Vertriebswegemix in der Lebensversicherung: Bankvertrieb verliert Spitzenposition

Abbildung 1: Vertriebswegemix in der Lebensversicherung 2012 bis 2016 (Anteile in Prozent gemäß APE, 2013 bis 2016) Quelle: Willis Towers Watson

Etliche Jahre lang kannte der Marktanteil des Vertriebsweges "Bank" im Geschäft mit Lebensversicherungen nur eine Richtung: aufwärts. Damit war es im Jahr 2016 erst einmal wieder vorbei, so der im Dezember veröffentlichte 18. Vertriebswege-Survey Lebensversicherung von Willis Towers Watson. Kernaussage der Untersuchung: 2016 hat der Maklervertrieb eine Renaissance erlebt, während der Bankvertrieb seine Spitzenposition verloren hat, die er während der letzten drei Jahre innehatte. Der Vertriebskanal Bank verliert 1,8 Prozentpunkte an Marktanteil und kommt damit nur noch auf 28,6 Prozent (nach 30,4 Prozent 2015).

Für diese Entwicklung nennt Willis Towers Watson mehrere Gründe. Punkt eins ist die Marktentwicklung im Geschäft mit Einmalbeiträgen - traditionell eine Domäne des Bankvertriebs. Nach dem sehr schlechten Jahr 2015 mit einem Neugeschäftsrückgang um 9,0 Prozent war dieses Geschäft auch 2016 weiter rückläufig. Das Einmalbeitragsvolumen aus dem Neuzugang an Lebensversicherungen sank um 4,1 Prozent auf 24,9 Milliarden Euro nach 25,9 Milliarden Euro im Vorjahr.

Sinkender Marktanteil im rückläufigen Einmalbeitragsgeschäft

In diesem schrumpfenden Segment konnte der Bankvertrieb zwar seine traditionelle Spitzenposition behaupten. Mit einem Marktanteil von 42,2 Prozent (wie im Jahr 2014) verloren Kreditinstitute jedoch selbst in ihrem angestammten Geschäftsfeld 1,9 Prozentpunkte an Marktanteil. Rückgänge gibt es hier auch beim Direktvertrieb und den gebundenen Strukturvertrieben, während der Maklerkanal drei Prozentpunkte Marktanteil gewinnt.

Marktanteile verloren haben die Banken auch beim Geschäft gegen laufenden Beitrag, das im Jahr 2016 gegenüber dem Vorjahr leicht gewachsen ist (plus 0,7 Prozent). Mit einem Marktanteil von 20,8 Prozent (minus 0,9 Prozentpunkte) kommen sie hier hinter den unabhängigen Vermittlern (33,5 Prozent, plus 1,7 Prozentpunkte) und dem Ausschließlichkeitsvertrieb (30,3 Prozent, minus 0,9 Pro zentpunkte) auf Rang drei unter den Vertriebskanälen.

Hinzu kommt die Entwicklung auf Produktebene, von der ebenfalls die Makler zulasten des Bankvertriebs profitieren konnten. Grund dafür ist die traditionelle Stärke der unabhängigen Vermittler im Geschäft mit fondsgebundenen Produkten, die 2016 im Neugeschäft mit laufenden Beiträgen erstmals seit der Finanzkrise wieder die traditionellen Rentenprodukte knapp überholten. Mit einem Anteil von 25,2 Prozent am Neugeschäft lag der Anteil um 2,9 Prozentpunkte höher als 2015, während der Anteil der traditionellen Rentenversicherungen um 0,8 Prozentpunkte auf 25,1 Prozent des Neugeschäfts sank.

Beim Einmalbeitragsgeschäft sieht das Bild zwar anders aus - hier machten traditionelle Rentenversicherungen nach GDV-Zahlen 45,6 Prozent des Neugeschäfts aus, während die Fondspolicen nur auf 13,4 Prozent Marktanteil kamen. Doch auch hier wächst der Anteil der fondsgebundenen Renten.

Marktführer bei Klassikprodukten

Insgesamt wurden 2016 nach APE (die Summe aus laufenden Beiträgen plus 10 Prozent der Einmalprämien) 3,7 Prozent weniger Rentenversicherungen verkauft als im Vorjahr, wobei die Einmalbeiträge doppelt so stark betroffen waren wie die laufenden Beiträge.

In diesem rückläufigen Segment sind die Banken zwar Vertriebskanal Nummer eins und konnten ihren Anteil im Vertriebswegemix sogar um 3,1 Prozentpunkte auf 35,9 Prozent ausbauen. Allerdings bedeutet das wegen des insgesamt schrumpfenden Geschäfts mit traditionellen Rentenversicherungen unter dem Strich nur, dass sie das Neugeschäftsniveau vom Vorjahr in etwa halten konnten.

Bei Fondspolicen Marktanteile verloren

Bei den Fondspolicen hingegen sieht dieses Bild ganz anders aus. Analog zu 2015 wurde hier auch 2016 deutlich mehr Neugeschäft geschrieben. Das Wachstum nach APE betrug 9,3 Prozent (nach 8,3 Prozent 2015). Und hier scheint es, als wiederhole sich eine Entwicklung, die um die Jahrtausendwende schon einmal zu beobachten war. Auch damals profitierten die unabhängigen Vermittler von dem Börsenboom, der die Nachfrage nach fondsgebundenen Versicherungen kräftig steigen ließ. Mit dem Nachfrageeinbruch infolge der Finanzkrise ging auch der Marktanteil der Makler wieder zurück. Analog zu dieser Entwicklung profitieren sie jetzt von der neuen Produktstrategie in der Branche, weg von den klassischen Garantiemodellen zur "neuen Klassik".

Ob dies eine echte Trendumkehr darstellt oder nur eine Art "Strohfeuer" für den Maklerkanal, lässt sich einstweilen noch nicht feststellen. Klar ist jedoch, dass der Bankvertrieb bei den fondsgebundenen Produkten 2016 Federn lassen musste und im Vertriebswegemix 3,3 Prozentpunkte an Marktanteil einbüßte, während die unabhängigen Vermittler 3,6 Prozentpunkte hinzugewannen. Mit einem Marktanteil von 27,0 Prozent lassen die Makler damit den Bankkanal (26,5 Prozent) hinter sich.

Veränderter Fokus im Vertrieb?

Der sinkende Marktanteil der Banken bei Fondspolicen wie auch bei Riester muss freilich nicht zwingend eine Vertriebsschwäche darstellen. Er kann auch veränderten Prioritäten geschuldet sein - etwa dadurch, dass der Fokus verstärkt auf Fondssparpläne gelegt wurde.

Für die Zukunft werden Banken von der Assekuranz deshalb auch weiterhin als stabile Säule des Vertriebs eingeschätzt. 50 Prozent der befragten Versicherer rechnen 2017 für die nächsten fünf Jahre mit einer wachsenden Bedeutung des Bankvertriebs im Gesamtmarkt. Das sind 12 Prozentpunkte mehr als 2016. Von einer Bedeutungszunahme gehen allerdings nur noch 35 Prozent aus. Das entspricht einem Rückgang um 13 Prozentpunkte. Den größten Zuwachs erwartet die Branche wenig überraschend für den Vertrieb über Internetportale. Für diesen Vertriebsweg gibt es aber einstweilen noch keine aussagekräftigen Zahlen.

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