwicklung in Brandenburg

Christian Görke, © MdF/Johanna Bergmann

Christian Görke, Finanzminister und stellvertretender Ministerpräsident des Landes Brandenburg, Potsdam, und Vorsitzender des Verwaltungsrates der Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB), Potsdam - Vor gut 25 Jahren ist in Brandenburg die Investitionsbank des Landes gegründet worden, die heute je zur Hälfte dem Land und der Düsseldorfer NRW-Bank gehört. Auch wenn der Autor ausdrücklich die Zusammenarbeit mit den Fördereinrichtungen auf europäischer und Bundesebene würdigt, betont er doch die besondere Funktion landeseigener Förderinstitute für die Region, um genau dort den spezifischen Bedarf zu erkennen und ihn flankierend abzudecken. Gerade in einer Phase, in der die Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) zurückgefahren werden und auch der Bund seine Förderung aufgrund des wirtschaftlichen Aufholprozesses der ostdeutschen Länder zurückführt, misst er den Kreditprogrammen im Eigenobligo der landeseigenen Förderbank eine zunehmende Bedeutung bei. Wirtschaft, Arbeit, Infrastruktur und Wohnungsbau nennt er als Bereiche, in denen es die Ziele des Landes zu unterstützen gilt. (Red.)

Die Förderbanken haben für die regionale Entwicklung eines Landes die gleiche Wirkung wie ein Katalysator bei einer chemischen Reaktion! Seit jeher besitzen gerade sie in Deutschland für die regionale Entwicklung ein enormes Gewicht. Egal, ob im Bereich der Unternehmen, der Infrastruktur oder des Wohnungsbaus - stets unterstützen gerade die 17 Landesförderinstitute die Entwicklung in der jeweiligen Region mit verschiedenen förderpolitischen Zielstellungen. Insbesondere im Osten der Bundesrepublik hat sich die hohe Bedeutung des Förderbankengeschäftes für die regionale Entwicklung des Landes gezeigt, als es galt, den Strukturwandel einer ganzen Region erfolgreich zu managen. Deutlich wird dies am Beispiel der Investitionsbank des Landes Brandenburg - kurz ILB.

Wirkung als Katalysator

Diese Wirkung als Katalysator verstärkte sich noch durch die mittelbaren Folgen der Finanz- und Schuldenkrise. Dazu gehören die Strukturveränderungen im Finanzsektor, die mit gesetzlichen Verschärfungen im Bankenaufsichtsrecht einhergingen. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass viele Geschäftsbanken aufgrund neuer aufsichtsrechtlicher Regularien ihr geschäftspolitisches Engagement auf den Prüfstand stellen. Für sie sind langfristige Kredite, das margenarme Kommunalkreditgeschäft, Existenzgründungen oder Risikofinanzierungen durch immer höhere Eigenkapitalanforderungen an die Banken und ein geringeres Ertragspotenzial weniger attraktiv als früher.

Im Ergebnis ist die Bedeutung der Förderbanken in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Finanzierung kleiner und mittlerer Unternehmen, im Kommunalbereich und bei der Finanzierung einer nachhaltigen Infrastruktur. Ähnliches zeigt sich auch auf europäischer Ebene. Die Europäische Investitionsbank (EIB) gilt inzwischen als weltweit größter Anleiheemittent und Darlehensgeber bei Finanzierungen und Knowhow für nachhaltige Investitionsprojekte innerhalb Europas.

In Deutschland gibt es insgesamt 19 Förderbanken, darunter die KfW-Bankengruppe und die Landwirtschaftliche Rentenbank auf Bundesebene. Die 17 Landesförderinstitute sind in Eigentümerstruktur und Rechtsform sehr unterschiedlich ausgestaltet. Etwa Förderbanken, die als Teil einer Landesbank operieren, sind rechtlich nicht unabhängig organisiert oder auch die übrigen Landesförderinstitute befinden sich nicht alle ausschließlich im Eigentum der öffentlichen Hand.

Förderauftrag ausdrücklich anerkannt

In der Verständigung der Europäischen Kommission mit der Bundesrepublik Deutschland über staatliche Garantien für öffentliche Banken vom 27. März 2002 - der sogenannten Verständigung II - ist der Förderauftrag der Förderbanken von der Kommission ausdrücklich anerkannt worden. Denn der große Vorteil der Förderbanken ist, dass die staatlichen Garantien bei der Refinanzierung zu Vergünstigungen führen, welche die Förderinstitute zur Ausführung ihres öffentlichen Auftrags einsetzen dürfen. Im Gegenzug hat sich ihre Geschäftstätigkeit auf präzise zu benennende Förderbereiche zu beschränken, die in den einschlägigen Regelwerken konkret zu bezeichnen sind. Hierin liegt auch eine der Stärken regionaler Förderinstitute. Sie haben aufgrund ihrer fokussierten Aufgabenzuweisung profunde Kenntnisse der regionalen Märkte und sind daher in der Lage, für ihre Region maßgeschneiderte Programme anzubieten und in Krisensituationen schnell und zielgerichtet zu agieren. Davon profitiert auch das Land Brandenburg mit seiner Investitionsbank.

Die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) ist das zentrale Förderinstitut im Land. Sie wurde im Jahr 1992 vom Land Brandenburg in der Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts mit Sitz in Potsdam errichtet. Unter Beachtung der Maßgaben der Verständigung II stellt das Land Brandenburg im Rahmen seiner Anstaltslast sicher, dass die ILB ihre Aufgaben erfüllen kann; das Land haftet als Gewährträger für Verbindlichkeiten der Bank. Die ILB bildet zusammen mit ihren elf Tochterunternehmen den ILB-Konzern. Anteilseigner der Bank sind zu je 50 Prozent das Land Brandenburg und die NRW-Bank - die Förderbank des Landes Nordrhein-Westfalen. Als regionales Förderinstitut hat die ILB die Aufgabe, das Land Brandenburg bei der Umsetzung der Förderpolitik entsprechend der struktur- und wirtschaftspolitischen Prioritäten und der Bedürfnisse und Gegebenheiten im Land zu unterstützen.

Umsetzung förderpolitischer Ziele des Landes Brandenburg

Umgekehrt sind die Erfahrungen aus dem Fördergeschäft der ILB unverzichtbar für das frühzeitige Erkennen von Handlungsbedarfen und neuen Handlungsfeldern. Der Rahmen für die Geschäftstätigkeit der ILB wird vorgegeben durch das Gesetz über die Investitionsbank des Landes Brandenburg, welches sich an dem in der Verständigung II festgelegten Aufgabenspektrum der Förderbanken orientiert. Dieses gestattet der ILB das Betreiben von Geschäften, die mit der Erfüllung ihrer öffentlichen Förderaufgaben in direktem Zusammenhang stehen. Sie betreibt ihre Geschäfte nach kaufmännischen Grundsätzen unter Berücksichtigung des Gemeinwohls und der Wahrung strikter Wettbewerbsneutralität. Eigentümerstruktur und Rechtsform unterstreichen jedoch die besondere Stellung an der Schnittstelle zwischen Markt und staatlichen Interessen. Einerseits ist die ILB - ausgestattet mit einer Banklizenz - Teil des Finanzmarktes und damit Marktteilnehmerin. Andererseits ist sie selbst ein wirtschaftspolitisches Instrument.

Wirtschaft, Arbeit, Infrastruktur und Wohnungsbau - das sind die klassischen Bereiche, in denen nicht nur regionale Förderbanken förderpolitische Zielstellungen unterstützen. Auch die ILB unterstützt das Land Brandenburg insbesondere in diesen genannten Bereichen. Sie legt dafür neben Programmen im Rahmen der Geschäftsbesorgung für das Land auch eigene Angebote auf. Der Baukasten an Instrumentarien umfasst zinsgünstige Darlehen, Zuschüsse, Zinszuschüsse, Haftungsfreistellungen, Bürgschaften sowie Risiko- und Beteiligungskapital.

Eine besondere Rolle für den Strukturwandel des Landes spielen die Fördermittel der Europäischen Union. Gerade ihre Struktur- und Investitionsfonds haben in den vergangen Jahren viel zur Entwicklung des Landes beigetragen. Mehr noch: Sie waren für den Aufbau des Landes Brandenburg seit der Wiedergründung 1990 unverzichtbar. Der Erfolg der Europäischen Förderprogramme in Brandenburg war aber auch ganz maßgeblich vom Agieren der ILB geprägt. Nur durch die Unterstützung der Förderbank mit ihrem spezifischen Knowhow war es möglich, dass die Fördermittel auf regionaler Ebene sinnvollen Einsatz fanden. Im Rahmen ihrer Tätigkeit als Geschäftsbesorgerin war und ist die ILB im Auftrag der brandenburgischen Ministerien für die operative Durchführung der Förderprogramme verantwortlich.

Kein "Höchstfördergebiet" mehr

Aber auch in anderen Bereichen hatte das Wirken der ILB ganz maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung Brandenburgs zu einer prosperierenden Wirtschaftsregion. Denn ergänzend zu den Fördermitteln, die sie im Auftrag des Landes Brandenburg ausreicht, bietet die ILB weitere Programme aus eigenen Mitteln an. Dabei zahlt sich aus, dass mit diesen Eigenprogrammen auch besondere regionalwirtschaftliche Bedürfnisse aufgegriffen werden können. Die Eigenprogramme werden über den Kapitalmarkt sowie zu einem geringen Anteil auch über einen aus eigenen Erträgen dotierten Förderfonds refinanziert. Dies ist umso wichtiger, da die rückläufigen Mittel der EU und der öffentlichen Haushalte für die Weiterentwicklung der regionalen Förderpolitik eine große Herausforderung darstellen.

Schließlich verbirgt sich hinter der guten wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre auch die Kehrseite der Medaille für das Land Brandenburg sowie die anderen ostdeutschen Länder. Nach den Maßstäben der Europäischen Union sind diese Bundesländer kein sogenanntes Höchstfördergebiet mehr, obgleich die Strukturanpassung in Ostdeutschland längst noch nicht bewältigt ist. Standen für das Land Brandenburg in der EU-Förderperiode 2007 bis 2013 noch rund 1,5 Milliarden Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) für Förderzwecke bereit, betragen die Zuwendungen der aktuellen Förderperiode 2014 bis 2020 nur noch rund 850 Millionen Euro. Das ist ein Rückgang um rund 45 Prozent. Gleichzeitig reduziert der Bund seine Förderung aufgrund des wirtschaftlichen Aufholprozesses der ostdeutschen Länder.

Die Ergänzung der Landesförderprogramme durch Kreditprogramme im Eigenobligo der ILB gewinnt daher zunehmend Bedeutung. Auf diese Entwicklung hat das Land Brandenburg mit seiner Förderbank bereits sehr vorrauschauend reagiert. Mit Blick auf den sich bereits seit Jahren abzeichnenden Trend hat die ILB den Anteil ihrer eigenen Produkte am Zusagevolumen kontinuierlich erhöht. Der Anteil der eigenen Produkte der ILB an dem im Jahr 2016 erzielten Zusagevolumen von rund 2 Milliarden Euro betrug zuletzt bereits 73 Prozent.

Bei ihrem Kreditgeschäft verfährt die ILB wie andere Förderbanken in der Regel nach dem Hausbankprinzip. Indem sie dabei mit den Geschäftsbanken diskriminierungsfrei zusammenarbeitet, bestätigt sie ihre Wettbewerbsneutralität. Darüber hinaus bewirkt diese Vorgehensweise eine Arbeitsteilung, die schlanke Prozesse ermöglicht und zugleich der jeweiligen Hausbank ihre Kundenbeziehung belässt. Dabei liegt auf der Hand, dass gute Beziehungen der Hausbanken zu den Unternehmen vor Ort sowie die Beziehung der Förderbank zu den örtlichen Finanzinstituten einen wesentlichen Erfolgsfaktor darstellen. Regionale Institute sind hier eindeutig im Vorteil!

Natürlich muss sich eine solche Unterstützung immer auch an den Notwendigkeiten im Land orientieren. Das Produktangebot einer regionalen Förderbank muss bedarfsgerechte Impulse zur Stärkung der regionalen Unternehmenslandschaft setzen. In Brandenburg spielen dabei die Finanzierung des Mittelstands, der Wohnungswirtschaft und der Infrastruktur eine wesentliche Rolle. Diese Prioritäten sind aktueller den je.

Impulsgeber für das Land

Das Land Brandenburg hat seit der politischen Wende eine positive Entwicklung genommen. Die Arbeitslosigkeit hat einen neuen Tiefstand erreicht, hinsichtlich des Wirtschaftswachstums zählt die Region inzwischen zu den Spitzenreitern in Deutschland. Daran hat die die ILB einen maßgeblichen Anteil. Innerhalb der letzten 25 Jahre hat sie insgesamt über 120000 Förderanträge mit einem Zusagevolumen von rund 38 Milliarden Euro und einem Investitionsvolumen von rund 76 Milliarden Euro entsprochen. Auf diese Weise wurden insgesamt rund 173 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Der Wohnungsbau wurde mit rund 9,5 Milliarden Euro gefördert. So konnten rund 324 000 Wohneinheiten entstehen oder modernisiert werden - angesichts der aktuellen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt ein Thema, das auch in Zukunft sehr wichtig bleiben wird.

Künftig werden Spezialprogramme für Bereiche wie Digitalisierung, Technologie und Innovation, Umweltschutz sowie grenzüberschreitende Fördermaßnahmen erforderlich sein, um kleine und mittlere Unternehmen zukunftsfähig zu machen. Die Exportorientierung und Innovationsfähigkeit auch kleinerer Unternehmen sind entscheidend für die langfristige Sicherung und Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Darüber hinaus haben kleine und mittelständische Unternehmen sowie technologieorientierte Existenzgründungen einen zunehmenden Bedarf an Risiko - und Beteiligungskapital. Für diese Anforderungen gilt es, adäquate Angebote bereitzustellen, die zugleich eine Bindung an die Region herstellen, um auf diese Weise alle Landesteile zukunftsfähig zu gestalten.

Sinnvolle Ergänzung zu den Fördermitteln der EU

Darüber hinaus ist absehbar, dass sich die Fördermittel der EU künftig auf wenige strukturpolitische Zielstellungen konzentrieren werden. Es gilt, auf bundes- und landespolitscher Ebene eine sinnvolle Ergänzung dazu zu entwickeln. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Herausforderungen der Zukunft, zu denen nicht zuletzt der demografische Wandel zählt, werden die regionalen Förderbanken in den nächsten Jahren auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Was das Land Brandenburg und die ILB angeht, wird ihre Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region zukünftig noch weiter steigen.

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