IVS und BDA fordern Zinsmoratorium für Pensionsverpflichtungen

Vor dem Hintergrund eines in weite Ferne gerückten Wiederanstieg der Zinsen fordern das  Instituts der Versicherungsmathematischen Sachverständigen für Altersversorgung e. V. (IVS) und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) die Bundesregierung auf, den HGB-Rechnungszins für Pensionsverpflichtungen bis Ende 2022 einzufrieren und diese Zeit für eine grundlegende Überarbeitung des Ansatzes zu nutzen.

§ 253 Absatz 2 des Handelsgesetzbuches schreibt vor, dass Pensionsrückstellungen für Direktzusagen mit einem durchschnittlichen marktwertnahen Zinssatz auf Basis der vergangenen zehn Geschäftsjahre, dem sogenannten HGB-Rechnungszins, abzuzinsen sind. „Diese gesetzliche Vorgabe führt jedoch aufgrund des anhaltenden Niedrigzinstrends seit Jahren zu erheblichem Nachdotierungsaufwand für die deutschen Unternehmen“, so  Stefan Oecking, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des IVS, eines  Zweigvereins der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. Allein bis Ende 2022 entstehen der deutschen Wirtschaft nach Schätzungen des IVS aus dem Absinken des HGB-Rechnungszinses ergebniswirksame Zusatzbelastungen von rund 80 Milliarden Euro. „Die Arbeitgeber brauchen in der aktuellen wirtschaftlichen Krise dringend wirtschaftliche Entlastung. Aber noch wichtiger ist, dass sie ihre Verpflichtungen mit einem sachgerechten Zins bewerten können, der allgemeinen handelsrechtlichen Grundsätzen entspricht“, so Oecking. 

Das IVS kritisiert, dass die Bewertung der Pensionsverpflichtungen an die zum Teil erratische und volkswirtschaftlich kaum noch vernünftig nachvollziehbare Entwicklung der Kapitalmärkte geknüpft wird, ohne dass diese Kapitalmarktentwicklungen zu den erteilten Zusagen oder zur Geschäftstätigkeit der Unternehmen in irgendeiner Beziehung stünden. Zwar würden durch die 10-jährige Durchschnittsbildung Kapitalmarktschwankungen geglättet, trendbedingte Änderungen wie die beispiellose Niedrigzinsentwicklung der letzten Jahre schlügen jedoch unmittelbar und ohne ausreichende Dämpfung voll auf die Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung durch. Dadurch würden die Unternehmen einem permanenten, handelsrechtlich unsachgemäßen Nachdotierungsrisiko ausgesetzt. 

„Mit einer Direktzusage wird zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Schuldverhältnis begründet, das sich regelmäßig über Jahrzehnte erstreckt. Dabei stellt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber wirtschaftlich einen Teil seines Vergütungsanspruchs gewissermaßen als Darlehen zur Verfügung, das mit Zahlung der Versorgungsleistung getilgt wird“, erläutert Oecking. Die resultierende Pensionsverpflichtung sei in der Handelsbilanz mit ihrem Erfüllungsbetrag unter Berücksichtigung auch der aufgeschobenen Zinszahlungen zu bewerten. Deshalb sei es  für sachgerecht, für die Bewertung eines solchen Schuldverhältnisses handelsrechtliche Maßstäbe anzulegen, die mit denen für die Bewertung von Darlehensverpflichtungen mit aufgeschobenen Zinszahlungen vergleichbar sind. Das bedeute insbesondere, dass der Zinssatz für die Dauer des Schuldverhältnisses grundsätzlich unveränderlich festgelegt wird, so die Position der Pensionsaktuare. 

Um eine sachgerechte und dauerhaft tragfähige Lösung für die Bewertung von Pensionsrückstellungen zu finden, fordern IVS und BDA, den HGB-Rechnungszins bis Ende 2022 als Option für die Unternehmen auf dem Niveau des 31. Dezember 2019 einzufrieren. Das Zinsmoratorium müsse genutzt werden, um gemeinsam mit den Sachverständigen, der Politik, der Finanzaufsicht, den Wirtschaftsprüfern und den Arbeitgeberverbänden einen neuen Ansatz für den HGB-Rechnungszins zu finden, der den erteilten Versorgungszusagen gerecht wird und dabei den Gläubigerschutz einerseits und die Informationsanforderungen der sonstigen Adressaten eines Handelsbilanzabschlusses andererseits berücksichtigt. 

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