KUNDENBINDUNG

Nachholbedarf bei der Kundenzentrierung

Das Bekenntnis zu einem kundenzentrierten Ansatz tragen Banken schon seit vielen Jahren auf den Lippen. Die Notwendigkeit, endlich Fortschritte zu erreichen, wird jedoch immer dringlicher. Den Status quo hat jetzt eine Lünendonk-Studie mit 106 Experten-Interviews untersucht. Sie bestätigt: Ein Erkenntnisproblem in der Sache hat die Branche nicht. 63 Prozent der Banken bezeichnen Kundenzentrierung als einen der wesentlichen Aspekte, weitere 14 Prozent sehen darin sogar den Kern ihrer Strategie.

Auch die Umsetzung der kundenzentrischen Strategiemaßnahmen scheint überwiegend auf den Weg gebracht zu sein. Die Mehrheit der Banken (53 Prozent) befand sich zum Zeitpunkt der Interviews (August bis Oktober 2021) inmitten des Roll-outs kundenzentrischer Maßnahmen in den einzelnen Unternehmensbereichen. Allerdings geben erst 30 Prozent an, eine entsprechende Strategie ausgerollt, Kennzahlen auf Unternehmens-, Bereichs und Prozessebene definiert und implementiert sowie Maßnahmen auf Mitarbeiter-Ebene verankert zu haben. Hier scheinen die Versicherer (34 Prozent) schon ein Stückchen weiter zu sein. Allerdings haben von ihnen erst 14 Prozent eine integrierte Kundenstrategie umgesetzt - gegenüber 17 Prozent bei den Banken.

Zielerreichung häufig erst ab 2023

Unter den Banken arbeiten 29 Prozent an der vollständigen Umsetzung einer Strategie und erwarten den Abschluss noch im Laufe des Jahres 2022. Die Mehrheit von 51 Prozent rechnet jedoch erst 2023 oder später mit der Zielerreichung. Unter den Versicherern erwarten 43 Prozent die komplette Umsetzung der integrierten Marktbearbeitung schon in diesem Jahr, lediglich 40 Prozent erst 2023 oder danach.

Die größten Herausforderungen auf dem Weg zu echter Kundenzentrierung sehen Banken in dem Bewusstseinswandel im eigenen Haus (37 Prozent). An zweiter und dritter Stelle stehen Datenerfassung und -Auswertung, inklusive KI-Modelle und Big Data (33 Prozent) sowie Digitalisierung und technische Umsetzung (20 Prozent). Die Versicherer sehen die größten Herausforderungen bei der Strategieentwicklung (32 Prozent), ebenfalls der Datenerfassung und -Auswertung sowie KI und Big Data (25 Prozent) sowie dem Mangel an Fachkräften und internen Skills (21 Prozent).

Kunden-Feedback erheben fast alle Finanzdienstleister - allerdings in sehr unterschiedlicher Intensität. Jede zweite Bank und Versicherung sammelt nur an einzelnen Kunden-Touchpoints das Feedback der Kunden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der Mehrheit keine Daten über die Kundenbewertung entlang der gesamten Customer Journey vorliegen hat, sondern nur für einzelne Strecken. Nur jeweils 29 Prozent der Banken und Versicherer machen die gesammelten Kennzahlen zu Kunden-Feedbacks auch ihren Mitarbeitern verfügbar. Und schlimmer noch: Nur 9 Prozent der Banken und 12 Prozent der Versicherungen leiten aus aggregierten Feedback-Informationen Maßnahmen auf Unternehmensebene ab. Allzu oft bleibt die Reaktion auf Rückmeldungen der Kunden auf der individuellen Ebene stecken. Hier gibt es also noch beträchtlichen Nachholbedarf.

Ohne Datenanalyse kaum umsetzbar

Ohne die Hilfe von Technologie wird mehr Kundenzentrierung nicht zu erreichen sein. Darin sind sich vier von fünf Befragten einig. Als zentrale Technologien dafür machen sie vor allem KI (56 Prozent), Data Analytics und Big Data (44 Prozent) sowie Cloud-Lösungen (28 Prozent) aus. Den größten Nachholbedarf sehen fast alle Befragten deshalb auch bei der Sammlung von Kundendaten beziehungsweise Informationen zum Kundenverhalten, gefolgt von der Aufbereitung dieser Daten und der Ableitung und dem Anstoßen von Maßnahmen auf Basis von Datenanalysen.

Für den eigenen Unternehmenserfolg hält es die Hälfte der Banken und Versicherungen für wichtig, Kunden personalisiert anzusprechen, weitere 40 Prozent bezeichnen dies als eher wichtig. Dafür wiederum soll das Marketing in Zukunft stärker datenbasiert sein, stärker mit anderen Bereichen und hier insbesondere dem Vertrieb vernetzt sein. Die für die personalisierte Kundenkommunikation benötigten Daten einzukaufen, ist für 61 Prozent der befragten Banken und sogar 72 Prozent der Versicherungen eine Option. Kundendaten als Einnahmequelle zu nutzen und zu verkaufen, können sich dagegen 82 Prozent der Banken und 87 Prozent der Versicherer aus gutem Grund dagegen nicht vorstellbar. Red.

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