Steuern

Vom Paradies in den Überwachungsstaat

Björn Demuth, Rechtsanwalt und Partner, Wirtschaftskanzlei CMS in Deutschland

Nach Panama-Papers und Luxleaks nun die nächste Offenbarung: Paradise-Papers. 1,3 Millionen entwendete Daten zweier Finanzdienstleister und ihrer Kunden mit teils dubiosen Geschäften in 19 Steueroasen sorgen rund um den Globus für fette Schlagzeilen. Damit sollen Steuertricks der Superreichen und Konzerne öffentlich gemacht werden. Eingeräumt wurde aber sogleich, dass nicht alle Betroffenen illegal gehandelt hätten.

Was lehrt die neue Aufdeckung? Ja, es gibt Steueroasen und ja, diese werden insbesondere von denjenigen genutzt, die davon erheblich profitieren - und nein, nicht alle Akteure sind Kriminelle. Wichtigste Erkenntnis aber ist: Es gibt keine absolut sicheren Geheimnisse und Verstecke mehr. Jeder, der sich solcher Plätze bedient, muss das Aufdeckungsrisiko wesentlich höher gewichten als bisher.

Warum existieren überhaupt solche Plätze? Nun, nicht jedes Land partizipiert gleichermaßen von den freien Weltmärkten. Und auf der Nachfrageseite gilt: Wer viel hat, kann viel verlieren. Er will sich schützen und zudem Abgabenbelastungen vermeiden oder reduzieren.

Doch als Reaktion auf die letzte Finanzkrise haben die G20-Staaten, die OECD, die EU sowie Entwicklungs- und Schwellenländer in den letzten beiden Jahren eine ganze Reihe an gesetzgeberischen Maßnahmen ergriffen. Deren wahre Ausmaße werden sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Dazu gehören unter anderem automatischer Informationsaustausch, Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen, Meldepflichten, Amtshilfevereinbarungen und Transparenzregister. Die internationale Staatengemeinschaft ist sich weitestgehend einig darin, alles Kapital besser zu beaufsichtigen und zur Staatsfinanzierung heranzuziehen. Aber immer wieder gibt es auch Ausbruchversuche einzelner Staaten wie derzeit etwa den USA, die sich durch Alleingänge einseitige Vorteile versprechen. Umso bemerkenswerter ist, dass zwischenzeitlich ein so umfassender Konsens gefunden wurde.

Bei allem berechtigten Frust über allzu aggressive Steuergestaltungsmodelle in Steueroasen darf nicht aus dem Blick geraten, dass die Auswirkungen der gesetzlichen Neuregelungen massiv sein werden. Zumindest für Deutschland kann man heute schon sagen, dass wir auf einem deutlichen Weg hin zum Überwachungsstaat sind. Die bereits eingeleiteten gesetzgeberischen Maßnahmen werden zu einem erheblichen Umdenken bei gewissen Steueroptimierern führen. Denn die Entdeckungsgefahr ist massiv gestiegen.

Ganz unabhängig davon will aber nicht jeder in die illegale Ecke geschoben werden. Schon der Gedanke an die negative Publicity, trotz legalem Verhalten mit Steueroasen oder Offshore-Gesellschaften in Verbindung gebracht zu werden, sorgt bei vielen Steuerzahlern für Unbehagen. Vor diesem Hintergrund scheint aktuell kein weiterer gesetzgeberischer Aktionismus angebracht. Sollten die eingeleiteten Reformen nach einer dreijährigen Wirkungszeit wider Erwarten nicht fruchten, kann immer noch nachjustiert werden.

Björn Demuth, Rechtsanwalt und Partner, Wirtschaftskanzlei CMS in Deutschland

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