Deutsche Bundesbank

Günstiges Zeitfenster für Geld- und Fiskalpolitik?

Quelle: Deutsche Bundesbank

Die realwirtschaftliche Lage und die geldpolitische Ausrichtung klaffen derzeit so weit auseinander wie selten zuvor. Mit dieser Bestandsaufnahme zur geldpolitischen Ausrichtung der Europäischen Zentralbank hat Bundesbankpräsident Jens Weidmann anlässlich der Bilanzpressekonferenz seines Hauses für das Berichtsjahr 2017 sicher nicht sonderlich überrascht. Doch mittlerweile kann er für seine Argumentation und für sein Werben um einen Ausstieg der EZB aus den Anleihekäufen immer stärker auf die vergleichsweise guten Rahmendaten verweisen - nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Offiziellen Zahlen nach ist die europäische Wirtschaft mit einer Gesamtwachstumsrate von 2,5 Prozent deutlich schneller gewachsen als in den Vorjahren. Gestützt wurde die Binnennachfrage im Euroraum dabei von einer voranschreitenden Erholung auf den Arbeitsmärkten. Die Zahl der Beschäftigten ist im Jahresverlauf 2017 kräftig gestiegen, der Beschäftigungsaufbau hat sich noch einmal beschleunigt. Zum Jahresende 2017 ist die Arbeitslosenquote in Europa mit 8,7 Prozent auf den niedrigsten Wert seit Anfang 2009 gefallen. Auch wenn nicht alle Länder Europas mit der gleichen Geschwindigkeit wachsen, kann der Bundesbankpräsident zudem auf eine abnehmende Streuung der Wachstumsraten verweisen.

Vergleichsweise offensiv wirbt Jens Weidmann vor diesem wirtschaftlichen Hintergrund für eine Weiterentwicklung der Währungsunion auf Basis der Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und den darauf basierenden Anregungen der EU-Kommission zu einer tieferen europäischen Integration. Grundsätzlich offen zeigt er sich für gemeinsame Aktivitäten hinsichtlich des Klimaschutzes, der Sicherung der Außengrenzen sowie der Entwicklung gemeinsamer Kommunikations- und Energienetze. Bei der Festlegung der Prioritätenliste hält er für solche Projekte, die gegenüber einzelstaatlichen Lösungen eine größere Effizienz versprechen, auch eine gemeinsame Finanzierung für verhandelbar. Umgekehrt warnt er aber vor einem Abrücken vom Subsidiaritätsprinzip als wichtigem Leitgedanken der EU.

Übrigens: Auf die Bilanz- wie auch die Ertragsentwicklung der Bundesbank hatte die Geldpolitik der EZB im Berichtsjahr 2017 erheblichen Einfluss. So hat sich das Bilanzvolumen mittlerweile auf 1728 Milliarden Euro erhöht. Allein im Berichtsjahr sind knapp 335 Milliarden Euro hinzugekommen, davon rund 160 Milliarden Euro im Rahmen der Anleihekaufprogramme und weitere 30 Milliarden Euro über die längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte. Der auf rund 1,9 (0,4) Milliarden Euro gestiegene Jahresüberschuss der Bundesbank wird maßgeblich durch die Negativzinsen für die Einleger in Höhe von 0,4 Prozent gespeist. Unter den Zinserträgen der Bundesbank von insgesamt 5,174 Milliarden Euro haben sich allein die Zinserträge aus der Negativverzinsung der Einlagen um 1,127 Milliarden Euro auf 2,174 Milliarden Euro und damit knapp 40 Prozent der gesamten Zinserträge erhöht. Um in absehbarer Zeit wieder auf normale Verhältnisse umschwenken und die dabei drohenden Zinsänderungsrisiken möglichst geräuschlos bewältigen zu können, hat die Bundesbank ihre Wagnisrückstellungen im Berichtsjahr um weitere 1,075 Milliarden Euro auf 16,425 Milliarden Euro erhöht.

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