Unternehmen

Druck durch Shareholder-Value

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Wer bestimmt die Geschicke der Welt? Sind es im Wesentlichen die Regierungschefs der großen und/ oder wirtschaftsstarken Nationen? Oder sind es zum großen Teil die international operierenden Konzerne? Man muss dieser Tage oft den Eindruck haben, dass die Wirtschaft maßgeblich die Entwicklung lenkt und mitbestimmt. Dabei bewegen sich die Unternehmen teilweise auf der richtigen, weil guten und teilweise auf der falschen, weil bösen Seite, um die inzwischen fast schon hoffähige Diktion des amerikanischen Präsidenten zu übernehmen. Wo bleiben Ethik und Moral? Welchen Stellenwert hat im heutigen Wirtschaftsleben noch das Bild vom ehrbaren Kaufmann? Welches Unternehmen beherzigt den feinen Unterschied zwischen legal und legitim? Gedanken zu all diesen Fragen legen in der zweiten Novemberwoche die beiden herausragenden Themen und die Schlagzeilen nahe: die Paradise Papers und die Bonner Weltklimakonferenz.

Die neuen Enthüllungen zu weltweiten Praktiken zur Steuervermeidung lassen einmal mehr die interessierte Öffentlichkeit aufhorchen und bringen Steuerpolitiker zum Nachdenken und vielleicht auch zum Handeln. Selbst wenn es sich in der Mehrzahl der weltweit bekannt werdenden Fälle um eine legale Steuergestaltung durch mehr oder weniger komplizierte rechtliche Konstruktionen und nur in Ausnahmefällen um Straftaten handelt, entsprechen die Praktiken keinesfalls dem Empfinden der Öffentlichkeit. Bei aller Beliebtheit des Produkt- und Dienstleistungsangebotes der großen Internet-Giganten herrscht größtenteils Unverständnis über deren Steuervermeidungspraktiken. Aber auch traditionelle Produktionsunternehmen von AT&T und Fiat Chrysler bis Siemens kennen sich sehr gut in den globalen Steuerusancen aus und lassen die Bedingungen vor Ort durchaus in ihre Standort- und sonstigen strategischen Entscheidungen einfließen. Das Problem ist bekannt und steht schon seit Jahren auf der steuerpolitischen Tagesordnung. Auch die Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg unter dem ehemaligen Premierminister Jean-Claude Juncker sind schon seit Jahren unter verschärfte Beobachtung und politischen Druck geraten. Der frühere Bundesfinanzminister Schäuble hat in der ZfgK 1-2016 einen Einblick in das sensible Thema der Steuerharmonisierung gegeben und auf europäischer wie internationaler Ebene wiederholt das Schließen von Steuerschlupflöchern angemahnt.

Auf der anderen Seite macht die Wirtschaft, die beim weltweiten Rohstoffabbau die Umwelt zerstört, Regenwälder abholzt und Flüsse wie Seen verseucht, manchmal auch Druck für die gute Sache. So wurde flankierend zu der Bonner Weltklimakonferenz der vehemente Appell von 50 großen Unternehmen an die Bundesspolitik zum Ausstieg aus der Kohleverstromung lanciert, darunter selbst Häuser wie Siemens und EnBW, die derzeit noch in diesem Geschäftsfeld aktiv sind. Auch in anderen Fragen der Nachhaltigkeit und eines liberalen Welthandels positionieren sich immer mehr Großunternehmen auf der positiven Seite. Als Beobachter von außen hat man dabei aber immer den Eindruck, als beschränkten sich diese Initiativen auf Bereiche und Entwicklungen, die extrem schieflaufen und schon auf absehbare Zeit erhebliche Schäden anrichten könnten. Solche Aktivitäten der Wirtschaft können die politische Willensbildung beschleunigen, sind aber oft vom Blick auf den Shareholder-Value getrieben. Letztlich bleibt die Politik für den richtigen Kurs verantwortlich.

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