Wirtschaftspolitik

Wer wird neuer Vorstand?

Vielleicht trügt der Eindruck. Aber mit dem fröhlichen Fallen der bunten Blätter scheinen in diesem Herbst 2015 irgendwie öfter als üblich Rainer Maria Rilkes feine Zeilen rezitiert zu werden: "Herr, es ist Zeit." Direkter: Vielerorts wechseln Unternehmensvorstände, durchaus auch ohne Dieselwolken. In der Kreditwirtschaft mag diese Bewegung der oberen Regionen damit zusammenhängen, dass das, was als "Große Finanzkrise" aufregende Kapitel in die Bücher gebracht hat, so einigermaßen bewältigt sein müsste. Und da mag das Gefühl in den berühmten Gremien wachsen, dass die Mohren nun doch ihre Schuldigkeit getan hätten. Sie könnten eigentlich jetzt mal gehen ... Zeit für einen Neuanfang also, "gerade auch in personeller Hinsicht". Vorstandswechsel somit auch ein Zeichen für "Innovationskultur"?

Vielleicht trügt dabei auch der nächste Eindruck. Herrscht in den Unternehmen - nicht zuletzt dabei in den Kreditinstituten - angesichts der wachsenden Unwägbarkeiten der großen wie kleinen Welt heute spürbarer Bedarf an verlässlichen Beziehungsgeflechten, an klassischen Seilschaften gar? Und ist vielleicht eines der Kriterien, nach denen die Verlässlichkeit der Auszuwählenden bewertet wird, das Parteibuch? Als eine erfahrene politische Lady, in Ortsparlamenten, Kreis- und Landtagen fast lebenslange Mitgestalterin, jüngst nach ihrer Meinung zum Parteiennachwuchs gefragt wurde, schüttelte sie sich. Es sei dortselbst wie nie zuvor die Postenjägerei anstelle der politischen Überzeugung getreten.

Nun wäre solches nicht eben neu. In den so ausgeprägt demokratischen Vereinigten Staaten wechselt bekanntlich mit der jeweiligen Regierungspartei mindestens der halbe öffentliche Dienst. Und in unserer ehrsamen Bundesrepublik füllen die Ad-hoc-Beförderungen unmittelbar vor Wahlen längst abenteuerliche Listen. Auch Kommunalbetriebe funktionieren aus Sicht der örtlichen Mehrheit offensichtlich ganz und gar nicht ohne die Führung von verdienten, aber gerade nicht ministrablen Parteigenossen. In diesem Umfeld darf oft auch den Sparkassen entsprechendes Interesse gewidmet sein.

Sparkassen sind zwar - gottlob - nicht mehr im strengen Sinne Kommunalunternehmen und sie sind auch in längst untersuchtem Ausmaß nicht Eigentum von Kommunen. Dass dies Kommunalpolitikern gelegentlich wieder vermittelt werden muss, ist bekannt. Dass das Verhältnis zwischen Kommunen und "ihrer" Sparkasse nicht direkt dem zwischen Kommunen und ihren Abfallentsorgern entsprechen kann, steht schließlich auch in den Sparkassengesetzen und folgt der Sparkassenaufsicht. Aber gelegentlich (was sonst) mögen Stadtobere mit ausgeprägter Parteilichkeit eben dennoch diejenigen Sparkassenvorstände besonders gerne, die der eigenen Partei angehören. Dabei mag es auch ab und an eine Rolle spielen, dass die Besoldung von Sparkassenvorständen üblicherweise noch etwas besser zu sein hat, als die von Bürgermeistern und Landräten.

Freilich ist aber trotzdem seit uralten Zeiten bewiesen, dass Sparkassen, Banken, Unternehmen überhaupt nicht SPD-gemäß, nicht CDU/CSU-gemäß und noch nicht einmal links- oder rechtsherum funktionieren können. Nicht einmal in ihrer Investitions- und Wohlfahrtsstrategie, sondern leider, leider, Gott sei Dank ist Unternehmenserfolg immer noch und immer wieder das Ergebnis von unternehmerischer Freiheit für einfach gute Vorstände.

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