Redaktionsgespräch mit Aurel Schubert

"Der beträchtliche Investitionsaufwand für Ana-Credit wird sich auf lange Sicht für die Banken rechnen"

Dr. Aurel Schubert, Director General, Directorate General Statistics, European Central Bank, Frankfurt am Main

Neue Aufgaben für die Europäische Zentralbank in der Bankenaufsicht erfordern auch die notwendige Datentiefe in der Bankenstatistik. Aus dieser Grundhaltung heraus wirbt Aurel Schubert für das Projekt Analytical Credit Dataset (Ana-Credit), das in der hiesigen Bankenlandschaft für heftige Diskussionen sorgt. Der Generaldirektor Statistik der EZB wertet ein einheitliches Kreditmeldewesen als wichtigen Schritt, aufkommende Risiken für die Finanzstabilität frühzeitig zu erkennen. Bei der Umsetzung sichert er den nationalen Notenbanken und der Kreditwirtschaft eine enge Kooperation und Dialogbereitschaft seines Hauses zu. Bei aller Komplexität und allem Kostenaufwand in der Einführungsphase hält er das Projekt auf mittlere und lange Sicht auch unter Kosten-Nutzen-Abwägungen für die Bankbranche als eindeutig lohnenswert. (Red.)

Wozu braucht die EZB Ana-Credit? Wie wichtig ist das Projekt für Europa? Welche Effekte verspricht sich die EZB von der Umsetzung der Verordnung?

Für gute Entscheidungen braucht man zuallererst mal einen klaren Blick. Und für uns als Zentralbank bedeutet das, dass wir eine gute und umfassende statistische Basis brauchen. Dieser Bedarf hat sich mit der Finanzkrise noch stark ausgeweitet. Aus zwei Gründen: Erstens haben wir schmerzlich erfahren, wie unterschiedlich die Unternehmen und auch Haushalte in den verschiedenen Mitgliedsländern auf Schocks und auf geldpolitische Entscheidungen reagieren. Da wir besser verstehen müssen, warum etwa die geldpolitische Wirkungskette (immer noch) gestört ist, sind detailliertere Informationen notwendig. Und zweitens haben die EZB und die nationalen Notenbanken des Eurosystems in den vergangenen Jahren zusätzliche Aufgaben etwa in der makroprudentiellen Aufsicht und jüngst in der Bankenaufsicht übernommen.

Als 2011 die Arbeiten zu Ana-Credit begonnen wurden, war von der europäischen Aufsicht noch gar keine Rede. Und so wird auch in der ersten Stufe von Ana-Credit keine aufsichtsrechtliche Anforderung enthalten sein. Ana-Credit wird unser Verständnis erweitern, wie geldpolitische Entscheidungen die Realwirtschaft beeinflussen, wie sie sich also auf das Verhalten von Marktteilnehmern auswirken. Wir bekommen Informationen, die unerlässlich sind, um aufkommende Risiken für die Finanzstabilität frühzeitig zu erkennen. Wenn man zum Beispiel frühzeitig erkennen will, ob Banken ihre Kreditrisiken in bestimmten Regionen oder Branchen auf eine gefährliche Art konzentrieren, dann braucht man dafür die Daten. Und bisher haben wir diese noch nicht in der erforderlichen Detailtiefe. Wer der Zentralbank neue Aufgaben überträgt, muss ihr auch die Mittel zugestehen, sie zu erfüllen. Um es kurz zu machen: Ja, Ana-Credit ist wichtig für Europa.

Müsste die EZB solche Fragen nicht besser für die Banken, die Wirtschaft allgemein und die interessierte Öffentlichkeit erklären? Oder ist das Aufgabe der nationalen (Aufsichts-) Instanzen?

Wir haben alle Beteiligten von Beginn an über alle wesentlichen Entwicklungen des Projekts auf dem Laufenden gehalten. Das gilt ganz besonders für die Bankenbranche. Und dieser Austausch geht weiter, zum Beispiel durch regelmäßige Treffen der nationalen Notenbanken mit den Vertretern der Bankenverbände. Wir nehmen die Sorgen der Banken durchaus ernst. Das ist ja gerade Gegenstand der Abwägung zwischen Kosten und Vorteilen, wie sie bei allen neuen EZB-Datenerhebungen üblich ist. Eine Reihe von Anregungen von Banken sind schon berücksichtigt worden, etwa bei der Häufigkeit der Berichterstattung.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Komplexität und der Umfang des Projekts ist eine große Herausforderung für alle Beteiligten. Aber der Aufwand lohnt sich, und zwar auch für die Banken selbst. Derzeit laufen noch die Vorbereitungen auf Hochtouren, aber mit der Stabilisierung des Verordnungsentwurfes werden wir auch unsere Kommunikation mit der Öffentlichkeit verstärken.

Welche Grundstimmung registrieren Sie bei den nationalen Notenbanken und der Aufsicht, bei den Banken und nicht zuletzt bei der europäischen Politik für das Projekt?

Wir reden über ein Projekt der gesamten Währungsunion und möglicherweise ganz Europas. Die nationalen Notenbanken und Aufsichtsbehörden haben in allen Phasen von Ana-Credit aktiv mitgeholfen, sei es zum Beispiel in den vielen technischen Arbeitsgruppen oder in den Komitees des Eurosystems. Und am Ende wird der Rat der EZB, dem die Gouverneure der 19 Notenbanken des Euroraums angehören, die Entscheidung fällen. Derzeit steht nur die erste Stufe von Ana-Credit zur Debatte, in der es um Daten über Unternehmenskredite ab 25 000 Euro geht. Für einige Länder wird Ana-Credit mit einer Anpassung der zentralen Kreditregister verbunden sein, in anderen müssen die Systeme für Ana-Credit neu geschaffen werden.

Mit anderen Worten: Das ist mit viel Arbeit und auch mit Kosten verbunden, insbesondere für solche Geschäftsbanken, für die die Lieferung von granularen Daten komplett neu ist. Ich kann verstehen, dass unter solchen Umständen niemand in Jubel ausbricht. Aber der Aufwand wird sich lohnen. Die Banken selbst sollten daran interessiert sein, dass diese Daten erhoben werden, die zum Beispiel für eine gute Risikosteuerung notwendig sind. Wir reden über Informationen, die jede gut geführte Bank ohnehin wissen muss.

Jede Bank sollte zum Beispiel alle ihre Kreditnehmer kennen, die Adressen, den Wirtschaftssektor, die Unternehmensgröße, das Risikoprofil. Beschwerden kommen vor allem von kleineren Banken und auch das nur in einigen Ländern. Dem steht die überwiegende Mehrheit der Branche gegenüber, die die Vorzüge des Projekts anerkennt.

Ein Beispiel: Die Einführung einheitlicher Konzepte und Definitionen wird den Banken helfen, ihren internen Informationsfluss besser zu gestalten und ihre Fähigkeiten zur Risikobeurteilung verbessern. Das ist auch ganz im Interesse der Gläubiger und Eigentümer der Banken.

Wie hat die EZB ihre Aufklärungsarbeit für das Projekt in den europäischen Ländern organisiert? Hatten alle Länder vergleichbare Chancen, ihre Interessenlage in die Debatte einzubringen?

Der guten Tradition des Eurosystems folgend, wurde auch bei diesem Projekt für die Informationsarbeit nach dem Subsidiaritätsprinzip gehandelt. Die jeweilige nationale Zentralbank ist direkt mit den Meldern in Kontakt getreten. In den für die Entscheidungsvorbereitung relevanten Gremien sind alle Mitgliedsländer gleichermaßen vertreten und eingebunden.

Wieso gibt es für ein Vorhaben dieser Dimension keinen ordentlichen Konsultationsprozess?

Wie bei allen neuen statistischen Erhebungen des Eurosystems gab es auch bei Ana-Credit einen - standardisierten - Konsultationsprozess, das "merits and costs procedure". Bei diesem Prozess, der über die nationalen Zentralbanken läuft, werden die Melder - hier die Bankenbranche - konsultiert. Parallel dazu hat auch die EZB vor allem auf europäischer Ebene Vertreter der Bankenbranche bei verschiedenen Gelegenheiten informiert und sich mit ihnen ausgetauscht. Auch mit dem Europäischen Parlament gibt es einen regen Austausch. Sollten in Zukunft auch Anforderungen der Bankenaufsicht an Ana-Credit in Betracht gezogen werden, wird natürlich auch eine in solchen Fällen vorgesehene Konsultation stattfinden.

Sind in den vergangenen Wochen gegenüber der bekanntgewordenen Entwurfsfassung noch wesentliche Modifikationen eingearbeitet worden?

Ja, die Berichtsanforderungen wurden auch in den vergangenen Wochen weiter überarbeitet und dabei deutlich vereinfacht. Der Fokus der Regulierung liegt nun ausschließlich auf der ersten Stufe des Projekts, das heißt auf geldpolitischen und makroprudentiellen Anforderungen bezüglich der Unternehmenskredite. Die mögliche Ausweitung auf an Haushalte vergebene Hypothekenkredite ist dabei für die EZB nicht vorgesehen. Etwaige zusätzliche Anforderungen werden frühestens zwei Jahre nach der Einführungsphase und auch dann nur nach einer Prüfung durch den EZB-Rat möglich sein. Das wird es ermöglichen das System zu stabilisieren und dem Wunsch der Banken Rechnung tragen, Meldeanforderungen nur nach einer längeren Stabilisierungsphase zu ändern.

Unterstützt die europäische Kreditwirtschaft aus Ihrer Sicht das Vorhaben mit dem notwendigen Engagement? Bei welchen Banken beziehungsweise Bankenverbänden registrieren Sie die größten Einwände? Welche Institute/Verbände signalisieren Zustimmung?

Wie schon erwähnt: Trotz der Bedenken mancher kleinerer Banken beziehungsweise derer Interessenvertreter erkennt die Mehrheit der Branche die Vorzüge an. Sie will aber - verständlicherweise - möglichst bald Klarheit über die Anforderungen haben, um sich gut vorbereiten zu können. Wenn die Verordnung beschlossen ist, werden die EZB und die nationalen Notenbanken die Banken bei der Umsetzung intensiv unterstützen, wie das ja unsere gute Tradition ist. So wird zum Beispiel ein detailliertes Handbuch veröffentlicht und die EZB wird auf ihrer Webseite umfassend auf Fragen antworten.

Nehmen die Banken Ana-Credit unter dem Gesichtspunkt einer zeitgerechten Umsetzung ernst genug?

Ja, wir wissen, dass viele Banken schon die notwendigen Anpassungen und Updates in ihren Systemen gestalten, etwa bei der Integration ihrer Bilanzierungs- und Risikoplattformen. Wir wissen außerdem, dass viele Banken bereits budgetär vorsorgen. Aber sie benötigen alle relevanten Detailinformationen über die Berichtspflichten, bevor sie mit der Umsetzung beginnen können. Die eigentliche Arbeit kann erst richtig beginnen, wenn die Regulierung beschlossen ist.

Hat die EZB im bisherigen Dialog mit den nationalen Notenbanken und/ oder der Kreditwirtschaft schon Umsetzungsschwierigkeiten ausgemacht, die eine Modifizierung der Roadmap bedeuten könnten oder läuft derzeit alles nach Plan?

Derzeit läuft alles nach Plan. Dieser Plan wurde in einem intensiven Dialogprozess erstellt. Wie schon erwähnt, stehen wir für technische Unterstützung bereit. Egal ob durch das Handbuch, einen Bereich auf unserer Webseite für Fragen und Antworten und eine technische Gruppe oder aber durch Treffen, Präsentationen oder Konferenzen.

Wie dehnbar sind die zeitlichen Vorgaben für die einzelnen (Zwischen-)Schritte zur Umsetzung von Ana-Credit? Bei technischen Projekten dieser Größenordnung lassen sich in der Praxis die zeitlichen Vorgaben oft wegen aufwendiger IT-Anpassung nicht einhalten. Wie flexibel ist die EZB, die vorgesehenen zeitlichen Abläufe des Ana-Credit-Projektes an die Realitäten des Machbaren anzupassen?

Die zeitliche Flexibilität bei der Umsetzung aller Datennotwendigkeiten zu erhalten war der Hauptgrund für die Konzentration auf die erste Stufe von Ana-Credit. Die eventuellen weiteren Schritte werden bereits angedeutet, damit eine längerfristige Planung möglich ist. Das "Ob" und das "Was" hängen aber von separaten Entscheidungen des EZB-Rates zur gegebenen Zeit ab, jeweils mit mindestens zwei Jahren Implementierungsfrist.

Welche Länder sind hinsichtlich der Umsetzung der technischen Anforderungen aus Ihrer Sicht besonders weit und welche haben den größten Änderungsbedarf gegenüber ihren bisherigen Kreditregistern?

Ana-Credit ist ein großes und komplexes Unterfangen. Es wird in den Ländern etwas leichter fallen, insbesondere aus IT-Sicht,

wo es heute schon eine detaillierte Kreditdatenbank gibt. Größer ist die Herausforderung dort, wo es bisher dieses Informationsinstrument nicht gegeben hat.

Wie gut sind Ihrer aktuellen Einschätzung nach die Daten aus den Kreditregistern der nationalen Notenbanken/Instanzen? Hat die EZB einen Überblick, in welchen Ländern bei der Datentiefe beziehungsweise der Datenqualität am meisten nachgearbeitet werden muss? Wo zeichnet sich ein starker technischer Anpassungsbedarf ab?

Eine ganze Reihe der nationalen Notenbanken haben bereits ein Kreditregister, zum Beispiel in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Österreich. In Portugal, zum Beispiel, liegt die Meldeschwelle bei 50 Euro, das heißt de facto werden dort alle Kredite erfasst, ob an Unternehmen oder Private. Diese Länder haben bereits viel Erfahrung im Sammeln und Verwalten von granularen Kredit- und Risikodaten, wie sie auch für Ana-Credit erforderlich sind. Ich sehe da kein Qualitätsproblem. Natürlich hängt der Zusatzaufwand sehr davon ab, von welchem Ausgangspunkt das Projekt begonnen wird.

Welche Rolle spielt die EZB bei der praktischen Einführung von Ana-Credit in den einzelnen Ländern? Gibt es für die Beteiligten direkte Ansprechpartner in der EZB? Oder läuft die Umsetzung vorrangig über den Dialog mit den nationalen Instanzen?

Ana-Credit ist ein Projekt des ESZB. Vertreter der EZB und der nationalen Notenbanken haben die Vorschläge, wie das üblich ist bei unseren statistischen Projekten, in den entsprechenden Arbeitsgruppen und Komitees gemeinsam während der letzten Jahre erarbeitet und werden sie dem Rat der EZB zur Entscheidung vorlegen.

Wie viel Spielraum haben die einzelnen Länder bei der Interpretation der Umsetzung von Ana-Credit. Wer achtet darauf, dass der Geist der Harmonisierung gewahrt bleibt? Welche Sanktionsmöglichkeiten hat die EZB gegenüber den einzelnen Ländern, wenn die Umsetzung sachlich und/oder zeitlich nicht in den gewünschten Bahnen läuft?

Wie schon erwähnt sind die Richtlinien und technischen Handbücher dafür da, die richtige Auslegung und korrekte Umsetzung der Anforderungen zu ermöglichen. Etwa sechs Monate vor dem Beginn der Berichtspflicht wird die Datenerhebung erstmals getestet. Einen gewissen Spielraum werden die nationalen Notenbanken haben. So können zum Beispiel im Sinne der Proportionalität kleine Banken von einigen Berichtspflichten zeitweilig oder auf Dauer befreit werden.

Die Qualität der Daten wird - wie bei allen EZB-Statistiken - regelmäßig analysiert und etwaige Probleme werden in Kooperation mit der jeweiligen Zentralbank gelöst. Damit haben wir schon über 16 Jahre Erfahrung. Sanktionen sind nur ein letztes Mittel.

Wie schätzen Sie im Umsetzungsprozess von Ana-Credit den Anpassungsbedarf in Deutschland ein?

Für Deutschland gilt wie für jedes andere Land auch: Die Umsetzung der EZB-Verordnung ist für die Banken verpflichtend. Da granulare Kreditdaten jetzt schon erhoben werden, wird der Aufwand hierzulande aber geringer sein, als in Ländern, die eine solche zentrale Datenerhebung bislang noch nicht haben. Wie wir wissen ist die Deutsche Bundesbank schon seit geraumer Zeit in engem Kontakt mit der Kreditwirtschaft und bereitet die Einführung professionell vor.

In der deutschen Kreditwirtschaft gibt es - nicht nur mit Blick auf Ana-Credit - Sympathie beziehungsweise die Forderung nach einer Erleichterung der Meldeanforderungen im Sinne einer Beachtung des Proportionalitätsprinzips. Wie steht die EZB zu dieser Argumentationslinie?

Das Prinzip der Proportionalität ist auch hier - wie bei allen EZB-Meldeanforderungen - verankert. Es ist alles getan worden, um die Belastung insbesondere für kleinere Banken so gering wie möglich und verhältnismäßig zu halten, ohne aber den Informationswert von Ana-Credit zu gefährden. Daher können von den nationalen Notenbanken Ausnahmen für bestimmte Banken gemacht werden. In Deutschland können davon einige hundert Banken betroffen sein.

Die deutsche Bankenaufsicht liebäugelt damit, gewisse Meldeanforderungen für Privatkunden im Bereich der Wohnungsimmobilien vor den von der EZB festgelegten Fristen einzufordern. Ist das aus Ihrer Sicht ein Zeichen der vieldiskutierten deutschen Gründlichkeit beziehungsweise für einen Hang zur Überregulierung? Oder bedeutet das nur ein Vorziehen von ohnehin von der EZB eingeforderten Maßnahmen aus Gründen der nationalen Finanzmarktstabilität?

Ich werde Entscheidungen, die auf nationaler Ebene getroffen werden, nicht kommentieren. Die nationalen Notenbanken haben das Recht, die vom Regelwerk gewährte Flexibilität zu nutzen. Natürlich ziehen sie dabei stabilitätsrelevante Besonderheiten in ihren Ländern in Betracht, wie zum Beispiel die Entwicklung des Immobilienmarktes.

Die deutsche Kreditwirtschaft befürchtet bei der Umsetzung von Ana-Credit Konflikte mit nationalen Datenschutzregelungen. Hat die EZB diesen Einwand prüfen lassen? Wenn ja, mit welchen Erkenntnissen?

Da gibt es Falschmeldungen und Missverständnisse aufzuklären. In der ersten Phase von Ana-Credit geht es allein um Daten über Unternehmenskredite, nicht um private Haushalte. Falls Ana-Credit in einer späteren Phase zum Beispiel auf private Hauskredite ausgedehnt werden sollte, dann würden diese Daten anonymisiert. Wir sind gar nicht daran interessiert, wer persönlich hinter einem Hauskredit steht. Und es ist doch selbstverständlich, dass für Ana-Credit die nationalen und europäischen Datenschutzgesetze voll gelten. Der Regulierungsentwurf ist mit dem Europäischen Datenschutzbeauftragten abgestimmt, dessen Rat auch in vollem Umfang berücksichtigt wurde.

Dass die Anstrengungen bei der Umsetzung von Ana-Credit für die deutsche Kreditwirtschaft mittel- und langfristig Erleichterungen bei anderen Meldepflichten sowie bei der hausinternen (Risiko-)Steuerung bringen können, wird von vielen hiesigen Kreditinstituten als vage Hoffnung gewertet. Wie sehen Sie dieses Argument von Synergieeffekten mit Blick auf die weitere Ausgestaltung des gesamten europäischen Meldewesens?

Die im Rahmen von Ana-Credit erhobenen Daten sind detailliert genug, um sie für ganz unterschiedliche Aufgaben zu nutzen. Das ist ein weiterer Vorteil von Ana-Credit.

Bislang müssen häufig für bestimmte Anforderungen ad hoc und einmalig Daten abgefragt werden. Das ist natürlich mit erheblichem Aufwand und Kosten für die Banken verbunden und wird von diesen auch kritisiert. Dieser Aufwand wird durch Ana-Credit stark reduziert. In vielen Fällen werden die Antworten auf statistische Spezialfragen schon in den Daten von Ana-Credit enthalten sein und müssen dann nur noch von den Zentralbanken aufbereitet werden. Der Investitionsaufwand ist also für Ana-Credit zu Beginn sicherlich beträchtlich, doch das wird sich auf lange Sicht auch für die Banken rechnen.

Fernziel der EZB und der nationalen Notenbanken ist eine Harmonisierung des gesamten Meldewesens. In welchen Zeiträumen muss man Ihren Erfahrungen nach denken, bis solch ein Mammutprojekt tatsächlich umgesetzt ist? Sprich, wann frühestens wird die EZB am Ziel sein?

Dieses sehr ambitionierte, aber auch sehr vielversprechende Ziel wird mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Heute ist es schwierig, dafür eine realistische Frist zu setzen, da wir erst sehr am Anfang dieses Weges stehen.

In Österreich haben sich die Kreditwirtschaft und die Notenbank für eine gemeinsame Meldewesenplattform entschieden? Wie beurteilen Sie dieses Konzept? Könnte es Vorbildcharakter für andere Länder haben?

Der in Österreich gewählte Weg ist sehr interessant und kann durchaus als Modell für andere Länder und für Europa dienen. Wir werden die Umsetzung sehr genau beobachten und die österreichischen Kolleginnen und Kollegen halten uns auf dem Laufenden. Wir haben dafür eine Arbeitsgruppe des ESZB-Statistikkomitees eingerichtet. Die österreichischen Kolleginnen und Kollegen leisten so mit ihren Erfahrungen wertvolle Beiträge bei der Vorbereitung eines möglichen European Reporting Framework.

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