Der Vergütungsbeauftragte im Spannungsfeld von Vergütungspraxis und regulatorischem Anspruch

Abbildung 1: Rollendefinition des Vergütungsbeauftragten

Dr. Astrid Wilkens, Vergütungsbeauftragte, UBS Deutschland AG, Frankfurt am Main, und Werner Klein, Inhaber und Managing Consultant, compgovernance, Düsseldorf - Im Rahmen der Umsetzung von CRD IV hat Deutschland mit dem Einsetzen eines Vergütungsbeauftragten in Banken einen Sonderweg eingeschlagen. Dessen Aufgaben und Befugnisse mussten sich während der vergangenen zwei Jahre zunächst in der Praxis herauskristallisieren.

Aus Sicht der Autoren waren zentrale Fragen zur Bestellung des Beauftragten, der eine unabhängige Überwachung der Vergütungssysteme wahrnehmen soll, sowie zu seinem Verantwortungsumfang vonseiten des Gesetzgebers, aber auch der BaFin anfangs ungeklärt. In der frühen Marktpraxis beispielsweise haben die meisten Bankorganisationen den Vergütungsbeauftragten im Personalbereich angesiedelt, also an der Stelle, an der die fachliche Expertise für die zu überwachenden Vergütungssysteme liegt. Das widerspricht den Autoren zufolge offenkundig den Grundregeln des internen Kontrollsystems eines Kreditinstitutes. Sie betrachten die Unabhängigkeit des Beauftragten als Schlüsselfaktor für dessen Erfolg. (Red.)

Die Verbreiterung der Compensation Governance stellt von Beginn an eine der zentralen Stoßrichtungen bei der Regulierung der Vergütungssysteme in der Bankenbranche dar. Hierbei wurden zunächst der Aufgabenkatalog des Aufsichtsgremiums vergrößert und die Verantwortlichkeiten der Geschäftsleitung geschärft. Durch die verpflichtende Einrichtung eines Vergütungskontrollausschusses im Aufsichtsgremium und die Bestellung eines Vergütungsbeauftragten bei allen bedeutenden Instituten sind weitere Beteiligte mit weitreichenden Verantwortlichkeiten hinzugekommen. Schließlich stellt die geforderte Einbeziehung der internen Kontrolleinheiten die breite Verankerung von Neu- und Weiterentwicklungen sowie der operativen Umsetzung in der Bank sicher.

Vergütungsbeauftragter als deutscher Sonderweg

Dabei stellt die im Rahmen des CRD-IV-Umsetzungsgesetzes vom 28. August 2013 erstmals geschaffene Rolle des Vergütungsbeauftragten ein Alleinstellungsmerkmal von deutschen Bankinstituten dar. Der Vergütungsbeauftragte ist ein Unikat. Er soll nach den §§ 23 ff. Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) vom 16. Dezember 2013 eine unabhängige Überwachung der Vergütungssysteme wahr nehmen und dabei in einer Doppelfunktion sowohl der Geschäftsleitung (bei den Mitarbeiter-Vergütungssystemen) sowie dem Aufsichtsgremium und dem Vergütungskontrollausschuss (bei deren Überwachungsaufgaben hinsichtlich der Geschäftsleiter- und Mitarbeiter-Vergütungssysteme) zuarbeiten. In keinem anderen EU-Land - obwohl dort die gleichen EU-Rechtsgrundlagen in nationales Aufsichtsrecht umzusetzen sind - fordern Gesetzgeber oder Bankenaufsicht eine derartige Rolle in der Compensation Governance. Selbst für die anderen Sektoren in der deutschen Finanzbranche, die Investmentgesellschaften und Versicherer, gilt die Anforderung zur Bestellung eines Vergütungsbeauftragten nicht.

Bis zum Jahresende 2016 steht eine weitere Novellierung der geltenden Instituts-VergV im Rahmen der Umsetzung der neuen EBA Guidelines on Sound Remuneration Policies and Disclosures (EBA/GL/2015/22 vom 21. Dezember 2015) an. Obwohl die EBA Guidelines keinen Vergütungsbeauftragten in ihrem Regelwerk kennen und somit hierzu auch keine grundsätzlichen Änderungen induzieren werden, sind dennoch einzelne Konkretisierungen und Schärfungen durch die deutsche Aufsicht zu erwarten. Grund genug, eine kritische Bestandsaufnahme zum Vergütungsbeauftragten durch die Brille der Vergütungspraxis vorzunehmen.

Startschwierigkeiten auch durch Versäumnisse der Regulatoren

In Zeiten schwieriger Märkte und einem enormen Ergebnisdruck, in denen das Management von Kapital, Risiken, Ressourcen und deren Kosten immer mehr zum pri mären Erfolgsfaktor innerhalb der Finanzbranche geworden ist, kann eine regulatorische Intervention, die den Aufbau und die Bindung zusätzlicher interner Personalkapazitäten in den Banken fordert, kaum Begeisterung bei den Verantwort lichen auslösen. Durch die regulatorischen Anforderungen zum Vergütungsbeauftragten ist nicht nur die zusätzliche Rolle des Vergütungsbeauftragten selbst zu schaffen, sondern darüber hinaus auch ein Stellvertreter sowie weitere Unterstützungsressourcen (§§ 23 Abs. 6 und 25 Abs. 1 InstitutsVergV). Diese neuen Protagonisten treten neben die bereits auf der Fachebene involvierten Überwachungs- und Kontrollfunktionen Audit, Compliance und Risk Management. Die kritische Frage vieler Vergütungsentscheider und -praktiker nach der Sinnhaftigkeit und dem Mehrwert hat dem Vergütungsbeauftragten eine Anfangshypothek beschert.

Auch wenn der Gesetzgeber der neuen Beauftragtenrolle in der InstitutsVergV immerhin vier neue Paragrafen gewidmet hat, sind zentrale Fragen rund um die Bestellung und den Aufgaben- und Verantwortungsumfang nicht ausreichend beantwortet. Die Verantwortung für diesen Teil der Startschwierigkeiten teilt sich der Gesetzgeber mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), die zwar zur InstitutsVergV eine sehr umfangreiche Auslegungshilfe veröffentlicht hat, die jedoch bislang keinerlei Hilfen zur Interpretation und Umsetzung der neu geschaffenen §§ 23 ff. InstitutsVergV beinhaltet (siehe Abbildung 1).

Rolle des Beauftragten vielfach verkannt

Obwohl der Gesetzgeber für den Vergütungsbeauftragten eindeutig ein Rollenbild analog zu der bereits in Banken bestehenden Compliance-Funktion vor Augen hat, versäumt er die Klärung der gewollten organisatorischen Ansiedlung. Vielmehr bestimmt er in § 23 Abs. 4 InstitutsVergV zu seiner fachlichen Anbindung lediglich, dass er "wenn in Compliance angesiedelt, nicht gleichzeitig der Compliance-Beauftragte sein darf". In diesem Vakuum wurden die meisten Vergütungsbeauftragten reflexartig dort angesiedelt, wo die fachliche Expertise für die Vergütungssysteme liegt, die überwacht werden sollen, im Personalbereich. Dabei wurde die neue Überwachungsrolle häufig vom Personalleiter selbst und zusätzlich zu seiner Managementfunktion in Human Resources übernommen. Obwohl diese besondere Konstellation offenkundig den Grundregeln des internen Kontrollsystems in einer Bank widerspricht, wurde sie doch zum Standard in der frühen Marktpraxis.

Zu Beginn wurde die regulatorische und auch unternehmenspolitische Bedeutung dieser neuen Beauftragtenrolle vielfach verkannt. Gesetzgeber und Aufsicht haben über die Jahre und im Rahmen von diversen aufsichtsrechtlichen Interventionen das gesamte Beauftragtenwesen in Banken deutlich ausgeweitet. Die Gefahr, das Standing der neuen Rolle des Vergütungsbeauftragten zu verkennen, wurde auch dadurch geschürt, dass er in den Instituten anfangs in eine Reihe mit den bereits installierten Beauftragten für Geldwäsche, Compliance, Datenschutz, Arbeitssicherheit oder Gleichstellung et cetera gestellt wurde.

Erst nach und nach konnten die Vergütungsbeauftragten ihren Mehrwert in den diversen Problem- und Handlungsfeldern, die durch die komplexe und anhaltende Regulierung und eine besondere branchentypische Vergütungspraxis geprägt sind, unter Beweis stellen.

Arbeitsteilige Zusammenarbeit in der Compensation Governance

Durch die diversen regulatorischen Interventionen ist die Compensation Governance in Banken deutlich verbreitert und komplexer geworden. Dabei besteht die wesentliche Verantwortung des Aufsichtsgremiums in einer eher strategischen Würdigung der Vergütungssysteme und ihrer Auswirkungen auf die Umsetzung der Geschäfts- und Risikostrategie der Bank. Hinzu kommt die originäre Verantwortung für die Vergütungssysteme und Vergütungen der Geschäftsleiter. Für die damit verbundenen eher operativ-administrativen Aufgaben des Aufsichtsgremiums hat der Gesetzgeber einen spezifischen Ausschuss aus Mitgliedern des Aufsichtsgremiums, den Vergütungskontrollausschuss, vorgesehen (§ 25d KWG i. V. § 15 InstitutsVergV). Dieser soll die entsprechenden Beschlüsse des Aufsichtsgremiums inhaltlich vorbereiten.

Die Geschäftsleitung hingegen ist verantwortlich für die angemessene Ausgestaltung der Vergütungssysteme der Mitarbeiter nach den branchenspezifischen regulatorischen Vorgaben. Sie ist verpflichtet, dem Aufsichtsgremium ihrerseits (und das mindestens einmal jährlich) einen Bericht zur Angemessenheit der Mitarbeiter-Vergütungssysteme zu erstatten (§ 3 Abs. 1 InstitutsVergV). Dieser "interne" Vergütungsbericht des Vorstands ist nicht zu verwechseln mit dem externen Offenlegungsbericht zu den Vergütungssystemen (Art. 450 Capital Requirements Regulation) und dem Vergütungskontrollbericht des Vergütungsbeauftragten (§ 24 Abs. 3 InstitutsVergV) (siehe Abbildung 2).

Bei der Ausgestaltung und Überwachung der Vergütungssysteme sollen auch die sogenannten Kontrolleinheiten angemessen einbezogen werden (§ 2 Abs. 9 i. V. § 3 Abs. 3 InstitutsVergV). Eine Reihe der bedeutenden Institute hat diese Einbindung institutionalisiert und hierfür einen internen (Vergütungs-)Ausschuss eingerichtet, in dem die entsprechenden Fachbereiche (Marktfolge, Risikocontrolling, Compliance, Audit und Personal) vertreten sind und an dessen Sitzungen der Vergütungsbeauftragte in der Regel mit beratender Stimme teilnimmt.

Unabhängigkeit als Schlüsselfaktor

Die Rolle des Vergütungsbeauftragten ist durch seinen gesetzlichen Auftrag geprägt: Er ist Beschäftigter des Unternehmens, wird von der Geschäftsleitung nach Anhörung des Aufsichtsgremiums bestellt und übt eine Überwachungsrolle aus, in der er parallel sowohl der Geschäftsleitung als auch dem Aufsichtsgremium beziehungsweise dem Vergütungskontrollausschuss zuarbeitet. Der Gesetzgeber hat diesen besonderen Rollenkonflikt von Beginn an erkannt und entsprechende arbeitsrechtliche Absicherungen für den Vergütungsbeauftragten vorgesehen (§ 23 Abs. 1 Instituts-VergV).

Dieses ungewöhnliche und komplexe Konstrukt stellt aber auch besondere Anforderungen an die ausübenden Personen. Hierbei werden die Weichen zur wirklichen Unabhängigkeit nicht nur durch eine interessensfreie fachliche Anbindung und hierarchische Ansiedlung gestellt. Das kombinierte fachliche Anforderungsprofil, das sowohl Expertise in Vergütungsfragen wie auch im Risikomanagement fordert, ist in den Instituten ebenso anspruchsvoll wie rar. Auch stellt die rasante Geschwindigkeit und inhaltliche Breite der andauernden Regulierungsinitiativen hohe Anforderungen an die Kenntnis und Interpretation der inhaltlichen regulatorischen Anforderungen.

Ein schwieriges Handlungsfeld stellt für viele Vergütungsbeauftragte die Zusammenarbeit und gleichzeitige Abgrenzung zur HR-Funktion dar, die die fachliche Verantwortung für die Ausgestaltung und operative Umsetzung der Vergütungssysteme hat, die vom Vergütungsbeauftragten überwacht werden. Aus Aufgabenstellung und Pflichtenheft ergeben sich für den Vergütungsbeauftragten hier klare Abgrenzungen, die im Wesentlichen keine eigenen Initiativ- und Entscheidungsrechte vorsehen.

Damit entfallen grundsätzlich sowohl eigene konzeptionelle Arbeiten (strategisch) als auch die konkrete Umsetzung von Prozessen oder Instrumenten (operativ). Die Überwachung der Angemessenheit der Vergütungssysteme liegt in seinem Fokus und nicht die individuellen Vergütungshöhen.

Wenige Vollzeit-Vergütungsbeauftragte

Die Tätigkeit des Vergütungsbeauftragten droht regelmäßig in das Spannungsfeld von unternehmens- beziehungsweise vergütungspolitischen sowie regulatorischen Anforderungen zu geraten. Durch die Aufgabe, die Angemessenheit der (Mitarbeiter-)Vergütungssysteme ständig zu überwachen, können geplante Vergütungsmaßnahmen infrage gestellt werden. Negative Einschätzungen im Vergütungskontrollbericht lösen regelmäßig Handlungsbedarf bei den beteiligten Fachbereichen und Gremien aus. Auch in die unterschiedlichen Prüfungsformate (interne Revision, Jahresabschlussprüfer, aufsichtsrechtliche Sonderprüfungen) ist der Vergütungsbeauftragte in der Regel einbezogen. Der durch den Vergütungsbeauftragten verfasste Vergütungskontrollbericht ist eine von allen Prüfern gern genutzte Gesamtdokumentation zu den Vergütungssystemen und ihrer Umsetzung. Durch die Aufmerksamkeit der Gremien sowie der Prüfer kommt den dokumentierten Kritikpunkten und Empfehlungen des Vergütungsbeauftragten eine hohe Bedeutung zu.

Die Handlungsmöglichkeiten des Vergütungsbeauftragten werden wesentlich durch seine eigene Verfügbarkeit sowie das Ausmaß der nutzbaren Unterstützungsressourcen bestimmt. Dabei ist die häufig gestellte Frage nach dem angemessenen Kapazitätsaufwand für den Vergütungsbeauftragten und seine Unterstützer nicht einheitlich zu beantworten, hängen doch Umfang und Intensität der Aktivitäten stark von der Komplexität der Vergütungssysteme und -prozesse des jeweiligen Instituts ab. Hierzu passt, das sich in der Praxis bislang lediglich einige der Topbanken Vollzeit-Vergütungsbeauftragte leisten. Meistens wird die Rolle des Vergütungsbeauftragten in einer Doppelfunktion und zusätzlich zu den originären Aufgaben der Linienfunktion übernommen. Damit ist die Wahrscheinlichkeit grundsätzlich hoch, dass die Dynamik des Tagesgeschäftes in der Linienfunktion die höhere Priorität hat (siehe Abbildung 3).

Der ideale Vergütungsbeauftragte bringt notwendigerweise die erforderliche fachlich-inhaltliche Expertise mit, die es auch fortlaufend zu aktualisieren gilt (§ 23 Abs. i. V. § 25 Abs. 1 InstitutsVergV). Persönlich ist er typischerweise ein Senior Manager, der sich bei Gremien und Entscheidern Gehör verschaffen kann und ein Netzwerker, der Zugang und Austausch mit anderen Experten (in Compensation & Benefits, Vergütungsbeauftragte anderer Institute, Wirtschaftsprüfer und Aufsicht) hat und pflegt. Dadurch läuft er nicht Gefahr, im Elfenbeinturm zu sitzen. Er benötigt für seine fachliche Führung im Überwachungsprozess auch eine besondere Sozialkompetenz, die nicht zuletzt auch in seiner Doppelfunktion gegenüber Aufsichtsgremium beziehungsweise den Vergütungskontrollausschuss und Geschäftsleitung gefordert wird.

Umfangreiches eigenes Aufgaben- und Pflichtenheft

Die Aufgaben des Vergütungsbeauftragten sind umfangreich und mit den Verantwortlichkeiten der weiteren Gremien der Compensation Governance verzahnt (§ 24 InstitutsVergV). Schwerpunkt bilden für den Vergütungsbeauftragten die Mitarbeiter-Vergütungssysteme: Ihm obliegt deren ständige Überwachung im Hinblick auf deren Angemessenheit. Hierbei arbeitet er sowohl im Auftrag der Geschäftsleitung als auch von Aufsichtsorgan und Vergütungskontrollausschuss. Er wird dabei sowohl in alle konzeptionellen Neu- und Weiterentwicklungen der Vergütungs systeme eingebunden wie auch in die wesentlichen Aspekte von deren laufender Anwendung. Schließlich gehört auch die regelmäßige (mindestens jährliche) Berichterstattung im Vergütungskontrollbericht zum Pflichtenheft, der parallel an das Aufsichtsgremium, den Vergütungskon trollausschuss und die Geschäftsleitung zu leiten ist.

Die Beurteilung der Angemessenheit erfolgt auf der Grundlage der jeweils gültigen regulatorischen Standards, die im Kern im Kreditwesengesetz (KWG) und der InstitutsVergV niedergelegt sind und durch ergänzende Umsetzungsbestimmungen der European Banking Authority (EBA) ergänzt werden.

Die konkreten Arbeits- und Prüftätigkeiten des Vergütungsbeauftragten bei der operativen Umsetzung der Vergütungssysteme werden häufig in einem spezifischen Aktivitätenplan dokumentiert, der entlang des Vergütungsprozesses die notwendigen Interventionen des Vergütungsbeauftragten plant und hierfür regelmäßig überprüft und angepasst wird. Die inhaltlichen Hauptschwerpunkte liegen bei der Sicherstellung des Strategiebezugs der Vergütungssysteme und der finanzwirtschaftlichen Voraussetzungen für den Gesamtbetrag der variablen Vergütung, der Einhaltung der Bestimmungen zur Bonus obergrenze, Risk-Taker-Identifizierung und -Vergütung, externen Offenlegung und der Umsetzung der regulatorischen Regelungen im Gruppenzusammenhang (siehe Abbildung 3).

Stichprobenartige Prüfungen

Eine Besonderheit stellen dabei eigene stichprobenartige Prüfhandlungen dar, die nach § 8 InstitutsVergV die Einhaltung des Verbots von Absicherungsmaßnahmen gegen Risiken aus der risikoorientierten Gestaltung der Vergütungssysteme sicherstellen sollen.

Bei Neu- und Weiterentwicklung der Mitarbeiter-Vergütungssysteme wird der Vergütungsbeauftragte entweder in die entsprechenden Projektarbeiten einbezogen und/oder bei der späteren Beschlussfassung in den entsprechenden Gremien. Neben der Zuständigkeit für die ständige Überwachung der Angemessenheit der Mitarbeiter-Vergütungssysteme unterstützt der Vergütungsbeauftragte auch den Aufsichtsrat bei dessen Überwachungs- und Ausgestaltungsaufgaben (zum Beispiel zu Auswirkungen der Vergütungssysteme auf Risiko-, Kapital- und Liquiditätssituation und Strategiebezug). Dabei hat der Vergütungsbeauftragte keine unmittelbare eigene Verantwortlichkeit für die Angemessenheit der Geschäftsleiter-Vergütungssysteme. Eine solche ergibt sich dennoch mittelbar, denn er unterstützt den Aufsichtsrat bei dessen Überwachungs- und Ausgestaltungsaufgaben - und damit grundsätzlich auch zur Geschäftsleitervergütung (§ 24 Abs. 2 InstitutsVergV). Hierbei sollen nach § 15 InstitutsVergV i. V. § 25d Abs. 12 KWG insbesondere die Vergütungsparameter, Erfolgsbeiträge sowie Leistungs- und Zurückbehaltungszeiträume überwacht werden.

Die Praxis hierzu ist gleichwohl sehr heterogen und nur selten ist der Vergütungsbeauftragte tatsächlich in die Details der Geschäftsleitervergütung einbezogen. Die Weiche hierzu wird in der Praxis im Rahmen der grundsätzlichen Abstimmung mit dem Vorsitzenden des Aufsichtsgremiums beziehungsweise des Vergütungskontrollausschusses bezüglich der Erwartungen und bereitzustellenden Leistungen gestellt.

Vergütungskontrollbericht als schärfstes Schwert

Die mindestens einmal jährliche Berichterstattung des Vergütungsbeauftragten hat in der Praxis schnell einen hohen unternehmenspolitischen Stellenwert erlangt. Die geforderte gleichzeitige Vorlage des Berichts an das Aufsichtsgremium, den Vergütungskontrollausschuss und die Geschäftsleitung (§ 24 Abs. 3 InstitutsVergV) sorgt nicht nur für eine hohe Aufmerksamkeit im Unternehmen, sondern erfordert vom Vergütungsbeauftragten auch ein besonderes Fingerspitzengefühl bei der Vorbereitung und Erstellung des Dokuments.

Die inhaltliche Agenda des Vergütungskontrollberichts ergibt sich aus der Aufgabenstellung und den unternehmensspezifischen Besonderheiten der Vergütungssysteme. Regelmäßig sind die Mindestinhalte: Beschreibung der Eckpunkte der aktuellen Vergütungssysteme, gesamthafte Beurteilung der Angemessenheit der Vergütungssysteme, Konkretisierung von etwaigen Kritikpunkten oder Empfehlungen, Tätigkeitsbericht (Einbindung in Neu-/Weiterentwicklungen sowie die Anwendung, eigene Prüfhandlungen) und Ausblick auf sich abzeichnende in- und externe Entwicklungen. Wenn auch Individualvergütungen grundsätzlich nicht unter die Überwachungsaufgabe fallen, sollten dennoch betriebswirtschaftliche Zusammenhänge von Gesamtbetrag der Vergütung (Fixvergütung und variable Vergütung) und der Ergebnisentwicklung des Instituts gesamthaft analysiert werden sowie auch Verteilungsmuster bei den variablen Individualvergütungen (siehe Abbildung 4).

Als Zeitpunkt hat sich in der Praxis ein Termin nach Abschluss des jährlichen Vergütungszyklus herauskristallisiert. Damit wird ein Vergütungsjahr inklusive der Bemessung und Auszahlung der variablen Vergütung im Folgejahr berücksichtigt. Im Hinblick auf Format und Umfang zeigt die Praxis in der Regel Fließtextdokumente, die in der institutstypischen Form für Vorlagen an das Aufsichtsgremium aufbereitet sind und neben einer Management Summary über unterschiedlich breit angelegte Anhangstrukturen verfügen.

In der Praxis ergibt sich häufig ein Problem daraus, dass das Aufsichtsgremium nicht nur Adressat des Vergütungskontrollberichts, sondern auch weiterer breit angelegter Berichte zu den Vergütungssystemen ist. Da die Vorlage des (internen) Vergütungsberichts der Geschäftsleitung sowie des externen Offenlegungsberichts durchaus zeitgleich mit dem Vergütungskontrollbericht des Vergütungsbeauftragten erfolgt, gilt es, durch entsprechende Koordination beim Vorgehen und Abgrenzung der Zielsetzungen und Inhalte, Redundanzen für die Mitglieder des Aufsichtsgremiums und des Vergütungskontrollausschusses zu vermeiden.

In der Praxis etabliert

Nach den ersten Geburtswehen hat sich der Vergütungsbeauftragte in den bedeutenden Instituten etabliert und seinen Platz in der erweiterten Compensation Governance gefunden. Neben seiner originären Überwachungsrolle ist er Ansprechpartner für die internen Experten und Entscheider sowie den Jahresabschlussprüfer und die Aufsicht. Hierzu trägt auch bei, dass er sich zunehmend nicht nur als ein weiterer Überwacher, sondern ebenso als Berater und Übersetzer einer immer komplexer werdenden Vergütungsregulatorik versteht.

Die erste eher zurückhaltende Herangehensweise wurde in der Praxis recht schnell revidiert. Insbesondere die Einbindung in die Gremienbefassungen zu allen wesentlichen Einzelfragen der Vergütungssysteme des Aufsichtsgremiums und der Geschäftsleitung haben für eine entsprechende Aufmerksamkeit und Sensibilität im Umgang mit dem Vergütungsbeauftragten gesorgt.

Die großen Herausforderungen des Vergütungsbeauftragten werden auch weiterhin in seinem sehr umfassenden Anforderungsprofil, seiner zeitlichen Verfügbarkeit sowie dem erfolgreichen Spagat zwischen unternehmenspolitischen Erfordernissen und regulatorischen Anforderungen liegen.

Da die regulatorischen Bestimmungen zum Vergütungsbeauftragten ausschließlich in der Hand des deutschen Gesetzgebers liegen, besteht durchaus Hoffnung, dass trotz aller rasanter Regulierung eine Kontinuität in diesem Teil der Corporate Governance besteht. Gleichwohl wird der Regulierungstsunami in der Bankenbranche die inhaltliche Agenda des Vergütungsbeauftragten erweitern und durch die zunehmende Verzahnung der unterschiedlichen Regulierungsfelder in der Bankenbranche noch herausfordernder werden lassen.

Werner Klein , Inhaber und Managing Consultant , compgovernance, Düsseldorf

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