LBBW

Spielraum durch Kapitalkraft

Die Risikoaktiva der Landesbank Baden-Württemberg werden sich in den kommenden Jahren wieder erhöhen. Eigentlich passt diese Botschaft nicht so recht in ein Gesamtbild aus möglichst guten Zahlen und hohen Sympathiewerten, mit dem sich der Vorstandsvorsitzende einer Bank nach gut sieben Jahren an der Spitze gerne in den Ruhestand verabschieden will. Doch für Hans-Jörg Vetter ist sie zu Recht ein Teil seiner Erfolgsbilanz. Denn er hat während seiner Amtszeit die Risikoaktiva der LBBW nach "Basel 2.5" von 178 Milliarden Euro im Jahre 2008 kontinuierlich auf 96 Milliarden Euro 2012 abgebaut. Und 2013 bis zum Ende des Berichtsjahres 2015 ging es - nun anhand der CRR-/CRD-IV-Vorschriften gerechnet (über 90 und 82 Milliarden Euro) weiter zurück auf 74 Milliarden Euro.

Parallel dazu wurde die Bilanzsumme der LBBW von 448 Milliarden Euro im Jahre 2008 auf 234 Milliarden Euro Ende 2015 zurückgeführt. Die "Entrümpelung der Bilanz" vom Kreditersatzgeschäft und Kreditengagements außerhalb des strategischen Profils gilt damit nun als abgeschlossen. In der Ertragsentwicklung lief der Trend in die andere Richtung. Von 86 Millionen Euro im Jahre 2011 über 399 Millionen Euro 2012 wurden als IFRS-Konzernergebnis vor Steuern im Berichtsjahr 2015 rund 531 Millionen Euro verbucht. Seit mittlerweile vier Jahren gab es kein Quartal mit roten Zahlen. Kontinuierlich bergauf ging es seit dem Jahr 2012 auch mit den Kapitalquoten. Bei der harten Kernkapitalquote ist die Bank mit dem letzten noch voll von ihrem jetzigen Vorstandsvorsitzenden zu verantwortenden Abschluss bei 16,4 Prozent gelandet und bei der Gesamtkapitalquote stehen 21,9 Prozent zu Buche (jeweils mit den gültigen Übergangsvorschriften ermittelt). Bei vollständiger CRR-/CRD-IV-Umsetzung errechnen sich 15,6 (13,6) und 21,4 (18,9) Prozent.

Mit all diesen Zahlen darf Vetter seine Mission der strategischen Neupositionierung der Stuttgarter Landesbank als erledigt und die Volumina wie auch die Risikoaktiva auf einem Stand sehen, der dem Kundengeschäft angemessen ist. Von dieser Basis aus kann von nun an und ab November dann unter dem designierten Nachfolger Rainer Neske an der Vorstandsspitze ein Ausbau des Kundengeschäftes in Angriff genommen werden. Dieser dürfte wieder einen Anstieg der Bilanzsumme zur Folge haben und auch bei den Risikoaktiva Zuwächse verkraftbar machen. Welche Segmente derzeit besonders gut laufen und weiterhin gute Perspektiven versprechen, hat der LBBW-Vorstand in seinem Ausblick betont. Zu den Bereichen mit besonderem Produkt-Know-how rechnet die Landesbank demnach Schuldscheindarlehen, Zertifikate, das Wealth Management und diverse Absicherungsgeschäfte. Wo konkret künftig neue Akzente gesetzt werden, bleibt gleichwohl ab Ende des laufenden Jahres maßgeblich dem neuen Vorstandsvorsitzenden vorbehalten. In allen drei großen Segmenten, nämlich Corporates, Retail/Sparkassen sowie Financial Markets, wird freilich wie in den anderen Landesbanken und der Kreditwirtschaft überhaupt die Digitalisierung eine Schlüsselrolle spielen, die auch in einem Jahr des personellen Übergangs keinen Stillstand verträgt.

Ob Hans-Jörg Vetter mit seinem Hinweis auf Defizite seines Hauses und der gesamten Kreditwirtschaft in puncto Effizienz und Abwicklungsgeschwindigkeit zum Ende seiner Amtszeit den Digitalisierungsprojekten noch einen besonderen Schub geben will? In der BW Bank wurde mit dem Frühjahrsbeginn in einem Feld, das sein Nachfolger sehr gut kennt, eine Neuausrichtung des Privatkundengeschäftes forciert, wie man sie in diversen deutschen Großsparkassen längst angestoßen hat. Und im Kapitalmarktgeschäft stellt sich die Bank als Auswirkung der Digitalisierung bei einfachen Produkten auf eine Abwicklung über elektronische Plattformen und damit geringere Margen ein.

Helfen soll bei der Kundenbindung und Neukundengewinnung in beiden Segmenten ebenso wie in der Unternehmensfinanzierung die wiedererlangte Kapitalstärke der LBBW. Diese hat der scheidende Vorstandsvorsitzende gegen Ende seiner Amtszeit mehrfach als besonders wichtiges Asset herausgestellt. In der Tat dürfte bei vielen Kunden im Zweifel eine gute Kapitalausstattung den Ausschlag geben, welcher Bank sie ihr Vertrauen schenken. Und der Bank gibt sie Luft für eine kontrollierte Ausweitung von Bilanzsumme und Risikoaktiva.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X