Großbanken

"Ist das noch meine Deutsche Bank?"

Quelle: Deutsche Bank

Fast drei Jahre lang steht John Cryan nun an der Spitze der Deutschen Bank und damit für die Hoffnung auf Wandel, Veränderung und vor allem Verbesserung. Allerdings fällt die Bilanz des nüchternen Briten, zumindest von außen betrachtet, eher nüchtern aus: 2015 stand ein Verlust von fast 6,8 Milliarden Euro zu Buche. Das ließ sich noch recht einfach mit den "Aufräumarbeiten" unter dem neuen CEO begründen. 2016 betrug das Minus dann "nur" noch knapp 1,4 Milliarden Euro. Die Hoffnung wuchs. 2017 kam dann aber der nächste Rückschlag, es folgte mit knapp einer halben Milliarde Euro der dritte Verlust in Folge.

Dabei beunruhigen gar nicht so sehr die nackten Zahlen, auch wenn diese alles andere als gut sind. Die Erträge sind spürbar gesunken und werden sich wohl irgendwo auf einem Niveau zwischen 25 und 30 Milliarden Euro einpendeln. Nur zum Vergleich. Der amerikanische Bankriese JP Morgan Chase verzeichnete allein im vierten Quartal 2017 Erträge von knapp 25 Milliarden US-Dollar. Das zeigt, wie uneinholbar groß der Abstand zur Konkurrenz geworden ist. Die Deutsche Bank hat natürlich auch immer noch ein Kostenproblem. Aufwendungen von knapp 25 Milliarden Euro lassen sehr wenig Luft zum Atmen und noch weniger Luft für ordentliche Gewinne. Eine Cost Income Ratio von 93,1 Prozent ist gefährlich hoch. Und immer noch lassen die Bewältigung von Altlasten, Restrukturierungen und Bilanzjonglierereien wie das Aktivieren latenter Steuern in Form von Verlustvorträgen keine Betrachtung im Normalzustand zu. Außenstehende Beobachter sind also nur schwer in der Lage zu beurteilen, wie gut oder wie schlecht es um die Deutsche Bank nun gerade tatsächlich bestellt ist.

Da ist die gefühlte Hilflosigkeit der handelnden Verantwortlichen, der Mangel an Antworten, die die Zukunft betreffen, natürlich Gift. Selbstverständlich können Cryan, Sewing und Schenck eloquent alle Fragen beantworten. Und sicherlich wird manches aufgrund der allgemein herrschenden Verunsicherung zu kritisch gesehen. Aber die entscheidende Frage, was will oder auch was kann die Deutsche Bank sein, blieb auch auf dieser Bilanzpressekonferenz weitestgehend unbeantwortet. "Wir wollen die führende kundenorientierte globale Universalbank sein. Die Deutsche Bank ist Deutschlands führende Bank. Sie hat in Europa eine starke Marktposition und ist in Amerika und der Region Asien-Pazifik maßgeblich vertreten." So steht es auf der Webseite. Allerdings hat sich die Deutsche Bank längst von dem Anspruch früherer Zeiten verabschiedet, überall auf der Welt in allen wesentlichen Produktkategorien zu den Besten zu gehören. In ausgewählten Bereichen gelingt das auch heute noch, aber nur noch sehr selektiv.

Vom Selbstbewusstsein, Kritiker beziehungsweise Neider würden sagen der Arroganz, früherer Tage, angefangen beim Vorstandsvorsitzenden bis hinunter zum Pförtner ist nicht mehr viel geblieben. Eine neue Bescheidenheit oder eher Ernüchterung macht sich breit. Deutschbanker müssen den Kunden erstmal eine halbe Stunde erklären, was denn mit dem stolzen Haus los ist, bevor man dann zum Eigentlichen, Wesentlichen, dem Geschäft kommen kann. Das macht keinem Spaß. Und das ist auch gefährlich: Die meisten ambitionierten Fußballer möchten bei Bayern München spielen, weil es hier die größten Erfolgs- und damit Karrierechancen gibt. Gleiches galt jahrzehntelang für die Deutsche Bank. Sie war Anziehungspunkt für die größten Talente. Diese Strahlkraft schwindet mit jedem Jahr mit Verlusten, mit Stellenabbau, mit Negativschlagzeilen, mit zu viel Demut und zu wenig Erfolg. Die viel kritisierten Boni sind deutlicher Ausdruck dafür, dass sich die Verantwortlichen dieses Bedeutungsverlustes in den Augen der Mitarbeiter durchaus bewusst sind. "Die diesjährige variable Vergütung ist eine einmalige Investition, um der neuen Führung unserer Unternehmens- und Investmentbank die Chance zu geben, unsere Marktposition zu sichern und auf ausgewählten Geschäftsfeldern auszubauen", so John Cryan. Doch kann das gut gehen? "Das ist nicht mehr meine Deutsche Bank", hört man leider viel zu oft dieser Tage.

Das ist schade. Deutschland, die deutsche Wirtschaft braucht eine starke Deutsche Bank, gerne auch wieder mit mehr jener typischen Arroganz der Gewinner und weniger der Demut der Zauderer. Hoffentlich ist die bald wieder da.

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