NACHHALTIGKEIT

Nicht zu kurz denken

Wenn sich Banken zum Thema Nachhaltigkeit äußern, dann verweisen sie gerne auch auf den Segen der Digitalisierung: Jede online durchgeführte Transaktion hilft dabei, den Verbrauch von Papier und damit die Abholzung von Bäumen zu reduzieren. Zudem trägt jeder Weg in die Filiale, der dadurch entfallen kann, ebenfalls dazu bei, den CO2-Ausstoß zu senken (zumindest, wenn man unterstellt, dass der Kunde ihn nicht zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem ÖPNV zurückgelegt hätte). Die Rechnung geht allerdings auch dann nur auf, wenn der mit der zunehmenden Digitalisierung verbundene und stark anwachsende Energiebedarf klimaneutral gedeckt werden kann.

Andere Aspekte werden bei der Diskussion oft weniger berücksichtigt. Das gilt vor allem für die benötigte Hardware. Denn natürlich steigt mit jedem zusätzlichen Gerät auch der Bedarf an Rohstoffen wie Eisen, Kupfer, Aluminium, Nickel und Zink, Indium, Tantal oder Gold. Dabei ist insbesondere die Gewinnung von Metallen häufig mit sehr hohen Auswirkungen auf die Umwelt verbunden. In manchen Abbauregionen werden Urwälder gerodet oder Berge gesprengt, um Tagebaue anzulegen. Um die Edelmetalle aus dem Gestein herauszulösen, werden zudem giftige Stoffe verwendet, die wiederum in die Gewässer gelangen können. Auf den indonesischen Inseln Bangka und Belitung zum Beispiel, wo Zinn abgebaut wird, sind Wald- und Wasserflächen zerstört worden. Dass der Abbau der Rohstoffe zum Teil unter unmenschlichen und gefährlichen Bedingungen stattfindet, kommt erschwerend hinzu. Das sind die Schattenseiten der Digitalisierung.

Auch die Bankenbranche trägt mit der Digitalisierung ihrer Leistungen und Prozesse ihren Teil dazu bei, die Probleme noch weiter zu vergrößern. Ein Beispiel dabei ist das Thema Sicherheit. So schnell entwickelt sich die Sicherheitstechnologie weiter, dass aktualisierte Banking-Apps schon auf vier bis fünf Jahre alten Mobiltelefonen nicht mehr funktionieren. Der Kunde muss dann, um das Onlinebanking weiterhin zu nutzen, ein neues Smartphone erwerben, ob er nun will oder nicht. Natürlich wird der häufige Austausch an sich noch funktionstüchtiger Geräte nicht allein durch Banking-Anwendungen induziert. Letztere können aber durchaus zum KO-Kriterium für die Weiterverwendung älterer Geräte werden.

Das heißt natürlich nicht, dass die Kreditwirtschaft bei der Weiterentwicklung der IT auf die Bremse treten sollte. Wenn es ihr ernst ist mit dem Thema Nachhaltigkeit, sollte sie aber versuchen, ihren Beitrag auch dazu zu leisten, das Bewusstsein für die Schattenseiten der Digitalisierung zu wecken - und zu prüfen, ob Banken und Sparkassen nicht ein wenig zur Intensivierung der Kreislaufwirtschaft - sprich zum Recycling alter Handys - beitragen könnten. Dass in den privaten Haushalten in Deutschland im Jahr 2020 laut Bitkom Research 199,3 Millionen Alt-Handys aufbewahrt werden (2021 könnten schon 206,0 Millionen sein), hat nämlich nicht zuletzt damit zu tun, dass die Menschen dem Recycling der Geräte aus Datenschutzgründen skeptisch gegenüberstehen. Und je mehr Informationen auf dem Handy gespeichert sind, umso berechtigter ist die Sorge, dass damit Schindluder getrieben werden könnte, wenn die Daten nicht fachmännisch und unwiederbringlich gelöscht werden. Da behalten viele die Geräte doch lieber in der Schublade.

Hier könnten Banken das in Sachen Datenschutz in sie gesetzte Vertrauen nutzen, um Abhilfe zu schaffen - beispielsweise indem sie Altgeräte einsammeln und selbst "säubern", um sie dann dem Recycling zuzuführen. Im Interesse der Umwelt wäre es sicher der Mühe wert, zu prüfen, ob umweltbewusste Kunden für einen solchen Service ein Entgelt zu zahlen bereit wären - oder ob sich durch die in den enthaltenen Wertstoffen für gesammelte Geräte ein Erlös erzielen ließe, der die Kosten für einen solchen Service decken würde. Red.

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