Assekuranz bringt sich und "Riester" in Verruf

Stagnation bei Riester II/2019 Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales

Die nach dem ehemaligen Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Walter Riester, benannte staatlich geförderte private Altersvorsorge kommt nicht aus den Negativschlagzeilen heraus. Zu teuer, zu unrentabel, zu bürokratisch bei der Beantragung der Zulagen, so die gängigen Vorwürfe.

In Sachen Kosten haben die Marktwächter Finanzen Mitte September 2019 für neue Aufregung gesorgt. Wer bei Riester-Rentenversicherungen zulagenbedingt seine Beiträge senkt oder wieder erhöht, der muss unter Umständen erneut Abschluss- und Vertriebskosten zahlen - entweder auf die Zulagen und/oder auf Beitragswiedererhöhungen. Zu diesem Ergebnis kamen die Marktwächter nach einer Analyse unter 34 Versicherern. 15 von ihnen berechneten solche doppelten Abschluss- und Vertriebskosten.

Betroffen waren Riester-Sparer mit schwankenden Einkünften, die aufgrund von Kinderzulagen ihren Eigenbeitrag senken oder nach Ablauf der Kinderzulagenberechtigung den Beitrag wieder erhöhen, oder von der unmittelbaren Förderberechtigung in die mittelbare Förderberechtigung wechselten und danach wieder zurück. Aus Sicht der Lebensversicherer stellt ein solcher Wunsch nach einer Senkung des Eigenbeitrags als Verlangen nach einer Teilbeitragsfreistellung nach § 165 VVG, die die genannten Kosten begründen würde.

Auch die BaFin hat sich daraufhin der Thematik angenommen und in einer Stichprobe unter 20 Lebensversicherungsunternehmen die Praktiken zur Doppelverprovisionierung unter die Lupe genommen. Unternehmen, die Doppelprovisionen berechnen, wurden ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14. März 2019 hingewiesen, wonach diese Praxis unwirksam ist. Darüber hinaus hat sich die Verbraucherschutzabteilung der BaFin von allen betroffenen Unternehmen schriftlich bestätigen lassen, dass sie künftig keine Doppelprovisionen mehr erheben und Kundenbeschwerden zu bereits erhobenen erneuten Abschluss- und Vertriebskosten im Sinne der Verbraucher behandeln werden. Im BaFin- Journal vom Oktober 2019 hieß es zum Thema "Die BaFin geht davon aus, dass in der Praxis eine Doppelprovisionierung bei den Riester-Rentenversicherungsverträgen nicht mehr stattfinden wird".

Ganz erledigt hat sich diese Praxis allerdings offenbar immer noch nicht. So sah sich die Aufsicht am 6. Dezember veranlasst, noch einmal auf die Unzulässigkeit erneuter Abschluss- und Vertriebskosten bei Riester-Rentenversicherungsverträgen hinzuweisen, wenn sich bei gleichbleibendem Gesamtbeitrag die staatliche Zulage in der Ansparphase ändert und infolgedessen der Eigenbeitrag des Verbrauchers steigt oder sinkt.

Branche katapultiert sich aus dem Geschäft

Keine Frage: Aus Sicht des Versicherers ist es im Grunde unerheblich, wodurch die Beitragsänderung verursacht wird. Der Versuch, dadurch entstehenden Aufwand zu berechnen, ist deshalb nachvollziehbar. Die Branche tut sich damit indessen keinen Gefallen. In einem Umfeld, in dem die Lebensversicherer ohnehin mit Imageproblemen zu kämpfen haben und in dem der Trend in der Altersvorsorge immer mehr weg von der Lebensversicherung hin zu anderen Formen der Vorsorge geht, katapultieren sie sich mit solchen Praktiken nur noch mehr aus dem Geschäft.

Das zeigt auch die vom Bundesmininsterium für Arbeit und Soziales veröffentlichte Statistik über die Entwicklung der Riester-Verträge. Deren Gesamtzahl ist bis einschließlich 2017 regelmäßig angestiegen und ging erst 2018 sowie in den ersten beiden Quartalen 2019 leicht zurück. Dieses Minus geht ausschließlich zulasten des Bestands an Versicherungs- und Banksparverträgen, deren Anteil am Bestand insgesamt seit 2015 kontinuierlich sinkt.

Noch immer entfallen zwar 65,2 Prozent der Riester-Verträge (Stand zweites Quartal 2019) auf Versicherungen - 2013 waren es jedoch noch 68,9 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Investmentfondsverträge von 18,9 Prozent (2013) auf 19,9 Prozent im zweiten Quartal 2019, der Anteil der Eigenheimrente (Wohn-Riester) erhöhte sich noch deutlicher von 7,2 auf 11,0 Prozent. In absoluten Zahlen sank die Anzahl der Versicherungsverträge seit 2013 um 251 000 (minus 2,1 Prozent), während die Anzahl der Investmentfondsverträge um 268 000 stieg (plus 8,9 Prozent) und die Wohn-Riester-Verträge um 664 000 (plus 57,5 Prozent) zulegten.

Dass diese Wachstumszahlen den leichten Rückgang bei Riester insgesamt nicht vollständig kompensieren können, liegt nicht nur, aber auch an Medienberichten wie denen über die Doppelverprovisionierung. Schwarze Schafe in der Assekuranz bringen damit nicht nur sich selbst, sondern das ganze Riester-Konzept in Verruf - zulasten der Altersvorsorge insgesamt. Denn je länger die Politik die Reform der Vorsorgeförderung aufschiebt, umso dringlicher wird der Handlungsdruck für Verbraucher, nicht länger abzuwarten. Dass trotz aller Riester-Kritik die Vertragszahlen bei Wohnriester und Fondssparverträgen steigen, darf als Leistung der Berater verbucht werden.

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