FINANZTRANSAKTIONSSTEUER

Politik im Widerspruch ihrer Ziele

"Bessere Regulierung" hatte die EU-Kommission von Jean-Claude Juncker bei ihrem Amtsantritt versprochen und damit auch den Abbau überflüssiger Bürokratie gemeint. Viel ist dabei für die Finanzbranche nicht herausgekommen. Und mit der Finanztransaktionssteuer droht neues Ungemach. Denn auch dafür müssten neue Prozesse implementiert werden, um sie erheben und verwalten zu können.

Die Idee der Finanztransaktionssteuer war es, die Verursacher der Finanzkrise an deren Kosten zu beteiligen. Zu diesem Zweck hatte die EU-Kommission 2011 einen Richtlinienvorschlag vorgelegt, der die Erhebung der Steuer auf eine Vielzahl von Geschäften mit Finanzinstrumenten vorsah. Übrig geblieben ist ein Minimalkonsens, der die Umsetzung allein auf Aktien vorsieht - und es ist nach wie vor umstritten, ob auf diese Weise die erhoffte Wirkung wirklich den Aufwand lohnt.

Der Anteil Deutschlands an den erwarteten Einnahmen von rund 3,45 Milliarden Euro beträgt 1,25 Milliarden Euro. Das entspricht knapp 0,15 Prozent der für 2019 erwarteten Steuereinnahmen des Bundes von insgesamt 806,9 Milliarden Euro oder - so rechnet es die Deutsche Kreditwirtschaft vor - nur unwesentlich mehr, als im vergangenen Jahr die Kaffeesteuer in die Kassen des Staates gespült hat. Für die Erhebung der Kaffeesteuer sind allerdings keine speziellen Prozesse aufseiten der Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung nötig.

Speziell in Deutschland hätte die Finanztransaktionssteuer noch einen weiteren Haken: Da sie Privatanleger und private oder betriebliche Altersvorsorgeinstrumente treffen wird, bringt sie zwar wenig im Hinblick auf die ursprünglichen Ziele. Dafür wird sie das im Blick auf den demografischen Wandel so wichtige Ziel konterkarieren, die zweite und dritte Säule der Altersvorsorge zu stärken und im Niedrigzinsumfeld verstärkt auf aktienbasierte Anlageformen zu setzen. Die Deutsche Kreditwirtschaft fragt zu Recht, wie man das dem Bürger vermitteln soll. Wenn eines der Hauptargumente für den Verzicht auf Garantien in der Vorsorge darin besteht, durch die Aktienanlage eine höhere Rendite zu erzielen, dann ist es sicher kontraproduktiv, diese höhere Rendite teilweise wieder wegzubesteuern. So lassen sich die traditionell nicht gerade wertpapieraffinen Deutschen sicher nicht von den neuen Vorsorgemodellen wie dem Sozialpartnermodell gemäß dem Betriebsrentenstärkungsgesetz überzeugen.

Wenn dessen Effekt nicht vollständig verpuffen und auch das private aktienbasierte Sparen nicht noch weiter geschwächt werden soll, dann muss die Politik Farbe bekennen. Mindestens wären Ausnahmetatbestände im Bereich der Altersvorsorge nötig. Das würde dann jedoch das potenzielle Steueraufkommen noch weiter reduzieren. Das Missverhältnis zwischen Aufwand und Nutzen wäre umso krasser. Am Ende wäre keines der politischen Ziele erreicht - weder die Steuerung der Finanzmärkte noch die Förderung des Wertpapiersparens. Red.

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