Anlageberatung

Die Zukunft ist hybrid

Elf Prozent der (potenziellen) Anleger nutzen in ihrer privaten Vermögensanlage eine rein digitale Beratung durch Robo-Advisor & Co. Das zeigt eine im April vom Forschungsinstitut Yougov durchgeführte Online-Zielgruppen-Befragung, die vom Finanz-Softwareanbieter Ortec Finance und der Unternehmensberatung Concedro in Auftrag gegeben wurde.

Ob das nun wenig oder - angesichts der Tatsache, dass entsprechende Angebote noch vergleichsweise neu sind - eher als ein schneller Markterfolg des digitalen Vermögensmanagements zu bewerten ist, ist vermutlich eine Frage der Perspektive. Auch ist die Stichprobe nicht bevölkerungsrepräsentativ. Sondern befragt wurden 1 029 Personen ab 30 Jahren mit einem Haushaltsnettoeinkommen von mindestens 4 000 Euro. Bei einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung wäre der Anteil der Nutzer von Robo-Advisory-Angeboten vermutlich noch etwas geringer ausgefallen.

Aus Sicht der Anbieterseite brisant ist die Tatsache, dass 60 Prozent der Befragten ganz auf Beratung verzichten, wenn sie sich zum Thema private Vermögensanlage informieren. Sie recherchieren ausschließlich selbst (45 Prozent) oder gar nicht (15 Prozent). Der Mehrwert der Beratung wird also offenbar zumindest nicht gar so hoch eingeschätzt. Vielleicht fehlt es aber zum Teil auch an der immer wieder beschworenen aktiven Ansprache seitens der Bank oder Sparkasse.

Diejenigen, die eine Beratung in Anspruch nehmen, bevorzugen derzeit noch stark die persönliche Beratung. 88 Prozent der Beratungskunden greifen ausschließlich oder zusätzlich auf die persönliche Variante zurück. Nur eine Minderheit von 11 Prozent nutzt ausschließlich digitale Beratung zum Beispiel durch einen Robo-Advisor. Die Begründung der Studie: Rein digitalen Angeboten vertrauen knapp zwei Drittel der Studienteilnehmer nicht.

Sei sie nun digital oder persönlich: Bei der Beratung sehen die Befragten noch Verbesserungsbedarf. So gaben 46 Prozent der befragten Beratungskunden an, sie hätten keine Möglichkeit gehabt, im Beratungsprozess individuelle Ziele anzugeben. Ähnliche Lücken klaffen laut Umfrageergebnissen bei der Erstellung des Risikoprofils durch Kundenberater oder digitale Anbieter: Gerade einmal ein Drittel der befragten Beratungskunden (37 Prozent) wurde nach ihrer Risikobereitschaft gefragt, davon konnten die meisten (32 Prozent) nur einmalig, am Anfang der Beratung, ihre Risikoeinstellung festlegen, ohne dass dies zwischenzeitlich aktualisiert wurde oder unterschiedliche Risikoprofile für verschiedene Sparziele festgelegt werden konnten. Über die voraussichtliche Zielerreichung erhalten nur 28 Prozent einen Überblick.

Die Studie zeigt zudem einmal mehr eine Diskrepanz zwischen Realität und Wünschen in Sachen Beratung. Heute nehmen lediglich 37 Prozent der Befragten Beratung in Anspruch, aber 76 Prozent wünschen sich das in der Zukunft. Theoretisch ergibt sich daraus ein großes Beratungspotenzial in der Zielgruppe. Auch davon werden aber wohl Abstriche zu machen sein, da längst nicht jeder, der in Umfragen Interesse an Beratung bekundet, diese dann auch tatsächlich in Anspruch nimmt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit geht jedoch der Trend in der Anlageberatung in Richtung eines hybriden Modells, das die menschliche Expertise mit einem digitalen Tool kombiniert. Eine solche Kombination aus persönlicher und digitaler Beratung bevorzugen 47 Prozent der Befragten. Red.

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