G20-Gipfel

Wie belastbar ist die Bestandsaufnahme?

Quelle: hamburg.de

War der G20-Gipfel in Hamburg ein Erfolg? Die Begleiterscheinungen des öffentlichen Protestes hinterlassen diesbezüglich einen zwiespältigen Eindruck. Welche Art und Formen an Gegenbekundungen westliche Demokratien bei Großveranstaltungen solcher Art tolerieren sollten und wie sich dabei die öffentliche Sicherheit gewährleisten lässt, darf durchaus kontrovers diskutiert werden. Sich auch oder gerade in Zeiten von Meinungsstreitigkeiten grundsätzlich in einem institutionalisierten Format eines Gipfeltreffens der Regierungschefs der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer in regelmäßigen Abständen über die diversen globalen Herausforderungen auszutauschen, ist indes vom Grundansatz her begrüßenswert. Diese Einschätzung gilt selbst auf die Gefahr hin, bei informellen Gremien wie den G20 in den Abschlusserklärungen sehr dehnbare Formulierungen wiederzufinden und damit in der praktischen Umsetzung sehr große Spielräume zuzulassen.

Wenn nun in der Hamburger Abschlusserklärung des jüngsten G20-Gipfels beim Klimaschutz ganz klar unterschiedliche Positionen festgehalten werden, darf man im Umkehrschluss mit Blick auf den internationalen Handel schließen, dass die schlimmsten Befürchtungen eines Handelskrieges nicht zu erwarten sind, wenngleich die gewählten Formulierungen auch an dieser Stelle für die Marktteilnehmer ein erhebliches Verunsicherungspotenzial beinhalten. Immerhin haben die Gipfelteilnehmer zu Protokoll gegeben, die Märkte offenhalten und Protektionismus einschließlich aller unfairen Handelspraktiken weiterhin bekämpfen zu wollen. Sie betonen die Rolle eines regelbasierten internationalen Handelssystems und wollen die Funktionsweise der Welthandelsorganisation (WTO) verbessern. Es wird in diesem Zusammenhang aber eben auch darauf hingewiesen, die Rolle rechtmäßiger Handelsschutzinstrumente weiterhin anzuerkennen. Und die Vorteile des internationalen Handels und internationaler Investitionen sehen die Regierungschefs nicht breit genug geteilt, sprich einige Länder fühlen sich von den Segnungen eines freien Welthandels weniger begünstigt als andere.

Genau an dieser Stelle beginnen die Unsicherheiten für die Marktteilnehmer. Behält Professor Clemens Fuest Recht, der kürzlich - und zwar schon vor den kunstvollen Formulierungen des Hamburger Gipfels - vor dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten die Überzeugung geäußert hat, den totalen Handelskrieg vermeiden zu können? Die USA, so seine auf eine Untersuchung des Ifo-Instituts gestützte These, würden früher oder später die selbstschädigende Wirkung von Zöllen erkennen. Den Vereinigten Staaten könnte ein flächendeckender Handelskrieg einer Modellrechnung nach Verluste von bis zu 7 Prozent des BIP bescheren, während Deutschland der vielen in der Endfertigung verwendeten Zwischenprodukte wegen die Verluste auf 1 Prozent des BIP beschränken könne. Einzelne Strafzölle der USA indes hält der Präsident des Ifo-Institutes durchaus für möglich, nicht zuletzt, weil Donald Trump seinen Anhängern die Umsetzung seiner Wahlversprechen demonstrieren will. Neben der im Abschlusskommuniqué des G20-Gipfels ausdrücklich angesprochenen Stahlindustrie könnte das auch die Automobilbranche betreffen.

Beim Klimaschutz hingegen sind die Verhältnisse klarer. In einer gleichermaßen kühl wie klar anmutenden Formulierung nehmen die restlichen Länder die Entscheidung der USA zum Rückzug aus dem Pariser Klimaabkommen zur Kenntnis und erklären ihrerseits das Ende 2015 verabschiedete Übereinkommen als unumkehrbar - die Türkei freilich nur für einen Tag. Über die konkreten Auswirkungen dieser kontroversen Position auf die Erreichung der weltweiten Klimaziele lässt sich Stand heute nur spekulieren. Und Gleiches gilt auch für die möglichen wirtschaftlichen Folgen des Imageschadens für die USA. Sollte aber beispielsweise das Thema Nachhaltigkeit - von der Geldanlage bis hin zur Einhaltung von sozialen Mindeststandards - bei Investoren weiterhin einen ähnlich wachsenden Zuspruch erhalten wie in den vergangenen Monaten, ist auch auf diesem Feld längst noch nicht ausgemacht, ob die USA zu den Gewinnern oder Verlierern gehören.

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