Redaktionsgespräch mit Georg Fahrenschon

"Der Grad an Einigkeit der Sparkassen nimmt angesichts externer Herausforderungen sogar zu"

Georg Fahrenschon, Präsident, Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V. , Berlin

Eine dezentrale Organisation sollte Themenfelder mit unterschiedlichen Interessenlagen der Beteiligten intensiv und durchaus kontrovers diskutieren dürfen. Mit diesem Tenor verteidigt Georg Fahrenschon die langwierige Entscheidungsfindung zur EU-konformen Ausgestaltung des Einlagensicherungsfonds der S-Gruppe und zeigt sich über die Einigung erfreut. Eine problembewusste Begleitung der notwendigen Strukturanpassungen des hiesigen Bankensektors durch die Aufsicht heißt der Präsident des deutschen Sparkassen- und Giroverbandes im Redaktionsgespräch durchaus willkommen, sieht letztlich aber die jeweiligen S-Gremien in der Pflicht, vor Ort die richtigen strategischen Entscheidungen zu treffen. Bei allen Schwierigkeiten einer Verteidigung des hohen Zinsüberschusses und zur Erschließung neuer Provisionsquellen will er die weitere Digitalisierung der Gesellschaft von der Sparkassenorganisation lieber aktiv gestaltet, denn passiv begleitet wissen. (Red.)

Herr Fahrenschon, wie beurteilt der Präsident die Großwetterlage des Sparkassen-Sektors im Sommer 2015 - heiter, wolkig oder eher durchwachsen?

Insgesamt gesehen würde ich sagen, heiter mit einzelnen Cumuli. Die Sparkassen sind stark im Markt und haben das Vertrauen ihrer Kunden. Allerdings stellen Regulierung und Niedrigstzinsphase zunehmend Herausforderungen für die Institute dar. Insofern würde ich - um im Bild zu bleiben - ergänzen, dass die Bewölkung zunimmt.

Wie erleichtert sind Sie über den Ausgang der leidigen Diskussionen über die Ausgestaltung des Einlagensicherungsfonds der S-Finanzgruppe?

Ich bin sehr froh darüber, dass wir unseren Kunden auch in Zukunft sagen können, dass die Institute der Sparkassen-Finanzgruppe im Falle eines Falles füreinander einstehen wollen. Damit sichern wir voll umfänglich die Geschäftsbeziehung zu den Kunden und wollen gerade einen Einlagensicherungsfall vermeiden. Es ist richtig, dass wir uneingeschränkt daran festhalten, auch wenn es ein hartes Stück Arbeit war, das so hinzubekommen.

Hat sich Ihrer Einschätzung nach die Position der Sparkassen gegenüber Brüssel durch diese Diskussionen verschlechtert?

Ein intensiver Diskussionsprozess war nötig. Denn natürlich gibt es bei einem solchen Thema in unserer Gruppe unterschiedliche Interessen. Und Solidaritätsversprechen dürfen auch nicht zu moral hazard führen. Deshalb war es auch nachvollziehbar, dass wir uns mit der richtigen Ausgestaltung des verbesserten Institutssicherungssystems gequält haben. Und ich fand auch viele Fragen untereinander, wie man der hohen gegenseitigen Verantwortung künftig gerecht werden will, sehr berechtigt. Die Aufgabe des Präsidenten ist es, die unterschiedlichen Positionen zusammenzuführen. Das ist zum Schluss gelungen und das ist ein großer Erfolg.

Wie bewerten Sie die doch sehr klaren Vorstellungen der deutschen Finanzaufsicht zum deutschen Bankenmarkt - trägt die Aufforderung zur Schließung von Filialen und zu Fusionen zur Vertrauensbildung bei? Sind Fragen zur Struktur überhaupt Sache der Aufsicht?

Das Kundenverhalten und die Kundenbedürfnisse ändern sich. Für viele Abwicklungsaufgaben wird von großen Teilen der Bevölkerung nicht mehr unbedingt die Geschäftsstelle benötigt. Gleichzeitig steigt aber der Bedarf nach qualifizierter Beratung.

Deshalb werden die Sparkassen ihr Geschäftsstellennetz umbauen und besser mit Online-Zugangswegen verknüpfen müssen. Dass dies in Zeiten großer betriebswirtschaftlicher Herausforderungen nötig ist, macht die Aufgabe nicht eben kleiner. Es ist gut, wenn die Aufsicht hier problembewusst ist. Abnehmen kann sie den Instituten die Aufgabe nicht und sicher auch nur begrenzt Empfehlungen aussprechen.

Wie sind die ersten Erfahrungen mit der Aufsicht durch die EZB über kleinere und mittlere Institute?

Es war richtig, die Aufsicht über kleinere und mittlere Kreditinstitute in nationaler Verantwortung zu belassen. Hier ist die Marktkenntnis, hier können Aufsicht und Kreditinstitute auf Augenhöhe miteinander umgehen. Dennoch spüren wir natürlich den Einfluss der EZB - vor allem bei immer weiter steigenden Meldewesen- und -datenanforderungen sowie individuellen Kapitalzuschlägen für die einzelnen Institute. Ich denke, es ist ein berechtigter Anspruch kleiner und mittlerer Institute, dass ihre Spezifika angemessen berücksichtigt werden. So muss beispielsweise auch künftig die HGB-Bilanzierung für diese Institute akzeptiert werden. Und etwaige Stresstests müssen für national tätige Kreditinstitute anders aussehen, als für international tätige. Ich habe aber den Eindruck, dass auch bei der EZB unser Geschäftsmodell immer besser verstanden und anerkannt wird.

Inwieweit können hier mit einer Bündelung der Kräfte die Belastungen für die Primärbanken minimiert werden, beispielsweise durch die S-Rating?

Die Regulierungsanforderungen und deren Umsetzung in IT-Anwendungen sind heute so komplex, dass dies einzelne Institute nicht mehr allein leisten können. Deshalb bündeln wir vor allem die Entwicklung und Umsetzung von Instrumenten der Gesamtbanksteuerung bei der S-Rating, die bereits viel Erfahrung in aufsichtlich abgenommenen Dienstleistungen für Sparkassen hat. Dabei werden die entwickelten Lösungen für die Institute über die reine Erfüllung aufsichtsrechtlicher Kennziffern wie beispielsweise die Liquiditätsdeckungsquote oder die Kernkapitalquote hinausgehen. Die aufsichtsrechtlichen Vorgaben werden eingebettet in ein ökonomisches Liquiditäts- und Kapitalmanagement. Wir beschleunigen so die Umsetzung standardisierter IT-Lösungen für aufsichtsrechtliche Anforderungen. Schon das wird die Sparkassen erheblich entlasten. Wir werden sehen, was darüber hinaus dort künftig möglich ist.

Die Hochrechnungen der Aufsichtsbehörden verheißen nichts Gutes - lässt sich dennoch mit der aktuellen Ertragslage der Sparkassen auch 2015ff. noch auskömmlich leben?

Die Sparkassen haben im abgelaufenen Geschäftsjahr 2014 auch unter den Bedingungen einer historischen Niedrigstzinsphase ein hervorragendes Geschäftsergebnis erzielt. Grundlage dafür war vor allem das besondere Kundenvertrauen. Wenn ihre Ware keinen Preis mehr hat, wird sich das natürlich in den Ergebnissen der nächsten Jahre niederschlagen. Ich rechne mit einem Absinken des Zinsüberschusses in den kommenden Jahren um bis zu 15 Prozent. Das ist für die große Masse der Institute verkraftbar, stellt einige aber auch vor besondere Herausforderungen. Die Institute unserer Gruppe werden das bewältigen - wir haben sehr viel Substanz.

Auf welchem Stand sehen Sie die deutschen Sparkassen im Wettbewerb? Ist die deutsche Sparkassenorganisation strategisch gut genug aufgestellt, um im regionalen und europäischen Wettbewerb mithalten zu können? Welche Projekte/Herausforderungen haben Priorität?

Wir haben die Kunden, das Vertrauen und die Einlagen: Das sind hervorragende Voraussetzungen, um auch in Zukunft als Marktführer den Wettbewerb anzuführen. Wir stellen uns mit unserer Markenstrategie, der Geschäftsstrategie, der Vertriebsstrategie und der Payment-Strategie umfassend neu auf. Die Ziele sind klar, wir arbeiten an der Umsetzung. Priorität haben aus meiner Sicht die Bewältigung der Niedrigzinsphase, die bessere Betreuung und Ansprache unserer Kunden im Rahmen der Vertriebsstrategie und der Ausbau unserer führenden Position im Zahlungsverkehr, besonders im Online- und Mobile-Banking. Die Leitlinie dabei ist, es den Kunden so einfach wie möglich zu machen und die menschliche Nähe stärker auszubauen.

Welche Geschäftsfelder/Produktbereiche/Dienstleistungen stufen Sie für die Sparkassen als Hoffnungsträger mit echtem Wachstumspotenzial ein? Wo können die Sparkassen allgemein aus Ihrer Sicht in Zukunft neues beziehungsweise zusätzliches Geschäft machen?

Durch das extrem niedrige Zinsniveau werden Wertpapieranlagen immer wichtiger. Deshalb sehe ich im Bereich der Wertpapierberatung noch erhebliches Potenzial. Im Kundenwertpapiergeschäft konnten wir 2014 mit einem Nettoabsatz von 3 Milliarden Euro immerhin den besten Wert der letzten fünf Jahre erzielen. Das zeigt, dass wir hier Fahrt aufnehmen. Mit der Deka-Bank hat die Gruppe einen leistungsstarken Spezialanbieter, dessen Performance sich stetig verbessert und der die Vertriebsunterstützung für die Sparkassen deutlich verbessert hat. Ein zweites wichtiges Feld ist die bessere Begleitung unserer mittelständischen Firmenkunden im Auslandsgeschäft. Dort können wir gemeinsam mit den Landesbanken und der deutschen Leasing noch deutlich zulegen. Und für besonders wichtig halte ich den Payment-Bereich. Dort wird es aber eher darum gehen, durch neue Anwendungen die heutigen Erlöse zu halten.

Muss sich der Ertragsmix verändern? Mit welchen Maßnahmen kann es Sparkassen beispielsweise gelingen, einen höheren Provisionsüberschuss zu generieren?

Der Zinsüberschuss wird auch künftig der entscheidende Ertragsbestandteil sein. Wir müssen aber weiter daran arbeiten, den Provisionsanteil zu erhöhen. Die Sparkassen haben hier noch erhebliche Potenziale. Hierzu gehört neben dem eben skizzierten Wertpapiergeschäft insbesondere auch die Intensivierung des Versicherungsgeschäfts. Das Sparkassen-Finanzkonzept bietet mit seinem ganzheitlichen Ansatz eine ideale Grundlage, alle relevanten Finanz- und Absicherungsfragen in der jeweiligen Lebenslage des Kunden abzuleiten. Auch das Angebot über alle Kanäle und insbesondere der Direktabschluss im Internet gehören hierzu. Weitere Ansatzpunkte sind die Immobilienvermittlung und die Intensivierung des Geschäfts mit vermögenderen Kunden, die in der Regel einen höheren Anteil am Wertpapiergeschäft haben. Vor allem im Firmenkundengeschäft muss sich der Ertragsmix der Sparkassen vom Zinsgeschäft hin zum zinsunabhängigen (und damit stabileren) Provisionsgeschäft ändern. Wachstumspotenzial bieten die Produktbereiche Auslandsgeschäft, Derivate, betriebliche Versicherungen, Finanzierungen von Energieeffizienzmaßnahmen sowie von Erneuerbare-Energien-Projekte und die Vermittlung von gewerblichen Immobilien.

Inwieweit sind die rechtlichen Vorschriften beispielsweise bei der Anlageberatung ein Hindernis?

Insbesondere bei der Wertpapierberatung sind erhebliche Hürden für die Beratung aufgebaut worden. Ich nenne nur Beratungsprotokoll und Beraterregister. Wir werden mit beidem auf absehbare Zeit leben müssen. Es darf aber nicht dazu kommen, dass die Wertpapierberatung aus bürokratischen Gründen weiter eingeschränkt wird. Dazu könnte man den enormen bürokratischen Aufwand ein Stück weit verringern, zum Beispiel indem man beim Beratungsprotokoll Verzichtsoptionen vergleichbar dem Versicherungsrecht bei regelmäßiger Beratung zu gleichen Assetklassen schafft. Man könnte unterhalb bestimmter Bagatellgrenzen sicherlich auch ganz auf das Protokoll verzichten. Und das Beraterregister macht die Wertpapierberatung nicht besser. Bei der Auswertung des Registers für das vergangene Jahr hat sich gezeigt, dass es bei rund 160 000 Beraterinnen und Beratern 0,039 Unmutsäußerungen pro Berater gab. Hunderttausenden Beratungen stehen sechs Verwarnungen, von denen keine ein etwaiges Fehlverhalten von Anlageberatern betraf, gegenüber. Ob man angesichts dieser Zahlen wirklich ein Beraterregister braucht, wage ich zu bezweifeln.

Welche strategischen Weichenstellungen des DSGV halten Sie für Ihr Haus und die S-Primärinstitute als die wichtigsten?

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) wird sich künftig noch stärker als bisher auf die strategische Führung konzentrieren. Verbundunternehmen wie etwa dem Deutschen Sparkassenverlag (DSV) oder der Finanz Informatik (FI) kommt bei der Umsetzung einzelner Projekte eine noch wichtigere Rolle zu. Zudem richten wir im DSGV eine Innovationseinheit ein, die interdisziplinär besetzt Ideen entwickelt, Anregungen von Sparkassen aufnimmt und diese dann zu Konzepten weiterentwickeln soll. Die entscheidende Weichenstellung für die Sparkassen ist die aktive Gestaltung der Digitalisierung unserer Gesellschaft. Der Ausbau digitaler Zugangswege ist von entscheidender Bedeutung für das Geschäft der Sparkassen. Hier ist bei der Umsetzung die FI entscheidend. Dann wollen wir mit nahezu allen anderen Kreditinstituten bis zum Jahresende eine eigenständige Lösung für das Mobile- und Online-Banking auf Händlerseiten schaffen. Und nicht zu vergessen: Wir haben 45 Millionen Karten mit NFC-Technik im Markt, jetzt muss auch der Handel flächendeckend von den Vorteilen der Kontaktlos-Technologie überzeugt werden. Wir sind hier Technologieführer im Mobile Payment.

Mit der PSD Bank Niederbayern-Oberpfalz hat sich die erste Primärbank vom Regionalprinzip verabschiedet. Passt das Regionalprinzip nicht mehr in die Zeit des digitalen Bankgeschäfts?

Im Gegenteil: Genaue Risikokenntnis und verlässliche Kooperationen sind das Gebot der Zeit. Das geht nur, wenn sich jeder auf seine Aufgabe konzentriert - und das bemisst sich bei Sparkassen nach der räumlichen Gliederung. Abgesehen davon ist das Regionalprinzip ein Ausfluss der verfassungsrechtlichen, dezentralen Ordnung der Bundesrepublik. Wir werden nicht den Fehler aus Spanien wiederholen, das Regionalprinzip abzuschaffen, Sparkassen in den Wettbewerb untereinander zu jagen, ganze Regionen dann unversorgt zu lassen und sich zum Schluss über Risikokumulationen zu wundern. Das Regionalprinzip sorgt für Nähe und das genaue Wissen um die finanziellen Möglichkeiten. Das tut uns, unserem Finanzmarkt und Deutschland insgesamt gut.

Welche Konsequenzen hätte eine Abschaffung des Regionalprinzips für die Geschäftsmodelle der Sparkassen?

Verbundzusammenarbeit würde unmöglich. Weniger attraktive Regionen würden nicht mehr bearbeitet. Es würden aus Gründen gewünschten Wachstums einzelner Sparkassen zu Lasten anderer zu hohe Risiken eingegangen. Es würden lauter Commerzbanken entstehen. Das wollen wir nun wirklich nicht.

Stichwort Auslandsgeschäft: Ist die Gruppe diesbezüglich gut genug aufgestellt? Bedarf es konkreter Anstöße seitens des DSGV auf diesem Feld?

Wir sind der führende Mittelstandsfinanzierer in Deutschland. Da immer mehr unserer mittelständischen Kunden die ausländischen Märkte für sich entdecken, muss es für uns selbstverständlich sein, sie hierbei zu begleiten. Wir müssen in den Sparkassen vor Ort noch besser als bisher in der Lage sein, die komplexen Anforderungen des Auslandsgeschäfts zu erfüllen. Die entsprechenden Marktkonzepte liegen vor. Dabei spielen sparkassenübergreifende Kooperationen eine wichtige Rolle. Denn sie sind geeignet, in den Regionen die erforderlichen Kompetenzen vorzuhalten und den Markt aktiv zu bearbeiten. Die Landesbanken, die Deutsche Leasing und das S-CountryDesk sind entscheidende Partner der Sparkassen. Und natürlich ist und bleibt eine größere und engere Kooperation unserer Landesbanken im Auslandsgeschäft und besonders auf den ausländischen Märkten ein Ziel für uns. Kooperationen - hierzu zähle ich auch die mit großen Auslandsbanken, wie die der Großsparkassen und der Helaba mit der Bank of New York Mellon - und Verbund sind die Schlüsselwörter für uns im Auslandsgeschäft.

Wie sehen Sie die Sparkassen in dem weiten Feld der privaten Altersvorsorge positioniert? Bedarf es hier in den Grundzügen eines einheitlichen S-Ansatzes, der auch gemeinsam beworben werden kann?

Die vorhandene Produktpalette ist umfassend und gut: Vom Banksparplan, über das Wertpapiersparen, den Wohn-Riester bis zum Sparkassen-Pensionsmanagement steht alles zur Verfügung. Das betrifft auch Riester- und Rürup-Produkte. Bisher haben aber erst 16 Millionen der rund 40 Millionen Förderberechtigten einen Riestervertrag abgeschlossen. Das bleibt deutlich hinter den Erwartungen aller zurück. Der Grund ist vor allem die gesetzlich vorgeschriebene Komplexität des Produktes. Aber auch die derzeitige Niedrigzinsphase wirkt dämpfend. Unter diesen Zinsbedingungen ist es sehr schwierig, gerade jüngeren Menschen die Bedeutung einer frühzeitigen Altersvorsorge deutlich zu machen. Wir sehen das aber trotz der widrigen Rahmenbedingungen als unsere Aufgabe an und lassen hier auch nicht nach.

Sind Sie mit dem Antritt der Sparkassenorganisation in der betrieblichen Altersvorsorge zufrieden?

Angesichts des großen Potenzials, das Sparkassen mit ihren mittelständischen Firmenkunden haben, kann uns das bisher Erreichte nicht zufriedenstellen. Große Teile des Mittelstands haben echten Handlungsbedarf bei der betrieblichen Altersvorsorge. Mit dem jetzigen Zinsniveau sind gegebene Pensionszusagen oft nicht einzuhalten. Gerade bei Direktzusagen macht sich das dann bald in den Bilanzen bemerkbar. Hier haben wir gute Lösungen und umfassende Kompetenz. Die wollen wir noch besser in den Markt tragen.

Braucht der Landesbankensektor eine stärkere Arbeitsteilung? An welcher Stelle erwarten Sie bessere/ effizientere Dienstleistungen aus dem Landesbankensektor?

Zunächst einmal gilt, dass der Sektor die vergangenen Jahre genutzt hat und inzwischen wieder wettbewerbsfähig aufgestellt ist. Die Landesbanken sind wieder der starke Partner der Sparkassen - das spürt man überall in der Republik. Dabei stehen die Institute mit ihren Produkten durchaus auch im Wettbewerb zueinander. Deswegen rechne ich im originären Kundengeschäft zum Beispiel mit Firmen- oder gewerblichen Immobilienkrediten derzeit nicht mit einer Ausdifferenzierung. Anders könnte das jedoch bei den mengengetriebenen Dienstleistungen insbesondere auch Backoffice- oder Betriebsbereichen aussehen. Hier kann eine stärkere Zusammenarbeit zum Beispiel beim Zahlungsverkehr sehr wohl Effizienzpotenziale heben.

Wann rücken die öffentlichen Versicherer wieder stärker in den Blickpunkt des DSGV-Präsidenten? Sind in der Zusammenarbeit mit den öffentlichen Versicherern erkennbare Anzeichen für eine bessere Marktausschöpfung zu erkennen? Was ist an dieser Stelle gegebenenfalls zu tun?

Die öffentlichen Versicherer sind mit ihrem breiten Produktportfolio ein ganz wichtiger Teil der Sparkassen-Finanzgruppe und deswegen natürlich auch immer im Blickpunkt des DSGV-Präsidenten. Die Versicherer arbeiten angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen intensiv an der Optimierung ihres Geschäftsmodells. Ob es in diesem Sektor in absehbarer Zeit über das bisher Erreichte hinaus zu Konsolidierungen kommt, ist in allererster Linie eine Entscheidung, die die jeweiligen Eigentümer der Institute treffen müssen. Ich würde das befürworten.

Welchen Stellenwert haben die Landesbausparkassen in der Sparkassenorganisation?

Mit neun Millionen Kunden und einem Bestand von annähernd 11 Millionen Verträgen ist die LBS, die "Bausparkasse der Sparkassen", die Nummer eins auf dem deutschen Bausparmarkt. Für die Sparkassen ist die Zusammenarbeit mit den Landesbausparkassen von hoher strategischer Bedeutung. Denn der Bausparvertrag ist ein Schlüsselprodukt auf dem Weg in die eigenen vier Wände. Der Bausparer von heute ist der Finanzierungskunde von morgen. Der LBS-Bausparvertrag hat somit für die Sparkassen eine wichtige Kundenbindungsfunktion.

Wir wissen aber auch: Das Neugeschäft fällt uns in der jetzigen Zinsphase relativ leicht. Uns belastet aber das unausgewogene Verhältnis von An sparen und Inanspruchnahme von Bausparkrediten bei früheren Verträgen. Ein Bausparvertrag ist keine lebenslange Anlageform, sondern die Eintrittskarte für ein Baudarlehen. Die Bausparkassen müssen darauf achten, dass diese Balance im Interesse aller Kunden gewahrt wird.

Sparkassen haben sich bislang in schwierigen Zeiten immer durch ihre Einigkeit ausgezeichnet - ist das ein Stück weit verloren gegangen?

Die Sparkassen zeichnen sich durch einen sehr hohen Grad an Einigkeit aus. Das nimmt angesichts der externen Herausforderungen sogar zu. Ich denke, dass wir in der Diskussion in den Gremien und in der öffentlichen Darstellung darauf achten müssen, dieses Bedürfnis der Institute nach Gemeinsamkeit auch immer zum Ausdruck zu bringen.

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