Kreditgenossenschaften

Überzeugend

Wenn der Vorstand des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken alljährlich im Frühjahr vor die Presse tritt, um über die Erfolge oder Misserfolge der Mitgliedsbanken im abgelaufenen Geschäftsjahr zu berichten, dann ist das schon lange keine reine Zahlenveranstaltung mehr. Mehr und mehr Raum nehmen politische, regulatorische und geldpolitische Fragestellungen ein, zu denen Uwe Fröhlich, Gerhard Hofmann und Andreas Martin Stellung nehmen wollen oder müssen. Das ist angesichts der fortwährend steigenden Einmischung von Standard- und Regelsetzern in den Bankenalltag gar nicht anders möglich. Mit Blick auf die vergangenen Jahre lässt sich dabei großes lobbyistisches Geschick der handelnden Personen konstatieren, denn kaum etwas kam am Ende so schlimm wie zunächst befürchtet.

Diese Aufgabe endet aber nicht. Derzeit bewegt zum Beispiel das Thema Einlagensicherung und Zukunftsfähigkeit auch unter europäischer Herrschaft die Kreditgenossen, wenn auch bei weitem nicht so stark wie die Sparkassen. Am 6. Mai sollen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung die Vorschläge präsentiert werden. Dabei handelt es sich um eine Zwei-Topf-Lösung, die beim BVR angesiedelt sein soll. Die beiden Töpfe sind eng miteinander verzahnt, mit dem BMF abgestimmt und stoßen dem Vernehmen nach auf breite Zustimmung der Primärbanken. Auch der nicht enden wollende Kampf um eine angemessene Behandlung der im Kern als Verbund agierenden genossenschaftlichen Finanzgruppe beschäftigt weiterhin. Dabei ist die Abgrenzung zum Konzern, dessen Vorteile man ja durchaus auch gerne in Anspruch zu nehmen weiß, wenn es um Ausnahmeregelungen geht, eine sehr feine Linie. Bislang wurde die in den Gesprächen sauber eingehalten, so Gerhard Hofmann. Die EZB neige, bei allem Respekt, aber zu einer Konzerndenke. Die deutschen Kreditgenossen sind nicht vergleichbar mit einer Rabobank aus den Niederlanden und wollen dies auch berücksichtigt wissen.

Wenig Hoffnung gibt es dagegen beim Thema Ana-Credit. Ab 2017 müssen für jeden Kredit über 25 000 Euro, also quasi für jeden Kredit, 152 Attribute an die EZB übermittelt werden, was einem enormen Erhebungs- und Übermittlungsaufwand gleichkommt. Da wird es wohl keine Ausnahmen mehr geben. Und schließlich das Stichwort Kapitalmarktunion, die laut BVR-Präsident Fröhlich auf einer Fehldiagnose beruht: Die Wahrnehmung der Kommission, das Verhältnis zwischen Sparern auf der einen und Investoren auf der anderen Seite sei gestört, sei für Deutschland schlicht falsch. Die Finanzierung hierzulande erfolge ohne Defizite und es gebe keinerlei Kreditklemme. Bleibt die Geldpolitik mit ihren niedrigen Zinsen, den Konsequenzen für Sparer und natürlich die Banken selbst. Auch die Ergebnisse der Volks- und Raiffeisenbanken werden in den kommenden Jahren in dem Maße zurückgehen, wie sich das margenschwachere Geschäft in die Systeme hineinfrisst.

Wohl dem, der angesichts dieser Fülle an Herausforderungen aus der Position der Stärke heraus agieren kann. Zuwächse bei den Kreditbeständen von 4,3 Prozent auf 482 Milliarden Euro und bei den Kundeneinlagen von 3,7 Prozent auf 582 Milliarden Euro sind Beleg für die Verankerung der Gruppe bei den Kunden und in der Realwirtschaft. Der Einlagenüberhang von 100 Milliarden Euro lässt auch künftig noch ausreichend Spielraum bei der Darlehensvergabe. An dieser Bodenständigkeit soll sich nichts ändern: Eine Abwendung von Filialen sei bei den Kreditgenossenschaften genauso wenig ein Thema, wie die Einführung von Negativzinsen oder Gratiskonten auf breiter Front. Mit Blick auf die großen privaten Wettbewerber stellt Fröhlich zudem fast genüsslich fest, dass man natürlich von deren Strategieschwenken profitiert habe. Und eine Diskussion, die die Grundfesten des Geschäftsmodells erschüttern würde, würden die Kreditgenossenschaften nie führen.

Noch zeigen sich auch keine Bremsspuren in den Ergebnissen: Der Zinsüberschuss der 1 047 Institute stieg im abgelaufenen Geschäftsjahr um 1,9 Prozent auf 17,2 Milliarden Euro. Der Provisionsüberschuss erhöhte sich leicht um 200 Millionen Euro auf 4,4 Milliarden Euro. Und die Kosten sanken von 14,3 Milliarden Euro auf 13,9 Milliarden Euro. Begünstigt von einem positiven Bewertungsergebnis stieg der Jahresüberschuss vor Steuern um 300 Millionen Euro auf 7,6 Milliarden Euro. Bislang ist das alles sehr überzeugend.

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