Leistung sichern in Zeiten des Wandels

Abbildung 1: Wertequadrat Quelle: Profil-Concept

Dr. Falko von Ameln, Dipl.-Psych., Profil-Concept, Ludwigshafen, und Dr. Sebastian Maiß, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Partner bei vangard Arbeitsrecht, Düsseldorf - Die in der Unternehmens praxisversierten Autoren, die Seminare an der Sparkassenakademie in Bonn leiten, beschäftigen sich mit dem sensiblen Thema des Umgangs mit Mitarbeitern, die im Arbeitsalltag nicht die vom Unternehmen gewünschte Leistung erbringen. Dabei benennen sie weder einen "Kuschelkurs" noch ein aggressives Durchgreifen als adäquate Lösungswege. Stattdessen plädieren sie unter anderem für eine offene Ursachenforschung, klärende Gespräche und Unterstützungsangebote. Für den Fall, dass diese Strategien fehlschlagen und die entsprechenden Mitarbeiter nicht zu ihrer optimalen Leistung finden, erläutern sie, wie ein arbeitsrechtliches Vorgehen bei einer Trennung aussehen kann. (Red.)

In Zeiten der Niedrigzinspolitik müssen sich Kreditinstitute mehr denn je verändern. Neue Geschäftsmodelle müssen entwickelt, neue Strategien entworfen und an die Mitarbeiter und Kunden kommuniziert werden. Strukturen und Abläufe müssen - trotz steigenden Aufwands durch regulatorische Anforderungen - effizienter gestaltet werden. Und nicht zuletzt muss eine Kultur gestärkt werden, in der alle Mitarbeiter eine bestmögliche Leistung erbringen.

Seit Jahren zeigen Studien (wie beispielsweise jüngst eine Gallup-Studie) ganz ähnliche Befunde: 70 Prozent der Beschäftigten in Deutschland weisen nur eine geringe emotionale Bindung mit ihrem Unternehmen auf, 15 Prozent haben bereits innerlich gekündigt, mit entsprechenden negativen Folgen für Arbeitszufriedenheit und Leistungsverhalten. Jeder siebte Beschäftigte befindet sich in der inneren Emigration - das ist ein Zustand, den sich Banken und Sparkassen in der aktuellen Situation nicht leisten können und der darüber hinaus auch für die Betroffenen selbst unbefriedigend und belastend ist.

Vielfältige Ursachen

Die Ursachen von Leistungsmängeln können vielfältig sein: Persönliche und familiäre Krisensituationen können sich ebenso negativ auf die Leistung auswirken wie (somatische und - in zunehmendem Maße - psychische) Krankheiten, Sucht, Mängel in der Arbeitsorganisation wie zum Beispiel unklar definierte Prozesse, gestörte Arbeitsbeziehungen zu den Kollegen oder zu den Vorgesetzten. Vielfach passen die Arbeitsaufgaben nicht (mehr) zu den Mitarbeitern, beispielsweise im Fall des sogenannten "Boreout"-Syndroms. In solchen Situationen kann bereits ein Wechsel des Arbeitsplatzes oder auch die Zuweisung einer verantwortungsvolleren Aufgabe die Leistung der vermeintlichen Low Performer oftmals deutlich steigern. Neben diesen Fällen, in denen Leistungsfähigkeit und/oder Motivation der Mitarbeiter situativ bedingt reduziert und mit passenden Maßnahmen wieder steigerbar sind, gibt es natürlich auch notorische Verweigerer, die für kein Unterstützungsangebot zugänglich sind und das Unternehmen bewusst durch das Vorenthalten ihrer Arbeitsleistung schädigen.

Für Führungskräfte stellt der Umgang mit Low Performance eine große Herausforderung dar: Sie müssen einerseits die Erbringung der arbeitsvertraglich vereinbarten Leistung sicherstellen, andererseits aber auch ihrer Führungsfürsorge gerecht werden und im Einklang mit ihren persönlichen Werten und den Werten des Unternehmens agieren. Gerade in Sparkassen und Genossenschaftsbanken herrscht oftmals eine (positiv formuliert) sehr kollegiale Unternehmenskultur vor. Im Extremfall kann diese Kultur dazu führen, dass Leistungsmängel nicht konsequent adressiert und Konflikte mit leistungsschwachen Mitarbeitern sogar "bewusst zum (vermeintlichen) Wohle des Betriebsfriedens" vermieden werden (siehe Feld A in Abbildung 1).

Unsicherheit der Führungskräfte

In vielen Organisationen (nicht nur des öffentlichen Bereichs) gibt es Mitarbeiter, die seit vielen Jahren noch nicht einmal das Minimum der vertraglich geschuldeten Leistung erbringen und in periodischen Abständen von einer Abteilung zur nächsten verschoben werden, ohne dass damit das Problem an sich gelöst wird. Die Bereitschaft der Kollegen, diese Leistungsmängel durch eigene Mehrarbeit auszugleichen, ist in der Regel begrenzt, sodass es zu Motivationsverlusten und infolgedessen zu einem Absinken der Leistung des gesamten Teams kommen kann. Was im Ergebnis wie ein Laisser-faire-Führungsstil erscheint, ist oft ein Resultat erlernter Hilflosigkeit, die aus Unsicherheiten auf der Seite der Führungskräfte resultiert:

- Unsicherheit hinsichtlich der Ursachen: Kann der Mitarbeiter die geforderte Leistung nicht erbringen oder will er sie nicht erbringen?

- Unsicherheit hinsichtlich des Vorgehens: Mit welcher Führungsstrategie kann man den Mitarbeiter zu seiner bestmöglichen Leistung zurückführen beziehungsweise im Eskalationsfall eine Trennung vorbereiten?

- Unsicherheit hinsichtlich der arbeitsrechtlichen Dimension: Wie ist der Leistungsmangel arbeitsrechtlich zu bewerten, welche arbeitsrechtlichen Mittel sind anwendbar, welche Pflichten hat die Führungskraft (beispielsweise hinsichtlich Einbeziehung der Arbeitnehmervertretung oder Dokumentation von Leistungsmängeln)?

- Unsicherheit hinsichtlich der Bewertung durch die eigenen Vorgesetzten: Werde ich im Umgang mit Low Performern unterstützt oder fällt das Problem auf mich zurück?

Ein kulturadäquater und wertekonformer Umgang mit Leistungsmängeln ist möglich. Manchen Führungskräften erscheint angesichts der genannten Unsicherheiten allerdings die Alternative zum "Kuschelkurs" (Feld A) in einem aggressiven und rücksichtslosen Durchgreifen (Feld B) zu liegen. Natürlich ist dieser autoritäre Führungsstil für die Leistungsfähigkeit der Organisation mindestens ebenso unproduktiv wie sein Gegenpol, da er die Führungsbeziehung, die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter und ihre Identifikation mit dem Unternehmen (nicht zuletzt die der "High Performer") massiv beeinträchtigt. Wie eine im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums durchgeführte Studie zeigt, sehen nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch 78 Prozent der befragten Führungskräfte die bisherigen hierarchischen Führungskonzepte als überholt an.1)

Das Ziel bei einem professionellen Umgang mit Low Performance besteht also darin,

1. die Leistungsmängel und ihre möglichen Konsequenzen klar zu benennen (Feld C),

2. diese Klarheit in eine Balance mit der Fairness gegenüber dem Mitarbeiter (Feld D) zu bringen und

3. im Eskalationsfall die arbeitsrechtlichen Möglichkeiten zu kennen und auszuschöpfen, sodass eine möglichst reibungslose Trennung erfolgen kann.

Was ist Low Performance?

Jack Welch (ehemaliger CEO von General Electric) vertrat die These, dass sich die Belegschaft eines Unternehmens nach der Faustformel "70-20-10" aufteilen lasse: 70 Prozent der Belegschaft machen einen ordentlichen Job. Weitere 20 Prozent zählen zu den Leistungsträgern ("Stars"), die beispielsweise durch Bonuszahlungen besonders incentiviert werden müssen. Bei den verbleibenden 10 Prozent handelt es sich um die schlichtweg verzichtbaren Mitarbeiter ("Lemons"). Diese weisen häufigere (krankheitsbedingte) Fehlzeiten als andere Kollegen auf, arbeiten langsamer und mit weniger Engagement und/oder begehen häufiger Arbeitsfehler. Für diese Arbeitnehmer hat sich in Deutschland der Begriff der "Low Performer" herausgebildet.

Damit ist der Begriff des Low Performers an sich aber noch nicht definiert. Eine gesetzliche Definition gibt es nicht. Die Erscheinungsformen der Low Performance sind ebenso vielfältig wie ihre Gründe. In der betrieblichen Praxis am häufigsten zu beobachten sind die Fälle der Nicht- sowie der Minderleistung: Erbringt ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung überhaupt nicht, verletzt er seine arbeitsvertragliche Hauptleistungspflicht (zum Beispiel bei exzessiver Nutzung des Internets für private Zwecke oder nicht entschuldigtes Fernbleiben von der Arbeit). In der betrieblichen Praxis schwieriger zu behandeln sind hingegen die Fälle, in denen der Mitarbeiter seine Arbeitsleistung nicht verweigert, sie aber jedenfalls nicht so erbringt, wie es sich der Arbeitgeber vorstellt.

Dann stellt sich zunächst die Frage, was der Mitarbeiter überhaupt leisten muss. Das Bundesarbeitsgericht stellt hierbei auf einen subjektiven Leistungsbegriff ab. Danach muss "ein Arbeitnehmer die Leistung erbringen, die er bei angemessener Anspannung seiner geistigen und körperlichen Kräfte auf Dauer ohne Gefährdung seiner Gesundheit zu leisten imstande ist." Mitarbeiter sind also nicht durchgehend zu objektiven Spitzenleistungen verpflichtet. Nicht jede (gelegentliche) unterdurchschnittliche Leistung kann daher aus arbeitsrechtlicher Sicht schon eine "Low Performance" darstellen. Arbeitgeber müssen daher zunächst eine Gruppe vergleichbarer Arbeitnehmer bilden (zum Beispiel eine Gruppe vergleichbarer Kundenberater) und innerhalb dieser die zu erwartende Durchschnittsarbeitsleistung definieren, beispielsweise die Anzahl der im Monat abzuschließenden gleichartigen Geschäfte. Weicht der Arbeitnehmer hiervon dauerhaft nach unten ab, liegt eine signifikante Minderleistung nach der Rechtsprechung dann vor, wenn der Arbeitnehmer die durchschnittliche Arbeitsleistung vergleichbarer Arbeitnehmer um etwa ein Drittel unterschreitet.

Wovon hängt Leistung ab?

Welche Leistung ein Mitarbeiter erbringt, hängt von zahlreichen Faktoren ab (vergleiche Abbildung 2). Die Grundlage jeglicher Leistungserbringung ist die Gesundheit des Mitarbeiters. Ein steigendes Durchschnittsalter der Belegschaft und zunehmende Stressoren am Arbeitsplatz führen dazu, dass Gesundheitsmanagement in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Themen der Personal- und Organisationsentwicklung geworden ist. Insbesondere die Anzahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen (darunter insbesondere Depression und Burnout) hat laut einer DAK-Studie im Zeitraum von 1997 bis 2012 um 165,2 Prozent zugenommen.2) Gefährdungsbeurteilungen am Arbeitsplatz und ein daraus folgendes betriebliches Gesundheitsmanagement sind daher nicht nur "neue Spielwiesen" der Arbeitnehmervertretungen, sondern können auch dem Arbeitgeber helfen, die Leistungsfähigkeit der Belegschaft zu erhalten. Doch auch unterhalb der Schwelle einer psychischen Erkrankung können persönliche Krisen oder familiäre Belastungssituationen die Leistungsfähigkeit temporär einschränken. Die schwierige Aufgabe der Führungskraft liegt darin, diese Ursachen zu erkennen und mit dem Mitarbeiter hierüber in ein Gespräch zu kommen.

Daneben spielt die Qualifikation der Mitarbeiter eine weitere wichtige Rolle. In Zeiten, in denen die Anforderungen an diese Qualifikationen einem rapiden Wandel unterworfen sind, ist eine nicht nur reaktive, sondern strategisch orientierte Personalentwicklung entscheidend für die Leistungserbringung.

Identifikation mit der Tätigkeit

In der Praxis liegt es nahe, Leistungsmängel auf die mangelnde Motivation oder auf Persönlichkeitsmerkmale der Mitarbeiter zurückzuführen. In der Tat sind auf Arbeit im Allgemeinen sowie auf die Tätigkeit und das Arbeitsumfeld bezogene Werte und Einstellungen bedeutsame Einflussfaktoren. Unterschiede in der Leistungsbereitschaft gehen aber nicht nur auf unterschiedliche Ausprägungen des (über die Zeit hinweg relativ konstanten) Leistungsmotivs zurück, sondern auch auf Arbeitszufriedenheit, die Identifikation mit der eigenen Tätigkeit und so weiter.

Nach der empirisch gut belegten Motivationstheorie von Herzberg entsteht Zufriedenheit nicht aus der Entlohnung, einer positiven Bewertung der Arbeitsbedingungen oder dem Status des Unternehmens - diese Faktoren beeinflussen allenfalls, ob ein Mitarbeiter unzufrieden oder nicht unzufrieden ist. Zufriedenheit, die auch zu einer höheren Leistungsbereitschaft führt, entsteht dagegen nur aus der Identifikation mit der Tätigkeit selbst, den Möglichkeiten zur Übernahme von Verantwortung und zur persönlichen Weiterentwicklung. Die Forschung zum sogenannten affektiven Commitment hat diesen Zusammenhang vielfach bestätigt.3) Insofern ist die Passung von Mitarbeiter und Arbeitsplatz von großer Bedeutung für Motivation und Leistungsbereitschaft. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Leistung vermeintlicher Low Performer bereits durch einen Wechsel des Arbeitsplatzes dramatisch verbessern kann (wenngleich diese Maßnahme chronische Verweigerer nicht erreicht und insofern kein "Allheilmittel" darstellt).

Mitarbeiter können ihre Leistung darüber hinaus nur dann optimal erbringen, wenn die organisationalen Rahmenbedingungen stimmen. Dazu gehören zum Beispiel klar definierte Anforderungen, Zielvereinbarungen, eine klare und nachvollziehbare strategische Ausrichtung, effiziente Prozesse und funktionierende Schnittstellen, die Verfügbarkeit relevanter Informationen und regelmäßiges Feedback - und eben nicht nur Jahresendgespräche. Führungskräfte verstehen ihre Mitarbeiter besser und fördern auch die Leistungsbereitschaft, wenn Feedbackgespräche regelmäßig und in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der zu bewertenden Leistung erfolgen, beispielsweise nach einem (erfolgreich) abgeschlossenen Projekt.

Auch die Zusammenarbeit im Team und mit der eigenen Führungskraft muss klappen. Konflikte am Arbeitsplatz (zum Beispiel Mobbing, Bossing oder auch vermehrt sexuelle oder fremdenfeindliche Diskriminierungen) wirken sich massiv auf Leistung, Fehlerquote, erfolgreiche Akquisition und viele andere Faktoren aus.4) Erkennt der Arbeitgeber solche Konflikte, ist er - bereits im Sinne einer ordentlichen Compliance - zu schnellem Handeln aufgerufen. Darüber hinaus hat gerade die erlebte Qualität der Führung einen großen Einfluss auf den Krankenstand, die Arbeitszufriedenheit und die Entscheidung, im Unternehmen zu verbleiben oder den Arbeitgeber zu wechseln (Retention)5). Auch in dieser Hinsicht kann ein Wechsel des Arbeitsplatzes eine Verbesserung von Arbeitszufriedenheit und Leistungsbereitschaft mit sich bringen.

Diese Faktoren wirken in der Praxis nicht isoliert voneinander. Defizite in der persönlichen Einstellung, dadurch mit bedingte Reibungen im Team, nicht immer klar definierte Rahmenbedingungen und fehlende Unterstützungsangebote beeinflussen sich häufig gegenseitig: Low Performance ist ein multifaktorielles Geschehen, bei dem in der Regel mehrere Ursachen zusammenwirken. Der Fall des Totalverweigerers ("will nicht") und der Fall des Opfers der Umstände ("kann nicht") sind daher eher selten und auch leichter zu handhaben - die Praxis der Low Performance ist nicht schwarz-weiß, sondern eher ein Agieren im Graubereich unter Unsicherheit.

Zurück zur Leistung ...

Sparkassen und Genossenschaftsbanken pflegen einen fairen Umgang mit Mitarbeitern. Ein verantwortungsbewusster Umgang mit Low Performance ist aber nicht nur Ausdruck einer werteorientierten Unternehmenskultur, sondern auch eine Frage des ökonomischen Ressourceneinsatzes: Eine "Hire and fire"-Mentalität verursacht hohe Kosten für die Rekrutierung immer neuer Mitarbeiter, für lange arbeitsgerichtliche Auseinandersetzungen und eventuelle negative Folgen für die Motivation der Beschäftigten und das Image als Arbeitgeber im immer wichtiger werdenden Kampf um die besten Arbeitskräfte auf dem Markt.

Die Grundregel im Umgang mit Low Performance muss daher lauten, Mitarbeiter mit einem zeitlich begrenzten Leistungstief wieder zurück zu ihrer vorherigen Leistungsfähigkeit zu führen. Zu Beginn des Prozesses steht daher ein ausführliches Klärungsgespräch mit der Führungskraft, in dem in einer möglichst offenen und wertschätzenden Atmosphäre auf Augenhöhe über die durch die Führungskraft identifizierten Leistungsprobleme gesprochen werden kann. In diesem Gespräch, das durch die Führungskraft gut vorbereitet werden muss, werden folgende Ziele verfolgt:

1. Ursachen des Leistungsmangels ergründen und Motivation beurteilen. Wenn Leistungsmängel durch Probleme im persönlichen Umfeld mit bedingt sind, muss hier mit großer Sensibilität vorgegangen werden. Das Gespräch darf nicht den Charakter eines Verhörs bekommen - ohnehin sind direkte Fragen zu den Themenkomplexen wie etwa den genauen Hintergründen einer leistungshindernden Erkrankung oder auch von Problemen aus dem privaten Umfeld des Mitarbeiters nicht zulässig.

2. Unterstützung bei der Problemlösung anbieten. Wenn die gemeinsame Ursachenanalyse ergibt, dass die Führungskraft etwas zur Verbesserung der Leistung beitragen kann (zum Beispiel durch eine Zuweisung anderer Aufgaben, eine verbesserte Arbeitsorganisation oder einfach nur durch ein "offenes Ohr"), sollte diese Unterstützung - gegebenenfalls unter Beteiligung der Arbeitnehmervertretung - angeboten werden.

3. Erwartungen deutlich machen. Auch bei nachvollziehbaren Gründen für das Leistungsdefizit muss dem Mitarbeiter nochmals deutlich gemacht werden, was genau von ihm erwartet wird und dass eine Leistungsverbesserung in absehbarer Zeit notwendig ist. Hier kann eine - je nach Fall - mündliche oder schriftliche Zielvereinbarung mit im Einzelnen definierten "Milestones" der erwarteten Leistung sinnvoll sein. Ebenso wichtig ist die Vereinbarung von Folgegesprächen nach einer angemessenen "Bewährungszeit" beziehungsweise den jeweils erreichten Milestones, in denen die Fortschritte besprochen werden. Diese Maßnahmen sind durch die Führungskraft zu dokumentieren, für den Fall, dass sich die Leistung des Mitarbeiters doch nicht wie gewünscht entwickelt und eine Trennungslösung eingeleitet wird.

Dieser Dreiklang von gemeinsamer Ursachenforschung, Formulierung der Erwartungen und Unterstützungsangebot ist entscheidend, um Fairness und Klarheit (Abbildung 1) auszubalancieren und Mitarbeiter zurück zu ihrer optimalen Leistungsfähigkeit zu führen. Auf der anderen Seite bedarf es einer klaren Zielsetzung der Führungskraft, die sich fragen muss, ob sie bereit ist, den - steinigen - Weg zur Rückführung des Mitarbeiters in die gewünschte Performance zu gehen, oder ob sie ein schnelles Trennungsszenario erreichen möchte.

... oder Trennung

Zeigt ein Mitarbeiter trotz mehrerer Gespräche und Unterstützungsangebote keine Bereitschaft zu einer Änderung seines Arbeitsverhaltens, ist eine Trennung im Regelfall unumgänglich. Ab diesem Punkt geht es nicht mehr um eine gemeinsame Lösungssuche, sondern um die richtigen arbeitsrechtlichen Schritte für eine rechtlich saubere und schnelle Trennungslösung. Ausgangspunkt des arbeitsrechtlichen Sanktionsarsenals ist die bereits oben erörterte Frage, ob der Mitarbeiter seine Leistung überhaupt nicht erbringt (Nichtleistung) oder eben "nur" weniger leistet als andere Mitarbeiter (Minderleistung). Kann der Arbeitgeber dem Mitarbeiter eine Nichtleistung nachweisen, ist er berechtigt, diesen abzumahnen und bei einem wiederholten Verstoß auch (außerordentlich) zu kündigen. Arbeitsrechtlich anspruchsvoller sind hingegen die Fälle der Minderleistung.

In der Praxis begnügen sich Arbeitgeber regelmäßig mit der Erkenntnis, dass eine Minderleistung vorliegt und sprechen (vorschnell) eine Kündigung aus. Nach der Rechtsprechung berechtigt allerdings allein die Feststellung einer objektiv vorliegenden Minderleistung den Arbeitgeber noch nicht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Arbeitsrichter erwarten von dem Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung eine Ursachenforschung und den Nachweis, dass der Arbeitgeber alles ihm Mögliche unternommen hat, um das Arbeitsverhältnis zu retten.

So kann eine mangelnde Leistungsfähigkeit beispielsweise durch Erkrankungen (Burnout, Depression), altersbedingte Leistungsschwächen oder auch persönliche Überforderung in einem veränderten Arbeitsumfeld entstehen. Hier ist sehr genau zu prüfen, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, zunächst für Abhilfe zu sorgen, bevor er das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer wegen dieses "Leistungsdefizits" kündigen kann. Hierbei ist insbesondere an die Durch führung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements bei einer längeren Erkrankung als Ursache der Minderleistung zu denken oder auch an einen Sprachkurs in einem sich verändernden Arbeitsumfeld und zunehmender Internationalisierung.

Welche Maßnahmen im Einzelnen von dem Arbeitgeber gefordert sind, ist Gegenstand einer Vielzahl von Einzelfallentscheidungen, was die Rechtssicherheit für den Trennungsprozess nicht erhöht. Dabei sollte bedacht werden, dass auch die verbleibenden Mitarbeiter sehr genau auf die Gestaltung und das Ergebnis des Trennungsprozesses schauen. Aus diesem Grund sollten Arbeitgeber auch im Sinne eines fairen Change Managements die Möglichkeit einer einvernehmlichen Exit-Lösung in Betracht ziehen. Kreativ gestaltete Aufhebungsvereinbarungen mit zum Beispiel Outplacement-Lösungen, verlängerten Kündigungsfristen mit Sprinterklauseln oder auch eine einvernehmliche Kommunikation nach innen und außen über die Trennung helfen häufig dabei, eine Trennung schnell und geräuschlos umzusetzen.

Wenn der arbeitsrechtliche Eskalationsweg beschritten wird, ist eine enge Abstimmung im Führungskreis und mit der Personalabteilung von entscheidender Bedeutung. Nichts ist schlimmer, als wenn Low Performer von unterschiedlichen Seiten unterschiedliche Signale erhalten oder von einer Führungskraft angedrohte Sanktionen gar von den nächsthöheren Vorgesetzten wieder zurückgenommen werden. Darüber hinaus ist - je nach arbeitsrechtlicher Maßnahme - auch die Arbeitnehmervertretung gegebenenfalls frühzeitig zu beteiligen. Dies gehört zu einem professionellem Umgang mit Low Performance ebenso dazu wie die rechtssichere Gestaltung von Trennungspaketen.

Fit für High Performance

Es ist wie in der Schulklasse: Low Performer nehmen häufig einen großen Teil der Aufmerksamkeit der Führungskräfte in Anspruch. Darüber droht die Anerkennung und Förderung der High Performer in den Hintergrund zu geraten. Für die Sicherung der Leistungsfähigkeit der Organisation in Zeiten des Wandels muss daher - neben einem gleichermaßen fairen wie konsequenten Umgang mit Leistungsmängeln - die organisationale Fitness für High Performance erhöht werden. Hier empfiehlt sich ein ganzes Bündel von Maßnahmen:

- Die Stellenbeschreibungen müssen präzise und aktuell sein.

- Beim Recruiting muss sichergestellt werden, dass wirklich die besten und für die Stelle passendsten Mitarbeiter ausgewählt werden. Dazu gehören auch gezielte Maßnahmen, um sich auf einem schmaler werdenden Arbeitsmarkt als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.

- Ein professionelles Konzept für die Gestaltung der Probezeit ist ein wichtiger Beitrag, um die Leistung neuer Mitarbeiter von Beginn an zu optimieren, die Bindung an das Unternehmen zu stärken und mögliche Low Performer so früh wie möglich zu identifizieren6).

- Gute Leistung erfordert regelmäßiges Feedback, das Transparenz über die eigene Leistung schafft und Wertschätzung für das Geleistete signalisiert. Es darf nicht vom Führungsstil der beteiligten Personen abhängen, ob und wie Feedback gegeben wird. Vielmehr müssen entsprechende Prozesse definiert und eingehalten werden.

- Motivation hängt, wie oben bereits ausgeführt, von sehr individuellen Faktoren ab, die sich keineswegs auf monetäre Inzentivierung reduzieren lassen. Die Forschung zeigt, dass Mitarbeiterbindung (retention) mit emotionalem Commitment (das heißt - vereinfacht gesagt - mit der Identifikation mit dem Unternehmen), normativem Commitment (das heißt dem Gefühl des Verpflichtetseins gegenüber dem Unternehmen) und kalkulatorischem Commitment (das heißt der Kalkulation der Opportunitätskosten bei Verlassen des Unternehmens) zusammenhängt, die Leistungsbereitschaft aber fast ausschließlich mit emotionalem Commitment in Zusammenhang steht.7) Daher ist es wichtig herauszufinden, was Mitarbeiter genau motiviert. "Jeder Mensch hat etwas, das ihn antreibt" - aber diese Motivationsfaktoren sind so unterschiedlich wie die Mitarbeiter selbst. Ein wichtiges Instrument, um diese Fragen zu thematisieren, ist das regelmäßige Mitarbeitergespräch.

- Schließlich hängt die Schaffung einer Leistungskultur stark von der Führung ab. Ein turnusmäßiger Austausch der Führungskräfte im Sinne gegenseitiger Unterstützung und kollegialen Lernens ist ein wertvoller Beitrag, um zu einer abgestimmten Förderung von Hochleistung zu kommen. Nicht zuletzt kann eine Weiterqualifizierung der Führungskräfte nicht nur helfen, High Performance zu fördern und Low Performance zu vermeiden, sondern auch dazu beitragen, die Führungskräfte im Umgang mit diesem schwierigen und belastenden Spannungsfeld zu unterstützen.

Geldinstitute werden in den kommenden Jahren schwierige Zeiten durchlaufen, die einen systematischen, effizienzorientierten Umbau von Strukturen und Prozessen notwendig machen. Ein professionelles Change Management8), das neben der strukturellen Seite auch die Leistungskultur, die Arbeitszufriedenheit und die Mitarbeiterbindung in den Blick nimmt, ist dabei ein wichtiger Baustein zur Sicherung des eigenen Überlebens.

Fußnoten

1) Die Zeit No. 41, 1. Oktober 2014, S. 23f.

2) DAK (Hrsg.) (2013). DAK Gesundheitsreport 2013. Hamburg: DAK.

3) Meyer, J. P. & Allen, N. J. (1997). Commitment in the Workplace: Theory, Research and Application. Thousand Oaks: Sage.

4) Die Unternehmensberatung KPMG errechnete aus Daten einer Umfrage, dass in zirka 10 Prozent der befragten Unternehmen bis zu 100 Mitarbeitenden allein durch konfliktbedingte Fluktuation, Fehlzeiten, Missbrauch von Arbeitszeit, Verlust von Kunden, abgebrochene Projekte, Terminverzögerungen, nicht realisierte Aufträge und Konfliktberatung Kosten zwischen 90 000 Euro und 450 000 Euro pro Jahr entstehen (KPMG 2009). Kosten für krankheitsbedingte Ausfälle oder Leistungsminderung sind in dieser Zahl noch nicht berücksichtigt.

5) Kuoppala, J., Lamminpää, A., Liira, J. & Vainio, A. (2008). Leadership, job well-being, and health effects - a systematic review and a meta-analysis. Journal of Occupational and Environmental Medicine, 50(8), 904-915.

6) Ein solches Konzept haben wir in einem Beitrag für die Zeitschrift "Arbeit & Arbeitsrecht" beschrieben, der auf http://www.transform.profilconcept.net/images/stories/Downloads/ArtikelAuAProbezeit201503.pdf kostenlos abrufbar ist.

7) Für eine Übersicht vgl. Gauger, J. (2000). Commitment-Management in Unternehmen: am Beispiel des mittleren Managements. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag.

8) Vgl. Ameln, F. v. 2015: "Organisationsberatung", Berlin: Springer

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