Bundesgerichtshof

Urteil zur Insolvenzfestigkeit von Sicherungsabtretungen

Am 2. Februar 2017 hat der BGH einen bei Unternehmensinsolvenzen immer wieder entstehenden Rechtsstreit zwischen Insolvenzverwalter und Kredit gebender Bank zu deren Gunsten entschieden (BGH-Urteil vom 2. Februar 2017 - IX ZR 245/14 - abgedruckt in ZIP 2017, Seite 533 ff.). Das Urteil bestätigte eine BGH-Entscheidung aus dem Jahre 2007 (BGH-Urteil vom 29. November 2007 - IX ZR 30/07 - abgedruckt in ZIP 008, Seite 183) und erneuerte damit die grundsätzliche Insolvenzfestigkeit einer Globalabtretung zur Sicherung des einem Unternehmen auf Kontokorrentbasis gewährten Rahmenkredits.

Der Sachverhalt entsprach einer bankrechtlichen "Standardsituation": Die später insolvente GmbH unterhielt ein Kontokorrentkonto bei der beklagten Bank. Diese gewährte der GmbH im Mai 2008 einen Rahmenkredit auf dem Konto von 350000 Euro. Vertragsgrundlage waren ihre Allgemeinen Kreditbedingungen und ihre AGB. Zur Sicherung aller Ansprüche der Bank aus der Geschäftsverbindung trat die GmbH sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche aus Warenlieferungen und Leistungen gegen die Kunden A bis Z an die Bank ab. Der Sollsaldo des Kontos betrug am 6. November 2009 zirka 328 000 Euro. Er wurde bis zum 8. Dezember 2009 durch Zahlungen auf an die Bank abgetretene Forderungen um zirka 227000 Euro auf zirka 101 000 Euro zurückgeführt. Auf den am 7. Dezember 2009 von dritter Seite gestellten Antrag wurde am 1. Februar 2010 das Insolvenzverfahren über die GmbH eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt. Die Bank kündigte der GmbH die Kreditlinie mit Schreiben vom 5. Januar 2010. Der Verwalter verlangte nun von der Bank im Wege der Insolvenzanfechtung Zahlung des Rückführungsbetrags von zirka 227 000 Euro zur Masse und erhob Klage. Das LG wies sie in erster Instanz ab, das OLG gab ihr statt, ließ aber die Revision zu. Der BGH hob das OLG-Urteil auf und setzte das erstinstanzliche Urteil wieder in Kraft.

Für den BGH war die Feststellung entscheidend, dass hier keine Gläubigerbenachteiligung erfolgt war, die einen Anfechtungsanspruch hätte begründen können. Nur wenn die Aufrechnungssituation für die Bank auf einer anfechtbaren Rechtshandlung beruht hätte, wäre sie nach § 96 Abs. I Nr. 3 InsO unzulässig. Wenn aber die Bank "im Umfang der Zahlung insolvenzbeständig am Schuldnervermögen gesichert war" seien die Gläubiger nicht benachteiligt. Das schließe auch den Fall ein, in dem "... eine Rechtshandlung dazu führt, dass eine wirksam und unanfechtbar bestellte Sicherheit durch eine gleichwertige andere Sicherheit ersetzt wird, ohne dass damit für das (Insolvenz-)Schuldnervermögen ein zusätzlicher Rechtsverlust verbunden wäre". Bei der Globalzession an eine Bank verhalte es sich so, wenn die Drittschuldner der zedierten Forderungen auf ein Konto des Zedenten (Insolvenzschuldners) bei der Bank zahlen und die Bank ein Pfandrecht an dem Anspruch auf Gutschrift erwirbt. Bei Gutschriften, die auf der Bezahlung anfechtungsfest an die Bank abgetretener Forderungen beruhen, würden die Gläubiger durch die Verrechnung wechselseitiger Forderungen im Kontokorrentverhältnis nicht benachteiligt.

Solche Zahlungen der Drittschuldner auf das Schuldnerkonto bei der Bank würden unmittelbar in das Bankvermögen gelangen. Den Erlös erwerbe die Bank als aus der Sicherungsabtretung unmittelbar Berechtigte auch, wenn die Abtretung noch nicht offengelegt war. Mit der Zahlung erlösche zwar die an die Bank abgetretene Forderung. Die Bank erwerbe aber gemäß § 14 Abs. I AGB-Banken beziehungsweise § 21 Abs. I AGB-Spark. anstelle der Forderung ein Pfandrecht an dem Anspruch des Insolvenzschuldners auf Gutschrift (§ 667 BGB). Es finde also ein Sicherheitentausch statt, der die Gläubiger "... nicht benachteiligt, wenn die Bank an im Voraus abgetretenen Forderungen ein anfechtungsfestes Absonderungsrecht gemäß § 51 Nr. 1 InsO erworben hatte, welches sich als Pfandrecht an den auf das Konto der Schuldnerin bei der (Bank) eingezahlten Beträgen fortsetzte".

Als Quintessenz der für Nichtjuristen zum Teil nur schwer eingängigen, jedoch juristisch schlüssigen Ausführungen des BGH ist festzuhalten: Die Globalzession gegenwärtiger und künftiger Forderungen eines Unternehmens an seine Bank oder Sparkasse, die im Zeitrahmen der §§ 130 ff. InsO und bei Geltung der AGB-Banken beziehungsweise -Sparkassen zur Sicherung eines Rahmenkredits vereinbart wird, ist weiterhin grundsätzlich insolvenzfest. Der dem Urteil des BGH vorangestellte Leitsatz Nr. 1 bestätigt das so: "Die Verrechnung wechselseitiger Forderungen im Kontokorrentverhältnis benachteiligt die Gläubiger nicht, soweit die eingegangenen Gutschriften auf der Bezahlung solcher Forderungen beruhen, welche der Bank anfechtungsfest zur Sicherheit abgetreten worden waren, und der Bank eine anfechtungsfeste Sicherheit am Anspruch des Schuldners auf Gutschrift zusteht".

Ergänzend stellt der Leitsatz Nr. 2 klar, dass die mit der Einzahlung auf ein bei der Bank geführtes Kontokorrentkonto des Schuldners verbundene Kontokorrentbindung einem AGB-Pfandrecht der Bank am Anspruch des Schuldners auf Gutschrift nicht entgegensteht.

RA Dr. Claus Steiner, Wiesbaden

Dr. Claus Steiner , Rechtsanwalt, Wiesbaden
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