Marktforschung für Finanzdienstleister

Bei der Altersvorsorge überschneiden sich die Interessengebiete

Finanzmarktforschung ist aus Sicht der Ergo natürlich zuallererst Versicherungsmarktforschung. Für uns als Versicherungskonzern steht naturgemäß die Vorsorgementalität der Bevölkerung im Fokus. Banken und andere Finanzdienstleister geraten dabei an verschiedenen Stellen natürlich auch ins Blickfeld des Versicherungsmarktforschers.

Auf besonderes Interesse stößt zum Beispiel das Thema Banken als Vertriebspartner für Versicherungsprodukte. Früher war die vorherrschende Meinung, dass Banker keine Versicherungen verkaufen können - und natürlich umgekehrt auch Versicherungsvertreter keine Bankprodukte. Heute jedoch wird es als strategischer Nachteil gesehen, wenn ein Versicherer keine Vertriebskooperation mit einer Bank hat.

Die öffentlich-rechtlichen Versicherer beweisen schon lange, dass durch die Bank erfolgreich Versicherungen verkauft werden können. Auch das kontinuierliche Wachstum im genossenschaftlichen Bereich bezeugt die zunehmende Beratungskompetenz des Bankmitarbeiters.

Kundenanforderungen verlangen Symbiose

Ganz besonders aber überschneiden sich die Interessengebiete von Banken, Versicherungen und anderen Finanzdienstleistern beim Thema Altersvorsorge. Hier ist es eher der Konsument, der die verschiedenen Finanzdienstleister zusammenbringt.

Er verlangt nach der besten individuellen Lösung für sein persönliches Vorsorgeproblem - ob das nun von der Bank kommt, von einer Fondsgesellschaft oder von einer Versicherung. Hier führen die Anforderungen des Kunden zu Annäherungen in den Produktwelten - also dem Versuch der Symbiose zwischen Sicherheitsbedürfnis und Renditeerwartung: fondsgebundene Lebensversicherung auf der einen Seite und Bankprodukte mit Garantieverzinsungen auf der anderen.

Bei keinem anderen Thema sind die Informationsbedürfnisse der Versicherer denen der Banken so ähnlich wie bei der Altersvorsorge. Aber wie steht es aktuell mit den Einstellungen der Verbraucher zu diesem Thema?

Laut einer aktuellen Mehrthemenbefragung, die TNS Infratest im Auftrag der Ergo Versicherungsgruppe und anderer Finanzdienstleister1) durchgeführt hat, sagen mehr als zwei Drittel der unter 65-Jährigen, dass man zusätzlich zur staatlichen Rentenversicherung privat vorsorgen muss, um seinen Lebensstandard im Alter halten zu können.

Die aktuelle Einschätzung der eigenen finanziellen Zukunftsabsicherung hat sich in den vergangenen Jahren zwar etwas verbessert, aber trotzdem sieht fast jeder Zweite (46 Prozent) weiterhin Defizite bei der eigenen Altersvorsorge. Insbesondere die jungen Altersgruppen und Haushalte mit geringem Einkommen äußern sich besorgt über ihre Altersvorsorge.

Rund 40 Prozent der unter 65-Jährigen sparen derzeit überhaupt kein Geld für die eigene Altersvorsorge. Und diejenigen, die regelmäßig Geld fürs Alter sparen, müssten nach eigener Einschätzung ihre Anstrengungen deutlich erhöhen. Rund 170 Euro im Monat legen derzeit die Altersvorsorgesparer zurück. Nach eigener Einschätzung wären aber durchschnittlich rund 260 Euro notwendig, um den Lebensstandard halten zu können.

Bei höheren Einkommen steigen zwar die aufgewendeten Beträge an, aber die Lücke bleibt. So sparen Personen mit einem Haushaltsnettoeinkommen über 3 000 Euro monatlich zwar mit durchschnittlich 230 Euro deutlich mehr für ihre Alterversorgung, der geschätzte Sparbedarf liegt jedoch bei rund 320 Euro. Diese Differenz von durchschnittlich 90 Euro pro Monat stellt ein enormes Potenzial dar, denn sie beruht auf einer Einschätzung der Konsumenten und wurde nicht von Spezialisten errechnet. Aber wem gelingt es am besten, auf der Produkt- und der Vertriebsseite dieses Potenzial auszuschöpfen?

Banken bei der Beratung vorne

Mehr als ein Viertel (27 Prozent) der unter 65-Jährigen haben sich laut Infratest in den letzten fünf Jahren zum Thema Altersvorsorge von einer Bank oder Sparkasse beraten lassen. Damit liegt der Bankensektor bei diesem Thema vor den Versicherungsvertretern, bei denen lediglich elf Prozent Beratung suchten, oder den Maklern und freien Finanzberatern, deren Beratung jeweils weitere sechs Prozent in Anspruch nahmen. Die Vertriebe der Bausparkassen spielen beim Thema Altersvorsorge mit einem Anteil von drei Prozent dagegen nur eine untergeordnete Rolle.

In den besonders interessanten einkommensstärkeren Gruppen sieht es allerdings günstiger für die Versicherungsvertriebe aus. 40 Prozent der Selbstständigen und Freiberufler haben sich beispielsweise Rat zum Thema Altersvor sorge bei einer Bank oder Sparkasse geholt, was deutlich über dem Durchschnitt liegt. Auch die versicherungsnahen Ver triebe kommen auf eine höhere Quote: Knapp 44 Prozent haben mit klassischen Versicherungsvertretern, Maklern oder freien Finanzberatern über ihre Altersvorsorge gesprochen.

Auch bei der Frage nach den Präferenzen, von wem man sich beraten lassen würde, liegt die Bank/Sparkasse sogar mit 60 Prozent vor allen anderen Vertriebsformen. Die eigenen Vertriebe der Versicherer kommen hier nur auf 26 Prozent. Den Versicherern ist es trotz Finanz- und Vertrauenskrise offensichtlich nicht gelungen, sich als vertrauenswürdige Alternative zu profilieren.

Die große Bedeutung der Banken als Absatzkanal beim Thema Altersvorsorge wird auch bei Untersuchungen zu den Vertriebswegen für Altersvorsorgeprodukte der Versicherer deutlich. Gerade hat die jährliche Vertriebswegebefragung von Towers Perrin für den Bankensektor einen Marktanteil in der Lebensversicherung von rund 27 Prozent für 2008 ergeben. Und auch der Versichererverband GDV weist in seinen Statistiken einen von 15 Prozent in 2000 auf rund 22 Prozent in 2007 gewachsenen Neugeschäftsanteil der Banken in der Lebensversicherung aus.

Bei den Produkten haben die Versicherer die Nase vorn

Von Infratest nach den wichtigsten Eigenschaften einer privaten Altersvorsorge gefragt, steht für den Verbraucher im Zeichen der Krise ganz eindeutig das Thema Sicherheit vorne. Mehr als drei Viertel der unter 65-Jährigen nennen "Sicherheit" als eine von drei wichtigen Eigenschaften.

An zweiter Stelle folgt mit 45 Prozent "dass die Altersvorsorge bis zum Lebensende reicht". Um den dritten Platz rangeln sich mit jeweils rund 20 Prozent Nennungen die Themen Hinterbliebenenvorsorge, staatliche Förderung und Flexibilität bei den Einzahlungen. Hohe Rendite ist derzeit nur für 17 Prozent der Befragten ein besonders wichtiges Thema.

Diese Präferenzen spiegeln sich auch auf der Produktseite wider. Die klassischen Altersvorsorgeprodukte private Rentenversicherung und Kapitallebensversicherungen stehen mit 29 beziehungsweise 28 Prozent in der Gunst des Publikums deutlich vor Bankprodukten wie Sparverträgen/Banksparplänen (17 Prozent) oder Fest-/Termingeld beziehungsweise Sparbriefen (10 Prozent). Die betriebliche Altersvorsorge wird von 27 Prozent und die verschiedenen Formen der Riester-Rente von 26 Prozent als besonders geeignet genannt.

Investmentfonds und festverzinsliche Wertpapiere kommen derzeit nur noch auf neun beziehungsweise acht Prozent Nennungen.

An der Spitze der bevorzugten Altersvorsorgeprodukte steht allerdings immer noch die selbstgenutzte Immobilie. 43 Prozent halten Wohneigentum für besonders geeignet, die Versorgung im Alter zu sichern. Wenig überraschend: Vor allem Eigenheimbesitzer (61 Prozent) und Eigentumswohnungsbesitzer (65 Prozent) halten die Immobilie für besonders geeignet.

Aber welche Maßnahmen planen die Bundesbürger konkret? Gut ein Drittel der unter 65-Jährigen plant laut Infratest mittelfristig etwas zur Verbesserung der privaten Altersvorsorge zu tun. Bei den Jungen ist dieser Anteil fast doppelt so hoch. 58 Prozent der 20- bis 29-Jährigen planen in den nächsten fünf Jahren Maßnahmen zur privaten Altersvorsorge.

Bei den konkreten Altersvorsorgeplanungen liegt die private Rentenversicherung (neun Prozent) zusammen mit der selbstgenutzten Immobilie (neun Prozent) an der Spitze. An dritter Stelle folgt die Riester-Rente mit sieben Prozent. Gleichauf bei ebenfalls sieben Prozent liegen Bankprodukte wie Sparvertrag und Banksparplan. Insgesamt lässt sich feststellen, dass das Thema Altersvorsorge nach wie vor höchste Aktualität hat. Auch wenn sich in Zeiten der Krise das Neugeschäft der Versicherungen nicht so entwickelt hat wie ursprünglich erwartet und die Anlagen in Fonds zeitweise zurückgegangen sind. Die Basisdaten sind unverändert.

Die zunehmende Überalterung der Bevölkerung ist eine Konstante für die nächsten Jahre und Jahrzehnte. Und damit auch die Notwendigkeit privat vorzusorgen. Das bietet Chancen für alle, die intelligente Produkte zur Altersvorsorge anbieten - Banken und Versicherungen.

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