ZAHLUNGSVERKEHR

Rückschlag durch das Gastgewerbe?

Philipp Otto

Foto: Fritz Knapp Verlag

Wer kennt sie nicht? All die vielen Jubelmeldungen der Paymentbranche, dass sich - Corona sei Dank muss man sagen - das bargeldlose Bezahlen durchsetzt. Endlich! Und das in einem so bargeldverliebten Land wie Deutschland, in dem auf Barzahlung jahrzehntelang mehr als die Hälfte aller Transaktionen entfiel.

Nun nicht mehr: Gerade im stationären Einzelhandel und auch in der Gastronomie erlebt das bargeldlose, mittlerweile meist kontaktlose Bezahlen einen enormen Boom. Laut der EHI-Studie "Zahlungssysteme im Einzelhandel 2021" wurden schon 2020 insgesamt 56,3 Prozent des Umsatzes im stationären Einzelhandel per Karte bezahlt, allein 40,1 Prozent mit der Girocard. Damit ist der Vorsprung des Bargelds (40,9 Prozent) gegenüber der Debitkarte auf nur noch hauchdünne 0,8 Prozentpunkte zusammengeschmolzen. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass 2021 die Girocard zum meistgenutzten Bezahlinstrument am stationären PoS in Deutschland wird.

Das liegt an Verhaltensänderungen der Verbraucher aufgrund der Corona-Pandemie, das liegt an neuen technischen Möglichkeiten wie dem kontaktlosen Bezahlen, das liegt aber auch am deutlichen Ausbau der Infrastruktur. Die Anzahl der aktiven Terminals am Netz wächst schon seit Jahren regelmäßig um mindestens 20 000 - mit steigender Tendenz. 2019 kamen 31 000 Geräte hinzu, 2020 waren es 33 000. Insgesamt waren im vergangenen Jahr damit 904 000 Terminals am Markt. All das zeigt: Deutschland holt gegenüber viel bargeldloseren Gesellschaften auf, Deutschland wird moderner und effizienter.

Sinn und Unsinn davon zu diskutieren, würde Bände füllen und soll an dieser Stelle heute nicht stattfinden. Vielmehr soll ein klein wenig Verwunderung ausgedrückt werden. Denn es ist in jüngerer Vergangenheit nun mehrfach passiert, dass Kartenzahlung - auch mit der Girocard - von Gastronomen abgelehnt wurde. Oder zwar angenommen, aber erst ab ordentlichen Beträgen von 100 und mitunter sogar 150 Euro. Begründung: Nach der langen Corona-Pause müsse nun mehr Geld ins Haus und da seien Kartenzahlungen schlichtweg zu teuer. Man wolle die hohen Gebühren sparen, deswegen ist Bares wieder Wahres, wird dem Verbraucher/Gast mitgeteilt.

Ob diese Rechnung aufgeht, wird sich zeigen müssen. Denn Verhaltensänderungen brauchen lange: Das hat man ja auf dem schier endlosen Weg hin zu mehr Kartenakzeptanz und Kartenutzung gesehen. Nun dem Gast das gerade Erlernte und Liebgewonnene wieder zu verbieten, kann für die jeweiligen Betriebe nach hinten losgehen. Die Menschen wollen weiterhin möglichst viel und oft mit Karten bezahlen. Das zeigen die Umfragen. Für das bargeldlose Bezahlen in Deutschland ist es auf jeden Fall ein Bärendienst. P.O.

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