Der neue Vergütungsbeauftragte in Banken - Aufgaben, Anforderungen und Spannungsfelder

Abbildung 1: Eingliederung des Vergütungsbeauftragten in die Hierarchie einer Bank Quelle: hkp///group

Werner Klein, Senior Partner und Leiter Banking Practice, hkp Deutschland GmbH, Frankfurt am Main - Den künftig in bedeutenden deutschen Instituten vorgeschriebenen Vergütungsbeauftragten sieht der Autor in einer natürlichen Dualität mit traditionellen Kernaufgaben des Personalbereiches. Neben Compliance, Revision, externem Abschlussprüfer und der externen Bankenaufsicht, so seine erste Einschätzung, ist ein weiterer interner Spieler bei der Entwicklung und Anwendung der Vergütungssysteme einzubinden. Dass der Vergütungsbeauftragte dabei als verlängerter Arm des Aufsichtsgremiums überwiegend an der Geschäftsleitung vorbei agiert, hält er aus Sicht des Gesetzgebers zwar für durchaus gewünscht, erwartet aber ein gewisses Risikopotenzial im Zuge der sukzessiven Weiterentwicklung der laufenden Aufsichtspraxis. In seiner Gesamtschau bewertet er den Vergütungsbeauftragten als weiteres Beispiel deutscher Sonderwege in der Umsetzung der europäisch getriebenen Vergütungsregulatorik. (Red.)

Die Vergütungsregulatorik hält die Banken und sonstigen Finanzunternehmen in Deutschland auch 2014 weiter in Atem. Die Regulierungswelle wird dabei durch immer wieder neue nationale und/oder internationale Initiativen befeuert, die - wenn überhaupt - nur am Rande mit Vergütung zu tun haben. Die letzte große Intervention ist durch das Inkrafttreten der europäischen Capital Requirements Directive (CRD) IV (EU-Verordnung Nr. 575/2013 vom 26. Juni 2013) sowie deren Umsetzung in nationales Recht erfolgt. Als eines ihrer Kinder hat die darauf folgende Novelle des Kreditwesengesetzes (KWG) vom 28. August 2013 und der Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) vom 16. Dezember 2013 den Vergütungsbeauftragten geboren. Die notwendige angemessene funktionale und hierarchische Anbindung stellt die Institute dabei ebenso vor Herausforderungen wie das richtige Aufgaben- und Anforderungsprofil der Funktion.

Der Vergütungsbeauftragte als Teil der neuen Compensation Governance

Der Gesetzgeber hat die Compensation Governance in Banken - also die Frage von Beteiligten und Verantwortlichkeiten für die Gestaltung und Anwendung von Vergütungssystemen - als bisher einziger Branche mit gesetzlichen Vorgaben belegt. Dabei handelte es sich neben der Ausgestaltung von Vergütungssystemen und deren Offenlegung um eine wesentliche regulatorische Stoßrichtung in den letzten Jahren. Die Einrichtung eines unabhängigen Vergütungsbeauftragten stellt in diesem Kontext den bisher letzten Schritt dar. Damit einher geht ein wesentlicher rechtsdogmatischer Richtungswechsel, der nicht nur die Compensation Governance, sondern auch die allgemeine Corporate Governance berührt, da zum ersten Mal auch das Aufsichtsgremium eine Zuständigkeit für Mitarbeitervergütungssysteme erhält. Nach ehernen Corporate-Governance-Grundsätzen war dies ursprünglich allein der Geschäftsleitung vorbehalten.

Die personelle und organisatorische Verankerung der neuen Compensation Governance in Banken wurde in mehreren Schritten umgesetzt:

Schritt 1 - Der Vergütungsausschuss: Im Zusammenhang mit der Umsetzung der europäischen Capital Requirements Directive (CRD) III hatte der deutsche Gesetzgeber in der Institutsvergütungsverordnung vom 20. Oktober 2010 erstmals auch Vorgaben zur Compensation Governance in Banken gemacht.

Dabei wurde in den 30 Banken mit einer Bilanzsumme von 40 Milliarden Euro und mehr - den sogenannten bedeutenden Ins tituten - ein interner Ausschuss installiert, der die Geschäftsleitung in Fragen der Vergütungsgestaltung und -anwendung unterstützen und beraten sollte. Ein wichtiger Fokus der Tätigkeit dieses Gremiums war zudem die systematische Einbeziehung nicht nur der geschäftsgenerierenden Einheiten, sondern auch interner Kontrolleinheiten wie Finanz- und Risiko-Controlling, Compliance oder Revision.

Verantwortliche Überwachungsrolle auf der Ebene des Aufsichtsorgans

Dieser Ansatz, der für viele der global agierenden Geschäfts- und Investmentbanken bereits zur Marktpraxis gehörte, hat die Qualität der Compensation Governance in vielen Instituten sichtlich befördert.

Schritt 2 - Der Vergütungskontrollausschuss: Mit dem CRD-IV-Umsetzungsgesetz vom 28. August 2013 wurden auch die Grundlagen der Vergütungsregulatorik im KWG novelliert. Mit dem neuen § 25d KWG wurde erstmals ein Gremium auf der Ebene des Aufsichtsorgans bei Banken eingeführt, dem der Gesetzgeber eine verantwortliche Überwachungsrolle für die Angemessenheit der Vergütungssysteme zuordnet.

Der bisherige interne Vergütungsausschuss wurde damit formal obsolet. Obwohl die Mehrheit diesen Ausschuss Ende 2013 aufgelöst hatte, halten einzelne Institute freiwillig an diesem Gremium fest, da es in der gesetzlich geforderten Einbeziehung der Kontrolleinheiten einer Bank hilfreich ist. Der skizzierte Schwenk des Gesetzgebers kam nicht überraschend, hatte doch bereits CRD III einen Ausschuss im Aufsichtsgremium vorgesehen. Im Hinblick auf die für Deutschland typische zweistufige Unternehmensverfassung, in der die Geschäftsführung und deren Überwachung über unterschiedliche Gremien getrennt erfolgt, hatte der deutsche Gesetzgeber geglaubt, durch einen unterhalb der Geschäftsleitung angesiedelten Ausschuss die geltende gesetzliche EU-Regelung umsetzen zu können. Die CRD-IV-Regelung des Jahres 2013 hat hierzu nicht etwa neue oder weiter reichende Anforderungen gebracht. Die Umsetzung mit der Einrichtung des Vergütungskontrollausschusses folgt vielmehr der eigentlich bereits seit 2010 geltenden Rechtslage.

Aufgabenprofil des Vergütungskontrollausschusses

Das Aufgabenprofil des neuen Vergütungskontrollausschusses umfasst gemäß § 24 InstitutsVergV vielfältige Schwerpunkte, so:

- die Unterstützung des Aufsichtsgremiums bei der Überwachung der angemessenen Ausgestaltung der Vergütungssysteme,

- deren Bewertung im Hinblick auf Auswirkungen auf das Risiko-, Kapital- und Liquiditätsmanagement,

- die Vorbereitung der Beschlüsse des Aufsichtsgremiums zur Geschäftsleitervergütung und

- die Überwachung der angemessenen Ausgestaltung der Mitarbeitervergütung.

Im Hinblick auf die Anforderung von § 25a KWG, wonach die Vergütungssysteme als Teil eines ganzheitlichen Risikomanagements auszugestalten sind, ist die Abstimmung mit dem Risikoausschuss des Kreditinstituts für den Vergütungskontrollausschuss von besonderer Bedeutung. Das neue Gremium zielt damit stärker auf die übergeordnete strategische Einordnung von Vergütungssystemen vor dem Hintergrund ihrer Ausrichtung auf das Risikomanagement einer Bank.

Besonders bemerkenswert erscheint die nunmehr gesetzlich geforderte Befassung des Aufsichtsgremiums und seines Vergütungskontrollausschusses mit der Angemessenheit der Vergütungssysteme der Mitarbeiter (§ 15 InstitutsVergV). Dies ist ein weiteres Beispiel für die begrenzte Synchronisierung von aufsichts- und gesellschaftsrechtlichen Regelungen für Banken in Deutschland.

Auch für Großsparkassen und Bausparkassen relevant

Schritt 3 - Der Vergütungsbeauftragte: Der Schwenk vom Vergütungsausschuss in der Bank hin zum Vergütungskontrollausschuss auf der Ebene des Aufsichtsorgans brachte für den Gesetzgeber ein neues Problem: Wie kann der Vergütungskontrollausschuss handlungsfähig werden - und das bis in Detailfragen der laufenden Anwendung von Vergütungssystemen? Es brauchte eine Art verlängerten Arm im Unternehmen, der die operativen Umsetzungen begleitet und entsprechende Überwachungen durchführt.

Mit dem Vergütungsbeauftragten wird dieses Instrument durch die aktuelle Institutsvergütungsverordnung geschaffen. Im Unterschied zum Kontrollausschuss ist der Vergütungsbeauftragte jedoch nicht durch grundsätzlich alle, sondern nur durch bedeutende Institute einzusetzen. Zu diesem Kreis zählen gemäß § 17 InstitutsVergV alle Institute mit einer Bilanzsumme von größer als 15 Milliarden Euro, Institute unter EZB-Aufsicht und systemrelevante Institute. Damit sind nicht nur die großen und internationalen Geschäfts- und Spezialbanken betroffen, sondern zum Beispiel auch die von Großsparkassen, Bausparkassen und öffentlich-rechtlichen Förderinstituten.

Der Vergütungsbeauftragte ist praktisch gleichzeitig Überwacher, Berater und Berichterstatter für den Vergütungskontrollausschuss und damit im permanenten Spannungsfeld zwischen externer Branchenaufsicht, Aufsichtsgremium, Geschäftsleitung und den beteiligten Fachbereichen wie Personal, Risiko-Controlling, Compliance und Innenrevision. Die benötigte Unabhängigkeit des Vergütungsbeauftragten wird durch eine entsprechende hierarchische Ansiedlung abgesichert. Darüber hinaus ist die ausreichende fachliche Expertise für Vergütungs- und Risikofragen entscheidend (Abbildung 1).

Das Rollenprofil des Vergütungsbeauftragten

Der Vergütungsbeauftragte stellt eines der Kernelemente der erweiterten Vergütungsregulatorik für Banken dar. Die Institutsvergütungsverordnung widmet ihm dementsprechend breiten Raum mit der Beschreibung von Bestellung, Anforderungsprofil und Pflichtenheft in den §§ 23 bis § 26:

Unabhängige Überwachungsfunktion: Damit der Vergütungsbeauftragte seinen Auftrag erfüllen kann, benötigt er umfassende fachliche Kenntnisse in den Bereichen Vergütung und Risiko-Controlling. Er muss zudem auf einer geeigneten Hierarchieebene im Unternehmen angesiedelt sein (zum Beispiel mit Berichtslinie zum Vorstand), um den notwendigen Einblick in die strategischen Fragestellungen sowie die Durchgriffsmöglichkeit auf die für ihn relevanten Themen und Prozesse zu bekommen. Auch unterstellt der Gesetzgeber eine kontinuierliche Fortbildung. Durch seine besondere Überwachungsaufgabe darf der Vergütungsbeauftragte keinerlei Benachteiligungen erfahren: Er wird für eine Mindestdauer von zwei Jahren bestellt und genießt einen besonderen Kündigungsschutz.

Abgestimmte Bestellung: Der Vergütungsbeauftragte wird durch den Vorstand der Bank bestellt. Dieser ist jedoch gehalten, den Aufsichtsrat bei der Auswahl einer geeigneten Person anzuhören. Schlussendlich ist für ihn auch ein Stellvertreter zu benennen.

Angemessene Ressourcen: Der Gesetzgeber gibt ähnlich wie bei anderen regulatorisch induzierten Rollen (wie in MaRisk oder Ma-Comp) eine "angemessene quantitative und qualitative Personal- und Sachausstattung" vor. Hinter dieser schwammigen Formulierung verbirgt sich in der Praxis auch die Entscheidung, ob der Vergütungsbeauftragte - gerade bei kleineren und mittleren Instituten - in einer Doppelfunktion neben seiner angestammten Linienfunktion tätig wird. In jedem Fall muss ihm das Kreditinstitut nicht nur die erforderlichen Befugnisse, sondern auch eigene Ressourcen beziehungsweise den Zugriff auf die Experten in den beteiligten Fachbereichen einräumen.

Dokumentierte Organisation: Die Rolle und die Einbindung des Vergütungsbeauftragten in die Organisation müssen schriftlich in den Organisationsrichtlinien dokumentiert werden. Hierzu werden neben den vorgegebenen Aufgabenstellungen insbesondere die institutsspezifische Festlegung der Zusammenarbeit (Information, Beteiligung, Beratung, Berichterstattung) zu den wichtigen Themen und Prozessen fixiert.

Gestaltungsspielräume für die Institute

Die bislang fehlende Aufsichtspraxis sowie die zum Teil stark interpretationsfähigen Vorgaben gewähren den Instituten durchaus Gestaltungsspielräume, stellen diese aber auch gleichzeitig vor Herausforderungen für die regulatorisch angemessene Umsetzung. Leider ist die von der BaFin zur Verfügung gestellte Auslegungshilfe in diesen Punkten keine wirkliche Unterstützung für die praktische Arbeit.

Die Compliance-DNA des Vergütungsbeauftragten: Mit der Funktion des Vergütungsbeauftragten hatte der Gesetzgeber die Branche - und vielleicht auch die Fachaufsicht - überrascht. Wenn auch §§ 24 ff. InstitutsVergV die inhaltlichen Eckpunkte der neuen Rolle beschreiben, blieb doch deren generischer Code zunächst unklar. Eine tiefere, unvoreingenommene Analyse zeigt jedoch, was sich auch in informellen Gesprächen mit der Aufsicht herauskristallisiert hat: Das gesetzliche Anforderungsprofil sowie das Konstrukt der intendierten Einbindung in die Bankorganisation belegen eine klare Analogie zur Rolle der Compliance-Funktion in der Bank. Die zur Konkretisierung der Anforderungen des Wertpapierhandelsgesetzes in den Mindestanforderungen für die Compliance-Funktion (MaComp) reglementierte Compliance-Rolle verfügt über vergleichbare Muster bezüglich der fachlichen Grundanforderungen, der Dauerhaftigkeit der Einrichtung, der Organisation und Unabhängigkeit in der Aufgabenerledigung (Abbildung 2).

Kein Initiativrecht

Es sei betont, dass der Vergütungsbeauftragte vor allem eine Beratungs- und Überwachungsfunktion ausübt, die sich auf die Angemessenheit der Vergütungssysteme bezieht. Er soll nicht als Schatten-Personalabteilung fungieren, weshalb klare Abgrenzungen zu den Aufgaben etwa der Personal- und Vergütungsabteilung definiert wurden. Anders als die Personalfunktion hat der Vergütungsbeauftragte kein Initiativrecht, darf also nicht selbst konzeptionell tätig werden. Er soll auch keine operativen Prozesse vorantreiben und schon gar nicht in die Bemessung und Festsetzung der konkreten Vergütungshöhe eingreifen. Außerdem zählen die Einbindung in die laufende Anwendung, die Neu- und Weiterentwicklungen sowie die Berichterstattung an den Vergütungskontrollausschuss beziehungsweise das Aufsichtsgremium dazu (Abbildung 3).

Kernaufgaben des Vergütungsbeauftragten und Vergütungskontrollbericht: Die Hauptaufgabe des Vergütungsbeauftragten ist die ständige Überwachung der Mitarbeitervergütungssysteme. Er muss also fortwährend die operativen Abläufe in den Vergütungssystemen prüfen und stichprobenartig andere vergütungsrelevante Sachverhalte kontrollieren. Außerdem unterstützt er das Aufsichtsorgan in dessen Überwachungsfunktion, auch im Hinblick auf die Vergütung des Vorstands.

Die Breite und Tiefe der gesetzlich definierten Aufgaben für den Vergütungsbeauftragten ist überaus umfangreich. Neben seiner Überwachungs- und Informationsfunktion ist er vor allem bei zwei zentralen Themenfeldern zu beteiligen:

Erstens ist er in die Festsetzung des Gesamtbetrags der variablen Vergütung einzubinden. Mit anderen Worten: Er überwacht die festgelegte Bemessungslogik und prüft die Einhaltung der finanzwirtschaftlichen Grundanforderungen der Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung. Zweitens hat er sicherzustellen, dass die individuellen Auszahlungsvoraussetzungen insbesondere für die sogenannten Risk Taker gegeben sind. Dafür prüft er die Einhaltung des Verbots von Absicherungsmaßnahmen ebenso wie Malus-Kriterien im Rahmen der aufgeschobenen Auszahlung von variablen Vergütungsanteilen (Abbildung 4).

Einmal jährlich erstellt der Vergütungsbeauftragte gemäß § 24 Abs. 3 InstitutsVergV einen Vergütungskontrollbericht, der dem Vergütungskontrollausschuss vorzulegen ist. Dieser Bericht beschreibt die Angemessenheit der Vergütungssysteme aus Sicht des Vergütungsbeauftragten inklusive kritischer Punkte oder Handlungsbedarfe. Er dokumentiert auch, in welche Prüfungen und Tätigkeiten der Vergütungsbeauftragte eingebunden war. Diese Tätigkeiten ergeben sich aus seinem Pflichtenheft (Abbildung 3). In einem abschließenden Ausblick werden typischerweise zukünftige regulatorische Initiativen und erkennbare interne Handlungsfelder genannt.

Gefahr von inhaltlichen Abweichungen

Mit der Verpflichtung zur Erstellung eines Vergütungskontrollberichts erhält das Aufsichtsgremium einer Bank jährlich sowohl von der Geschäftsführung als auch vom Vergütungsbeauftragten eine umfassende Darstellung über die Vergütung im Unternehmen. Diese redundante Berichterstattung beinhaltet die Gefahr von inhaltlichen Abweichungen und entsprechenden Ansatzpunkten für Prüfungen oder kritische Nachfragen zum Thema Vergütung.

Die funktionale Anbindung des Vergütungsbeauftragten: Laut § 23 Abs. 4 InstitutsVergV darf der Vergütungsbeauftragte nicht Mitglied der Geschäftsleitung sein und auch nicht in einer Doppelfunktion als Compliance-Beauftragter fungieren. Auf die Frage, wo der Vergütungsbeauftragte funktional eingegliedert werden sollte, gibt der Gesetzgeber jedoch keine Antwort. Er überlässt es den Instituten, eine entsprechende Lösung zu finden.

Denkbar sind dabei folgende Szenarien:

- Personal/HR: Im Personalbereich ist zweifelsohne das meiste Vergütungs-Knowhow verfügbar. Expertise zu Fragestellungen des Risk-Managements findet man hier eher nicht. Problematisch ist, dass Personaler als Vergütungsbeauftragte, insbesondere wenn sie die neue Funktion nicht in Vollzeit wahrnehmen, die nötige Unabhängigkeit vermissen lassen. Überspitzt gesagt könnte ein Personaler, der gleichzeitig Vergütungsbeauftragter ist, am Vormittag ein Bonussystem entwickeln, das er am Nachmittag kontrollieren soll.

- Risk-Management: Die geforderte Unabhängigkeit des Vergütungsbeauftragten lässt sich über einen Vertreter aus dem Risikomanagement ohne Einschränkung herstellen. Allerdings ist die benötigte Vergütungsexpertise in der Regel erst aufzubauen, ebenso wie die Anbindung an vergütungsspezifische Entscheidungsprozesse.

- Rechtsabteilung: Es gelten die gleichen Aussagen wie für den Risikobereich, mit Ausnahme des Know-hows im Risikomanagement. Trotzdem ist die Rechtsabteilung grundsätzlich geeignet, um den Vergütungsbeauftragten fachlich aufzunehmen.

- Compliance: Der Gesetzgeber verbietet explizit die Doppelfunktion des Compliance- und Vergütungsbeauftragten. Dessen ungeachtet bietet der Bereich Compliance jedoch die besten Voraussetzungen für die Integration dieser Funktion: Hier ist der Vergütungsbeauftragte unabhängig, die entsprechende Führungsebene ist vorhanden, die Einbindung in Vergütungsprozesse im Unternehmen ist ebenfalls gewährleistet. Außerdem betreffen regulatorische Vorgaben wie beispielsweise MaCompund ESMA-Leitlinien gleichermaßen Vergütungs- und Compliance-Themen, sodass sich die Bereiche gut kombinieren lassen.

Einblick in die aktuelle Marktpraxis

Aktuell werden in den Instituten viele wichtige Detailfragen zur Rolle des Vergütungsbeauftragten diskutiert. Dabei handelt es sich neben der funktionalen und hierarchischen Einbindung vor allem um die fachgemäße Arbeitsorganisation und Fortbildung. Es geht zum Beispiel um die Frage, wie der Aufgabenbereich konkret definiert wird oder ob bereits 2014 ein Vergütungskontrollbericht erstellt werden soll - schließlich würde er sich noch auf Vergütungssysteme nach "alten Regeln" beziehen.

Im Rahmen des hauseigenen Marktbarometers Banken vom April 2014 haben insgesamt 33 bedeutende Kreditinstitute zu Aspekten der Umsetzung der Regulatorik Stellung bezogen. Das Ergebnis: Nur etwa jedes zweite bedeutende Institut hatte zum Zeitpunkt der Umfrage bereits einen Vergütungsbeauftragten bestellt. Auch bereitete die funktionale Anbindung vielen Instituten Schwierigkeiten: 39 Prozent hatten sich zum Zeitpunkt der Umfrage noch nicht festgelegt. Die restlichen Institute siedelten den Vergütungsbeauftragten im Bereich Personal (70 Prozent), Risikomanagement (20 Prozent) und bei der Rechtsabteilung (10 Prozent) an.

Problematisch erscheint die hohe Akzeptanz des Personalbereichs bei der funktionalen Einordnung des Vergütungsbeauftragten. Wie bereits erwähnt, leistet dieser Ansatz dem Verdacht, Personal kontrolliere sich selbst, Vorschub. Interessanterweise haben Institute, die bei der Bankenaufsicht in puncto Einbindung ihres Vergütungsbeauftragten in den Personalbereich konkret nachgefragt haben, tatsächlich die Rückmeldung bekommen, dass diese organisatorische Verankerung nicht gewünscht sei. Explizit verboten wird dies vom Gesetzgeber jedoch nicht. Hinsichtlich der hierarchischen Anbindung des Vergütungsbeauftragten entschieden sich laut Marktbarometer Banken 80 Prozent der Institute für die Ebene unterhalb des Vorstands und 20 Prozent für die Ebene unterhalb der Bereichsleiter.

Überwiegend an der Geschäftsleitung vorbei

Mit der Einsetzung des Vergütungsbeauftragten in den bedeutenden Instituten in Deutschland hat der Gesetzgeber die Compensation Governance bei den großen Unternehmen der Branche nachhaltig verändert. Die neue Überwachungsrolle für die Angemessenheit der Vergütungssysteme steht in einer natürlichen Dualität mit traditionellen Kernaufgaben des Bereichs Personal. Neben den zahlreichen Kontrahenten wie Compliance, Revision, externem Abschlussprüfer und der externen Bankenaufsicht hat Personal einen weiteren internen Spieler bei der Entwicklung und Anwendung der Vergütungssysteme einzubinden.

Nicht zuletzt ändert sich das Anforderungsprofil für die Personal- beziehungsweise die Vergütungsverantwortlichen weiter: Neben der erweiterten inhaltlichen Sicht auf Vergütungsthemen unter Berücksichtigung von Finanz- und Risikoaspekten wird die Anforderung an die internen Governance-Prozesse verschärft. Der Vergütungsbeauftragte agiert als verlängerter Arm des Aufsichtsgremiums und damit überwiegend an der Geschäftsleitung vorbei, was die unternehmenspolitische Sensibilität zu diesen Fragestellungen - aus Sicht des Gesetzgebers durchaus gewünscht - erhöht.

Da dieser gravierende Einschnitt in der Compensation Governance mit wenig konkreten inhaltlichen Leitlinien durch den Gesetzgeber versehen wurde, ist damit zu rechnen, dass erst die laufende Aufsichtspraxis der BaFin sukzessive auf die bisherigen Umsetzungen reagiert. Dieses birgt wiederum das Risikopotenzial, dass die langsam an Schwung gewinnende Überwachung durch weitere Interventionen der Aufsicht, zum Beispiel im Rahmen von Sonderprüfungen, an Wirkung verliert.

Alles in allem erscheint der Vergütungsbeauftragte als weiteres Beispiel deutscher Sonderwege in der Umsetzung der europäisch getriebenen Vergütungsregulatorik.

Werner Klein , Inhaber und Managing Consultant , compgovernance, Düsseldorf

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X