Expertengespräch

1.Pfandbrief-Roundtable

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Hält der Boom an? Welche Rolle spielen die EZB-Politik und die Regulatorik? Werden sich neue Produktvarianten nachhaltig am Markt etablieren lassen? Diese und viele weitere Fragen diskutierte die ZfgK-Redaktion beim "1. Pfandbrief-Roundtable" mit acht ausgesuchten Experten.

Herr Kaufmann, wir haben ein sehr gutes erstes Halbjahr für die europäischen Covered Bonds gesehen, rund 92 Milliarden Euro sind das höchste Emissionsvolumen seit 2011. Wie ist dieses Ergebnis zu bewerten?

Franz-Josef Kaufmann: Es ist schon beeindruckend, wie sich der gesamte Covered-Bond-Markt inklusive des Pfandbriefmarkts im ersten Halbjahr behauptet hat. Das Ergebnis bestätigt die Erkenntnis der vergangenen Jahre, dass Pfandbriefe und Covered Bonds auch in volatilen Zeiten ein ausgesprochen sicheres Funding-Instrument sind.

Das sehr hohe Emissionsvolumen ist aber sicherlich nicht überzubewerten, denn es ist ein Stück weit das Ergebnis der Gesamtsituation. Der momentane Renditeabstand zu Staatsanleihen macht den Pfandbrief für Investoren interessant, die EZB unterstützt den Markt mit ihren Aufkäufen und auch gegenüber Einlagen zeigt sich der Pfandbrief als günstige, langfristige Refinanzierungsalternative. Unser Haus, das Covered Bond Research Team, hat Anfang des Jahres ein Emissionsvolumen für 2016 von etwa 160 Milliarden Euro prognostiziert, damit lagen und liegen wir weiterhin gut.

Herr Gipp, den Neuemissionen stehen aber auch Fälligkeiten in Höhe von fast 86 Milliarden Euro gegenüber. Das heißt, die Bestände wachsen nicht, hier wird offensichtlich gerade mal der Bedarf gedeckt, oder?

Martin Gipp: Das stimmt sicherlich für einen Teil des Marktes, wobei wir als Helaba unsere Refinanzierung nicht an den Fälligkeiten, sondern am Neugeschäft ausrichten. Bereits seit einigen Jahren verfolgen wir sehr stringent den Approach eines "Matched Fundings". Dadurch hat sich unser Refinanzierungsmix in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verändert und leitet sich aus unserem Geschäftsmodell einer Universalbank mit starkem regionalem Fokus ab: Bei einem jährlichen Refinanzierungsvolumen von 12 bis 15 Milliarden Euro besteht er etwa zu einem Drittel aus Pfandbriefen und zu zirka zwei Dritteln aus Senior-Unsecured-Anleihen. Und auch wenn das gesamte Umfeld dem Pfandbrief derzeit zugutekommt, er hat sich aufgrund des hohen Qualitätsstandards und der Zinsentwicklung bei den Bundesanleihen mittlerweile sogar zum Bund-Surrogat entwickelt, werden wir diesen Funding-Mix auch künftig beibehalten.

Herr Rudolf, der Pfandbrief als Investors Liebling?

Franz Rudolf: Auf jeden Fall! Dem Pfandbriefemissionsvolumen von gut 20 Milliarden Euro stand im ersten Halbjahr ein Orderbuch von fast 33 Milliarden Euro gegenüber, was belegt, wie groß die Nachfrage in diesen Monaten war - trotz der sehr niedrigen Spread- und Rendite-Levels. Mit Blick auf das zweite Halbjahr denke ich, dass zwar die Nachfrage hoch bleiben wird, aber das Emissionsvolumen geringer ausfällt. Effekte wie beispielsweise TLTRO II werden sich bemerkbar machen. Ich rechne im zweiten Halbjahr mit weiteren Pfandbriefemissionen im Benchmark-Format von 4 bis 5 Milliarden Euro.

Götz Michl: Wir sehen im Markt derzeit einen ganz massiven Trend zu Benchmark-Transaktionen, also hin zu Inhaberpapieren für Liquiditätsportfolios. Früher gab es sehr viel mehr kleinteilige Platzierungen von Namenspfandbriefen mit sehr langen Laufzeiten. Versicherungen waren die typischen Abnehmer dieser Wertpapiere. Heute kaufen in erster Linie Asset Manager und Banken, die entsprechende Liquiditäts portfolios aufbauen müssen. Die Versicherungen verschwinden im klassischen Produkt mehr und mehr, sie sind nur noch in den sehr langen Laufzeiten zu finden. Das ist aus meiner Sicht der Hauptunterschied zu früheren Jahren.

Franz Rudolf: Wobei die EZB bei den Private Placements nicht als Käufer auftritt und die Spreads dadurch gegenüber den Benchmark-Transaktionen relativ betrachtet zu weit sind. Das wäre für die Investoren attraktiv, für die Emittenten aber eher nachteilig. Sicherlich hat das Private-Placement-Geschäft auch deswegen etwas gelitten.

Götz Michl: Das ist aber auch eine Preisfrage. Während der Preis für die Benchmarks durch den Kapitalmarkt relativ fest vorgegeben ist, könnten die Emittenten für Private Placements beispielsweise 30 Basispunkte mehr zahlen. Dann würden sie auch entsprechend mehr Papiere absetzen. Allerdings ist es nur logisch, dass sich die Namenspapiere an den niedrigen Konditionen der Benchmarks orientieren.

Herr Holl, Ihr Haus hat sich neulich mit einer Emission über 250 Millionen Euro im Markt gezeigt. Das geht also auch.

Robert Holl: Natürlich geht das, wenn entsprechende Nachfrage da ist. Für uns ist es auch eine Frage der Aktiv-/Passiv-Steuerung im Deckungsstock. Wir wollten mit einer kleineren Emission insbesondere die Laufzeiten zwischen den Benchmark-Papieren befüllen. Hier bieten sich Emissionen in dieser Größenordnung, die zudem LCR-fähig sind, an.

Glauben Sie, dass sich die kleineren Emissionen wieder ein Stück Markt zurückerobern können?

Robert Holl: Auch wenn der Fokus, wie es die Kollegen schon gesagt haben, derzeit eindeutig auf großvolumigen Emissionen liegt: Es gibt durchaus genügend Investoren, die auf sie zugeschnittene Alternativen suchen, seien es langfristige Namenspapiere mit entsprechend höheren Renditen oder strukturierte, vornehmlich kündbare Emissionen, die ihnen einen höheren Kupon generieren können.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist ein angemessenes Produktspektrum, mit dem wir die unterschiedlichen Investorenbedürfnisse mit unserem Funding-Bedarf in Einklang bringen können.

Volker Retzlaff direkt dazu.

Volker Retzlaff: Wir haben in diesem Jahr erstmals seit zehn Jahren wieder einen Benchmark-Pfandbrief emittiert, um uns dieses Segment wieder zu erschließen. Gleichzeitig haben wir viele Privatplatzierungen zu attraktiven Spreads mit längeren Laufzeiten begeben, um unseren angestammten Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen zur Verfügung zu stehen.

Wobei man immer dazu sagen muss, dass sie sich als echtes Retailinstitut hauptsächlich über Einlagen refinanzieren.

Volker Retzlaff: Das ist richtig. Aber der Pfandbrief macht bei uns schon mehr als zehn Prozent der Bilanzsumme aus und ist damit die zweite Säule unserer Funding-Aktivitäten. Dieser Funding-Mix ermöglicht es uns überhaupt erst, auch lange Laufzeiten anbieten zu können.

Herr Rieper, angesichts solch vieler Neuemissionen - große wie kleine - müssten Sie doch strahlen, oder?

Moritz Rieper: Grundsätzlich freuen wir uns als Investor über eine so aktive Neuemissionstätigkeit, nehmen aber auch zur Kenntnis, dass das vor allem auf dem ersten Quartal beruht. Den bereits angesprochenen Trend zu Euro-Benchmark-Transaktionen begrüßen wir ebenso wie Angebote aus neuen Märkten wie beispielsweise der Türkei.

Allerdings kommen wir nicht immer so zum Zug, wie wir uns das wünschen, denn ein Großteil der neuen Papiere wird von Bank-Treasuries und vor allem der EZB absorbiert. Dadurch gehen auch die Neuemissionsprämien zurück. Die waren insbesondere zu Beginn des Jahres sehr interessant. Das erste Halbjahr vermittelt aus Sicht des Investors also eher ein gemischtes Bild.

Was kaufen Sie derzeit am liebsten?

Moritz Rieper: In kürzeren Laufzeiten halten wir Covered Bonds aus europäischen Kernländern, wie zum Beispiel Pfandbriefe, für attraktiver als Staatsanleihen. Daneben agieren wir auch in den Peripheriestaaten. In Spanien beispielsweise gab es im Zuge der Brexit-Diskussion eine interessante Spreadausweitung.

Sascha Kullig: Aber gerade in diesen Ländern sind die Covered Bonds häufig teurer als die jeweiligen Staatsanleihen, warum kaufen Sie dennoch die Covered Bonds und nicht die Staatsanleihen?

Moritz Rieper: Das hängt vom jeweiligen Mandat ab, das der Kunde uns erteilt hat. Wir verwalten reine Covered-Bond-Mandate ebenso wie gemischte Mandate, bei denen wir sowohl Covered Bonds als auch andere Papiere erwerben dürfen. Wir kaufen also beides, Staatsanleihen und Covered Bonds aus den Peripheriestaaten.

Franz-Josef Kaufmann: Deutsche Pfandbriefe mit kurzen Laufzeiten haben eine negative Rendite. Kaufen Sie nur über den Sekundärmarkt oder erwerben Sie auch Neuemissionen mit negativer Rendite?

Moritz Rieper: Bislang vermeiden wir Neuemissionen mit negativer Rendite, haben aber schon Pfandbriefe mit negativer Rendite am Sekundärmarkt erworben. Bei den kürzeren Laufzeiten stellen Pfandbriefe selbst mit negativer Rendite eine gute Alternative zu Bundesanleihen dar, weil der Renditeunterschied hoch ist. Der Renditeaufschlag gegenüber der Staatsanleihe ist in Deutschland deutlich höher als in anderen europäischen Ländern.

Wo ist der Unterschied bei negativen Renditen am Primärmarkt gegenüber denen am Sekundärmarkt?

Moritz Rieper: Als Investor begrüßen wir es natürlich, wenn bei einer Neuemission eine positive Prämie abfällt. Da aber die Laufzeiten von Emissionen, bei denen wenigstens noch eine Null steht, immer länger werden, werden wir künftig möglicherweise nicht umhinkommen, auch am Primärmarkt negative Renditen zu akzeptieren.

Franz Rudolf: Das ist genau der kritische Punkt für die Emittenten. Das Laufzeitenfenster für Emissionen verschiebt sich nach hinten, um noch eine positive Rendite zu erzielen, darf aber nicht zu lang sein und wird von den Bunds mitbestimmt. Daher ist der Spielraum sehr eng. Wenn sich Neuemissionen mit negativer Rendite etablieren lassen, schafft das bessere Steuerungsmöglichkeiten.

Lassen sich denn Pfandbriefe mit negativen Renditen etablieren, was meinen Sie?

Franz Rudolf: Wie gesagt, wir stehen genau an einem Scheideweg. Man kann noch nicht sagen, ob sich negative Renditen bei Neuemissionen dauerhaft etablieren lassen oder nicht. Einerseits besteht bei den Investoren immer noch eine gewisse Hemmschwelle, wie wir gerade gehört haben. Anderseits ist der Renditeabstand zu Staatsanleihen sehr groß, was die relative Attraktivität erhöht.

Für Emittenten ist das keine einfache Situation, denn ohne negative Renditen lassen sich Pfandbriefe mit kurzen Laufzeiten am Primärmarkt kaum emittieren. Das kann man eine Zeit lang beispielsweise über TLTRO II abfangen, aber nicht dauerhaft. Speziell für den Pfandbrief ist das eine sehr spannende und für mich auch richtungsweisende Situation gerade.

Franz-Josef Kaufmann: Wir haben Anfang Juli zu 48 Basispunkten über Bund emittiert, die KfW ein paar Tage später nur zu 18. Dieser Spreadabstand zu Bunds wird die Renditen in negatives Territorium treiben. Für viele Investoren spielt die absolute Rendite heute schon keine Rolle mehr, weil diese ein relatives Benchmarking betreiben. Da ist der Pfandbrief nicht zu schlagen.

Herr Gipp, Sie sagten vorhin, Sie wollen ihren Refinanzierungsmix wie bisher beibehalten. Ohne negative Renditen wird es aber keine kürzeren Laufzeiten mehr geben, die Sie brauchen. Kommen Sie um eine Änderung des Refinanzierungsmixes überhaupt herum?

Martin Gipp: Ja, das glaube ich schon. Denn ich bin fest überzeugt, dass sich auch im Primärmarkt Pfandbriefe mit negativen Renditen auf Investorenseite durchsetzen werden. Für viele Investoren ist es heute schon gang und gäbe, am Sekundärmarkt zu negativen Renditen in Pfandbriefe zu investieren. Die Renditekurve für Bunds lag bereits bis 15 Jahre im negativen Bereich, auch Swaps rentieren bereits bis in mittlere Laufzeiten im negativen Bereich. Da ich keine deutliche Zinsänderung in absehbarer Zeit erwarte, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich negative Primärmarktrenditen für Pfandbriefemissionen manifestiert haben werden. Und somit steht Pfandbriefemittenten eigentlich das gesamte Laufzeitenspektrum zur Refinanzierung zur Verfügung.

Moritz Rieper: Es ist in der Tat nur eine Frage der Zeit, wenn das Niedrigzinsumfeld weiter anhält. Aber es wird für einige Investoren auch ein Grund sein, sich vom Covered-Bond-Markt zu verabschieden, da die relative Attraktivität dieser Papiere im Vergleich zu anderen Assetklassen nachlässt.

Sie handeln aber ja im Auftrag Ihrer Kunden. Was sind deren Interessen, nur noch Kapitalerhalt oder durchaus auch noch ein bisschen Rendite?

Moritz Rieper: Natürlich wünscht sich jeder Anleger Rendite. Doch es gibt Unterschiede zwischen Privatkunden und institutionellen Investoren. Private Anleger legen höchsten Wert auf positiven Ertrag.

Negativzinsen werden sich dort kaum durchsetzen. Bei institutionellen Kunden ist der relative Zins sehr viel wichtiger. Diese kaufen eher das im Vergleich attraktivere Produkt entsprechend ihrer Anlagevorschriften, auch wenn die Verzinsung negativ ist.

Herr Michl, kann man die Problematik der negativen Verzinsung umgehen, indem man spezielle Produkte wie beispielsweise grüne Pfandbriefe auf den Markt bringt? Wird sich das etablieren?

Götz Michl: Wir haben bislang eine Emission eines grünen Pfandbriefs in Deutschland gesehen. Ich denke, wir werden in Zukunft noch mehr Emissionen sehen, denn es lassen sich damit neue Investoren erschließen. Allerdings sind die zugrundeliegenden Immobilien ein begrenzender Faktor, sodass man hinsichtlich des Anteils grüner Bonds am gesamten Emissionsvolumen realistisch bleiben muss. Es gibt derzeit Versuche, eindeutige Definitionen beziehungsweise Kriterien für nachhaltige Objekte zu finden - in der Realität kann aber die richtige Darlehensselektion durchaus komplex sein.

Moritz Rieper: Das ist für uns Investoren ein ganz wichtiger Punkt. Es muss klar sein, welche Hypotheken sich hinter einem grünen Bond verbergen. Einen Renditeaufschlag zu klassischen Covered Bonds gab es bislang aber nicht.

Sascha Kullig: Grüne Pfandbriefe und ESG-Pfandbriefe werden aus der Hypothekendeckungsmasse begeben. Der vdp hat vor einigen Jahren untersucht, ob eine neue, fünfte Pfandbriefart neben Hypothekenpfandbriefen, Öffentlichen Pfandbriefen, Schiffs- und Flugzeugpfandbriefen geschaffen werden könnte, die ausschließlich zur Finanzierung erneuerbarer Energien dient. Wir haben aber feststellen müssen, dass die hohen Qualitätsanforderungen, die das Pfandbriefgesetz an die Sicher heiten stellt, zumindest gegenwärtig und ohne umfangreiche gesetzliche Änderungen bei erneuerbaren Energien nicht zu erfüllen wären. Daher haben wir die Überlegung zumindest kurz- bis mittelfristig wieder verworfen. Das ist der Grund, warum wir bislang immer, wenn wir über nachhaltige Pfandbriefe reden, über Hypothekenpfandbriefe und mithin Immobilien reden.

Volker Retzlaff: Aus unserer Sicht wird der Hypothekenpfandbrief bereits heute mit den Prädikaten wie grün und nachhaltig in Verbindung gebracht, was sich auch an der Investorenresonanz ablesen lässt. Viel interessanter sind aus meiner Sicht Emissionen von grünen Senior-Unsecured-Anleihen. Auch mit Blick auf die TLAC- und MREL-Anforderungen lassen sich hierüber eventuell neue Investorengruppen gewinnen.

Robert Holl: Unter dem Gesichtspunkt Nachhaltigkeit unterscheiden die meisten Investoren meinen Erfahrungen nach kaum zwischen Pfandbriefen und grünen Pfandbriefen. Für sie ist der Hypothekenpfandbrief per se ein nachhaltiges Produkt. Nachhaltiges Agieren spielt auch aus Sicht der Pfandbriefbank schon immer eine große Rolle, allein aus ihrer langfristigen Kreditvergabe resultiert zwingend eine konservative Beleihungswertermittlung, bei der energieeffiziente Objekte ceteris paribus höher bewertet werden und somit dem Kreditnehmer bessere Konditionen angeboten werden können.

Sascha Kullig: Die Emittenten der grünen Bonds sagen schon, dass sie neue Investorengruppen erschließen konnten. Wobei für das Gros sicherlich zutrifft, was Sie sagen.

Franz Rudolf: Entscheidend für die Emittenten, egal ob im Covered-Bond- oder Senior-Unsecured-Segment, ist doch, ob der Investor bereit ist, mehr für das nachhaltige Label zu bezahlen. Im Moment stellt sich dem Investor diese Frage aber nicht, da kein Aufschlag vorhanden ist.

Herr Rieper, sind Sie bereit, mehr zu bezahlen?

Moritz Rieper: Hier müssen wir unterscheiden. Anleger, deren Anlageziel es ist, explizit nachhaltig zu investieren, werden innerhalb dieses Anlageuniversums eine Relative-Value-Entscheidung treffen. Der klassische Pfandbriefinvestor wird auch weiterhin vor allem auf den Preis schauen.

Götz Michl: Wir haben noch keinen grünen Bond emittiert. Ich denke, man muss aber bei diesem neuen Produkt darauf achten, die angestammten Investoren nicht zu verärgern. Die traditionellen Emissionen sind meist stark überzeichnet, einige Investoren bekommen also nicht wie gewünscht ihre Bonds. Wenn bei nachhaltigen Emissionen nun zu den gleichen Konditionen noch neue Investorengruppen hinzukommen, bekommt der langjährige Investor noch weniger zugeteilt. Das wird ihn nicht freuen, denn auch die klassischen Pfandbriefinvestoren haben Interesse an grünen Emissionen, da diese im Sekundärmarkt wahrscheinlich besser performen. Jeder Emittent muss abwägen, ob er diesen Spagat machen will.

Herr Kullig, hat der Öffentliche Pfandbrief eine Zukunft?

Sascha Kullig: Das Neuemissionsvolumen bei Öffentlichen Pfandbriefe ist seit Jahren rückläufig und 2015 waren zum ersten Mal mehr Hypothekenpfandbriefe im Umlauf als Öffentliche. Dieser Trend setzt sich 2016 fort. Bis Mai wurden Öffentliche Pfandbriefe im Volumen von rund vier Milliarden Euro aufgelegt, für das Gesamtjahr erwarten wir Neuemissionen unserer Mitglieder über insgesamt etwa 13 Milliarden, denen Fälligkeiten von rund 29 Milliarden Euro gegenüberstehen.

Aber ich glaube, dass der Öffentliche Pfandbrief auf niedrigem Niveau durchaus eine Zukunft hat. Es gibt im Wesentlichen zwei Geschäftsfelder, für deren Refinanzierung der Öffentliche Pfandbrief derzeit noch genutzt zu werden scheint. Das ist einmal die klassische Kommunalfinanzierung, in der allerdings mehr und mehr Pfandbriefbanken ihr Engagement zurückfahren. Und das ist das ECA-Geschäft, das heißt Exportfinanzierungen, die durch eine staatlich gewährleistete Exportkreditversicherung abgesichert sind.

Robert Holl: Ich meine auch, dass der Öffentliche Pfandbrief über die Kommunalfinanzierung eine Zukunft hat. Die großen Rückläufe aus der Vergangenheit kommen im Wesentlichen aus der Staatsfinanzierung, die heute kaum noch über den Öffentlichen Pfandbrief refinanziert wird. Für Banken mit entsprechendem Zugang zum kommunalen Kunden sowie effizienten und schlanken Abwicklungsprozessen ist dieses Geschäftsfeld weiterhin attraktiv zu betreiben.

Götz Michl: Wer dieses Geschäft betreibt, kommt am Öffentlichen Pfandbrief nicht vorbei, sofern er fristenkongruent refinanzieren will. In den langen Laufzeiten gibt es kaum Alternativen zum Öffentlichen Pfandbrief.

Herr Rudolf, vieles fiel im Laufe des Gesprächs schon, aber vielleicht noch mal zusammenfassend: Was sind Faktoren, die den Pfandbriefmarkt in den kommenden Monaten bestimmen werden?

Franz Rudolf: Ganz oben auf der Agenda steht die EZB mit dem Quantitative Easing und TLTRO II, die weiterhin für niedrige Renditen sorgen wird. Darüber hinaus ist durch den Brexit eine gewisse Unsicherheit in den Markt gekommen. Das sind die Themen, die uns die kommenden Monate beschäftigen werden.

Herr Kullig, werden Pfandbriefmärkte immer politischer, abhängiger von politischen Ereignissen?

Sascha Kullig: Momentan sind die Entscheidungen vieler Investoren auf jeden Fall regulatorisch getrieben. Banken investieren stark in Pfandbriefe, weil sie diese Papiere auch als Liquiditätspuffer im Rahmen der LCR nutzen können. Durch die Regulierung sollte eigentlich auch eine Entpolitisierung stattfinden, weil beispielsweise durch die BRRD Banken nicht mehr von Staaten gerettet werden dürfen. Theoretisch, denn der Ernstfall kann mitunter anders aussehen. Durch den Wegfall dieser staatlichen Unterstützung müssten sich Investitionsentscheidungen zukünftig stärker an der Qualität des Emittenten, der ausgegebenen Produkte und dem rechtlichen Regelwerk ausrichten, was weniger politischem Einfluss gleichkäme.

Franz Rudolf: Allerdings bleiben die politischen Risiken ein wesentlicher Einflussfaktor - ob europäischer oder geopolitischer Natur. Die Parteienlandschaft zersplittert mehr und mehr, manchen Ländern - Beispiel Spanien - gelingt es nur schwer, eine Regierung zu bilden.

Sascha Kullig: Mit Blick auf den gesamten Kapitalmarkt ist das so, mit Blick auf den Pfandbriefmarkt und die gesamten Covered-Bond-Märkte bin ich mir nicht so sicher.

Herr Kaufmann, Ihr Haus hat sich als erstes nach dem Brexit aus der Deckung getraut, mit Erfolg. Sind die Folgen des Brexit für den Pfandbriefmarkt trotz der Unsicherheit sogar positiv?

Franz-Josef Kaufmann: In der Tat ist unsere Emission Anfang Juli besser gelaufen als gedacht. Unsicherheit treibt Investoren in sichere Häfen. Zudem haben die alternativen Anlagemärkte wie höher rentierende Fixed-Income-Instrumente und Aktien unter dem Brexit zunächst erheblich gelitten. Hier hat der deutsche Pfandbrief mit seinen Stärken überzeugen können. Dieser hat sich über viele Jahre als ausgesprochen krisenfest etabliert. Aber solch markante Ereignisse haben immer Wechselwirkungen, von daher sollte man abwarten, wie sich der Pfandbriefmarkt in den aktuell sehr volatilen Märkten weiter entwickelt.

Martin Gipp: Ja, externe Schocks wie der Brexit sind für "sichere Häfen" wie Pfandbriefe sicherlich positiv, da die Nachfrage nach diesen Produkten gegenüber anderen Kredit-Produkten steigt. Allerdings wird das bereits vorhandene Marktungleichgewicht, ausgelöst durch die Kaufprogramme der EZB, tendenziell noch weiter verschärft. Das größte Problem aus meiner Sicht ergibt sich aus einem Run auf "sichere Häfen" bedingt durch externe Schocks wie dem Brexit, da eine risikoadäquate Bepreisung von Einzelemissionen immer weniger stattfindet und eine zunehmende Vereinheitlichung einer Anlageklasse stattfindet.

Herr Rieper, wie sieht der Investor den Brexit und die Folgen?

Moritz Rieper: Die unmittelbaren Auswirkungen des Brexit sind geringer ausgefallen als befürchtet. Der UK-Covered-Bond-Markt reagierte kurzfristig mit einer moderaten Spread-Ausweitung. Nun muss man abwarten, wie der konkrete Ausstiegsprozess vonstattengeht. Wir rechnen aber weiterhin mit Unterstützung für die Covered-Bond-Märkte und einer weiteren Einengung der Spreads, vorausgesetzt die Ankaufprogramme der EZB laufen weiter wie bisher.

Allerdings sind die Käufe durch die EZB im zweiten Quartal merklich zurückgegangen. Lag das am mangelnden Angebot oder auch am damals frisch aufgelegten Kaufprogramm für Unternehmensanleihen?

Franz Rudolf: Ich glaube, die Konkurrenz durch andere Assetklassen wie Unternehmensanleihen ist nicht sehr groß. Viel mehr dürfte eine Rolle spielen, dass die EZB mit ihren nun schon über anderthalb Jahre andauernden Käufen den Sekundärmarkt ausgetrocknet hat. Investoren mit einem Kupon von drei Prozent verkaufen auch zu deutlich über hundert nur ungern.

Götz Michl: Ich hoffe nicht, dass die EZB als Reaktion auf das Brexit-Votum weitere Instrumente entwickelt, um Gefahren zu bekämpfen, von denen man gar nicht weiß, ob sie tatsächlich eintreten. Das würde zu weiteren Verzerrungen am Kapitalmarkt führen. Es gibt derzeit ausreichend Unterstützung durch die Europäische Zentralbank, sicherlich die Ankäufe, aber vor allem den TLTRO als sehr flexibel einsetzbares, vierjähriges Refinanzierungsinstrument.

Sascha Kullig: Mit einer gewissen Sorge registriere ich, dass die EZB möglicherweise ihre quantitativen Schranken lockern will, um noch mehr Staatsanleihen und andere Papiere aufkaufen zu können. Das trocknet den Markt noch weiter aus.

Und verdrängt mehr und mehr die klassischen Investoren. Kommen diese zurück, wenn die EZB irgendwann mal nicht mehr aktiv ist, Herr Kaufmann?

Franz-Josef Kaufmann: Als die Sekundärmarkt-Spreads sich deutlich im Minus bewegt haben, haben sich in der Tat viele Real-Money-Investoren wie Banken und Asset Manager zurückgezogen, während die Kaufprogramme aktiv blieben. Inzwischen hat sich die Situation aber schon wieder gedreht. Emissionen finden rund um die Nulllinie herum statt. Und das Real Money ist wieder da. Diese Investoren sind sehr preissensitiv und vergleichen Pfandbriefanlagen mit alternativen Assetklassen.

Herr Gipp, was passierte mit den Covered-Bond-Märkten, wenn die EZB ihre Unterstützung irgendwann mal einstellt?

Martin Gipp: Zunächst mal glaube ich, dass die Covered-Bond-Märkte noch recht lange die Unterstützung der EZB erfahren werden, denn diese wird ihre Ankäufe nicht nächstes Jahr beenden, sondern die Programme weiter verlängern und unter Umständen im Zuge der Brexit-Diskussion sogar noch ausweiten. Sollte der Exit-Prozess dann tatsächlich irgendwann einmal eingeleitet werden, wird er in homöopathischen Dosen kommen und sich über mehrere Jahre hinziehen. Da muss niemand Angst haben. Auch weil, wie gerade schon gesagt, Real-Money-Investoren da sind und die nachlassende Nachfrage durch die EZB kompensieren können. Der Covered-Bond-Markt funktionierte ja auch bereits vor dem Eingreifen der EZB einwandfrei.

Herr Kullig, der vdp hat sich kürzlich für Soft-Bullet-Strukturen auch in Deutschland stark gemacht, was steckt dahinter?

Sascha Kullig: Zunächst mal möchte ich festhalten, dass der vdp keineswegs empfiehlt, Soft Bullets einzuführen. Wir reden hier in Deutschland über die Möglichkeit für den Sachwalter, in Worst-Case-Szenarien die Fälligkeit zweimal um jeweils bis zu sechs Monate verschieben zu können. Darüber wurde im Kreis der Mitgliedsinstitute seit mehr als zwei Jahren diskutiert. Der Vorschlag ist als zusätzliche Sicherheit für die Pfandbriefinvestoren zu sehen. Die Deckungsmassen und Pfandbriefe sind in Deutschland ohnehin schon sehr transparent und auch gut gegen die Insolvenz des Emittenten geschützt. Das Pfandbriefgesetz bietet dem Sachwalter bereits heute einen ganzen Strauß von Möglichkeiten an, um kurzfristige Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Diese werden von unserem Vorschlag nicht berührt, sondern bleiben weiterhin bestehen. Sollte der Sachwalter aber doch aufgrund der totalen Austrocknung der Märkte vor Problemen stehen, kann er mit der Fälligkeitsverschiebung eine unnötige Sonderinsolvenz aufgrund einer kurzfristigen Liquiditätslücke vermeiden. Es ist also eine Ultima Ratio für den Sachwalter, nicht für den Emittenten, denn den gibt es schon nicht mehr, wenn dieses Instrument zum Einsatz kommen sollte. Um die Einheitlichkeit des Pfandbriefs zu erhalten, sollen die wesentlichen Regelungen im Pfandbriefgesetz verankert werden.

Wie stehen die Emittenten zu diesem Vorschlag?

Götz Michl: Ich denke, es ist in erster Linie ein theoretischer Punkt, der in der öffentlichen Diskussion überbewertet wird. Der Sachwalter - der ja erst nach Insolvenz des Emittenten auftritt - hat bereits viele Möglichkeiten, im Sinne der Pfandbriefgläubiger zu agieren. Nun kommt eine weitere Nuance hinzu; eben existierende Pfandbriefe bis zu einem Jahr zu verlängern. Dadurch ändert sich nichts an der Struktur des Pfandbriefs, es ist eine Veränderung der Handlungsalternativen nach Insolvenz des Emittenten. Die Frage ist doch nur, ob ich lenken darf, bevor ich gegen die Wand fahre oder nicht.

Volker Retzlaff: Dieser Vorschlag dient doch im Wesentlichen den Investoren, da die Rückzahlung des Pfandbriefs hierdurch noch sicherer gemacht wird. Der Emittent ist weniger betroffen, denn wie Herr Kullig schon sagte, gibt es den dann schon nicht mehr. Zwei mal sechs Monate Laufzeitverlängerung sind aus meiner Sicht ein überschaubarer Zeitraum.

Götz Michl: Genau. Ohne diese neue Möglichkeit der Fälligkeitsverschiebung käme es zur Sonderinsolvenz. In diesem Fall würde der Pfandbriefgläubiger sein Kapital auch nicht sofort zurückbekommen, sondern erst nach einigen Monaten, wenn nicht Jahren. Hinzu kommt die Frage, ob ein dann einsetzender Verkauf von Aktiva werterhaltend für die Gläubiger ist.

Herr Rieper, dient der Vorschlag dem Investorenschutz?

Moritz Rieper: Wir begrüßen den Vorschlag des vdp, gerade auch weil die Regelungen im Pfandbriefgesetz verankert werden sollen. Wichtig ist auch, dass die Regeln sowohl für Altbestände als auch bei Neu emissionen angewendet werden können, sodass eine Marktspaltung vermieden wird.

Herr Kullig, wie ist nun der weitere Fortgang der Dinge in dieser Sache?

Sascha Kullig: Wir haben diesen Vorschlag unterbreitet, der positiv aufgenommen wurde, wie wir gerade nochmal gehört haben, und befinden uns derzeit in Gesprächen mit dem Finanzund dem Justizministerium. Von daher kann Stand heute noch nicht gesagt werden, ob, wann und in welcher Form die Möglichkeit einer Fälligkeitsverschiebung kommen wird.

Zurück zur Aktivseite, Herr Gipp, drohen Risiken in den Deckungsstöcken durch immer höhere Immobilienpreise?

Martin Gipp: Nein, zum einen glaube ich, gibt es keine deutschlandweite Immobilienblase, zum anderen ist es immer eine Frage der Bewertung, die jedes Haus für sich vornimmt. Wenn die Kreditkriterien, die meist konservativ sind, eingehalten werden, sollte es keine Probleme geben.

Volker Retzlaff, auch in Hamburg keine Blase?

Volker Retzlaff: Wir sehen derzeit in Hamburg keine Immobilienblase. Niedrige Zinsen für Finanzierungen und mangelnde Anlagealternativen für Investoren sorgen für einen anhaltenden Nachfrageboom bei Immobilien. In einzelnen Teilsegmenten des Wohnimmobilienmarktes werden vielleicht Liebhaberpreise gezahlt, insgesamt hat sich die Preisentwicklung jedoch deutlich verlangsamt.

Die Büro- und Gewerbeimmobilien entwickeln sich ebenfalls stabil. Aufgrund unserer Präsenz vor Ort haben wir eine sehr gute Kenntnis des Hamburger Immobilienmarktes und fühlen uns mit der Bewertung der Immobilien sehr wohl.

Götz Michl: Die entscheidende Frage neben den gestiegenen Preisen ist doch die Finanzierungsseite. In der gewerblichen Immobilienfinanzierung haben wir nach wie vor sehr niedrige Beleihungsausläufe von durchschnittlich knapp über 60 Prozent. Ganz wichtig sind aber auch die hohen Zinsdeckungsquoten. Dadurch sind die Finanzierungen sehr robust gegen steigende Leerstände.

Trotzdem stehen die Aufsichtsbehörden dem Immobilienfinanzierungsgeschäft skeptisch gegenüber. Basel IV will den Kreditrisikostandardansatz anpassen, der Ausschuss für Finanzstabilität erarbeitet makroprudentielle Instrumente. Warum ist die Wahrnehmung der Aufseher offensichtlich eine andere?

Sascha Kullig: Grundsätzlich ist es positiv, wenn sich Aufsichtsbehörden proaktiv mit Märkten und Entwicklungen beschäftigen und präventiv Instrumente entwickeln, um eine möglicherweise drohende Immobilienblase zu verhindern. Gleichwohl muss man diskutieren, ob die vier vorgeschlagenen makroprudentiellen Maßnahmen die richtigen sind und ob die vorgesehene alleinige Entscheidungshoheit der Aufsichtsbehörde die richtige Verankerung darstellt. Unter dem Stichwort Basel IV drohen in der Immobilienfinanzierung zum Teil ganz erhebliche Eigenkapitalaufschläge, die nicht nur ungerechtfertigt sind, sondern auch die Versorgung der Volkswirtschaft mit Immobilienkrediten gefährden.

Bleibt als Stichwort noch die Harmonisierung der Pfandbriefgesetzgebung in Europa. Herr Kullig, wie ist der Stand der Dinge? Ist durch den Brexit und den Rücktritt von Kommissar Hill hier etwas Fahrt rausgenommen worden?

Sascha Kullig: Eine Maximalharmonisierung halte ich für sehr unwahrscheinlich. Der vdp hat sich immer für eine Mindestharmonisierung der Covered-Bond-Gesetze stark gemacht, um die regulatorischen Privilegien für Covered Bonds zu erhalten. Eine stärkere Harmonisierung kann zum Beispiel in Form einer Richtlinie oder über Best Practice Guidelines erreicht werden. Allerdings scheinen derzeit in der Tat andere Themen in Brüssel Priorität zu haben. Von daher muss man nicht zwingend damit rechnen, dass in diesem Jahr noch etwas kommen wird.

Franz Rudolf: Außerdem wird der gesamte Harmonisierungsprozess sehr lange dauern. Ein umfassendes europäisches Covered-Bond-Recht wird Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern.

Robert Holl: Man darf bei allen Diskussionen um Transparenz, Vergleichbarkeit und Vereinheitlichung aber nicht vergessen, dass sich der Markt durch Unterschiede zwischen den Emittenten bei Geschäftsmodellen und Ähnlichem auszeichnet.

Moritz Rieper: In der Tat, und das ist auch gut so. Eine gewisse Vereinheitlichung der Gesetze ist okay, aber Fakt ist: Der Markt lebt von Unterschieden.

Schlussfrage, meine Herren: Hat das Geschäftsmodell der klassischen Pfandbriefbank unter all den Voraussetzungen, die wir besprochen haben, noch eine Zukunft?

Götz Michl: Dieses Geschäftsmodell gibt es auch weiterhin. Die fristenkongruente Refinanzierung von Immobilienfinanzierungen hat eine Zukunft. Solche Spezialbanken werden aber nicht besonders groß sein, von daher stellt sich eher die Frage nach der erforderlichen Mindestgröße. Die Fixkosten einer Bank sind aufgrund der regulatorischen Anforderungen deutlich gestiegen. Großkreditgrenzen spielen bei gewerblichen Spezialfinanzierern sicher auch eine Rolle.

Franz Rudolf: Der Spezialist hat den Vorteil, dass er über sehr hohes Know-how verfügt, aber kaum diversifizieren kann. Die Universalbank ist dagegen breiter aufgestellt und kann Belastungen leichter auffangen, fängt sich aber vielleicht schneller auch Risiken ein. Beides, denke ich, hat seine Daseinsberechtigung.

Sascha Kullig: Spezialisierte Immobilienfinanzierer, die international engagiert sind, sind gut durch die Finanzkrise gekommen und haben damit bewiesen, dass sie am Markt erfolgreich sein können. Die regulatorische Entwicklung der vergangenen Jahre bevorzugt Spezialbanken aber nicht gerade. Es gibt regulatorische Anforderungen, die es einzeln, aber vor allem in Summe, den Monolinern in Zukunft etwas schwieriger machen könnten.

Franz-Josef Kaufmann: Die Regulatorik trifft alle Häuser, auch Universalbanken. Von daher stellt jede Bank auf den Prüfstand, welche Geschäfte unter welchen regulatorischen Bedingungen noch Sinn machen und wie die richtige Aufstellung für das sich verändernde Marktumfeld ist.

Martin Gipp: Die regulatorischen Kosten für Finanzinstitute aller Art sind erheblich, daher müssen auch "Monoline"-Banken eine gewisse Mindestgröße und ein Geschäftsmodell aufweisen, das eine nachhaltige Profitabilität ermöglicht. Wie viele Banken zukünftig diese "Nische" besetzen können, ist schwierig vorherzusagen. Einfach ist das Umfeld für kleinere Spezialbanken sicherlich nicht.

Herr Holl, bei Ihnen muss ich die Frage anders formulieren: Zukunft der Hypothekenbank einerseits und Zukunft der genossenschaftlichen Hypothekenbanken, von denen es ja noch drei Stück gibt, andererseits?

Robert Holl: Wir fühlen uns in unserer Aufstellung sehr wohl. Eine Gefährdung beziehungsweise erforderliche Änderung unseres subsidiären Geschäftsmodells sehe ich nicht. Über die zukünftige Ausrichtung der noch drei genossenschaftlichen Hypothekenbanken müssen andere entscheiden.

Volker Retzlaff: Es bleibt abzuwarten, welche Bedeutung die Zugehörigkeit zu einem Konzern oder Verbund für die reinen Hypothekenbanken künftig haben wird. Dies hängt natürlich auch von der Regulierung ab. Die Sparkassen verstehen sich weiterhin als Allfinanzanbieter und sind damit das Gegenmodell der Monoliner. Aber auch wir brauchen eine Regulierung, die nicht zum Stabilitätsrisiko wird. Wir halten deshalb eine stärkere Ausrichtung der Regulierung an den Geschäftsmodellen für dringend erforderlich.

Moritz Rieper: Aus Investorensicht ist jeder Emittent zu begrüßen. Je mehr Emittenten, desto größer unser Anlageuniversum.

Teilnehmer: Martin Gipp, Leiter Funding, Liability Management & Funding, Helaba Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale, Frankfurt am MainRobert Holl, stellvertretender Bereichsleiter Pfandbrieftreasury, WL Bank AG Westfälische Landschaft Bodenkreditbank, MünsterFranz-Josef Kaufmann, Deputy Head of Capital Management & Funding, Head of Strategic Markets & Projects, Frankfurt am MainSascha Kullig, Bereichsleiter Pfandbrief, Kapitalmarkt, vdp Verband deutscher Pfandbriefbanken, BerlinGötz Michl, Head of Funding & Debt Investor Relations, Deutsche Pfandbriefbank AG, EschbornVolker Retzlaff, Leiter Funding, Haspa Hamburger Sparkasse AG, HamburgMoritz Rieper, Portfolio Manager Fixed Income Euroland, Fixed Income EMEA, Deutsche Asset Management Investment GmbH, Frankfurt am MainFranz Rudolf, Head of Financials Credit Research, Unicredit Bank AG, MünchenPhilipp Otto, Chefredakteur Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (Moderator), Frankfurt am Main

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