Bankenaufsicht

Eine neue BaFin

Der Ort war derselbe. Traditionell bittet die BaFin zum Neujahrsempfang in die Räumlichkeiten der Wertpapieraufsicht in Frankfurt. Neu war zum einen der Präsident, denn es war der erste Auftritt in diesem Rahmen von Felix Hufeld, der nun seit fast elf Monaten an der Spitze der obersten Aufsichtsbehörde steht. Und anders war auch die Präsentation, die merklich kürzer und prägnanter war, als man das von der Vorgängerin, aber vor allem dem Vorvorgänger noch kannte. Es fehlten die mitunter fast feuilletonistischen Ausführungen, es fehlten die relativ unverhohlenen Drohungen, es fehlte auch ein bisschen die Arroganz der früheren Tage. Aber es mangelte keineswegs an der gebotenen Eindeutigkeit und Dringlichkeit.

Die Banken dürfen sich den Worten des Präsidenten zufolge künftig auf eine innige Zuneigung ihrer Aufsichtsbehörde freuen. Er sprach von Manndeckung, die umso enger werde, wenn die Risiken größer sind, als sie sein sollten, oder sich zumindest in diese Richtung entwickeln. Die BaFin werde flächendeckend im Auge behalten, was die Banken unternehmen, um das Steuer herumzureißen, so Hufeld. Man werde beobachten, ob die Institute die Kosten senken, ob sie ihre Geschäftsmodelle auf den Prüfstand stellen und etwa das nichtzinstragende Geschäft ausbauen, was wahrlich keine leichte Übung ist, ob sie adäquate Preise für ihre Dienstleistungen verlangen (hier sieht der Präsident offensichtlich noch größeren Spielraum) oder ob sie ihr Eigen kapital rechtzeitig stärken. All das seien Möglichkeiten, um auf die drohende Ertragserosion aus der Niedrigzinsphase zu reagieren. Nichts zu tun, so betonte Hufeld, und einfach abzuwarten, sei für einige Institute "Selbstmord auf Raten". Er kann also auch deutlich und plakativ, der neue Präsident. Ob all das Aufgaben einer Aufsichtsbehörde sein sollten oder ob diese mitunter schon zu tief in die Befugnisse von Vorständen und Geschäftsführern eingreifen? Die einen sagen so, die anderen so.

Großes Aufsichtsthema im laufenden Jahr werden die Zinsänderungsrisiken im Anlagebuch sein. Dies sei der "dickste Brocken" im Rahmen des SREP (Supervisory Review and Evaluation Process), durch den Risiken der Säule II erfasst und geprüft werden, die nicht in Säule I adressiert sind. Vermutlich ähnlich wie bei der Niedrigzinsumfrage aus dem vergangenen Jahr wird die BaFin hierzu sukzessive bei allen 1 500 direkt von ihr beaufsichtigten Instituten mittels Szenarien die Auswirkungen auf die Institute bei bestimmten Zinsentwicklungen abfragen. Entscheidend wird sein, ob ein Institut genug Eigenkapital hat, um alle seine Risiken abzudecken. Dabei, so Hufeld, werde die Aufsicht auf jeden Fall darauf achten, dass Reserven nicht mehrfach ins Feld geführt werden, sondern tatsächlich nur einmal zur Risikoabdeckung eingesetzt werden. Ob das zu Einschränkungen für die deutsche Langfristkultur führen wird und wie groß die Folgen aus der wachsenden Diskrepanz zwischen all zu kurzfristigen Einlagen auf der einen und langen Ausleihungen auf der anderen Seite sein werden - wer weiß!

Darüber hinaus gilt es für die BaFin, sich weiterhin strukturell, organisatorisch und personell auf die veränderten Rahmenbedingungen einzustellen. Das beginnt damit, sich in dem neuen Geflecht der europäischen Bankenaufsicht erfolgreich zu positionieren, die Abstimmungsverfahren weiter zu vereinfachen und Schnittstellen so effizient wie möglich zu gestalten. Auch das junge Verbraucherschutzmandat muss noch mit Leben gefüllt werden. Dafür wurde eigens eine neue Abteilung an beiden BaFin-Standorten bei der Wertpapieraufsicht gebildet. Die Verhaltensregulierung, so Hufeld, sei ebenso wichtig wie die prudenzielle, bilanzgestützte Aufsicht. Auch hier gibt es gleich eine Warnung an die Finanzwirtschaft: "Verhaltensregulierung als 'soft stuff' abzutun, wäre jedenfalls kurzsichtig. Sie gar als überflüssig zu betrachten, wäre ignorant." Es schwingt aber auch der notwendige Pragmatismus mit, wenn der Präsident anmerkt, dass der Anlegerschutz die Institute mitunter stark belasten und tief in Vertriebsprozesse eingreifen kann, die über Jahre gewachsen sind, es aber kein sinnvolles politisches Ziel sein könne, Bedingungen zu schaffen, unter denen Wertpapierberatung gar nicht mehr oder nicht mehr flächendeckend angeboten würde. Mit den eine größere Rolle spielenden Fintechs soll sich künftig ebenfalls eine spezialisierte Abteilung befassen, die auf die speziellen Wünsche dieser Branche besser eingehen soll, sprich möglichst auf elektronischem Weg kommunizieren, schnell agieren und reagieren und Inhalte so vermitteln kann, dass sie auch ohne große Rechtsabteilung lesbar sind.

Nein, neu ist und wird die BaFin nicht. Aber sie passt sich den Herausforderungen an. Das wird die Finanzwirtschaft zu spüren bekommen - mit hoffentlich positiven Folgen für alle Beteiligten.

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