VERSICHERUNGEN

Assekuranz fürchtet um Insurtechs

Foto: © Kai Hartmann Photography / BaFin

Wenn es eines Beweises dafür bedurft hätte, dass die Finanzbranche Fintechs und Insurtechs nicht länger als Gegner, sondern in vielen Fällen als geschätzte Kooperationspartner betrachtet, dann hat ihn der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Anfang Februar geliefert, als dessen Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen Insurtechs gegenüber verschärften Anforderungen der BaFin in Schutz nahm.

Dabei geht es um Folgendes. Die BaFin berichtet, es habe sich in der Aufsichtspraxis gezeigt, dass Insurtechs ihre Risiken in der Aufbauphase bisher nicht ausreichend berücksichtigt haben. Das beanstandet die Aufsicht und fordert, dass Unternehmen in der Aufbauphase ihre Risiken künftig angemessener als bisher reflektieren. Das sei umso wichtiger, weil bei Investoren als Folge der Corona-Krise das Geld nicht mehr so locker sitze. Insgesamt sechs Insurtechs hat die BaFin seit 2017 zugelassen. Bei ihrer Zulassung müssen Versicherungsunternehmen einen Organisationsfonds stellen. Bei künftigen Neugründungen will die BaFin darauf achten, dass dessen Höhe die zunehmende Rolle der IT beim Vertrieb von Versicherungsprodukten widerspiegelt. Schließlich ist es gerade bei jungen Digitalversicherern häufig entscheidend, dass die IT-Aufbaukosten auf lange Sicht ausreichend finanziert sind. Der "Orgafonds" soll deshalb so hoch bemessen sein, dass er alle erwarteten, realistisch prognostizierten Verluste von der Gründung bis zum Zeitpunkt der erstmaligen Profitabilität erfasst.

Bei der Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellung sollten alle Unternehmen in der Aufbauphase die Kosten überwiegend ihrem Bestandsgeschäft zuordnen. Denn das prognostizierte Neugeschäft ist in der Aufbauphase mit zu hohen Unsicherheiten behaftet, als dass man den Großteil der Kosten guten Gewissens dort verorten könnte. Das führt unter dem Strich zu einer höheren versicherungstechnischen Rückstellung.

Die Argumentation der BaFin ist an sich einleuchtend: Der Schutz der Kunden dürfe nicht geringer sein, nur weil sie sich bei einem jungen, innovativen Unternehmen versichert haben. Und hatten die etablierten Anbieter nicht immer "gleiches Recht für alle" gefordert?

Dass der GDV die Ankündigung der BaFin kritisiert, Versicherungslizenzen künftig nur noch dann zu vergeben, wenn Start-ups am Tag des Lizenzantrags die vollständige Ausfinanzierung nachweisen können, muss insofern erstaunen. "Wir sind gegen Sonderregeln für Insurtechs, sowohl was großzügige Erleichterungen, aber auch was höhere Anforderungen betrifft", sagte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen in Berlin. Der Begriff "Sonderregeln" zielt dabei auf die Aufsichtspraxis in den einzelnen europäischen Ländern. "Mit den geplanten Sonderregeln verscheuchen wir Innovationen aus Deutschland", so Asmussen. Heißt: Damit gehen der Branche potenzielle Kooperationspartner verloren beziehungsweise wird es schwieriger, neue Partner zu finden. Ob das ein Grund sein kann, die Erkenntnisse aus mehreren Jahren Aufsichtspraxis - zumal in wirtschaftlichen Krisenzeiten - nicht ins Aufsichtsregime einzuarbeiten, darf zumindest hinterfragt werden.

In einem Punkt hat der GDV aber vermutlich recht: Auch für bereits zugelassene, aber noch in der Aufbauphase befindliche Versicherungs-Start-ups, so die Kritik des Branchenverbands, bedeuten die Pläne der BaFin eine Verschärfung. Wenn für Insurtechs, die teilweise bereits viel investiert haben, damit "mitten im Spiel die Regeln geändert" werden, wie es Asmussen formuliert, ist das sicher schwierig. Für solche Fälle wird sich jedoch möglicherweise eine Lösung finden lassen. Red.

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