Öffentliche Banken

Unbequeme Wahrheiten

Dr. Johannes-Jörg Riegler

Die Aufgabe ist wichtig und herausfordernd, aber die Freude ist immer noch da. Mit diesen Worten hat Johannes-Jörg Riegler, im Hauptberuf Chef der Bayerischen Landesbank, kürzlich vor dem Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten seine ersten sechs Monate im Amt des Präsidenten des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) beschrieben. Die Art, mit der der Bankmanager die Lage und Wettbewerbsfähigkeit der Bankenszene in Deutschland und Europa skizziert, lässt vermutlich nur einen sehr kleinen Raum für jeglichen Spaßfaktor. Aber vielleicht hat ein Banker, der seinem eigenen Bekunden nach große Teile des Berufslebens im Maschinenraum des Bankensektors verbracht hat, das Risikomanagement, die Regulatorik und die Banksteuerung aus Passion betreibt und darüber hinaus noch das Insolvenzrecht als eine Lieblingsdisziplin begreift, einfach ein anderes Verhältnis zu dem Reiz von großen Herausforderungen. Denn die Bestandsaufnahme des Zustandes der europäischen Banken, einschließlich der von ihm vertretenen öffentlichen Banken Deutschlands, klingt erst einmal ernüchternd.

Viele europäische Banken, so jedenfalls Rieglers unbequeme Wahrheit, sind derzeit nicht in der Lage, die Kapitalkosten zu verdienen. Seiner Einschätzung nach dürfte diese These auch für ein Viertel oder gar ein Drittel der von der EZB beaufsichtigten Institute zutreffen. Im Wettbewerb sieht er die europäischen Häuser im Vergleich mit den finanzkräftigen US-amerikanischen oder auch chinesischen Instituten weit abgeschlagen. Deren verstärkt wahrzunehmenden Ambitionen, so hat er registriert, machen es am attraktiven deutschen Markt für die hiesige Branche auch von den Vergütungsstrukturen her schwer, die besten Mitarbeiter zu gewinnen. Trotz all dieser Belastungen sieht er sich in seinem neuen bankpolitischen Amt in der Pflicht und will seinen Teil zur "Bewältigung dieser Herausforderungen beitragen".

Auf der schonungslosen Bestandsaufnahme aufbauend erhofft er sich für Europa eine Verständigung über die Zielvorstellungen eines gemeinsamen Bankenmarktes. Von dem Anforderungsprofil und dem Zielbild der öffentlichen Banken hat er schon klare Vorstellungen. Er will sie als leistungsfähigen Teil eines starken Bankensektors, als Partner der Wirtschaft und als Dienstleister für die Volkswirtschaft etablieren. Dabei will er den VÖB über die Interessenvertretung gegenüber der Politik hinaus als leistungsfähigen und schlagkräftigen Verband weiterentwickeln, der seinen Mitgliedern auch in Sachen Kompetenz und Kosten einen Mehrwert gegenüber externen Dienstleistern wie den großen WP-Gesellschaften und/oder Beratungsunternehmen bietet. Mit den anderen hiesigen Verbänden und auch auf europäischer Ebene gemeinsame Interessen auszuloten, hält er für leichter machbar als die Einigung auf einen Masterplan für die europäische Bankenlandschaft. Sein Appell: Aufsicht und Banken in Europa müssen sich zusammensetzen und für starke Banken sorgen. Die Umsetzung, das weiß Johannes-Jörg Riegler nur zu gut, dürfte vermutlich für lange Zeit mehr durch harte Sanierungsarbeit geprägt sein als von der Freude an sichtbaren Erfolgen.

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