PERSONALMANAGEMENT

Meeting-Überdruss

Quelle: Pixabay

Die Tarifverhandlungen im Bankgewerbe scheinen in diesem Jahr über Sektorgrenzen hinweg besonders schwierig zu sein. Das liegt natürlich in erster Linie am Geld - denn natürlich geht eine Branche, deren Erträge seit Jahren immer mehr unter Druck stehen, nicht mit weit geöffnetem Geldbeutel in die Gespräche.

Ein anderes Thema ist jedoch auch die Modernisierung der Entgeltsysteme, die an die Entwicklungen vor allem aufgrund der Digitalisierung angepasst werden sollen. Darum bemüht sich vor allem der VÖB, der diesmal zum ersten Mal wieder eigenständig für die öffentlichen Banken verhandelt. Die Gewerkschaft Verdi sag dazu: Modernisierung ja - aber nicht einseitig zulasten der Beschäftigten und wehrt sich beispielsweise gegen eine vonseiten der Arbeitgeber gewünschte Ausweitung der zuschlagfreien Arbeitszeiten nach 20 Uhr.

Auch das Thema Homeoffice müsste aus Sicht der Gewerkschaft stärker Berücksichtigung finden: mit einem tarifvertraglich festgeschriebenen Anspruch darauf, einen festgelegten Anteil der Arbeitszeit im Homeoffice zu leisten, einem Anspruch auf eine Erstausstattungspauschale und einer monatlichen Kostenpauschale für Beschäftige, die mobil arbeiten. Wie man diese Forderungen im Einzelnen bewerten möchte, sei einmal dahingestellt. Fest steht jedoch, dass das Thema Homeoffice kaum mehr verschwinden wird und dass sich Unternehmen aller Branchen weiterhin damit befassen müssen, wie sie damit umgehen und welche Regeln und Vereinbarungen dazu getroffen werden sollten.

Hier zeigt sich - über die Tarifverhandlungen hinaus - durchaus Handlungsbedarf. Zu Beginn des ersten Lockdowns im Frühjahr vergangenen Jahres hat die Finanzbranche in beachtlichem Tempo reagiert. Einen Großteil der Mitarbeiter in einer so stark regulierten Branche, in der zum Beispiel Datenschutz und Datensicherheit noch einmal einen höheren Stellenwert haben als in anderen Wirtschaftsbereichen, quasi von heute auf morgen ins Homeoffice zu schicken, ohne dass die Prozesse und die Erfüllung regulatorischer Vorgaben darunter in der Breite litten - das war eine Leistung, die aller Ehren wert ist. Möglich war das aber natürlich auch nur dank des hohen Engagements der Mitarbeiter. Als es darum ging, auch in der Krise den Betrieb am Laufen zu halten, wurde ihnen durchaus einiges abverlangt. Und ein Großteil der Beschäftigten hat dabei hohen Einsatz gezeigt. Mehr und mehr zeigt sich jedoch auch, dass beim mobilen oder hybriden Arbeiten noch längst nicht alles rund läuft und in Sachen Organisation noch beträchtlicher Anpassungsbedarf besteht.

Nicht nur aus Banken, sondern auch aus Unternehmen anderer Branchen kommen in diesem Kontext vor allem Klagen über die anhaltende Meeting-Flut. So sehr häufen sich virtuelle Konferenzen, dass diese einen Großteil der Arbeitszeit beanspruchen und viele Beschäftigte kaum noch dazu kommen, ihre eigentlichen Aufgaben zu erledigen. Für diese müssen dann in der Zeit nach den Meetings Überstunden gemacht werden - und damit kommen die Mitarbeiter häufiger in den eigentlich zuschlagpflichtigen Zeithorizont nach 20 Uhr, den die Gewerkschaften somit zu Recht auf dem Schirm haben.

Gerade weil das mobile Arbeiten ganz offensichtlich gekommen ist, um zu bleiben, gilt es nun, Prozesse so zu gestalten, dass die Meeting-Flut wieder auf das Vor-Corona-Niveau zurückgefahren wird. Denn so sehr die Beschäftigten bei Ausbruch der Krise auch bereit waren, Kompromisse zu machen, dürfen die Unternehmen doch nicht davon ausgehen, dass sie das auf Dauer zu tun bereit sind. Das Image der Banken als Arbeitgeber, das in den vergangenen Jahren ohnehin schon gelitten hat, droht also weiteren Schaden zu nehmen, wenn an dieser Stelle nichts unternommen wird. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X