Bankenaufsicht

Raum zur Positionierung

Gelegentlich versprechen lange im Voraus terminierte öffentliche Auftritte von Spitzenpersonal angesichts aktueller Ereignisse eine ganz besondere Spannung. Als Felix Hufeld Ende Juni 2015 dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten (ICFW) zum ersten Mal als amtierender BaFin-Präsident Rede und Antwort stand, hatten die Kapitalmärkte just an diesem Tag die Ankündigung der Volksabstimmung in Griechenland zu verkraften. Schon in den Tagen zuvor hatten die Medien dankbar die Rolle der BaFin bei der jüngsten Vorstandsrochade der Deutschen Bank sowie der Genehmigung des Haftungsverbundes der Sparkassenorganisation aufgegriffen. Hufeld meisterte alle drei kommunikativen Klippen betont unaufgeregt. Mit Blick auf die Deutsche Bank zeigte er sich als Anhänger der hierzulande praktizierten Missstandsaufsicht, die letztlich auch bei den Spitzenpersonalien zu einem nicht mehr weiter zu kommentierenden Ergebnis geführt habe.

Hinsichtlich des S-Haftungsverbunds bestätigte er die Genehmigung seines Hauses für die Beschlusslage nach dem zustimmenden Votum der west fälisch-lippischen Sparkassen, wobei die vieldiskutierten Nebenabreden offensichtlich als unschädlich eingestuft wurden. Und in Sachen Griechenland verwies er schon ohne das Wissen um das Ergebnis der Volksabstimmung vor allem auf die ganz praktischen Probleme zur Aufrechterhaltung eines funktionierenden Zahlungsverkehrs.

Sein ICFW-Eingangsstatement nutzte der BaFin-Präsident jenseits dieses aktuellen Tagesgeschehens zu einer Positionierung seines Hauses in fünf Themenfeldern. Seine wohl stärkste Botschaft bezieht sich auf die neue Rolle seines Hauses unter dem Aufsichtsregime der EZB. Beruhte die Autorität der BaFin in früheren Zeiten auf einer unmittelbaren exekutiven Anordnungsbefugnis, so muss er nun im schlimmsten Falle ein ständiges Kompetenzgerangel mit der EZB um Aufgabenbereiche und Zuständigkeiten befürchten. Um diesem Konflikt von vornherein aus dem Weg zu gehen und seinem Haus eine taktisch kluge Einflussnahme zu sichern, will er es durch eine sachlich hoch qualifizierte Arbeit unverzichtbar machen. Es geht darum, partiell Macht durch Einflussnahme zu ersetzen, so hat er griffig formuliert und damit einen wichtigen Punkt des Selbstverständnisses angesprochen. Dass die Arbeit seiner Mannschaft nur anders wird und nicht an Relevanz und Wert verliert, wird gleichwohl nicht leicht zu vermitteln sein - nach außen nicht und vielleicht noch weniger nach innen.

Mit Blick auf das anhaltende Niedrigzinsniveau richtet sich seine zweite Botschaft nur an Externe. Angefangen von der Kreditwirtschaft mit ihrem Nachholbedarf an nachhaltigen Provisionsgeschäften bis hin zu den Gefahren für die Bausparkassen und die Versicherungen gehört es zweifellos zu den Aufgaben der BaFin, den Blick der Finanzbranche für ein Zinsszenario zu schärfen, das keine Trendwende erkennen lässt. Wenn die Aufseher besorgt die Ertragsentwicklung der hiesigen Banken betrachten, wird das freilich von den Instituten regelmäßig als Einmischung beziehungsweise verkappte Strukturpolitik gebrandmarkt. Hufeld weiß sehr wohl um diese Gratwanderung, lässt sich aber von dem Misstrauen der Betroffenen nicht schrecken. Im Gegenteil: Auch bei der Bedrohung der etablierten Banken durch die sogenannten Fintechs verspricht er ersteren keinen Schutzmantel und sympathisiert offen damit, die Aktivitäten der Newcomer zwar zu beobachten, aber unterhalb unkritischer Schwellenwerte hinsichtlich der Geschäfts- und/oder Kundenvolumina zu tolerieren.

Mit seinem dritten Anliegen, nämlich einer Stärkung des Risikomanagements in der zweiten Säule, dürfte der BaFin-Präsident eher den Nerv der deutschen Banken treffen. Denn eine Sensibilität bei Abweichungen von Risikoparametern der zweiten von den harten Standards der ersten Säule bedeutet der Tendenz nach eine Infragestellung einer allzu starken Modellgläubigkeit und damit eine Aufwertung der qualitativen Aufsicht. Das ist eine Ausrichtung wie sie von der hiesigen Kreditwirtschaft gefordert wird. Quantitative Meldeanforderungen der europäischen Instanzen abzubiegen dürfte der BaFin gleichwohl kaum gelingen. Aber vielleicht lässt sie sich in Arbeitsteilung mit den EZB-Zahlen als qualitativ arbeitende Instanz etablieren.

Bereits konkrete Auswirkungen hatte zumindest auf nationaler Ebene das als vierter Punkt formulierte Ansinnen einer Stärkung der makroprudenziellen Aufsicht. Inzwischen hat der Ausschuss für Finanzstabilität (AfF) eine Empfehlung an die Bundesregierung zur Schaffung sogenannter "nationaler makroprudenzieller Instrumente für den Wohnimmobilienmarkt" beschlossen. Konkret regt der AfF an, die BaFin durch die Schaffung der entsprechenden Rechtsgrundlagen bei Bedarf zu ermächtigen, für die Kreditfinanzierung von Wohnimmobilien - unter anderem die Höhe des mindestens einzubringenden Eigenkapitals oder eine Mindesttilgung - einzuführen. Weiterhin auf der Agenda seines Hauses sieht der BaFin-Präsident Verhaltensregeln im Verbraucherschutz. Bei diesem fünften Aspekt bleibt er noch vergleichsweise allgemein und plädiert für eine differenzierte Betrachtung unter Berücksichtigung sozialpolitischer Gesichtspunkte.

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