Start-ups

Gründer halten wenig von Gründer-Shows - zu Recht

Im Fernsehen scheinen Gründer-Shows derzeit Konjunktur zu haben. Bei jungen Unternehmen sind die Sendungen aber weniger beliebt als offenbar beim Publikum. Das geht zumindest aus einer Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter rund 300 deutschen Startups hervor. 65 Prozent der Unternehmensgründer würden demnach auf keinen Fall bei einer solchen Fernsehshow mitmachen, nur gut jeder Vierte (28 Prozent) kann sich eine Teilnahme vorstellen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter 302 deutschen IT- und Internet-Start-ups.

Diejenigen Start-ups, die sich vorstellen können, bei einer TV-Show aufzutreten, hoffen vor allem darauf, dass ihr Unternehmen so bekannter wird (98 Prozent) und sie sogar neue Kunden gewinnen können (78 Prozent). 59 Prozent sehen zudem die Chance, dass auf diesem Weg potenzielle Investoren aufmerksam werden und so eine Finanzierung zustande kommt.

Jeder Dritte rechnet damit, dass ihn die Beratung der Jury oder der Mentoren weiterbringt - und rund jedem Vierten würde ein Fernsehauftritt einfach Spaß machen.

Die große Mehrheit ist jedoch skeptischer. 57 Prozent jener 65 Prozent, die nicht bei einer TV-Show dabei sein wollen, begründen das damit, dass es sich nur um TV-Unterhaltung handelt, die keinen Mehrwert für ihr Unternehmen bringt. 48 Prozent empfinden die Konditionen der dort angebotenen Investmentdeals als unattraktiv. 40 Prozent glauben nicht, dass ihnen die Beratung durch die Jury oder Mentoren fachlich hilft.

Jeder Dritte (33 Prozent) schätzt insgesamt den Aufwand als so hoch ein, dass es sich nicht lohnt. Ebenso viele (34 Prozent) befürchten, dass die Teilnahme an einer solchen Show dem Image ihres Startups sogar schadet. Jeder Vierte (25 Prozent) glaubt nicht, dass ein potenzieller Investor durch eine solche Show auf das Start-up aufmerksam wird.

Der Insolvenzantrag des Fintechs Lendstar, das im September 2015 in der Sendung "Die Höhle der Löwen" nicht nur ein Investment von Jochen Schweizer erhalten hatte, sondern mit 250 000 sogar das höchste, das es in der seit 2014 laufenden Sendung bis dahin gab, zeigt eindrücklich: Der Erfolg eines Start-ups in einer Gründershow ist keine Gewähr für den wirtschaftlichen Erfolg.

Im Fall von Lendstar dürfte vor allem der vielen Fintechs mangelnde Kundenzugang ursächlich für die Schwierigkeiten sein. 2017 hatte Lendstar noch damit geworben, dass der eigene P2P-Bezahldienst ohne die bei Kwitt damals noch bestehende Beschränkung auf Sparkassenkunden auskomme. Hier sah man einen Wettbewerbsvorteil, der aber nun durch die Interoperabilität mit der genossenschaftlichen Lösung und der Öffnung für weitere Partner hinfällig geworden ist. Dass mit Lendstar und Cringle fast zeitgleich zwei Fintechs aus der Nische der P2P-Payments Insolvenz angemeldet haben, ist ein deutliches Indiz dafür, dass beim Thema Payment die Großen - Banken und Nichtbanken - die Nase vorn haben, mögen auch die Ideen ursprünglich von Fintechs aufgebracht worden sein. Eine TV-Show bringt da wenig, wenn man vom Wettbewerb gleichsam rechts überholt wird.

Mag sein, dass die Start-up-Sendungen auf verschiedenen Sendern das Thema Gründungen und Gründer einem Millionen-Publikum nähergebracht haben und "Gründergeist in die Gesellschaft tragen", wie es Jenny Boldt, Start-up-Expertin beim Digitalverband Bitkom formuliert. Ob dies wirklich zu mehr Gründungen beiträgt, scheint aber fraglich. Das müsste wohl gesondert untersucht werden. Die Skepsis der Unternehmen scheint aber in jedem Fall berechtigt. Start-up-Beratungen gibt es schließlich auch bei der Hausbank. Die Konditionen für eine Finanzierung dürften in vielen Fällen zumindest nicht schlechter sein als in TV-Shows. Und wenn eine Geschäftsidee als wenig tragfähig beurteilt wird, dann geschieht das wenigstens nicht vor einem Millionenpublikum. Red.

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