Fondsgeschäft

Begrenzte Risikofreude - besonders bei Privaten

Politische und regulatorische Unsicherheiten wirken sich auf die deutsche Fondsbranche tendenziell negativ aus. Diese Erkenntnis wird sich auch im Fondsjahr 2016 in den Statistiken widerspiegeln. Aber man wird sie ein wenig relativieren müssen. Denn die institutionellen Anleger haben in den vergangenen Jahren offenbar mehr und mehr gelernt, mit störenden Einflüssen umzugehen. Das zeigen jedenfalls einmal mehr die Zahlen des Fondsverbandes BVI für die ersten zehn Monate des Jahres 2016. All die negativen Nebengeräusche, angefangen gleich im Januar 2016 mit dem Einbruch an den Aktienmärkten über die diversen Referenden und Wahlen in wichtigen Ländern bis hin zu der Verschärfung der kriegerischen und terroristischen Problemlagen, haben die Aktivitäten der institutionellen Anleger wenig beeindrucken können. Das Mittelaufkommen von gut 75 Milliarden Euro für Spezialfonds in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres bewegte sich in einer Größenordnung, die vor der jüngsten Finanzkrise selbst in ausgesprochenen Boomjahren nicht annähernd erreicht wurde.

Anders sieht es bei den Publikumsfonds aus. Hier haben sich die Privatanleger einmal mehr kräftig von dem unruhigen Umfeld beeindrucken lassen. Konnte im Jahr 2015 noch ein Nettomittelaufkommen von fast 72 Milliarden Euro registriert werden, das sich fast in die Größenordnung des Traumjahres 2000 aufgeschwungen hatte, schlug im vergangenen Jahr wieder einmal die Verunsicherung durch. Das Plus von 6 Milliarden Euro in den ersten zehn Monaten (nach 63,3 Milliarden Euro im Vorjahr) deutet für das Gesamtjahr wieder auf eine überaus deutliche Delle im Absatz von Publikumsfonds hin, wie sie allein seit der jüngsten Finanzkrise schon zweimal zu verzeichnen war. Einen deutlichen Aufwind innerhalb der Publikumsfonds haben in den vergangenen Jahren einerseits die Mischfonds erfahren, die sich in der Bestandsstatistik im Februar 2015 als zweitgrößte Gruppe an den Rentenfonds vorbeigeschoben haben. Auch in den ersten zehn Monaten des Berichtsjahres 2016 hat die Nachfrage mit einem Nettoaufkommen von gut 8,3 Milliarden Euro angehalten. Ihr Nettomittelaufkommen auf 4,23 (2,79) Milliarden Euro deutlich steigern konnten zudem in den ersten zehn Monaten 2016 die offenen Immobilienfonds.

Dass die Abflüsse aus Rentenfonds bei den Publikumsfonds im Marktumfeld der vergangenen Jahre dem Frust über immer geringere Renditeaussichten geschuldet sind, steht weitgehend außer Frage. Auch die teilweise Umschichtung in Mischfonds lässt sich sicher nicht zuletzt aus dieser Motivation heraus erklären. Allzu stark ausgeprägt ist die Risikofreude der Anleger indes nicht. Weder direkte Aktienengagements noch die Anlage in Aktienfonds hat 2016 massiv zugenommen, das untermauern die ersten Berichte der Kreditwirtschaft über die Provisionseinnahmen im Wertpapiergeschäft wie auch die unterjährigen Absatzzahlen der Aktienfonds. Mit einem Mittelabfluss von 1,43 Milliarden Euro in den ersten zehn Monaten 2016 in der BVI-Statistik hat diese Fondskategorie massiv unter der Volatilität der Aktienkurse gelitten. Erst in den letzten Wochen des vergangenen Jahres haben Aktien und Aktienfonds wieder von einer positiven Kursbewegung profitiert, konnten diesen Rückstand aber nicht wieder wettmachen. Schon im Fondsjahr 2015 konnten die Mischfonds mit plus 38,65 Milliarden Euro den wahren Aufschwung beim Nettomittelaufkommen verbuchen, während sich die Aktienfonds mit einem ebenfalls noch beachtlichen Plus von gut 21 Milliarden Euro begnügen mussten. Von solchen Zuwächsen waren die Publikumsfonds im vergangenen Jahr weit entfernt. Stattdessen wurden und werden von privaten Anlegern - trotz der Niedrigverzinsung - noch mehr Gelder in kurzfristigen Spareinlagen geparkt.

Gedanken müssen sich die aktiven Fondsmanager nach der Marktentwicklung des Jahres 2016 über den anhaltenden Wettbewerbsdruck durch ETF machen. Sowohl in Europa als auch in den USA haben deren Volumina noch einmal einen kräftigen Schub erhalten. Durch die neuen MiFID-II-Regelungen, die Einflüsse der Digitalisierung mit einer zunehmenden Bedeutung von Robo Advisors und die damit verbundenen Anpassungen der Vertriebsstrukturen könnten sie auch bei Privatanlegern aus dem Nischendasein für onlineaffine Anleger herauskommen. Erste Anpassungserscheinungen sind auch hierzulande aufseiten der etablierten Fondsgesellschaften bereits zu spüren. So bietet die Sparkassenorganisation mit der Auflegung von Fondssparplänen mit ETF über den S-Broker bereits eine gewisse Ventilfunktion. Andere Asset Manager greifen auf die Beimischung von ETF in Multi-Asset-Fonds zurück. Die Rückgänge im klassischen Geschäft hat das aber alles nicht kompensieren können.

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