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N26 muss raus aus der Garage

So ist das, wenn ein Start-up (zu) schnell wächst: Nicht immer hält die Entwicklung notwendiger Strukturen mit diesem Wachstumstempo mit. Das muss auch N26 immer wieder erfahren. Erst monierte die BaFin Compliance-Defizite. Nun machte das Unternehmen Schlagzeilen wegen seines Umgangs mit dem Versuch von Mitarbeitern, einen Betriebsrat zu wählen.

Das Ganze klingt wie eine Posse. Am 13. und 14. August wollte die Initiative Works Council@n26 den Wahlvorstand wählen, der dann eine Betriebsratswahl vorbereiten sollte. Dagegen erwirkte das Unternehmen beim Arbeitsgericht Berlin eine einstweilige Verfügung. Es fehle am nötigen Hygienekonzept in Corona-Zeiten, so die Begründung. Nur durch das Eingreifen der Gewerkschaften IG Metall und Verdi konnten die Versammlungen der N26 Operations GmbH und der N26 GmbH letztlich doch stattfinden. Die herbeigerufene Polizei konnte offenbar keine Verstöße gegen geltende Corona-Regeln feststellen.

Der kommunikative Umgang des Unternehmens mit diesem Fall ist - wieder einmal - verbesserungsfähig. Tun sich schon etablierte Banken mit Krisenkommunikation oftmals schwer, so ist sie bei N26 nach wie vor kaum existent. So bleibt erneut ein Imageverlust für "die Bank, die Du lieben wirst", wie N26 sich in der Werbung bezeichnet.

Erst am Tag der Veranstaltung, als der Schaden längst angerichtet war und zahlreiche Medien berichtet hatten, veröffentlichte Unternehmensmitgründer Valentin Stalf auf Linkedin seine Sicht der Dinge. Schon immer habe das Management von N26 die Meinungen der Mitarbeiter wertgeschätzt. Und obwohl es an der Zeit sei für eine modernere, digitale und globale Alternative zu traditionellen Betriebsräten, unterstütze das Unternehmen selbstverständlich auch eine formale MItarbeitervertretung.

Dies freilich steht im Widerspruch zu einer internen Mail der Geschäftsleitung an die Mitarbeiter des Unternehmens, aus der in den sozialen Medien zitiert wird. Dort soll es heißen, ein Betriebsrat stehe "gegen fast alle Werte, an die wir bei N26 glauben". Was genau damit gemeint ist, stellte das Unternehmen auch nach Bekanntwerden dieser Aussage und massiven negativen Reaktionen in klassischen und sozialen Medien nicht klar.

Gut möglich, dass es dabei um die Agilität geht, die nun einmal das Pfund schlechthin ist, mit dem die neuen Wettbewerber etablierter Banken gelten können. Auch die Initiative Worker 26, die die Betriebsratswahl in die Wege geleitet hat und inzwischen für eine Verdi-Mitgliedschaft wirbt, hat diesen Aspekt in den "FAQs" zum Thema aufgegriffen. Es gehe nicht um zusätzliche Bürokratie, die die Prozesse im Unternehmen weniger effizient mache, heißt es da, schließlich sei Tempo nicht immer gleichbedeutend mit Effizienz. Insofern könne die Konsultation des Betriebsrats dem Management sogar dabei helfen, besser Entscheidungen zu treffen.

Um Konfrontation scheint es also nicht primär zu gehen. Die Initiative macht allerdings auch auf Defizite aufmerksam: Gerade weil die meisten Mitarbeiter Berliner Start-ups Ausländer, oftmals ohne Deutschkenntnisse seien, wüssten viele von ihnen gar nicht um ihre gesetzlich garantierten Rechte. Dies wiederum nutzten viele Unternehmen aus, indem sie ihre Mitarbeiter nicht über ihre Rechte beispielsweise im Krankheitsfall, bei Zeitverträgen, Überstunden oder Kurzarbeit informierten. Manche stießen bei Vorgesetzten mit ihren Anliegen auf taube Ohren, seien Mobbing oder Diskriminierung ausgesetzt oder fürchteten, Kritik anzubringen, weil sie den Arbeitsplatz wegen eines Visums nicht verlieren wollten.

Das alles wird nicht konkret auf N26 bezogen, sondern lediglich als Grund dafür genannt, der für die Gründung eines Betriebsrats spricht. Weiter heißt es allerdings auch: "Viele von uns haben es seit Jahren versucht: individuell, auf Mitarbeiterversammlungen, über Slack, in Mitarbeiterbefragungen, mit sehr wenig Erfolg: Vorschläge führten nur zu leeren Gesten oder wurden komplett missachtet. Die Bildung eines Betriebsrats gibt den Beschäftigten echte, gesetzlich bindende Macht, ihren Stimmen Gehör zu verschaffen."

Es scheint somit um mehr zu gehen, als bloß um die Furcht, an Agilität zu verlieren. Sondern es hat den Anschein, dass das Unternehmen nach wie vor ein Stück weit wie eine kleine "Garagenfirma" geführt wird, obwohl sie mittlerweile insgesamt rund 1500 Beschäftigte zählt. Bei einem Unternehmen dieser Größe kann aber nicht mehr der "Patron" allein entscheiden. Das muss wohl auch N26 lernen.

Auch in Sachen Kommunikation wird es Zeit, endlich aus der Garage herauszukommen - vor allem, jedoch nicht nur bei der Krisenkommunikation. Dass ein Großteil der News zum Unternehmen ausschließlich über soziale Medien verbreitet wird, mag zwar dem Selbstverständnis eines Unternehmens von und für Digital Natives entsprechen. Einer von der BaFin lizensierten Bank steht ein solches Gebaren allerdings nicht gut an. Red.

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