Genossenschaftsbanken

Bald weniger als 1000

In den Zeiten der heftigen Diskussionen über die Zahl und die optimale Betriebsgröße der Ortsbanken der beiden großen Verbundgruppen - wie sie schon vor 30 Jahren geführt wurde - war mit Blick auf den genossenschaftlichen Sektor zuweilen von 800 bis 1 000 regionalen Märkten in Deutschland die Rede. Nach dem Motto "ein Markt - eine Bank" war damit auch ein Anhaltspunkt für die absehbare Entwicklung der selbstständigen Volks- und Raiffeisenbanken gegeben. Die tatsächliche Zahl der Institute bewegte sich indes deutlich über dieser Marke. So führte der Bundesverband der Volksbanken und Raiffeisenbanken etwa im Jahre 1995 noch 2587 Volks- und Raiffeisenbanken in seiner Liste, im Jahre 2005 waren es nur noch 1 290 und bis zum Ende des Berichtsjahres 2015 war die Zahl auf 1 021 abgeschmolzen. Schon aus diesem Verlauf der vergangenen zwanzig Jahre lässt sich für das Fusionsgeschehen schließen, dass die Anzahl der genossenschaftlichen Primärbanken im Verlauf von 2016 unter die Marke von 1 000 Instituten fallen dürfte.

Der Entwicklung der vergangenen Jahre nach kommt der absehbare Rückgang auf eine dreistellige Zahl an genossenschaftlichen Instituten also keineswegs überraschend. Bedenklich stimmt die Verantwortlichen des BVR allerdings die Tatsache, dass derzeit eine beträchtliche Zahl der Verschmelzungen nicht den Wettbewerbsverhältnissen und der schwieriger gewordenen Marktbearbeitung vor Ort geschuldet ist, sondern mindestens ebenso sehr dem regulatorischen Druck. Das Zeitbudget vieler Vorstandsmitglieder und leitender Mitarbeiter in kleinen und mittleren Häusern, so wird immer wieder beklagt, ist mittlerweile zu einem überproportional hohen Anteil durch die Bewältigung der regulatorischen Anforderungen ausgefüllt.

In den Ergebnissen der Gruppe für das vergangene Jahr spiegeln sich diese Schwierigkeiten allerdings bisher noch nicht wider. Bei der Vorstellung des konsolidierten Jahresabschlusses 2015 der hiesigen genossenschaftlichen Finanzgruppe wurden just diese Herausforderungen allerdings zum Anlass genommen, auch unter dem designierten neuen Finanzmarktkommissar Valdis Dombrovskis eine verstärkte Beachtung des Proportionalitätsprinzips einzufordern und für die Umsetzung der sogenannten Small Banking Box zu werben. Der konsolidierte Jahresabschluss der genossenschaftlichen Finanzgruppe nach IFRS weist auch für das Berichtsjahr 2015 einen ansehnlichen Jahresüberschuss vor Steuern von 9,787 (10,655) und nach Steuern von 6,967 (7,807) Milliarden Euro aus. Letzteres bedeutet gegenüber dem Vorjahreswert zwar einen Rückgang um 840 Millionen Euro, lässt sich in seinen Dimensionen aber wie schon in den Vorjahren nicht einmal ansatzweise mit der Ergebnisentwicklung der beiden hierzulande verbliebenen Großbanken vergleichen. Bei allen grundsätzlichen Schwierigkeiten und Unschärfen solcher Gegenüberstellungen muss man für das Berichtsjahr über die großen europäischen Banken hinaus zu den US-amerikanischen Häusern blicken, um ähnliche Konzernergebnisse auszumachen.

Besonders betont werden vonseiten des BVR-Präsidenten und seinen Vorstandskollegen die Steigerung des konsolidierten Eigenkapitals der Gruppe um 6,5 auf 93 Milliarden Euro, die inklusive der Vorsorgereserven nach § 340f HGB zu einer harten Kernkapitalquote von 14,6 Prozent und einer "fully loaded"-Quote von 14,4 Prozent verhilft, die Stabilisierung des Zinsüberschusses bei 20,021 (20,047) Milliarden Euro sowie die Steigerung des Provisionsüberschusses um beachtliche 6,1 Prozent auf 5,798 (5,467) Milliarden Euro. Als Anteil am Überschuss aus Zins- und Provisionsüberschuss errechnen sich daraus immerhin 22,46 (21,42) Prozent. Als Ansatzpunkt für Verbesserungen in den kommenden Jahren werden die um 2,0 Prozent auf 17,234 Milliarden Euro gestiegenen Verwaltungsaufwendungen gesehen, die im Berichtsjahr zu einer Cost Income Ratio von 63,6 (60,7) Prozent geführt haben. Mit der schon angelaufenen Umsetzung der Fusionen der beiden Zentralinstitute sowie der beiden Rechenzentralen darf die Gruppe an dieser Stelle im Laufe der kommenden drei bis vier Jahre ziemlich gesichert weitere Synergieeffekte erwarten. Dass von dem Instrument einer Small Banking Box positive Impulse auf die Wettbewerbsfähigkeit ausgehen werden, ist nach heutigem Diskussionsstand wenig wahrscheinlich. Die Bankenaufsicht setzt eher auf eine kluge Ausgestaltung des Proportionalitätsprinzips.

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