Finanzaufsicht

Günstige Phase für eine Neujustierung

Mit Blick auf die Weiterentwicklung der europäischen Kapitalmarktunion hat zuerst das Brexit-Votum zu einer langen schöpferischen Pause geführt. Dann haben die Wahlen und Abstimmungen in Frankreich und Italien den Fortgang der Dinge gebremst und zuletzt hatte die Bundesregierung bei der Termingestaltung einiger zuständiger Gremien im Auge, dass die Bundestagswahl nicht durch unliebsame Zwischentöne aus Europa gestört würde. Kurz vor und nach dem deutschen Wahltermin rücken europäische Themen aber wieder auf die Agenda. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat mit seinem Vorschlag des Euros für alle EU-Staaten den deutschen Wahlkampf gestreift, kurz vor der Wahl hat die EU-Kommission Vorschläge für eine Festigung der europäischen Finanzaufsicht in der Kapitalmarktunion unterbreitet und nach Redaktionsschluss dürfte die Grundsatzrede des französischen Präsidenten Emmanuel Marcron Hinweise auf die Zukunftsgestaltung Europas geben.

Die EU-Kommissare Dombrovskis und Katainen haben vorgeschlagen, die EU-weite Aufsicht zu stärken. Die Europäischen Aufsichtsbehörden (ESA) sollen dazu Aufsichtsprioritäten festlegen und die Arbeit der Aufsichtsbehörden besser koordinieren und überwachen. Finanziert werden soll die ESA teils aus EU-Mitteln und teils aus Beiträgen des Finanzsektors. Zu den Kernelementen gehört ferner, der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA die direkte Beaufsichtigung bestimmter Kapitalmarktsektoren zu übertragen (Daten, Marktzugang, Akteure und Marktmissbrauch). Und nicht zuletzt sollen nachhaltige Finanzierungen und Fintech-Technologien gefördert werden.

Die Diskussion der Fortentwicklung der europäischen Idee ist wichtig. Für eine klare Positionierung Deutschlands fallen all diese Vorschläge freilich in ein ungünstiges Zeitfenster. Was im Herbst passiert, kann bis zum Abschluss der Berliner Regierungsbildung zumindest von politischer Seite nicht so klar kommentiert werden, wie es vielleicht hilfreich wäre.

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